I. In Konservenfabriken dürfen bei der Herstellung von Gemüse- und Obstkonserven in den Zeiten des Jahres, in denen ein vermehrtes Arbeitsbedürfniß eintritt. Arbeiterinnen über sechzehn Jahre an den Werktagen mit Ausnahme der Sonnabende, abweichend von den Be­stimmungen des 8 k-j? Absatz 1 und 2 der Gewerbeordnung, unter den nachstehenden Bedingungen beschäftigt werden: Die tägliche Arbeitszeit darf dreizehn Stunden nicht überschreiten und nicht in die Zeit von 1<1 Uhr Abends bis 5'/� Morgens fallen. 2. Werden Arbeiterinnen über sechzehn Jahre auf Grund dieser Bestimmungen an mehr als vierzig Tagen im Betriebsjahr über die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit hinaus beschäftigt, so ist die Arbeitszeit der Arbeiterinnen für den Betrieb oder die betreffende Abtheilung des Betriebs so zu regeln, daß ihre tägliche Dauer im Durchschnitt der Betriebstage des Jahres die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet. Als Betriebsjahr gilt die Zeit vom I. Mai bis zum 3tl. April des folgenden Kalenderjahres. 3. An einer in die Augen fallenden Stelle der Betriebsstätte ist eine Tafel auszuhängen, auf der der Betriebsunternehmer oder der von ihm Beauftragte noch an demselben Tage, an welchem Ueberarbeit stattfindet, neben dem Datum die Zahl der Arbeitsstunden einzutragen hat, während welcher Ar­beiterinnen über sechzehn Jahre in dem Betrieb oder der betreffenden Betriebsabtheilung beschäftigt werden. 4. Findet Ueberarbeit an mehr als vierzig Tagen im Betriebsjahre statt, so werden bei der Feststellung, ob die Ueberarbeit durch Minderarbeit an anderen Tagen des Be­triebsjahres ausgeglichen ist(Ziff. 2), für die Tage ohne Ueberarbeit die gemäß 138 Abs. 2 a. a. O. der Ortspolizeibehörde gemachten Angaben über die regelmäßige Arbeitszeit der Arbeiterinnen zu Grunde gelegt, soweit nicht der Betriebsunternehmer eine geringere Arbeits­dauer nachweist. Dieser Nachweis kann jedoch nur dadurch erbracht werden, daß die Zahl der Arbeitsstunden, während welcher Arbeite­rinnen über sechzehn Jahre in dem Betrieb oder der betreffendeu Betriebsabtheilung beschäftigt werden, nach den Vorschriften der Ziffer 3 auch für Tage mit Minderarbeit auf der daselbst vorge­schriebenen oder auf einer anderen in gleicher Weise ausgehängten Tafel eingetragen ist. II. Die Befugniß der unteren Verwaltungsbehörden, nach Maß­gabe des§ 138 a Absatz S der Gewerbeordnung Ueberarbeit zu ge­statten, bleibt für die Sonnabende nnberührt. III. In den Räumen, in denen Ueberarbeit stattfindet, muß auf oder neben der durch 8 138 Absatz 2 der Gewerbeordnung vorge­schriebenen Tafel ein Aushang angebracht sei», welcher in deutlicher Schrift die Bestimmungen unter I wiedergiebt. Gewiß, der Reichthum war keine geringe Prüfung. Erst vorgestern hatte ihr Mann sie in Versuchung geführt. Er wollte ihr einen prächtigen kleinen Diener, einen wirklichen englischen Groom aufdrängen. Aber sie hatte widerstanden und geantwortet: Nein, Warden! es ist nicht recht. Ich will keinen Diener auf dem Bocke haben. Vielleicht sind wir xeich genug dazu, aber hüten wir uns vor dem llebermuth. Ich kann ja, Gott sei Dank, ohne Hilfe ein- und aussteigen, und der Kutscher braucht meinet­wegen auch nicht abzusteigen." Es that ihr wohl, jetzt daran zu denken, und ihre Augen ruhten mit Wohlbehagen auf dem leeren Platze neben dem Un­erschütterlichen. Frau Abel, die umherging und denBazar" und die Stoff­proben von dem großen Tische räumte, war sehr überrascht, ihre Freundin schon so schnell wiederzusehen. Nun, Emilie, bist Du schon zurück! Ich habe der Näherin soeben gesagt, daß sie wieder gehen könne. Was Du mir vorhin erzähltest, hat mir vollständig die Lust an dem neuen Kleide be­nommen: ich kann mich auch ohne dasselbe behelfen", sagte die gute, kleine Frau Abel; aber ihre Lippen zitterten ein wenig wäh­rend sie sprach. Jeder muß ja nach seinem Gewissen handeln", entgegnete Frau Warden leise,aber ich glaube, daß man auch zu skrupulös sein kann." Frau Abel blickte auf. Das hatte sie nicht erwartet. Ja, laß Dir nur erzählen, was ich erlebt habe", sagte Frau Warden, und begann zu erzählen. Sie schilderte den ersten Eindruck des dumpfigen Zimmers und die verkommenen Menschen. Dann sprach sie von dem Dieb­stahl des Portemonnaies. Ja, mein Mann behauptet immer, daß diese Art Menschen das Stehlen nicht lassen können", sagte Frau Abel.! IV. Die vorstehenden Bestimmungen treten am 1. Mai 1338 in Kraft und haben bis 3<Z. April 13l)3 Giltigkeit. Durch die vorstehende Verfügung werden die schützenden Be­stimmungen über die tägliche Dauer der Arbeitszeit für Tausende von Arbeiterinnen durchbrochen und dies auf zehn Jahre hinaus. Der Erlaß spricht Bände, daß in der Aera Posadowsky Unternehmerschutz und Arbeitertrutz Trumpf auf der ganzen Linie unserer sozialen Ge setzgebung ist. Gegen die anonymeBerichtigung" dce> 8 Ab­satz i der Gewerbeordnung(siehe Nr. 7 derGleichheit"), durch welche sowohl der gesetzliche Schutz der Arbeiterinnen bestimmter In dustrien, wie das Recht des Reichstags bedroht wird, brachte die sozialdemokratische Fraktion eine Resolution im Reichstag ein. Die­selbe besagt, daß die betreffende Veröffentlichung im Widerspruch mit dem veröffentlichten Beschluß des Reichstags vom 8. Mai 1891 steht, der die Zustimmung des Bundesraths erhalten habe, und daß sie der Rechtsgiltigkeit entbehrt, weil ihr die verfassungsmäßig erforderliche Zustimmung des Reichstags zu der angestrebte» Aenderung eines vom Reichstag und Bundesrath beschlossenen Gesetzes fehlt. Sie fordert deshalb, daß der Reichskanzler imReichsgesetzblatt " diese Veröffentlichung als rechtsungiltig bezeichne. Ueber diese Resolution wurde am 29. März im Reichstage verhandelt. In treff­lich scharfer, sachlicher Weise wurde sie von Genosse Stadthagen be gründet. Es versteht sich am Rande, daß der sozialdemokratische Vorstoß, de» Schutz der Arbeiterinnen und die Rechte der Nolksver tretung zu wahren, auf den entschiedenen Widerstand des ungekrönte» Königs von Neunkirchen , des Herrn von Stumm und seiner Partei­gänger in der Regierung stieß. Der selbstherrliche Scharfmacher stellte der sozialdemokratischen Resolution den Antrag entgegen, der Reichs tag möge nachträglich seine Zustimmung zu der erfolgtenRichtig stellnng" ertheilen. Der Nationalliberale Bennigsen und der Zen trümler Spahn erklärten zwar, daß ihrer Ansicht nach die Veröffent lichung materiell richtig sei und den Absichten der damaligen gesetz. geberischen Majorität entspreche, dagegen wollten sie von der dem Reichstag zugemutheten Selbstentäußerung eines wichtigen Rechts nichts wissen. Fast mit Einstimmigkeit wurde die Sache einer Kom­mission überwiesen. Hoffentlich fällt deren Entscheid so aus, daß der Bundesrath gezwungen ist, die strittige Frage durch eine beson­dere Vorlage an den Reichstag zu regeln. Es würde damit das ver- fassungsmäßige Recht des Reichstags zur Mitwirkung an der Gesetz­gebung gewahrt, das beeinträchtigt ist, wenn die Berechtigung der Regierung zu einseitigen Berichtigungen anerkannt wird. Es wäre Ich fürchte, daß Dein Mann mehr Recht hat, als wir glauben", entgegnete Frau Warden. Dann erzählte sie von dem Arinenvorsteher und von der Undankbarkeit, welche diese Menschen ihm gegenüber an den Tag gelegt hatten, der doch täglich für sie sorgte. Aber als sie zu dem kam, was sie von der Vergangenheit der armen Frau gehört hatte, und noch mehr, als sie von der jungen Dirne erzählte, da wurde der guten Frau Abel so unwohl, daß sie dem Dienstmädchen befehlen mußte, Portwein zu bringen. Als die geschliffene Weinkaraffe mit den Gläsern hereingebracht wurde, flüsterte Frau Abel dem Mädchen zu:Laß die Schnei­derin warten." Und nun kannst Du Dir vorstellen", fuhr Frau Warden fort,ja, es ist kaum möglich zu erzählen" und sie flüsterte. Was sagst Du! in einem Bette? alle zusammen! aber das ist ja empörend" rief Frau Abel, und schlug die Hände entsetzt zusammen. Ja vor einer Stunde würde auch ich so etwas nicht für möglich gehalten haben", antwortete Frau Warden,aber wenn man selbst zur Stelle gewesen ist und sich persönlich ver­gewissert hat" Gott ! daß Du Dich dort hinaus gewagt hast Emilie!" Ich bin froh, daß ich es gethan habe, und noch mehr muß ich die glückliche Schickung preisen, daß der Armenvorsteher gerade zu rechter Zeit kam. Denn ebenso erhebend wie es ist, der tugend­samen Armuth zu helfen, die in all ihrer Roth und Dürftigkeit rein und zufrieden lebt ebenso empörend wäre eS gewesen, wenn ich dazu beigetragen hätte, die bösen Neigungen solcher Menschen zu unterstützen."