1
-
gefährlich sei, wenn man ihr gestatte, sich zu versammeln und gemeinsam zu berathschlagen. Gebe man den Wünschen der Frauen nach, die lediglich ihrer Genußsucht fröhnen wollten, so würden sie bald volle Gleichberechtigung fordern und die Männer auch im Staatsleben zu beherrschen suchen. Diese Philippika des strengen Römers, der es übrigens selbst so wenig ernst mit der Aufrechterhaltung alter Sitte hielt, daß er sich von seiner Frau scheiden ließ, weil ein Freund von ihm sie zu heirathen wünschte, und sie wieder zur Gattin nahm, als dieser sie nicht mehr mochte, hatte zunächst wenig Erfolg, denn das Oppische Gesetz wurde aufgehoben. Siebzehn Jahre später beantragte der Tribun Voconius, daß keine Frau erbberechtigt sein und Legate von mehr als 100 000 Sestertien( circa 15000 Mark) annehmen dürfe. Der damals achtzigjährige Gato versagte es sich nicht, mit dem ganzen Gewicht seines Ansehens und seiner Beredtsamkeit für diesen Antrag zu kämpfen, indem er die Ausschweifungen und die Genußsucht der Römerinnen heftig tadelte, und seine Annahme schließlich durchsetzte.2
Aber wie kein Gesetz Sitten zu verbessern vermag, das sich nur mit den Symptomen statt mit dem Grundübel beschäftigt, so hatte auch diese teine anderen Folgen, als daß die davon Betroffenen es auf Schleichwegen zu umgehen suchten. Um sich von der vermögensrechtlichen Unselbständigkeit zu befreien, schlossen die Frauen häufig mit Männern, die sich dazu hergaben, gegen eine Abfindungssumme Scheinehen . Sie versuchten aber auch, auf die Gesetzgebung direkten Einfluß zu gewinnen, indem sie durch Intriguen und Bestechungen aller Art die Abschaffung der Vormund schaft durchzusetzen suchten. Aus dieser Thatsache, die in die Zeit des Verfalls der römischen Republik fiel, ist sehr häufig der Schluß gezogen worden, daß die Emanzipationsbestrebungen der Frauen stets ein Zeichen für die Dekadenz des Volkes, dem sie angehören, und ein Beweis für die Korruption aller Sitten sind. Die Emanzipationsbestrebungen der Römerinnen aber waren keineswegs identisch mit denen der Frauen des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Sie entsprangen weder der Noth, noch dem Bildungsdrang, noch dem Pflichtgefühl gegenüber Staat und Gesellschaft; sie beschränkten sich auf den kleinen Kreis der herrschenden, bürgerlichen Klasse, die niemals eine Trägerin großer Reformen und einschneidender Umwälzungen gewesen ist und sein kann. Eine Frauenbewegung im modernen Sinne konnte es nicht geben. Dazu waren die römischen Bürgerinnen durch den großen Reichthum
1 Vgl. Titus Livius , Römische Geschichte, übersetzt von Haufinger. Braunschweig 1821, XXXIV. Buch, S. 203-215.
2
wehrten sich Nacht und Tod, wüthend schnob der Winter einher, es heulte und brauste in den Lüften, ächzend bogen sich die Bäume des Waldes, klirrend sprangen die Eisbanden des Stromes.
-
In Fesseln lagen Nacht und Tod, mit zerfeztem Gewand entwich grollend der Winter der Frühling hatte gesiegt.
-
Und eine Zeit fröhlichen Umsturzes hub an in der Natur. Hinweggefegt wurde das dürre Laub und das vermorschte Geäst, junggrüne Spigen sprengten die braune Hülle, kecke Waldblumen streckten die Köpfchen empor, aus dem Laub wand sich der Waldmeister und streute seinen Duft weit hinaus, blaue Blüthenglöcklein läuteten den Frühling ein, und die weißen Anemonen erglühten in freudigem Hoffen. Und draußen in Wiese und Feld! Silberne Bäche murmelten dahin; an ihren Ufern erblühten gelbe Butterblumen und goldene Frühlingsschlüssel. Neugierige Gänseblümchen liefen über die ganze Wiese; auf schlanken Stengeln wiegte sich das Wiesenschaumfraut im kosenden Morgenwind, in träumendem Frieden überhauchte das weiche Sonnenlicht die nickenden Gräser, braunflügelige Räfer surrten durch die Lust. Im Felde regten sich vielgeschäftige Hände. Um und um stürzten sie den Boden und in die gelockerten Furchen legten sie den Samen nieder, der dem Sommer entgegenreifen sollte und reiche Frucht tragen im Herbst. Aber auch grünende Saaten breiteten sich wie ein wogendes Meer aus. Tief verborgen hatten sie die Schrecken des Winters überdauert und dem erlösenden Frühling entgegengehofft. Und siehe da, ihre Hoffnung hatte sie nicht betrogen.
69
moralisch zu schwach und zu verweichlicht, und die Schaaren der Sflavinnen durch die furchtbare Noth und harte Arbeit zu stumpf und verthiert geworden. Wir finden in der römischen Geschichte nirgends eine Spur von dem Kampfe der Frauen um höhere Bildung oder politische Rechte, sie verlangten nur über ihr Vermögen frei verfügen zu können, um in ihrem Genußleben unbeschränkt zu sein.
Weibliche Fabrikinspektoren.
Zur Frage der weiblichen Fabrikinspektoren in Preußen. Der Bund deutscher Frauenvereine " war beim preußischen Minister für Handel und Gewerbe darum eingekommen, den von ihm veranstalteten Kursen zur Ausbildung weiblicher Fabrikinspektoren einen Gewerbeaufsichtsbeamten als Lehrer zur Verfügung zu stellen. Der Minister hat das Ersuchen abgewiesen. Er machte geltend, daß er dem Wunsche schon mit Rücksicht darauf nicht entsprechen könne, daß die in Frage kommenden Beamten durch ihre Dienstgeschäfte voll in Anspruch genommen seien. Ueberhaupt sei die Einstellung weiblicher Hilfskräfte in den Gewerbeaufsichtsdienst wegen mangelnder Mittel vor dem 1. April 1900 nicht möglich. Vorkommenden Falls sollen besondere Kurse für die weiblichen Aufsichtsbeamten eingerichtet oder diese zu den alljährlich in Berlin stattfindenden Instruktionsfursen für männliche Aufsichtsbeamte zugelassen werden. Nach dieser Auslassung sieht es so aus, als ob sich die preußische Regierung nicht besonders beeilen werde, den vom Landtag beschlossenen„ Versuch" mit der Anstellung weiblicher Hilfsfabrikinspektoren zu machen. Sicher ist nur, daß Frauen nicht vor dem 1. April 1900 zur Gewerbeaufsicht herangezogen werden. Ob an dem genannten Termin oder wie lange nach ihm, darüber darf der gläubige preußische Unterthan das Beste hoffen. An Mitteln mangelt es in Preußen ja stets, wenn es Kulturaufgaben gilt. Was die Entscheidung selbst in Sachen der Eingabe anbelangt, so hätte es der Minister ruhig den in Betracht kommenden Gewerbeaufsichtsbeamten überlassen können, darüber zu befinden, ob sie neben ihren Amtspflichten als Lehrer an dem Kursus für Ausbildung weiblicher Fabrikinspektoren mitwirken wollten. In München hat der Fabrikinspektor Pöllath als Vortragender an dem Kursus mitgewirkt, den der Verein zur Förderung der geistigen Interessen der Frau" zum gleichen Zwecke organisirt hatte. Die bayerische Regierung hat sich nicht bemüßigt gefunden, der Lehrthätigfeit ihres Beamten entgegenzutreten. Die Aufgaben der bayerischen Gewerbeinspektoren sind sicherlich nicht weniger umfangreich, als die ihrer preußischen Kollegen, denn ihrer Aufsicht unterstehen außer den Fabriken auch die Handwerksbetriebe. Daß aber in Bayern diese Aufgaben mindestens so gut gelöst werden, wie in Preußen, beweisen
Und im Wogen des Saatfelds, im Murmeln des Baches, im vielstimmigen Gezwitscher der Vögel, im Maienwind, der über die Lande fuhr, und im geheimnißvollen Rauschen, das durch den Wald ging, überall klang es und sang es, daß das Alte dem Neuen weichen muß und daß umstürzen muß, wer da aufbauen will.
Das Rauschen und Klingen weckte einen Widerhall unter den Menschen. Die Hoffnung erstand im Herzen der Frohndenden, der Leidenden, der Gerechtigkeitsdürstenden und raunte ihnen zu: Wer da ausbauen will, muß umstürzen was alt und vermorscht ist und dem Sprossen, Knospen und Blühen wehrt. Das Werden bringt die Wende. Und die Hoffnung wurde zur Gewißheit.
Es thaten sich all' Jene zusammen, die das Weben des Frühlings verstanden hatten und stifteten einen Bund. Und zum Zeichen des Bundes seßten sie einen Feiertag und wählten dazu jene Zeit des Jahres, da die neubelebte Natur in herrlichster Jugendblüthe prangt.
Alljährlich am Ersten des Maien ziehen sie hinaus in den grünen Wald. Stolz flattert im Winde die rothe Fahne, vom hohen Himmel strahlt die Sonne, die Vöglein jubiliren, geheimnißvoll rauscht's in den Bäumen, ein berauschendes Klingen geht durch die Luft.
Da bebt ein Ahnen der Zukunft durch die Herzen, sie träumen den alten Traum von Frühling und von Erlösung.