treffend, so gut wie wirkungslos geblieben ist. Sie kann z. B. feine Anwendung finden auf Konfektionswerkstätten, die, obwohl sie bis zu 40 Arbeiterinnen beschäftigen, nicht auf Vorrath, sondern stets auf Bestellung, d. h. nach§ 8 der Verordnung gelegentlich" arbeiten. Gerade in diesen Werkstätten wäre ein energischer Arbeiterinnenschutz dringend erwünscht, da zur Zeit der verschiedenen Saisons die Mädchen oft die ganze Nacht durch arbeiten müssen mit Unter­brechung durch nur ganz kurze Pausen." Von einer Kölner   Firma, die 50 bis 60 Arbeiterinnen beschäftigt, gilt dasselbe. Das weite Gebiet der keiner Kontrolle unterworfenen Heimarbeit wird durch die Verordnung nicht im Geringsten berührt.

Lange, durch das Gesetz leider nicht beschränkte und geregelte Arbeitszeiten mit allen ihren üblen Nachwirkungen müssen sich auch die weiblichen Angestellten der Ladengeschäfte gefallen lassen. Sollte zu dem hohen Grade ihrer Ausbeutung nicht auch beitragen, daß die Handlungsgehilfinnen so gut wie ganz außerhalb einer geeigneten Organisation stehen und des solidarischen Empfindens ermangeln? Für sie gilt meines Erachtens in dieser Beziehung in verstärktem Maße, was leider noch immer zum großen Theil von den Arbeite­rinnen im Allgemeinen gilt. Mangel an Organisation und Soli­daritätsgefühl verhindern ein Aufbäumen der weiblichen Arbeitskräfte gegen die traurigsten Arbeitsbedingungen und rauben damit dem Kampfe für einen wirksamen gesetzlichen Arbeiterinnenschutz eine wichtige treibende Kraft.

Von ganz besonderem Interesse sind die Berichte über die in chemischen, Metallbearbeitungs- und verwandten Betrieben üblichen Arbeitszeiten. Nicht nur, weil es kaum glaublich scheint, daß man in notorisch gesundheitsschädlichen Betrieben Arbeitszeiten von zehn Stunden und darüber begegnet, sondern auch um der psychologischen Aufschlüsse willen, die die entsprechenden Mittheilungen über Auf­fassung und Denkweise der Aufsichtsbeamten gewähren. Was soll man z. B. dazu sagen, wenn für die Arbeiter einer Bleifabrik keine Verminderung der allgemein üblichen Arbeitszeit verlangt wird, da besondere Schädigungen nicht nachgewiesen wurden, obzwar dies daran liegen mag, daß zur Erkennung von chronischer Bleivergiftung eine längere Beobachtung und eingehende Untersuchung der erkrankten Personen erforderlich ist". Dagegen wird im gleichen Bericht( Arns­ berg  ) für Beizer, die mit Salpeter- und Schwefelsäure hantiren, fort­laufende ärztliche Kontrolle und eine höchstens sechsstündige Arbeitszeit verlangt. Viel zu lang ist auch die 10stündige Arbeitszeit in Benzin­wäschereien, da sich hier bei der Arbeit schädliche Dünste entwickeln.

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sei wirklich begierig zu wissen, womit man diese Argumente wohl erschüttern könne, wenn das seinem Herrn Gegner aber nicht ge= länge, nun, so müßten die Ameisen eben in Acht und Bann gethan und von dieser Erde vertilgt werden."- Sofort erhob sich der Anwalt der so hart Angegriffenen: Da Gott   felbst seinen Klienten das Leben gegeben habe, so müsse man diesen doch auch zugestehen, ihr Leben ihrem natürlichen Instinkte gemäß zu fristen. Im Uebrigen dienten auch die Ameisen Gott  , allerdings auf ihre Weise, denn sie gäben durch die Art und Weise, wie sie sich gegenseitig in die Hand arbeiteten, den Menschen ein leuchtendes Beispiel ( Sprüche Salomonis XXX, 25) der Klugheit, der Friedfertigkeit und der Nächstenliebe, ja selbst hinsichtlich der Pietät ständen sie geradezu vorbildlich da, wären sie doch laut Plinius   die einzigen Kreaturen, welche ihre Todten bestatteten. Und was endlich das Arbeiten anbelange, na, da möchten die Mönche mit ihrer famosen Almosenbettelei doch ja ganz stille sein, die Ameisen arbeiteten wirklich und zwar so hart, daß sie oft Lasten schleppten, die größer seien, als ihr eigenes Störpergewicht. Wenn auch nach menschlichem Ermessen der Mensch das höchst organisirte Geschöpf set, so hätten sich doch die Franziskaner mit ihrer Klage an der göttlichen Ge­rechtigkeit versündigt, vor welcher sie auch keinen Pfifferling mehr werth wären als die winzigste Ameise. Und da endlich die Erde doch Eigenthum Gottes und nicht das der Kläger   wäre und Gott selber die Ameisen weit früher als die Mönche in dieses Land ge= führt habe, wie könne man da nur verlangen, daß jezt plößlich die Thiere vertrieben werden soliten. Nach einem langen Hin und Her entschied der Gerichtshof: Die Mönche sollten den Ameisen in der Nähe des Klosters einen geeigneten Plaz anweisen, auf welchen sich dieselben ungesäumt bei Strafe sofortiger Erkommunikation zu verfügen hätten. Dieser Richterspruch ward vor den Ameisen­löchern laut verlesen und da zeigte sich( so berichtet die Kloster­chronik vom Januar 1713) so recht deutlich, wie sehr dies weise Urtheil die Billigung des allerhöchsten Richters gefunden. Im Nu

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Wir werden nochmals auf die Verhältnisse in den gesundheits­schädlichen Betrieben zurückkommen, und zwar mit besonderer Berück­sichtigung der Wirkung auf die Arbeiterinnen. Es sei jedoch schon jetzt nachdrücklichst betont, daß unter den hier zu treffenden Schutz­maßregeln eine Herabminderung der Arbeitszeit auf höchstens sechs Stunden an erster Stelle zu fordern ist. Der Bericht für Wies­ baden   konstatirt, daß in einem besonderen Falle die Herabminderung der Arbeitszeit von 10 auf 7 Stunden von Erfolg begleitet gewesen sei. Bei gleichbleibender Arbeiterzahl sank die Zahl der Krankheits­tage von 492 im Vorjahre auf 293 im Berichtsjahre, so daß hier der Beweis für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeits­dauer und Erkrankungshäufigkeit gewissermaßen experimentell erbracht wurde." Angesichts dieser Erfahrung ist es unerfindlich, warum der nämliche Beamte sich wenige Zeilen weiter mit der Meinung be­gnügt, daß eine Beschränkung der Arbeitszeit auf etwa 8 Stunden tägliche Dauer in Erwägung" kommen könne. Im Mindener   Be­richt ist es für genügend erachtet, wenn die tägliche Arbeitszeit für Lackirer und Spinner auf 11, für Metallschleifer, Lumpenfortirer und Glasbläser auf 10 Stunden festgesetzt wird, sofern nicht für einzelne Betriebe, in denen keine sanitären Bedenken vor­liegen, von der höheren Verwaltungsbehörde Ausnahmen zugelassen werden". Und der Inspektor für Oppeln   meint gar, nachdem er zuvor von übermäßig langen Arbeitsschichten von 17 Stunden bei halbstündiger Mittagspause gesprochen, daß die regelmäßige Arbeitszeit für den hiesigen Bezirk gesetzgeberisches Ein­greifen nicht erheischt". Und dies, obwohl er drei Zeilen weiter be­richtet, daß es hier und da in Maschinenfabriken, abgesehen vom Sonnabend auch wohl einmal in der Woche vorkam, daß Arbeiter an Werkzeugmaschinen ausnahmsweise 18 Stunden hintereinander thätig waren; hiergegen einzuschreiten lag kein genügender Anlaß vor". Doch seien wir gerecht. Der Inspektor ist kein Un­mensch. Auch nach seiner Meinung giebt es eine Grenze menschlicher Leistungsfähigkeit, denn er fährt fort: Wenn aber kurzsichtige Fabrik­leiter sich nicht scheuen, einen Arbeiter 36 Stunden lang zu beschäf= tigen, so ist meines Erachtens( ,, meines Erachtens!") hiergegen einzu­schreiten. Daß ein länger als 24 Stunden Arbeitender seiner Glieder wenig mächtig ist und in einem maschinellen Betriebe in hohem Grade Gefahr läuft, zu verunglücken, liegt auf der Hand. Darum nur einmal in der Woche eine 18- oder höchstens 24stündige Schicht und für die Bleihütten- und verwandte Arbeiter eine Tagesarbeit von 12 Stunden." Das ist dieser Weisheit letzter Schluß, und da

marschirten Myriaden der kleinen Thierchen aus ihren Schlupf­winkeln hervor und eilten in dicht gedrängten Massen den ihnen zugewiesenen Quartieren zu. Die Mönche aber dankten und priesen Gott für ihre wunderbare Befreiung von dieser entsetzlichen Plage." O. Weh.

Der Bettler. Von Turgenjeff.

Ich ging die Straße entlang. Ein Bettler, ein gebrechlicher Greis, hielt mich an.

Entzündete, thränende Augen, bläuliche Lippen, zerfetzte Lumpen, häßliche Wunden o, wie widerwärtig hatte die Noth dieses elende Geschöpf benagt!

Er streckte mir seine geschwollene, geröthete, schmutzige Hand entgegen. Er stöhnte, ja er wimmerte förmlich um Hilfe.

Ich begann in allen Taschen zu wühlen. Aber weder Börse, noch Uhr, noch selbst ein Taschentuch fand ich, nichts hatte ich zu mir gesteckt.

-

Der Bettler aber stand immer noch wartend da, und leise zitterte und zuckte seine ausgestreckte Hand.

Betroffen und verlegen, wie ich war, faßte ich kräftig diese schmutzige, zitternde Hand.... Sei mir nicht böse, Bruder, ich habe nichts bei mir."

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Der Bettler richtete seine entzündeten Augen auf mich, seine bläulichen Lippen begannen zu lächeln, und auch er drückte meine erfalteten Finger.

"

Wohlan, Bruder", lispelte er, auch dafür dank ich Dir- auch das ist ein Almosen, Bruder!"

Ich fühlte, daß auch ich von meinem Bruder ein Almosen empfangen hatte.

Februar 1878.