die Frauenorganisation vorhanden ist. Heute zählt die Frauen­sektion schon 140 Mitglieder! Aber nicht nur das allein, die Sektion hat vielmehr noch einen anderen Erfolg gezeitigt. Durch die Diskussionsabende, welche alle vierzehn Tage stattfinden, sind schon einige Genossinnen ganz gute Rednerinnen geworden. Eine dieser Genossinnen ist so gewandt und tüchtig, daß sie bereits als Agitatorin die anderen Orte der Gegend bereist, um für die Grün­dung von Frauensektionen in den Ortsgruppen des Glasarbeiter verbandes zu wirken. Diese Agitation fällt auf sehr fruchtbaren Boden, und dürfte der Steinschönauer Bezirk wohl bald die beste Arbeiterinnenbewegung Desterreichs aufweisen. Eine kräftige Wen­dung zum Besseren haben auch die Verhältnisse in Bieliz   in Schlesien   genommen. Dort wurden viele fruchtlose Bemühungen gemacht, die Arbeiterinnen zu organisiren. Alle Erfolge waren nur von kurzer Dauer. Nun haben die Genossinnen für die Textil­arbeiterinnen eine eigene Ortsgruppe gegründet, welche nur Frauen aufnimmt. Durch Diskussionen, Wanderversammlungen in den Dörfern, wo die Arbeiterinnen meist wohnen, und dadurch, daß die Genossinnen in die Nähe der Fabriken Versammlungen einberufen, zu denen sie die Arbeiterinnen namentlich einladen, ist nun ein fortwährendes, wenn auch langsames Wachsthum der Zahl der organisirten Arbeiterinnen eingetreten. Es giebt jetzt in Bieliz einen Kern organisirter Tertilarbeiterinnen, welcher wohl manchem Sturme wird Stand halten können.

Die anderen Frauenfektionen, welche entstanden sind, vertheilen sich auf Mähren  , Schlesien  , Böhmen   und Niederösterreich  . In Wien   stehen die Arbeiterinnen der Buchbindereien an erster Stelle der gewerkschaftlich organisirten Frauen. Ihre Sektion zählt bereits 400 Mitglieder und hat ein eigenes Agitatione komite eingesetzt, welches Werkstättenbesprechungen abhält und auch große Versammlungen einberuft. Gegenwärtig ist die Frauenfektion der Buchbinder im Begriff, eine eigene schriftliche Enquete über die Arbeiterinnenverhältnisse in der Branche zu veranstalten.

Sehr gut bewährt sich noch die Sektion der Hutarbeite­rinnen; nach jahrelangem Bemühen ist jetzt durch die Frauen­gruppe ein anhaltender Erfolg betreffs der Heranziehung der Ar­beiterinnen zur Organisation erzielt worden. In den anderen gewerkschaftlichen Organisationen sind leider nicht so erfreuliche Resultate vorhanden. Ein kleiner Erfolg ist für die Wäsche= branche zu verzeichnen. Es ist den Genossinnen gelungen, in der Leopoldstadt eine neue Ortsgruppe der Arbeiterinnen der ein­schlägigen Erwerbszweige zu errichten. Die Verhältnisse dieser Branche, welche Näherinnen, Büglerinnen, Wäscherinnen und die Arbeiterinnen ähnlicher Berufe umfaßt, sind so traurige, so trost lose in Folge von schlechten Löhnen, Ueberzeit- und Nachtarbeit, daß der Indifferentismus der Arbeiterinnen nur schwer bekämpft werden kann. In all den genannten Wiener   Organisationen sind Mitglieder des Reichskomites thätig. Auch haben einige Bildungs­vereine Frauenfektionen gegründet, welche 100-300 Mitglieder zählen. Das Reichskomite hat bei Organisirung der meisten Sektionen thätig eingegriffen, wenn auch nicht durch ständige Mit­arbeiterschaft, so doch durch die Entsendung von Referentinnen und durch die schriftliche Verbindung. Vom Komite entsendete Re­ferentinnen haben 67 öffentliche Versammlungen in der Provinz abgehalten, und zwar waren es nur drei oder vier Genossinnen, welche die stattliche Zahl von Versammlungen bewältigten. Außer dem haben in der Provinz 55 Versammlungen auf Grund des § 2 des Versammlungsgesezes stattgefunden, das sind Versamm­lungen, welche auf geladene Gäste beschränkt sind und zu denen die Behörde keinen Vertreter entsenden darf. In diesen Versamm lungen wird die interne Organisationsarbeit, ein Theil der so­genannten Kleinarbeit" geleistet. In Wien   haben 27 solcher Ver­sammlungen stattgefunden. Zu den meisten hatte das Reichskomite Referentinnen geschickt. Auch Parteikonferenzen und Tagungen von Gewerkschaftsorganisationen solcher Berufe, wo die Frauenarbeit eine große Rolle spielt, wurden vom Komite beschickt. Dem Textil­arbeiterkongreß wohnten zwei Genoffinnen als Vertreterinnen des Komites bei, sie nahmen lebhaften Antheil an den Debatten. Auch bei den Sizungen der Parteivertretung Niederösterreichs   und den Sigungen der Gewerkschaftskommission hat das Reichskomite stän­dige Vertreterinnen.

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Das Reichskomite hat sich des Weiteren bemüht, durch ständige Korrespondentinnen mit den Genossinnen der einzelnen Orte stetige Verbindung zu unterhalten. Es giebt jezt 21 von Frauenfektionen 17 Genos und Agitationskomites gewählte Korrespondentinnen. sinnen haben freiwillig diese Funktion übernommen und zwar in solchen Orten, wo noch keine feste Organisation vorhanden ist.

In lezter Zeit ist das Reichskomite zum ersten Mal auch für die politischen Forderungen der Frauen eingetreten. Wie die " Gleichheit" bereits mitgetheilt hat, wurde in großen Frauen­versammlungen das Landtags- und Gemeindewahlrecht für die Arbeiterinnen gefordert. Auch gegen den Versuch der Klerikalen, die Schulpflicht für die Volksschule herabzuseßen und die Prügel­strafe in den Schulen einzuführen, haben die Wiener   Genossinnen dank der Initiative des Reichskomites Stellung genommen.

Die Kosten seiner Thätigkeit hat das Komite bisher von einem kleinen Kapital bestritten, das die Gewerkschaften in Folge eines Zirkulärs gespendet haben, sowie von dem Ueberschuß der Beiträge, welche von den Genossinnen für die Frauenkonferenz auf­gebracht worden waren.

Im Ganzen und Großen kann das Reichskomite in dem ersten Jahre seines Wirkens auf ganz hübsche Fortschritte zurück­blicken. Um jedoch mehr leisten zu können als bisher, ist es nun­mehr mit den Wiener   Gewerkschaften wieder in Fühlung getreten. Es wurde der Beschluß gefaßt, daß jede Organisation ohne Rück­sicht auf die Zahl ihrer weiblichen Mitglieder durch eine ständige Vertrauensperson mit dem Komite in Verbindung treten soll. Außerdem wird jede Organisation, die weibliche Mitglieder umfaßt, zwei Genossinnen delegiren, welche, wenn die Nothwendigkeit vor­liegt, vom Reichskomite zu einer Plenarsizung einberufen werden. Damit soll die Organisirung der Wiener   Arbeiterinnen kräftiger gefördert werden, als es bisher der Fall war. Die bisherigen Resultate berechtigen zu der Hoffnung, daß die österreichische Ar­beiterinnenbewegung nunmehr auf festem Boden steht und sich stetig, wenn auch nicht so schnell, als wir Alle es wünschen, ent­wickeln wird. Adelheid Popp  - Wien  .

Bur Frage der Frauenarbeit im Gartenbau.

In gar vielen Berufen, in denen die Arbeiterin eine nicht unwesent­liche Rolle spielt, konnte die Frau nur in Folge technischer Revolu tionen den Mann verdrängen oder diesem auf dem Arbeitsmarkt zum Mindesten eine fühlbare Konkurrenz machen. Anders liegt die Sache im Gartenbau. Ein wirthschaftlicher Umschwung, der der Frau diesen Beruf erschloß, brauchte auch gar nicht einzutreten, da die Frau schon von jeher im Gartenbau an manchen Orten be­ziehungsweise in manchen Branchen eine ganz bedeutende Rolle spielte. Wenn aber trotz dieses Umstands über die Frauenarbeit im Garten­bau bisher so wenig an die Oeffentlichkeit drang, so lag dies in dem vom Verkehr meist weit abgelegenen Arbeitsgebiet begründet. Man sieht und hört so wenig von den Gärtnereien und von den Gärtnern, daß das Fehlen von Erörterungen über die Frauenarbeit im Garten­bau nicht auffällt.

Wenn man neuerdings gelegentlich einiges über dieses Thätig­feitsfeld der Frau erfährt, so ist dies in erster Linie auf Rechnung der bürgerlichen Frauenrechtlerinnen zu setzen, welche seit einem Jahrzehnt eifrigst bestrebt sind ,,, allen Mädchen, welche ihr Brot selbst verdienen müssen, einen neuen Beruf, die Gärtnerei, zugänglich zu machen." Daß die Frauenrechtlerinnen nicht über den großen Um fang orientirt sind, welchen die Frauenarbeit im Gartenbau bereits hatte, darf uns nach dem oben Gesagten nicht weiter Wunder nehmen. Im April 1889 stellte, dank der Bemühungen der Frauengruppe", Frau Kommerzienrath Heyl in Charlottenburg   ihre Gärten und Treibhäuser für eine zu errichtende Gartenbauschule für Frauen und Mädchen zur Verfügung. Der Kursus, der 100 Mt. pro Jahr, 10 Mt. pro Monat kostete, sollte anderthalb Jahre, für die höhere Gärtnerei aber drei Jahre dauern. Die Frauenrechtlerinnen betrieben mit bewundernswerther Ausdauer die Agitation für den neuen" Frauenberuf. Eine Notiz darüber jagte die andere, und ein Artikel folgte dem andern in der Tagespresse wie auch in den Frauenzeit­schriften und Modejournalen.

Die erste Folge der neugegründeten Gartenbauschule für Frauen war eine Erörterung in den Fachkreisen. Während ein Theil der Gärtner die einschlägige frauenrechtlerische Bewegung von der humoristischen Seite auffaßte, befürchtete ein anderer Theil ihr zur