Genusses, während sie zu ebenso ununterbrochener Arbeit angehalten wird; sie muß im Winter die Dame des Hauses Abend für Abend zur Gesellschaft schmücken und ihr wird aufs Strengste anbefohlen, an den knappen Ausgangstagen nur ja Punkt 10 Uhr Abends zu Hause zu sein; sie muß sich mit den Kindern herumplagen, während die Mutter nervöse Anfälle bekommt, wenn sie eine halbe Stunde gezwungen ist, sich mit ihnen zu beschäftigen. Kurz, es gehört weder starke Intelligenz noch übermäßige Begehrlichkeit dazu, daß das Mädchen gerade in den besseren Haushaltungen soziale Vergleiche anstellt und ganz von selbst zu einer Art von instinktivem Klassen­bewußtsein erwacht, indem sie sich sehr natürlich mit ihren Beschwerden an Jhresgleichen wendet und sich durch ihre Kolleginnen aufheben" läßt. So lange die bürgerliche Frau das Leben und die Arbeit ihres Gesindes in der Wirthschaft noch direkt theilte, wie das noch heut­zutage auf dem Lande vielfach der Fall ist, so lange ihre Lebens­führung sich noch nicht wesentlich von der ihres Dienstpersonals unterschied, trat dieser Gegensatz auch sehr viel weniger kraẞ hervor. Heute ist er eines von den ewig mahnenden Zeichen des Verfalls unserer Gesellschaft, deren wirthschaftliche Auflösung sich vielleicht nirgends deutlicher fundgiebt als in dem kleinen Organismus der Familie. Denn der Einzelne, in diesem Fall die einzelne Haus­frau, mag noch so human gesinnt sein, sie mag noch so sehr die Widersinnigkeit ihres Herrschaftsverhältnisses gegenüber dem Dienst­personal begreifen, sie steht dennoch unter einem Zwange, der ihr nur die Wahl läßt, gänzlich die Fesseln ihrer bürgerlichen Lebens­führung zu durchbrechen oder aber den Dingen im Großen und Ganzen ihren Lauf zu lassen. Denn will sie nicht selbst ihre Zeit zur Erledigung der häuslichen Arbeiten verwenden und das ist, abgesehen von allen Klassenhemmnissen, bekanntlich nicht Jedermanns Geschmack so muß sie sich dem allgemeinen Brauche fügen, und, um sich und ihrer Familie die Möglichkeit eines vernünftigen Daseins zu schaffen, eine, zwei oder mehr Personen der Knechtschaft des häuslichen Dienstes unterwerfen. Die ganze sinnlose Kraftvergeudung, die soziale Unvernunft dieser Wirthschaftsführung wird dabei noch jeder denkenden Frau die Leitung des kleinen Haushalts zu einer absolut unbefriedigenden Thätigkeit machen. Und abgesehen von alle­dem liegt es für eine große Zahl von Frauen noch nicht einmal in der Möglichkeit, ihrem Dienstpersonal auch nur in Bezug auf Zeit und Maß der Arbeit Erleichterungen zu verschaffen. Die materielle Nothlage, die stets neue Schichten des Gelehrtenproletariats, der fleinen Kaufmannschaft u. s. w. zu äußerster Sparsamkeit in der Lebensführung zwingt, bringt eben auch eine größere Inanspruch nahme des Dienstpersonals, das heißt gewöhnlich des einen verfüg­

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baren Dienstmädchens mit sich, da eben möglichst alle Arbeit im Hause geleistet werden muß.

Die Frage der Dienstbotennoth wird also mit moralischen Er­güssen nicht aus der Welt geschafft werden; sie wird sich mit der Zeit höchstens mahnender und beunruhigender gestalten als eine von den hundert unlösbaren Fragen" unserer Wirthschaftsordnung, die auch in das Frauenleben eingreifen und die Denkenden unter uns Frauen endlich zur Heeresfolge des Sozialismus führen müssen. Wally zepler.

Aus der holländischen Frauenbewegung.

Es herrscht jetzt ein reges Leben unter den holländischen Frauen. Durch die Nationale Ausstellung für Frauenarbeit", von deren Eröffnung die Gleichheit" schon berichtete, hat die bürgerliche Frauenbewegung einen nicht unbedeutenden Aufschwung genommen. Entschieden darf man von einem äußerlichen Erfolg der Ausstellung sprechen, der größer ist als sogar die Damen selbst sich träumen ließen, welche an der Vorbereitung des Unternehmens arbeiteten. Die Ausstellung an und für sich giebt ein ziemlich gelungenes Bild von dem Charakter der hiesigen bürgerlichen Frauenbewegung, in welcher sich alle Nuancirungen der denkenden und fortgeschrittenen Frauen zusammenfinden. Neben der Dame aus der großen Welt, die mehr noch aus Zeitvertreib als aus Ueberzeugung mitkämpft für eine Vermehrung der Frauenrechte, stehen die waschechten Frauen­rechtlerinnen, die sich nach französischem Beispiel mit Vorliebe Femi­nisten nennen. Geht man noch ein paar Schritte weiter, so findet man neben diesen viele sozialistisch angehauchte Damen. Werden sie alle, die so verschiedenen gesellschaftlichen Schichten angehören und so verschiedenartige Interessen haben, schwesterlich zusammen weiter arbeiten? Es ist kaum zu erwarten und im Interesse einer gesunden Entwicklung der Bewegung nicht zu wünschen. Wahrscheinlich wird die Ausstellung in die Frauenbewegung mehr Klarheit bringen. Sie muß, so sollte man meinen, die denkenden Frauen wenigstens anregen, ihre noch mangelhaften Kenntnisse auf sozialem Gebiete zu vervoll­ständigen und nach größerer und flarerer Einsicht in die schwierigen Probleme zu streben, welche mit der Frauenfrage verknüpft sind. Bis jetzt fehlt es der großen Mehrheit der kampfestüchtigen Frauen­rechtlerinnen an dem richtigen Verständniß für die große Bedeutung des Kampfes zwischen Kapital und Arbeit, und sie übersehen nur noch zu häufig den engen Zusammenhang zwischen Frauenfrage und Arbeiterfrage. Deshalb erblicken und bekämpfen sie oft nur die Folgen sozialer Uebel und nicht ihre Ursachen.

Die Geschichte vom unartigen kleinen Jungen. tniete er nicht von ganz allein nieder und versprach nicht, nie

Skizze von Mark Twain .

Es war einmal ein böser fleiner Knabe, der hieß Jim obgleich böse kleine Knaben fast immer Jakob heißen, wie ihr finden werdet, wen ihr in den Sonntagsschulbüchern left. Es war sonderbar, aber wahr, daß dieser Jim hieß.

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Er hatte auch keine kranke Mutter eine kranke Mutter, die fromm war und die Verzehrung hatte, die sich gern ins Grab gelegt und ausgeruht hätte, wenn nicht die große Liebe zu ihrem Sohne sie abgehalten hätte und die Angst, die Welt möchte hart und falt gegen ihn sein, wenn sie fort wäre. Die meisten bösen Knaben in den Sonntagsbüchern heißen Jakob und haben kranke Mütter, die sie lehren, zu sagen: Müde bin ich, geh' zur Ruh'" 2c. und sie in den Schlaf singen mit süßen klagenden Stimmen und sie zur Gutenacht füssen und am Bett niederknieen und weinen. Aber bei diesem Knaben war's anders. Er hieß Jim, und seiner Mutter fehlte gar nichts sie hatte weder Verzehrung noch sonst etwas Derartiges. Sie war eher derb zu nennen, auch war sie nicht fromm; außerdem ängstigte sie sich nicht um Jim. Wenn er seinen Hals brechen sollte, meinte sie, wäre das kein großer Verlust. Sie puffte ihn immer ins Bett und füßte ihn nie zur Gutenacht; im Gegentheil, sie gab ihm Ohrfeigen beim Fortgehen.

Einstmals stahl dieser böse Knabe die Schlüssel zur Speise­kammer, schlüpfte hinein und verhalf sich zu etwas Marmelade. Dann füllte er das Gefäß wieder mit Theer, so daß seine Mutter den Unterschied nicht merken konnte; aber wunderbarerweise kam kein schreckliches Gefühl über ihn, und nichts schien ihm zuzuflüstern: Ist es recht, daß ich meiner Mutter nicht gehorche? Ist es nicht eine Sünde? Wohin kommen die bösen kleinen Knaben, die ihrer lieben, gütigen Mutter die Marmelade wegessen?" Und dann

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wieder bös sein zu wollen, und stand nicht auf mit leichtem, glücklichem Herzen und ging nicht und erzählte seiner Mutter alles und bat sie um Verzeihung und wurde nicht von ihr gesegnet mit Thränen des Stolzes und Dantes in den Augen. Nein so machen es alle anderen bösen Knaben in den Büchern; aber mit Jim war es sonderbarerweise anders. Er die Marmelade und und sagte in seiner sündigen, gewöhnlichen Art, sie wäre famos, und er that den Theer hinein und sagte, das wäre auch famos, und lachte, indem er bemerkte, daß die Alte schön schnauben würde", wenn sie es entdeckte; und als sie es entdeckte, leugnete er alles, und sie bläute ihn tüchtig durch, und das Weinen ver­richtete er selber. Alles war sonderbar an diesem Knaben alles schlug anders für ihn aus als für die bösen Jakobe in den Büchern. Einstmals kletterte er auf Pächter Acorns Apfelbaum, um Aepfel zu stehlen, und der Ast brach nicht, Jim fiel nicht herunter und brach nicht den Arm und wurde nicht von des Pächters großem Hund zerrissen, um dann wochenlang krank im Bett zu liegen und zu bereuen und gut zu werden. Onein! er stahl so viel Aepfel, wie er wollte, und kam wohlbehalten unten an; dem Hund war er ganz gewachsen, den schlug er derb mit einem Ziegelstein, als er ihn zerreißen wollte. Es war sehr sonderbar- nichts der= gleichen geschah je in jenen milden, kleinen Büchern mit marmo­rirten Rücken und mit Bildern von Männern mit Schwalben­schwanzröcken, glockenförmigen Hüten und kurzen Beinkleidern und Frauen mit turzen Taillen und ohne Neifröcke. Nichts dergleichen steht in irgend einem Sonntagsschulbuch.

Einmal stahl er dem Schullehrer das Federmesser, und als ihm angst wurde, daß es herauskommen könnte, steckte er es in Georg Wilsons Müze der armen Witwe Wilson Sohn, der Musterknabe, der beste kleine Junge des Dorfes, der immer seiner