schaft zugewiesen, doch können die Damen nach Bedarf auch anderweitig verwendet werden. Mitte des Berichtsjahrs gab es im ersten Inspektionsbezirk, München , 13 Fabriken mit ausschließlich weiblicher Arbeiterschaft; es waren daselbst 137 Arbeiterinnen beschäftigt. Im zweiten Bezirk, Nürnberg , betrug die Zahl der nämlichen Betriebe 28 mit 406 Arbeiterinnen. Anlagen, in denen vorwiegend weibliche Arbeiter beschäftigt waren, gab es im Bezirk München 207, im Bezirk Nürnberg 459 mit zusammen 22717 Arbeiterinnen gegen 11440 Arbeiter. Die Assistentinnen inspizirten hiervon im ersten Bezirk 49, im zweiten 60 Betriebe. Ihre Revisionen vertheilten sich mit Ausnahme des Baugewerbes auf sämmtliche Gruppen der Gewerbestatistik. Bei ihren Besichtigungen wurden 102 Beanstandungen erhoben. Nach den bisherigen Beobachtungen wurden die Assistentinnen sowohl seitens der Arbeiterinnen wie der Arbeitgeber gut aufgenommen.
Die sechste englische Fabrikinspektorin, Miß Alice Teebay, hat fürzlich ihren ersten Bericht vorgelegt, der einen Zeitraum von ungefähr sieben Monaten umfaßt, denn die neue Beamtin wurde erst im Laufe des letzten Jahres angestellt. Während ihrer Amtsthätigkeit hat die Fabrikinspektorin 1413 Revisionen vorgenommen. Sie fand viele gesetzwidrige Mißstände. In 85 Fällen setzte sie selbst eine Abstellung vorhandener Uebelstände durch, in 92 Fällen verwarnte sie die kapitalistischen Verächter gesetzlicher Vorschriften, in 116 Fällen erstattete sie Anzeige an die zuständige Sanitätsinspektion. Dem vorliegenden Bericht nach ist der neue Fabrikinspektor ebenso fleißig als gewissenhaft und energisch.
Vertrauenspersonen, welche Beschwerden der Arbeiterinnen der Gewerbeinspektion übermitteln, hat in letzter Zeit die frauenrechtlerische Kommission für Arbeiterinnenschutz" in Berlin bestellt. Einige Theilnehmerinnen des Kurses zur Ausbildung von Fabrikinspektorinnen, den der Bund deutscher Frauen vereine " unter dem Vorsitz von Frau Schwerin organisirt hat, nehmen jeden Montag Abend im„ Arbeiterinnenheim" Beschwerden von Arbeiterinnen entgegen. Die Einrichtung ist allem Anschein nach ein frauenrechtlerisches Konkurrenzunternehmen", das hinter der Neuerung einherhinkt, die bereits im vorigen Mai seitens der Berliner Gewerkschaften und Genossinnen geschaffen worden ist. Wäre es den Frauenrechtlerinnen in erster Linie um den Schutz der Arbeiterinnen zu thun; um das Bekanntwerden mit den Arbeits- und Eristenzbedingungen der Proletarier und die praktische Einführung in die Aufgaben der Gewerbeaufsicht; um die Schaffung von Berührungspunkten Herzschlag, der nach hohem Geistesflug und berauschendem Glück verlangte, mußte sie den Erfordernissen einer freudlosen Brotfrohn anpassen. Sie litt den vollen, bleischweren Druck der proletarischen Eristenz, und sie litt ihn mit verfeinerten Sinnen, mit wachem Geiste, im klaren, bohrenden Bewußtsein alles, was ihr das Leben vorenthielt. Aus diesen Tagen heraus ist ihr vor Allem das Verständniß für die proletarische Klassenlage erwachsen, wie für den proletarischen Freiheitskampf:
„ Ich frohnt' wie du dem Sausen der Maschine Im grauen Tagewerk voll Staub und Dunst; Mit deinen Töchtern ging ich, daß ich diene-",
singt sie in dem herrlichen Stampfeslied:" Genug der Qualen!" Hochgradige Bleichsucht zwang fie, bald die Stellung aufzu geben und ins Haus der Mutter zurückzukehren, wo sie eine andere Form der Knechtschaft erwartete: das Ertheilen von Privatstunden. 1884 siedelte sie mit der Mutter nach Kolberg über. Nachdem sie dort längere Zeit in Vertretung an der Volksschule gewirkt, erhielt sie 1889 eine Stellung in der Redaktion der Zeitung für Pommern". Sie bekleidet dieselbe noch jeßt für ein Monatsgehalt von 55 Mt.!! Schwerer als die Kärglichkeit des Verdienstes und die Sorgen der Eristenz drücken die Dichterin die Schranken, die in den ,, liberalen" Blättern den Flügelschlag ihrer Seele hemmen. Wer den leidenschaftlichen Sehnsuchtsruf nach freiem, vollem Menschenthum vernommen, der aus Klara Müllers Versen gellt, der fann ahnen, was sie leidet, daß von ihr gilt ,, Um trocken Brot verkauft ich Geist und Gunst". Mit der großen, brennenden Sonnensehnsucht in der Seele muß sie das Joch verhaßter Alltagsarbeit schleppen. Die Beschränkung ihres Seins und Thuns, welche die Rücksicht auf die eigene Eristenz ihr nicht zu entreißen vermochte, die zwingt ihr die Rücksicht auf die betagte Mutter ab.
( Schluß folgt.)
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mit der proletarischen Welt zum Zwecke der sogenannten„ sozialen Hilfsarbeit": so konnten alle diese Ziele erreicht werden, indem die im Arbeiterinnenheim" sicherlich häufig aufzugreifenden Beschwerden den bereits amtirenden proletarischen Vertrauenspersonen übermittelt wurden. Die Gründung einer eigenen Sammelstelle für solche Beschwerden erklärt sich jedenfalls dadurch, daß die Damen einmal nicht in den Geruch kommen wollten, der sogenannten+++ sozialdemofratischen" Gewerkschaftsbewegung und den Genossinnen Hilfsdienste zu leisten; andererseits aber durch die Hoffnung, die Arbeiterinnen zur alleinseligmachenden Frauenrechtelei zu befehren und der Sozialdemokratie abwendig zu machen. Wir haben wiederholt die prak tischen Gründe dargelegt, welche bedingen, daß bürgerliche Damen für die Aufgaben der Vertrauenspersonen, die zwischen Arbeiterinnen und Fabrikinspektion vermitteln, nicht so gut geeignet sind, als Proletarierinnen. Bis jetzt hat die Erfahrung allerwärts unsere Auffassung bestätigt. Wir sind begierig, zu erfahren, welche Haltung die Berliner Gewerbeinspektion den frauenrechtlerischen Vertrauenspersonen gegenüber einnehmen wird. Bekanntlich nimmt dieselbe wohl die Beschwerden der proletarischen Vertrauenspersonen entgegen, hat es aber abgelehnt, diesen Auskunft über die Resultate der Untersuchungen mitzutheilen. Ob wohl bürgerlichen Damen recht sein wird, was man Proletarierinnen gegenüber als billig befunden hat?
Die Austellung von Fabrikinspektorinnen in Preußen wurde am 6. und 7. März zum ersten Male im preußischen Abgeordnetenhause verhandelt. Anlaß zu den einschlägigen Debatten gab ein Antrag des Freifinnigen Hirsch:" Das Haus wolle die Regierung ersuchen, nach dem Vorgang anderer deutscher Bundesstaaten auch in Preußen einen Versuch mit der Anstellung weiblicher Gewerbeaufsichtsbeamten in solchen Bezirken, wo eine große Zahl von Arbeiterinnen beschäftigt ist, zu machen." Charakteristisch ist die große Bescheidenheit der Forderung. Nicht grundsätzlich wird die Anstellung weiblicher Gewerbebeamten verlangt, es wird nur der Wunsch eines Versuchs in gewissen Bezirken geäußert. Trotzdem hatten die übrigen freisinnigen Abgeordneten den Antrag nicht unterzeichnet. Der Zentrümler Hize erklärte sich unter dem Vorbehalt für die Neuerung, daß der Versuch zuerst in kleinen Betrieben gemacht werde, z. B. in der Konfektionsindustrie. In ähnlichem Sinne sprach sich der preußische Handelsminister Brefeld aus. Er anerkannte, daß der erhobenen Forderung eine gewisse Berechtigung" nicht abzusprechen sei und daß man in Bayern und Hessen mit den Assistentinnen zufrieden sei. Die Redner der beiden konservativen und der nationalliberalen Partei erklärten sich gegen den Antrag Hirsch, dagegen für einen freifonser vativen Abschwächungsantrag von Gamp, wonach nur weibliche Hilfsbeamte angestellt werden sollen. Am zweiten Verhandlungstag wurde der Antrag Hirsch mit der von Gamp beantragten Abänderung angenommen. Wir bringen in der nächsten Nummer einen ausführlichen Bericht über die Debatten.
Frauenarbeit auf dem Gebiete der Industrie, des Handels und Verkehrswesens.
Die Zahl der verheiratheten badischen Fabrikarbeiterinnen ist nach dem soeben erschienenen Jahresbericht der Fabritinspektion für 1898 sowohl absolut wie relativ stetig gestiegen. Es betrug die Zahl der verheiratheten Arbeiterinnen:
Im Jahre
1894
1895
1896
1897
1898
In Prozenten der Zahl der
Absolut
erwachsenen Arbeiterinnen
10 878
27,05
11 782
27,85
12 345
28,77
13 359
30,08
14 198
30,39
Binnen fünf Jahren ist also die Zahl der verheiratheten Arbeiterinnen um 3320 gestiegen; ihr Antheil an der Zahl der erwachsenen Arbeiterinnen, die in inspektionspflichtigen Betrieben beschäftigt sind, ist um mehr als 3 Prozent gewachsen. Die absolute wie relative Zunahme der Zahl der verheiratheten Arbeiterinnen ist in mehrfacher Richtung eine bedeutsame Erscheinung. Sie beweist, daß die proletarische Familie als wirthschaftliches Ganze durch die kapitalistische Entwicklung immer mehr zersetzt wird. Sie widerspricht der von den Herren Kapitalisten und bürgerlichen Nationalökonomen gegen die Sozialdemokratie ausgespielten Behauptung, daß die Lage der Arbeiterklasse sich glänzend gehoben habe. So unbestritten es ist, daß manche proletarische Schichten zu einer besseren Lebenshaltung emporgestiegen sind allerdings nicht durch das Verdienst der Unternehmer, sondern durch den wirthschaftlichen und politischen Kampf, so gewiß sind andere Schichten größerer Verelendung anheimgefallen; so gewiß hat die Verbesserung der Lebensverhältnisse des Proletariats als Ganzes mit dem Fortschreiten der Kultur nicht gleichen Schritt gehalten