tarischen Frauenwelt Deutschlands  , in ihr findet sich thatsächliches Material zur Kennzeichnung der Verhältnisse, in denen sie wurzelt und aus denen sie ihre Nahrung zieht; in ihr werden wieder und wieder die Reformforderungen begründet, die im Interesse der proletarischen Frauenwelt liegen.

Wie in den vorausgegangenen sechs Jahren, so wird auch weiterhin die Gleichheit" aufrichtig danach streben, die gesetzte Aufgabe immer vollkommener zu erfüllen. Die bekanntesten Vor­kämpferinnen der proletarischen Frauenbewegung auf politischem und gewerkschaftlichem Gebiet werden der Redaktion ferner als treue Mit­arbeiterinnen zur Seite stehen. Frauen, welche die proletarischen Arbeits- und Eristenzbedingungen gründlich aus eigener Erfahrung fennen, haben Artikel über die Verhältnisse der Berufsarbeiterinnen zugesagt. Frauen, die durch ihre Arbeiten auf wissenschaftlichem und literarischem Gebiet einen allgemein geachteten Namen errungen haben, arbeiten auch im neuen Jahre regelmäßig an der ,, Gleichheit" mit. Frau Lily Braun   wird auch fünftig der Gleichheit" in hervorragendem Maße ihre Mitarbeiterschaft zuwenden, die bereits im verflossenen Jahre soviel dazu beigetragen hat, das Blatt reichhaltiger und vielseitiger zu gestalten. Aus der Feder von Frau Dr. med. Adams­Lehmann, die als Verfasserin des Frauenbuchs" rühmlichst be= fannt ist, erscheinen Abhandlungen über Fragen der Hygiene 2c. Frau Adelheid Popp  - Dworschat, die bewährte Vorfämpferin der proletarischen Frauenbewegung in Desterreich, hat eine Reihe von Artikeln zugesagt, von denen der erste Die christlich- soziale Frauenbewegung in Wien  " behandelt und in Nr. 2 der Gleich heit" erscheint.

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Redaktion und Verlag werden wie bisher Alles aufbieten, was in ihren Kräften steht, damit die Gleichheit" ihrer Aufgabe gerecht wird, ihre alten Freunde bewahrt und neue Sympathien gewinnt. Möchten für die Verbreitung der Gleichheit" Alle wirken, die mit uns die gleichen Ziele verfolgen und die Noth­wendigkeit erkennen, die proletarischen Frauen zielklar und gut gerüstet dem Befreiungskampf ihrer Klasse zuzuführen.

Die Gleichheit" ist im Reichspostzeitungskatalog für 1898 unter Nr. 2970 eingetragen, im württembergischen Katalog unter Nr. 125 und kostet vierteljährlich 55 Pfennig ohne Bestellgeld. Die Redaktion und der Verlag.

Schuk unseren Kindern.

,, Seit bald hundert Jahren ist die Kinderarbeit und sind die staatlichen Schußbestimmungen für Kinder und junge Leute der Gegen­stand zahlreicher Enquêten und das Thema langwieriger Diskussionen an den verschiedensten Kongressen gewesen. Es läßt sich konstatiren, daß im Laufe der Zeit immer strengere Bestimmungen vom Staate gefordert wurden, und daß man der Ausbeutung der Kinderarbeit durch die Unternehmer immer engere Grenzen zog. Leider hat die Gesetzgebung der einzelnen Staaten nicht Schritt gehalten mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung und Diskussion. Es rührt dieses Zurückbleiben der gesetzlichen Schutzbestimmungen für die Kinder hinter den berechtigten Wünschen und Forderungen der Hygiene und Volkswohlfahrt davon her, daß bei den gesetzgebenden Körperschaften gewisse nichtige Argumente Einfluß haben, welche nur dazu da sind, die Ausbeutungswuth gewissenloser Arbeitsherren zu verdecken." Also erklärte Dr. Gehring in seinem Referat über die Kinderarbeit auf dem inter­nationalen Kongreß für Arbeiterschutz zu Zürich  . Wir stellen dieses vernichtende Urtheil über eine der schwersten Unterlassungssünden der gesetzgebenden Gewalten der selbstgefälligen Ruhmredigkeit gegen­über, mit welcher der Staatssekretär des Innern, Herr v. Posadowsky, schon die bloße Initiative zu einer offiziellen Enquête über die ge­werbliche Erwerbsthätigkeit der Kinder als eine große sozialpolitische That pries.

Muß denn in Deutschland   das Elend der auch des dürftigsten gesetzlichen Schußes ermangelnden erwerbsthätigen Kinderschichten erst noch entdeckt werden, damit ein Eingreifen der Gesetzgebung er­folgt? Mit nichtem! Seit sehr langen Jahren ist es in flammenden Zügen in einer Reihe anerkannter wissenschaftlicher Einzelforschungen geschrieben. Die trefflichen Arbeiten über die Hausindustrie von Say, Schnapper- Arndt, Thun   und Anderen zeichnen das erschütternde Mar­tyrium der Kleinen, die von der Ausbeutung um Kinderlust, körper­liche Gesundheit, geistige Spannkraft, Entwicklungsmöglichkeit geprellt

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in engen, dumpfigen Heimwerkstätten dahinwelken. Die Berichte der Fabrikinspektoren werfen hier und da grelle Streiflichter auf die jammervollen Bedingungen, unter denen Kinder in nicht inspektions­pflichtigen Betrieben thätig sind. Gut konservative Pastoren konsta­tiren, von der Wucht der Thatsachen gezwungen, daß die Verwendung findlicher Arbeitskräfte beim Rübenverziehen, bei der Kartoffelernte und anderen landwirthschaftlichen Arbeiten in schwerster Weise die Gesund­heit der Kinder und ihren armseligen Bildungsgang schädigt, ihre Sittlichkeit bedroht. Der verhängnißvolle Einfluß der nebenberuf­lichen Erwerbsthätigkeit von Schulkindern auf deren körperliche und geistige Entwicklung, auf ihre Leistungen, ist so offensichtlich, daß nach einzelnen verständigen Lehrern die deutschen Lehrervereine der Ange­legenheit ihre Aufmerksamkeit zuwendeten. Ihre Erhebungen haben über den Umfang und die Wirkungen der Erwerbsthätigkeit von Schulkindern ein höchst werthvolles Material ergeben, welches das gesetzliche Einschreiten geradezu herausfordert. Die Angaben der offiziellen Berufsstatistik über die im Hauptberuf erwerbsthätigen Kinder die sehr wahrscheinlich hinter der Wirklichkeit zurück­bleiben sind ein weiterer gewichtiger Grund für die Dringlichkeit, den gesetzlichen Schutz der Kinder gegen die kapitalistische Ausbeutung auszudehnen und zu vertiefen. Forschungen und Forderungen von Aerzten und Hygienikern haben in dieser Richtung klar die Bahn und die Ziele der Gesetzgebung abgesteckt. Kurz, zur Begründung eines weitreichenden gesetzlichen Schutzes der erwerbsthätigen Rinder bedurfte es in Deutschland   nicht erst einer Enquête. Begründendes Material ist in überreicher Fülle vorhanden und braucht nicht erst von gekommenen und kommenden Männern" mühsam mit taschen­spielermäßiger Fingerfertigkeit in der Behandlung von Thatsachen zusammengeklaubt werden, wie etwa die Möchte gern- Rechtfertigungen der uferlosen Flottenpläne.

Trotzdem könnte eine vom Reiche angeordnete Enquête über die Erwerbsthätigkeit der Kinder höchst bedeutsam werden. Offizielle, unanfechtbare Thatsachen in schier unerschöpflicher Menge könnten Material liefern für ein kulturgeschichtliches Dokument ersten Ranges, könnten sich Baustein an Baustein zu einem Monument fügen von unserer Zeiten Schande. Denn wenn irgend ein Greuel der kapita­ listischen   Raubwirthschaft mit Menschenleben anklagend gen Himmel schreit, so ist es die schamlose Ausbeutung der Schwächsten und Wehrlosesten aller Schwachen und Wehrlosen, der hilfsbedürftigen Kinder. Aber eine so gewaltige Bedeutung wird diese Enquête dieser Regierung nun und nimmer erlangen. Stumm und die ost= elbischen Junkter sind Trumpf im Reiche, und so ist von Anfang an dafür gesorgt, daß die Bäume einer Enquête nicht allzu fürwitzig in den Himmel der kapitalistischen   Ausbeutung wachsen.

Die Erhebung verliert dadurch bedeutend an Werth, daß sie davon absieht, die Verhältnisse der bei landwirthschaftlichen Arbeiten und im Gesindedienst verwendeten Kinder zu erforschen. Sie soll sich lediglich auf die gewerblich thätigen findlichen Arbeiter erstrecken. Damit verzichtet die Regierung darauf, die Arbeitsbedingungen von rund Dreiviertel der im Hauptberufe erwerbsthätigen Kinder amt­lich aufzuhellen. Nach der letzten Berufs- und Gewerbezählung waren nämlich nur 45 375 noch nicht vierzehnjährige Kinder gewerblich thätig, dagegen 135 175 in der Landwirthschaft und 33 501 im häus­lichen Dienst. Die Einschränkung des Gebiets der Erhebung wird damit begründet, daß schon aus Gesundheitsrücksichten eine Ver­wendung der Kinder zu leichten Arbeiten in der Landwirthschaft und Gärtnerei, wo sie in freier Luft in einer dem jugendlichen Körper angemessenen Weise Bewegung und Bethätigung ihrer Kräfte finden, nicht nur zulässig, sondern sogar nützlich und empfehlenswerth ist." Diese Begründung erscheint als unverfrorener Hohn angesichts der gesundheitlichen und zumal auch sittlichen Schädigungen, welche als Folgen der empfehlenswerthen"," leichten" landwirthschaftlichen Ar­beiten für die Kinder von Leuten gebrandmarkt worden sind, die nicht eines Angekränkeltseins mit+++ sozialistischen Neigungen ge­ziehen werden können. Die landwirthschaftlichen Verrichtungen werden amtlich als leicht für die Kinder geaicht, weil sie den großen Rüben­baronen und Schnapsbrennern schwer einträglich sind; als dem jugend­lichen Körper angemessen, weil sie ungemessene Profite in den Säckel der Junker leiten; sie sind diesen nützlich, darum müssen sie den proletarischen Kleinen empfehlenswerth sein. Mit einem Worte, ihre Bewerthung und die Beschränkung der Enquête ist lediglich unter dem Gesichtswinkel der Ausbeutungsgewohnheiten und des Nußens der Großgrundbesitzer erfolgt und ohne jede Rücksicht auf die Interessen der findlichen Arbeitskräfte. Weit entfernt deren Frohn mildern zu wollen, soll nicht einmal ein Zipfelchen des Schleiers davon gelüftet werden.

Auf dem verhältnißmäßig eng begrenzten Gebiet der gewerb lichen Kinderarbeit, das die Enquête erfaßt, liegen Thatsachen über Thatsachen vor, welche für den gründlichen Ausbau des gesetzlichen