weiblichen Geschlechts und aus dem Verhältniß zwischen Kapitalund Arbeit.Auf der Bank der Gesetzgeber sitzt alles in Allem die nämliche reaktionäre Majorität— wenn auch durch Peter statt durchPaul vertreten— die durch ihre Behandlung oder richtiger Mißhandlung der Fraueninteressen gelegentlich der Berathungen desneuen bürgerlichen Gesetzbuchs mangelnde Einsicht und mangelndenguten Willen für die einschlägigen zeitgemäßen Reformen erwies.Ausschlaggebend im neuen Reichstage ist die nämliche reaktionäreMajorität, welche bisher der wohl begründeten Forderung der politischen Gleichberechtigung der Geschlechter nichts Anderes entgegenzusetzen wußte, als die rührseligen platten Gemeinplätze des bezopften Spießbürgers, die geschmacklosen billigen Spöttereien desAlllagswivbolds oder aber die Unkenrufe und Verdächtigungen dergeschworenen Feinde jedes geschichtlichen Fortschritts. Zum Narrenwerden würde die Proletarierin, wollte sie hoffen und harren aufdie Sicherung ihres Rechts als Person, auf die Zuerkennung ihresRechts als Staatsbürgerin durch die neueinziehende Reichstagsmehrheit.Es mögen sich innerhalb der bürgerlichen Parteien einzelneHerren finden, die bereit sind zu kleinen Konzessiönchen an„Damenforderungen"— besonders im Betreff höherer Bildung und Be-rufsthätigkeit— zu augenscheinlich ist ja die steigende materielleund geistig-sittliche Roth weiter bürgerlicher Frauenkreise, die nachsicherem und standesgemäßem Lebensunterhalt und nach höheremLebensinhalt verlangen. Allein abgesehen von der sozialdemokratischenPartei wird es nicht einmal eine stattliche Minderheit geben, welcheim neuen Reichstag für die volle soziale Gleichberechtigung der Geschlechter eintritt. So wird die Stellung der Proletarierin alsPerson nach dem alten Spruche zugeschnitten bleiben:„Er(derMann) soll Dein Herr sein". Ihre Stellung als Staatsbürgerinaber wird nach wie vor die einer Unmündigen sein, deren„Recht"die Rechtlosigkeit ist. Vergebens wird auch in den nächsten fünfJahren die Sprache verhallen, welche die Berufsstatistik betreffsder Nothwendigkeit der sozialen Emanzipation der Frau redet.Aber freilich: nicht blos die Konkurrenzfnrcht der besitzendenMännerwelt vor der im Wettbewerb auf dem Gebiete der liberalenBerufe erscheinenden Frau; nicht blos die Klassenfurcht der Besitzenden vor der politisch mündigen Proletarierin ist im Bunde mitVorurtheil und Beschränktheit für diesen Stand der Dinge verantwortlich. Mitschuldige ist in Deutschland die bürgerliche Frauen-rechtelei, die sich bis heute gegen die Erkenntniß der geschichtlichenBinsenwahrheit sträubt, daß eine herrschende Klasse nie freiwilligauf ihre Vorrechtstellung verzichtet, sich nie die Preisgabe derselbendurch Bitten und Ueberredung abschmeicheln läßt. Die Klassenherrschaft des Mannes über die Frau kann nur durch einen Kampfgebrochen werden, vor dessen Inangriffnahme die deutsche Frauen-rechtelei bis jetzt zurückgeschreckt ist. Unsagbar kindlich ist es, vonden herrschenden Männern die Zuerkennung von Rechten zu erwarten, für deren Erringung die Frauen selbst nicht in Masse inden Kampf treten.Was aber kann die Proletarierin als Besitzlose und Ausgebeutete von dem neuen Reichstag erwarten? Aller Wahrscheinlichkeit nach ein silbernes Nixchen und ein goldenes Nautchen.Wohl darf sie in Folge des Ausfalls der Wahlen eins hoffen:der Brei der Meuchelung des Koalitionsrechts dürfte kaum so heißgegessen werden, als ihn Herr v. Posadowskp nach StummschenRezepten sofort nach Zusammentritt des neuen Reichstags zu kochenverhieß. Es ist dies von besonderer Wichtigkeit für die Proletarierin,die als Arbeiterin meist unter ungünstigen Bedingungen für kärglichen Lohn frohndet und behufs Vertheidigung ihrer Interessengegen das Ausbeuterthum den Rückhalt einer starken Gewerkschasts-organisation noch dringender bedarf, als selbst der Mann.Allein die Aussichten auf eine organische Weiterführung desgesetzlichen Arbeiterschutzes schrumpfen angesichts der neuen Reichstagsmajorität auf Null zusammen. Konservative und Nationalliberale sind von vornherein geschworene Feinde des gesetzlichenArbeiterschutzes. Die bürgerlichen Demokraten sind seine Gegneroder besten Falles seine sehr lauen Freunde. Und das ausschlaggebende Zentrum hat bisher zwar scheffelweise arbeiterfreundlicheVersicherungen ausgetheilt, aber nur löffelweise sozialreformlerischeThaten folgen lassen. Mögen sich die Proletarierinnen der überaus schäbigen Haltung dieser Partei bei Beralhung des sozialdemokratischen Antrags auf Einführung des Achtstundentags erinnern! Da war der harmlose Antrag Hitze den Herren nichteinmal harmlos genug, da mußte das Vorgehen des Zentrumsdurch den Antrag Hertling zu vollster Bedeutungslosigkeit plusvollendete Heuchelei herabgewürdigt werden. Das Zentrum ist inhöchstem Maße verantwortlich dafür, daß die von der Gewerbeordnung bereits 1890/91 vorgesehene Ausdehnung der Bestimmungenüber die Beschäftigung der Kinder, jugendlichen Arbeiter und derArbeiterinnen und über die Gewerbeaufsicht auf Werkstätten ohneelementare Kraft bis heute unterblieben ist. Gerade dort, wo dieKinder, die jungen Leute und Arbeiterinnen in der Regel amhärtesten ausgebeutet werden— in den handwerksmäßigen Betrieben und in der Hausindustrie— da ermangeln sie in der Folgedes nöthigen Schutzes. Das Zentrum hat seinen großen parlamentarischen Einfluß nicht einmal gebraucht, um die Schutzbedürftigsten der Schutzbedürftigen, die Kinder, genügend gegen dasUebermaß der kapitalistischen Ausbeutung zu sichern. Mehr noch,es hat sein gerüttelt und geschüttelt Maß Schuld daran, daß dieSchutzgesetzgebung zu Gunsten der proletarischen Kleinen vor derHausindustrie und der Landwirthschaft Halt gemacht hat. Währendes nicht für den wirksamen Schutz der Arbeiterinnen kämpfte, brachtees dagegen den utopistisch-reaktionären Antrag ein, den verheirathetenFrauen die Fabrikarbeit zu verbieten.Auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung wird die neue Reichstagsmajorität das kapitalistenfreundliche Regierungsprogramm nichtverbessern, sondern eher verbösern. Die so nölhige Reform derUnfallversicherung unterbleibt sicherlich, nachdem der Chor derMark- und Thalermillionäre von Ausbeutungsgnaden sittlich entrüstet über die dem Kapital angeblich aufgebürdeten starken Lastengejammert hat. Die Jnvaliditäts- und Altersversicherung wird nichtden proletarischen Interessen entsprechend reformirt werden, vielmehrnach den Herzenswünschen der begehrlichen Herren Agrarier. Vondem dringenden Ausbau der Krankenversicherung ist seitens derRegierung nicht einmal die Rede, und die bürgerliche Majoritätwird schwerlich zu einem Vorgehen anspornen oder die Initiativeergreifen. Nichts weniger als reformeifrige Thaten des Reichstagshat mithin die Proletarierin auch bezüglich der Versicherungsgesetze zu erwarten, an denen sie als Arbeiterin doch unmittelbarinteressirt ist oder mittelbar, als Gattin, Mutter, Tochter oderSchwester von Arbeitern.Dafür eröffnen sich ihr andere Perspektiven. Ihre männlichenAngehörigen werden sicherlich noch mehr als bisher zur Blutsteuerherangezogen werden. Die Reichstagsmajorität wird in Sachendes Militarismus und Marinismus der Regierung über den Stockspringen. Da bleibt es dann auch nicht aus, daß die Proletarierinund ihre Familie höher als bisher mit Gutsteueru belastet werden.Die konservativ-nationalliberal-ultramontane Majorität wird sicherlich die Besitzenden nicht zwingen, die Kosten für neue Militär-und Marinevorlagen„auf den Altar des Vaterlands" niederzulegen. Das beweist klärlich die Haltung der Ordnungsparteien,insbesondere aber die Haltung des maßgebenden Zentrums, gelegentlich des sozialdemokratischen Antrags, die für Durchführungdes letzten Marinegesetzes nöthigen Hunderte von Millionen durcheine Reichseinkommensteuer aufzubringen.Gewiß kann die Proletarierin einer festen Ueberzeugung sein:die sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten werden allzeit pflichttreu auf Posten stehen, um die Rechte und Interessen des weiblichen Geschlechts und des arbeitenden Volkes zu vertheidigen. Aberin welchem Maße ihr Kampf Erfolg hat, das hängt in letzterInstanz nicht ab von der Zahl der sozialdemokratischen Abgeordnetenim Reichstag, auch nicht von dem mehr oder minder großen Geschick ihres Vorgehens und der größeren oder geringeren Ueber-zeugungskraft ihrer Argumente, so wenig die Bedeutung all dieserFaktoren unterschätzt werden darf. Für den siegreichen Kampf istvielmehr in erster Linie maßgebend der Umfang, die Geschlossenheitund Reife der revolutionären Masse, die hinter den sozialdemokratischen Parlamentariern steht. Die Macht dieser revolutionärenMasse durch Agitation und Organisation zu stärken muß deshalbdie Aufgabe aller Proletarierinnen sein, welche als Frauen und