Fräuleins Leodie Lebrun und Mathilde Thrug); 4. Japan ( im Falle des Fräuleins Tel Sono); 5. Finnland ( im Falle der Fräuleins Signe Silen und Anna Akesson); 6. Norwegen ( November 1895); 7. Meriko ( im Falle des Fräuleins Marya Sandoyal); 8. Schweiz ( Kanton Appenzell im Falle des Fräuleins Lina Graf); 9. Schweiz ( Kanton Zürich , Gesetz vom 2. Februar 1897); 10. Indien ( im Falle des Fräuleins Cornelia Soralji, 1896); 11. Ranada( Gesetz vom April 1892); 12. Neuseeland ( Gesetz vom 11. September und 12. Oktober 1896); 13. Schweden ( Gesetz vom Dezember 1897); 14. bis 47.: 33 Staaten der nordamerikanischen Union .
Für umfassenden gesetzlichen Arbeiterinnenschutz hat sich der Allgemeine österreichische Frauenverein offiziell erklärt. Derselbe nahm in seiner letzten Generalversammlung einstimmig einen Antrag an, der das Einverständniß mit den auf die Frauenarbeit bezüglichen Resolutionen des Züricher Kongresses ausspricht. Der Antrag wurde von Frau Lang eingebracht, die vor der Generalversammlung ein treffliches Referat hielt über„ Die Nothwendigkeit weiblicher Gewerbeinspektoren".
Erweiterung der Frauenrechte in Frankreich . Das den Frauen in Frankreich kürzlich gewährte Recht, als Zeuginnen zu erscheinen, ist weiter ausgedehnt worden. Die oberste Postbehörde hat bestimmt, daß fünftighin Frauen als Zeuginnen vor den Postämtern fungiren können, wenn es sich um Feststellung einer Person handelt, welche die Auszahlung einer Geldsendung fordert oder Sparkasseneinlagen bis zum Betrage von 150 Francs erheben will. Bis jetzt mußten in diesen Fällen Männer die Jdentität der Person feststellen. Die Frauen sind nun unter den gleichen Bedingungen wie die Männer zur Zeugenschaft zugelassen, auch deren Aussagen werden im Falle der Auszahlung von Sparkasseneinlagen nur dann entgegengenommen, wenn der zu erhebende Betrag nicht die Summe von 150 Francs übersteigt. Die Verfügung des Postministeriums enthält die prinzipielle Anerkennung des Rechtes der Frauen, als Zeuginnen auch bei jeder Handlung zu fungiren, durch welche materielle Verhältnisse geregelt werden, während bis jetzt verschiedene Gemeindebehörden die Frauen lediglich zur Zeugenschaft bei Anmeldung von Geburts- und Todesfällen zulassen wollten.
612 Frauen haben in England in den letzten zehn Jahren das Doktorat vorschriftsgemäß erworben. Diese Zahl zeigt den Erfolg und den Umfang der Universitätsstudien seitens der englischen Frauen an, denen die Universitäten erst seit 1878 erschlossen sind.
Vier Inspektorinnen sind von dem Londoner Schulrath an= gestellt worden, zwei im Bezirk Tower Hamlets und je eine in Southwark und Hammersmith .
* Ein von Frauen regiertes Gemeinwesen besteht, wie der " Figaro" mittheilt, in Rußland im Gouvernement Smolenst. Dort finden sich viele Dörfer, die während acht bis neun Monaten jährlich von allen Männern verlassen sind und dann nur weibliche Bürgermeister, weibliche Beamte und Arbeiter haben. Die Männer arbeiten in den großen Städten, die Frauen halten währenddessen alles in musterhafter Ordnung und werden auch offiziell von den Behörden in ihren verschiedenen Funktionen respektirt.
* Zum städtischen Schulinspektor ist in New York wieder eine Frau, Mrs. Croly, ernannt worden.
* Von 451 Gymnasien und Universitäten in den Ver einigten Staaten sind nur 41 den Frauen verschlossen.
Die gelehrte Jndierin, Pundita Ramabai, leitet ein Mädchengymnasium in Prona, das 280 Rinder besuchen.
Zwölf weibliche Standesbeamte amtiren in Tasmania ( australische Insel in englischem Besitz). Sie tragen die Geburtsund Sterbefälle in die Register ein und nehmen Eheschließungen vor. Sie sind von der Regierung angestellt worden.
Der erste weibliche Anwalt in Kanada , Miß Clara Brett Martin, erwarb gegen Ende des vergangenen Jahres das Baccalaureat für Zivilrecht an der Universität zu Toronto .
* Weibliche Juristen früherer Jahrhunderte. Eine der interessantesten gelehrten. Frauen ist die schöne Tochter Novella eines berühmten italienischen Juristen, Johannes Andrea , die von 1312 bis 1350 lebte. Sie war Dozentin des kanonischen Rechts an der Uni versität Bologna . Schon im zwölften Jahrhundert war Dotta d'Accurse ihre Vorgängerin an derselben Universität gewesen. Im vierzehnten Jahrhundert folgten Jeanne Bianchetti und Maddalena Buonsignori ihrem Beispiel, und von da ab zählten die verschiedenen Universitäten Italiens viele Frauen unter ihren Lehrern.
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* Eine Vorkämpferin der Frauenbewegung war Christine de Pisan , eine Französin, die im fünfzehnten Jahrhundert lebte. Sie heirathete sehr früh, wurde bald Witwe, und sah sich darauf angewiesen, sich und ihre Kinder zu ernähren. Dant ihrer umfassenden Bildung war sie im Stande, sich durch ihre Bücher ihren Unterhalt Verantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Bettin( Eißner) in Stuttgart .
zu erwerben. Eins ihrer Werke trägt den Titel„ Die Stadt der Frauen" und enthält unter Anderem auch eine begeisterte Biographie der Juristin Novella Andrea, die wir oben nannten. Mit großem Eifer tritt die Verfasserin für die gleiche Bildung der Geschlechter ein. Sehr hübsch sagt sie:„ Wenn thörichte Männer denken, es sei schlecht, wenn Frauen gelehrte Studien treiben, so thun sie es nur, weil es ihnen unangenehm ist, daß die Frauen mehr wissen als sie und ihre Thorheit leicht erkennen können."
Statistisches zur Frauenfrage.
Die Vertheilung der Geschlechter auf Erden. Während in Europa auf 1000 Männer 1021 Frauen gezählt werden, gestaltet sich das Verhältniß in den außereuropäischen Ländern ganz anders. Wie hier ein Frauenüberfluß, herrscht dort ein Mangel an Frauen. Auf 1000 Männer kommen in Amerika 980 Frauen, in Afrika 975, in Asien 942, in Australien 817. Am schlimmsten sind die Zahlenverhältnisse in einigen westlichen Staaten Nordamerikas . In Kali fornien kommen auf 1000 Männer 668 Frauen, in Colorado 504, in Arizona 433, in Monana 389.
* Alleinstehende Frauen in Frankreich werden augenblicklich 5607 234 gezählt; darunter sind 2060778 Witwen, 2622170 erwachsene Mädchen, und 924286 verlassene oder geschiedene Frauen.
Sittlichkeitsfrage.
Die Anstellung von Polizeimatronen hatte der„ Bund deutscher Frauenvereine " 1896 in einer Petition erbeten. Die Bitte ist abgelehnt worden. In Rücksicht auf den Fall Köppen hat der Verein Jugendschuh" die Ablehnung sofort mit einer neuen Petition an den Minister des Innern beantwortet. In der Petition wird aufs Neue die Anstellung von Polizeimatronen gefordert deren ausschließlicher Obhut alle Frauen und Kinder von der Einlieferung an bis zur Entlassung, bezw. bis zur Ueberführung an den Herrn Pastor Onasch zu unterstellen seien. Die Polizeimatronen sollen das Verhör der Eingelieferten vornehmen, bezw. diesem beiwohnen, sie sollen die Eltern benachrichtigen, die Mädchen vor Unzuträglichkeiten schützen und ihnen eventuell bei der Verhandlung vor dem Richter zur Seite stehen. Die Petition ersucht außerdem um Anstellung von weiblichen Aerzten für die Untersuchung der zum ersten Male eingelieferten Frauen; ferner in den Polizeiräumen absolute Trennung der bereits unter Kontrolle stehenden Dirnen von den übrigen Sistirten. Zum Schluß bittet der Verein" Jugendschutz", daß keine neuen Einschreibungen in die„ Sittenliste" geduldet werden, daß vielmehr die Amtsrichter bezw. Polizeimeister auf die dringende Nothwendigkeit hinzuweisen seien, behufs Versuchs der Besserung und Rettung die wegen unsittlichen Lebenswandels Bestraften jedesmal in Arbeitshäuser überführen zu lassen, die als Zwangserziehungsanstalten einzurichten sind.
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Die ersten der angeführten Forderungen sind gewiß vernünftig und billig, wenn auch Niemand, der die Sachlage kennt, wähnen wird, daß durch ihre Verwirklichung ein wesentlicher Rückgang der Prostitution erfolgen kann. Die letzte Forderung dagegen zeigt vollste Verständnißlosigkeit und naivste Rathlosigkeit im Erfassen des vorliegenden furchtbaren Problems. In ihr spukt die kindliche Auffassung, daß der Polizeiknüppel die Sittlichkeit emporzubütteln vermag. Der Verein Jugendschutz" scheint noch immer nicht gelernt zu haben, daß ein Zusammenhang zwischen wirthschaftlicher Noth und Laster besteht, den feine Zwangserziehung und keine Polizeistrafe hinweg zu wischen
vermag.
* Die Anstellung von Polizeimatronen hat in Ohio sehr gute Folgen gehabt. Auf ihr Betreiben sind die Räumlichkeiten der Polizeiwachen verbessert worden, und alle weiblichen Gefangenen stehen unter weiblicher Aufsicht.
Die Ursachen, welche die Mädchen der Prostitution in die Arme führen, werden durch eine Mittheilung beleuchtet, welche Pastor Onasch, Anstaltsgeistlicher der Berliner Charité, über die Kreise macht, aus denen die Dirnen hervorgehen. Der Herr Pastor sagt: Jm Ganzen refrutiren sich die Prostituirten aus Dienstmädchen, Arbeiterinnen, Näherinnen, Wäscherinnen, Kellnerinnen. Sehr oft geht ein Dienstmädchen aus dem Dienst, will sich selbständig machen, nimmt eine Maschine auf Abzahlung, verdient aber lange Zeit, vielleicht ein Jahr, kaum 6 Mark die Woche. Da sie davon auch noch 2 Mark für die Maschine abzahlen muß, bleibt ihr zu wenig zum Durchkommen. Andere Mädchen verdienen die Woche 8 oder 7 Mark, womit sie ebenfalls nicht ausreichen. Sie verfallen dann einem schlimmen Leben." Klärlich erhellt aus dieser Aeußerung der Zusammenhang, der zwischen wirthschaftlicher Noth und sittlichem Verfall besteht.
Druck und Verlag von J. H. W. Die Nachf.( G. m. b.5.) in Stuttgart .