Sonn- und Feiertagen länger bis 5'/, Uhr und höchstens bis 8'/, Uhr beschäftigt werden können. Nach der„Berichtigung" des„Reichsanzeigers" soll die Sonnabendüberarbeit nicht mehr gestattet sein behufs Durchführung der Inventur, die doch höchstens alle Jahre einmal stattfindet. Dagegen soll der Unternehmer die Erlaubniß erhalten, laut Ziffer 4 des Z IVSa„zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitserzeugnissen" die betreffenden Arbeiterinnen Sonnabends bis'/-9 Uhr Abends beschäftigen zu können. Für eine ganze Reihe von Industrien, namentlich für die Lebensmittelbranche, bedeutet die„Berichtigung" des„Reichsanzeigers" eine Einschränkung des dürftigen gesetzlichen Schutzes der Arbeiterinnen, damit eine Verschlechterung ihres Loses. Der„Vorwärts" stellte fest, daß es sich dabei in Wirklichkeit gar nicht um die Berichtigung eines„Druckfehlers" handelt, wie die Angabe des„Reichsanzeigers" irreführend vermuthen ließ. Vielmehr liegt eine Aenderung des Textes des 8 l38a, Abs. S vor. Aus dem Berathungsmaterial gehl hervor, daß nicht die Ziffern 2 und 3, sondern 3 und 4 im§ 138 a stehen sollten. Trotzdem ist die Aufnahme von Ziffer 2 und 3 seiner Zeit beschlossen worden, die betreffenden Bestimmungen sind also Gesetz. Der Reichstag ist gelegentlich in einer folgenden Session auf das„Versehen" aufmerksam gemacht worden, hat aber keine Schritte zur„Berichtigung" unternommen. Diese Berichtigung ist vielmehr nach dem„Berliner Tageblatt" vom Bundesrath nach einer Befragung des Reichstagspräsidenten veranlaßt worden, der seinerseits den Referenten über das Gesetz, den katholischen Sozialreformler Hitze, zu Rathe gezogen hat. Regierungsseitig beruft man sich auf einen Präzedenzfall aus dem Jahre 1873 und macht geltend, daß es sich nur darum handle, „die falsche Beurkundung eines richtig gefaßten Beschlusses" zu korri- giren. Die meisten bürgerlichen Blätter betonen mit dem„Vorwärts", daß das Gesetz in der„berichtigten" Form weder im Reichstag noch im Bundesrath zu Stande gekommen ist, noch die Unterschrift des Kaisers erhalten hat. Es kann deshalb weder vom Bundesrath eigenmächtig berichtigt, noch durch die Entscheidung eines Richters in einem Einzelfall der Berichtigung entsprechend ausgelegt werden. Die Berichtigung kann in rechtsverbindlicher Weise vielmehr nur auf dem Wege der Gesetzgebung erfolgen. Nicht blos das Interesse, die Pflicht des Reichstags heischt es, sein Recht der Mitwirkung nicht kurzer Hand an die Regierung abzudanken, in dem er dieser zu ihrem übergroßen Einfluß auf die Gesetzgebung noch die Machtbefugniß ertheilt, vorgebliche„Versehen" des Parlaments eigenmächtig in rechtsgiltige Gesetze umzukorrigiren. In unseren Tagen der Neigung zu selbstherrlicher Regiererei darf der Reichstag die staatsrechtliche Seite der Frage nicht außer Acht lassen. Ebenso bedeutsam ist die praktische Seite der Frage für Tausende von Arbeiterinnen, deren Recht auf gesetzlichen Schutz gegen ein Uebermaß der kapitalistischen Ausbeutung geschmälert werden soll. Es ist eitel Spiegelfechterei, wenn behauptet „Aber", unterbrach sie ihn,„bedürfen denn diese Menschen der Hilfe nicht im höchsten Grade?— Ich empfing den Eindruck, daß besonders die Frau einmal bessere Tage gesehen haben müsse— wenn dort Hilfe zu rechter Zeit käme— könnte man ihr möglicher Weise wieder empor helfen." „Es thut mir leid, Ihnen sagen zu inüssen— gnädige Frau— daß sie— eine sehr berüchtigte öffentliche Person gewesen", sagte der Armenvorsteher in mildem, klagendem Tone. Ein Schauer überlief Frau Warden. Mit einem solchen Weibe hatte sie gesprochen— über Kinder gesprochen; sie hatte sogar ihres eigenen Kindes erwähnt, das daheim in seiner reinen Wiege lag. Es war ihr beinahe, als müsse sie nach Hause eilen um zu sehen, ob es noch gesund und rein wie zuvor geblieben. „Und das junge Mädchen?" fragte sie furchtsam. „Ja— gnädige Frau— haben Sie denn nicht ihren Zustand bemerkt?" „Nein— Sie meinen?" Der fette Herr murmelte einige Worte. Frau Warden fuhr zusammen:„Mit dem Planne— dem Manne im Hause?" „Ja, gnädige Frau. ES thut mir leid, Ihnen das erzählen zu müssen, aber Sie können sich doch vorstellen, daß diese Menschen"— und er flüsterte wieder. Das war zu viel für die vornehme Frau. Ein Schwindel erfaßte sie und dankbar nahm sie den ihr dargebotenen Arm des Herrn. Jetzt gingen sie schnell auf dm Wagen zu, der etwas weiter von der Stelle entfernt hielt, wo sie ihn verlassen. (Schluß folgt.)
wird, daß die„Berichtigung" den Arbeiterinnen eine Erleichterung schaffe, denn die Sonnabendüberarbeit werde ihnen angenehmer sein, als die Sonntagsarbeit. Wo ist denn die Bürgschaft dafür, daß die Sonnabendüberarbeit thatsächlich der Sonntagsarbeit entgegenwirkt? Umgekehrt drängt sich die Befürchtung auf, daß in manchen Betrieben Sonnabendüberarbeit und Sonntagsarbeit zusammen den Arbeiterinnen zugemuthet werden wird, sobald das im Interesse des Unternehmergewinnes liegt. Die Arbeiterinnen, die noch schlecht organisirt sind und denen vielerorts das reaktionär gefaßte und gehandhabte Vereins und Versammlungsrecht den gewerkschaftlichen Zusammenschluß erschwert, ja vereitelt, sind widerstandsunfähig derartigem Ansinnen gegenüber. Und keine gesetzliche Vorschrift verpflichtet die Verwaltungsbehörden, die Sonntagsarbeit nur dann zuzulassen, wenn ihr keine Sonnabendüberarbeit vorausgegangen ist. Von den unteren Verwaltungsbehörden aber derartige Entscheidungen aus freiem Ermessen, verständiger Einsicht erwarten, hieße Trauben von den Dornen und Feigen von den Disteln lesen wollen. Das bezeugen die Berichte der Fabrikinspektoren mehr als zur Genüge. Die Arbeiterinnen haben es ganz wesentlich der Haltung des Reichstagspräsidente» und des Abgeordneten Hitze zu verdanken, daß der ihnen gewährleistete un zureichende Schutz noch eingeschränkt werden soll. Diese Herren vom Zentrum haben sich damit einer an Verrath grenzenden Preisgabe der Rechte des Reichstags und des Schutzes der Arbeiterinnen schuldig gemacht. Es ist dies ein iveiteres Anzeichen dafür, daß das Zentrum die Erbschaft der Nationalliberalen angetreten hat und sich als Regierungspartei„8aus plwase"— ohne Phrase— fühlt. Neben der Liebedienerei vor der Regierung war wohl noch ein Wunsch für die gefällige Haltung der Zenlrumsleute maßgebend: der, vor den Reichstagswahlen eine Arbeiterschutzdebatte zu vermeiden, bei der einzig und allein die Sozialdemokratie gut abgeschnitten hätte. Tie Arbeiterinne», die immer dringender und bewußter ein Vorwärts der Sozialpolitik, eine Erweiterung und Sicherung des gesetzlichen Schutzes gegen die kapitalistische Ausbeutung begehren, werden sich das Rückwärts der Gesetzgebung hinter die Ohren schreiben. Einmal wieder ist ihnen in höchst„aufreizender Weise" von„berufenster Stelle" zu Gemüthe geführt worden, daß der Kapitalistenstaat den Unternehmerschutz will und sich zum Arbeiterschutz nur insoweit bequemen muß, als die organisirte Arbeiterklasse ihm diesen abzutrotzen vermag.
Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen. Wie die Unternehmer die Bestimmungen der Gewerbe ordnung zum Schutze der Arbeiterinnen übertreten, beweist ein Fall, der in einer Fabrikarbeiterversammlung zu Barmbeck -Hamburg zur Sprache gebracht wurde. Eine Arbeiterin theilte mit, daß in einer Fabrik seit Wochen die Klosets verstopft wären und in Folge dessen einen pestartigen Geruch verbreiteten. Dabei seien die Klosets der einzige Ort, wo die Arbeiterinnen ihr Frühstück aufbewahre» könnten. Ihre diesbezügliche Beschwerde sei bis dato erfolglos geblieben. In 8 l20b Abs. 3 der Gewerbeordnung heißt es:„Die Be dürfnißanstalten müssen so eingerichtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesundheitspflege entsprochen wird, und daß ihre Benutzung ohne Verletzung von Sitte und'Anstand erfolgen kann." Obgleich der überwachende Beamte sich den Fall notirte, war nach einem Monat der charaktersirte Uebelstand noch nicht abgestellt. 8 l20cl besagt aber, daß die Polizei behörden befugt sind, im Wege der Verfügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maßnahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in den vorhergehenden Paragraphen enthaltenen Grundsätze erforderlich und durchführbar sind. Sie können anordnen, daß den'Arbeitern außerhalb der'Arbeitsräume angemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume zur Einnahme der Mahlzeiten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Leider sind die Polizeibehörden zum Einschreiten nur befugt, nicht verpflichtet. Deswegen heißt es überall für die Arbeiterinnen, selbst die Augen offen halten und energisch auf Durchführung der gesetzlichen Vorschriften dringen. I,. 5 Gewerkschaftliche Arbeiterinnen-Organisation. Die gewerkschaftliche Qrgauisirnng der Buchdruckerei- HilfSarbeiter und Arbeiterinnen in Stuttgart ist in letzter Zeit vom Vorstand der Vereinigten Gewerkschaften in Angriff genommen worden. Die Anregung zu dem diesbezüglichen Vorgehen ist vom Verein der Buchdruckerei-Hilfsarbeiter in Berlin ausgegangen, welcher die Schaffung einer Zentralorganisation der betreffenden Arbeiterkategorie anstrebt. Ein Kongreß, der für den 30. Mai nach Berlin einberufen ist, soll endgiltig über die Gründung einer gemeinsamen Organisation beschließen. Die Zwischenzeit wird in den größeren