Folge eine nicht zu unterschätzende Konkurrenz und glaubte und glaubtnoch die frauenrechtlerische Agitation für die Frauenarbeit imGartenbau mit Feuer und Schwert bekämpfen zu müssen. Sehr baldnach Eröffnung der Schule wurde von den ängstlichen Gemüthernunter den Berliner Gärtnern eine Versammlung einberufen, in derden neuen„Gärtnerlehrlingen" der Krieg erklärt werden sollte. Indieser Versammlung wurde der Fachverein der Gärtner Berlinsgegründet, dagegen ward der ursprüngliche Zweck nicht erreicht.Neben den gärtnerischen Fachorganen beschäftigten sich seitherauch andere Blätter mit der Frauenarbeit im Gartenbau, und zwarlediglich in Folge der eifrigen Propaganda der Berliner Frauenrechtlerinnen. Letztere beschränkten sich übrigens keineswegs auf diebloße Agitation durch die Presse, sondern sie wirkten auch praktischfür die Erschließung des„neuen" Berufs. Der Eröffnung der genanntenSchule folgte etwa drei Jahre später die Gründung der Gartenbauschule für Frauen zu Lichterfelde bei Berlin durch Fräulein vr. Elvira Castner. Im Jahre 1895 trat dann in Berlin derVerein zur Förderung des Frauenerwerbs durch Obst-und Gartenbau ins Leben. Es entstand die Gartenbauschulefür Frauen der Kolonie Schneckengrün bei Plauen i. V. Andieses Unternehmen schloffen sich weitere Gründungen an, so daß zurZeit etwa ein Dutzend Anstalten existiren, welche die Frauenarbeitim Gartenbau fördern sollen.Wir gehören nicht zu Denen, welche die betreffenden Unternehmungen vom Standpunkt der Konkurrenz aus bekämpfen, welchedie Frauenarbeit im Gartenbau der Männerarbeit machen kann. Dagegen handelt es sich für uns darum, ob die Bedingungen im Gartenbau derart sind, daß die Verheißungen erfüllt werden, durch welchedie Frauenrechtlerinnen nicht blos wohlhabende Frauen der gärtnerischen Berufsarbeit zuführen wollen, sondern auch Mädchen, die ihrBrot verdienen müssen. Auf Grund unserer Sachkenntniß glaubenwir diese Frage verneinen zu müssen.Der Gartenbau ist im Allgemeinen kein Beruf für die„Dame".Er erfordert einen robusten Körperbau und vor allem eine kraftstrotzende Gesundheit. Nichts ist irrthümlicher als die Annahme, daßdie Beschäftigung in einer Gärtnerei der Gesundheit besonders förderlich sei. Das gerade Gegentheil ist der Fall. Die große Mehrzahlaller im Gartenbau thätigen Personen ist nichts weniger als gesund,trotz aller scheinbar beweisenden Statistiken, das hohe Lebensalterder Gärtner betreffend. Auf die Statistik über die Gesundheitsverhältnisse der Gartenarbeiter näher einzugehen, erscheint mir desRaumes halber nicht geboten. Die sich hierfür interessirende Leserinfindet Näheres darüber in:„Die Neue Zeit", Nr. 44 vom 31. Juli 1897, jS. 551 u. f. Schwindsucht und Rheumatismus sind ungemein unterder Arbeiterschaft der Gärtnereien verbreitet. Das tägliche Arbeitenim Freien bei jeglicher Witterung, das häufige Liege» oder Knieenauf feuchter Erde und dann vornehmlich der stete, oft recht schroffeTemperaturwechsel, welchem die Arbeitenden beim Betreten und Ver-!lassen der Gewächshäuser ausgesetzt sind, üben gar bald ihre schädlichen Wirkungen aus den Körper aus.Die bürgerliche Dame kann in der Folge in einer Gärtnereikaum längere Zeit hindurch arbeiten. Sie hält in dieser Beziehung imAllgemeinen sicher nicht so viel aus, wie die Tochter des Volkes, dievon früher Kindheit an Unbill und harte Arbeit gewöhnt ist. Wohlaber giebt es eine Branche der Gärtnerei, in der es die bürgerliche!Dame wohl zu etwas bringen kann: die Blumenbinderei. Aufdiesem Gebiet verdrängt die Frau, und zwar nicht nur die sogenanntegebildete, sondern auch die Proletarierin, den Mann immer mehr.Für die Blumenbinderei ist der angeborene Schönheitssinn und Geschmack von größter Bedeutung. Und da man dem weiblichen Geschlecht nicht ohne Grund beide Gaben nachrühmt, so begreift es sich,daß in der Blumenbinderei die Frauenarbeit in ausgedehntem Umfang verwendet wird. Von der Begabung der Frau für diesenBeruf gilt, was Goethe die Gärtnerinnen in seinem„Faust" sagen läßt:„Niedlich sind wir anzuschauen,Gärtnerinnen, und galant;Denn das Naturell der FrauenIst so nah' mit Kunst verwandt—"Es soll nicht bestritten werden, daß der Bräutigam für seineLiebste eine Blumengabe viel lieber bei einer niedlichen Blumenfeeentnimmt oder bei der„holden Gärtnersfrau", als daß er sich voneinem starkknochigen, derben Gärtnergehilfen bedienen läßt. Aberdavon abgesehen ist sicher, daß bei der in der Blumenbinderei immermehr über Hand nehmenden Frauenarbeit auch die Rücksicht auf dieniedrigere Entlohnung der weiblichen Arbeitskräfte mitspricht.Was verdient die Gärtnerin pro Stunde? Diese Frage istnicht mit zwei, drei Worten beantwortet. Die Blumenbinderin kannsich, wie schon erwähnt, unter Umständen im Blumengeschäft recht91-gut stehen. Tüchtige Binderinnen, welche mit Geschick und Geschmack! zu arbeiten verstehen, sind ein sehr gesuchter Artikel— pardon, ichwollte sagen: sind sehr gesucht. Solchen ersten Kräften zahlt derGeschäftsinhaber auch anständige Löhne, da ist ihm ein Monatsgehalt von 50 und 60 Mk., ja selbst noch mehr, bei freier und guterStation nicht zu viel. Natürlich werden an derartige Binderinnenauch hohe Ansprüche gestellt, und es gehört nicht wenig Talentund Geschmack dazu, einen solchen Posten auszufüllen. Natürlicher- Weise sind es nur vereinzelte Binderinnen, welche gut bezahlteStellungen erlangen. Das große Heer der Blumenbinderinnen seufztunter dem Drucke des Ueberangebots von Arbeilshänden und fristetdas Dasein bei bescheidenen und selbst erbärmlichen Löhnen. Dazukommt noch, daß eine Binderin zweiten und dritten Ranges in nichtwenigen Fällen das„Mädchen für Alles" ersetzen muß. Da giebtes Wege zu besorgen, die Geschäftslokalitäten reinzuhalten u. s. w.,! unter Umständen muß die Binderin auch im Haushalt des Chefs anStelle eines Dienstmädchens arbeiten. Die Arbeitszeit der Binderinnenist eine übermäßig ausgedehnte. Von 7 oder'/>8 Uhr Morgens bis9 resp. 10 Uhr Abends dauert gewöhnlich die Geschäftszeit, womitaber keineswegs gesagt ist, daß um 9 resp. um 10 Uhr auch die Arbeitaufhört. In Folge ihrer schnellen Vergänglichkeit lassen die Blumeneine vorzeitige Verarbeitung nicht zu, die bestellten Blumenarrangements werden meist erst kurz vor der Ablieferung angefertigt. Sowird denn mit der Anfertigung mancher Arrangements, die spätAbends(Kotillonsträuße) oder früh Morgens(Geburtstagsgeschenke)geliefert werden sollen, erst kurz vor Geschäftsschluß begonnen, so daßnicht selten Ueberstunden gearbeitet werden müssen. Eine besondereVergütung für diese Ueberstunden giebt es natürlich nicht. Zu be-! stimmten Zeiten(Todtenfest, Weihnachten, Neujahr zc.) ist die Arbeitsfülle eine derartige, daß während mehrerer Tage fast ununterbrochengearbeitet wird. Den Binderinnen bleiben nur einige wenige StundenNachtruhe. Wie zerrüttend solche Verhältnisse auf die Gesundheiteinwirken, begreift sich ohne lange Auseinandersetzungen. Eine Extraentlohnung für die Nachtarbeit wird nicht gezahlt, der Geschäftsinhaber glaubt ein Uebriges zu thun, wenn er vorkommenden Falleseinige Gratisersrischungen verabreicht.Die Beschäftigung in der Blumenbinderei ist nichts weniger alsgesund. In niedrigen, engen Räumen, die in nicht seltenen Fällenden ganzen Tag durch künstliches Licht erhellt werden müssen, arbeitendie Binderinnen in einer von starken Blumengerüchen geschwängertenAtmosphäre. An Zuführung frischer Luft ist garnicht zu denken, das„können die Blumen nicht vertragen". Rechnen wir zu alledem nochdas viele Stehen und Laufe», welches der Beruf mit sich bringt, sowird es einleuchten, daß eine Blumenbinderin durchaus nicht„aufRose» gebettet" ist. Es ist daher auch garnicht zu verwundern, daßgar manche Blumenbinderin ihren Beruf wechseln möchte. Seltengelingt es jedoch, etwas Passendes zu finden. Nicht Jeder nimmteine Blumenbinderin in die Arbeit, weil ihr der Schein eines leichtenLebenswandels anhaftet.In Folge übergroßen Angebots von Arbeitskräften sehen sichnicht wenige Binderinnen veranlaßt, den Straßenhandel zu ergreifen.In jeder Großstadt giebt es eine Anzahl mehr oder minder gewissenloser Unternehmer, welche den Straßenhandel mit Blumen organisiren.Selten führen diese Herren ein offenes Ladengeschäft, sie engagireneine Anzahl junger, hübscher Mädchen, am liebsten Blumenbinderinnen,stecken sie in eine auffällige Tracht(Vierländerkostüm zc.) und schickensie dann mit einem Körbchen kleiner Sträuße in die Biergärten,Konzertsäle u. s. w. Das Gehalt, welches zumeist in der Form vonProvision gewährt wird, ist ein lächerlich geringes, so daß sich solcheine Blumenverkäuferin auf die Mildthätigkeit der Käufer angewiesen sieht oder— auf das Laster. Diese Verhältnisse tragen nichtdazu bei, den ohnehin schon ungünstigen Ruf der Blumenbinderinnenzu heben.Während die Blumenbinderei viel von Mädchen mit höhererTöchterbildung, von Töchtern des Klein- und Mittelbürgerthums alsLebensberuf erwählt wird, bleibt eine andere Branche, die Blumenzucht, den Proletarierinnen überlassen. Eine Frau mit besserer Schulbildung trifft man nur ausnahmsweise als Arbeiterin in einerGärtnerei an. Es giebt kaum eine Stadt, in deren Gärtnereien nichtFrauen bei der Blumenzucht beschäftigt sind, wenn auch vielleichtnur in geringer Zahl. Die größte Ausdehnung hat die Frauenarbeit dort gewonnen, wo die Blumen zur Samengewinnung gezogenwerden, wie in Quedlinburg und Erfurt. Meistens arbeiten dieFrauen und Mädchen im Freien, sie werden aber auch zu den Arbeiten in den Gewächshäusern mit herangezogen. In diesem Fallemacht sich der gesundheitsschädliche Temperaturwechsel auf den weiblichen Organismus besonders bemerkbar.Die Arbeitszeit ist in dieser Branche durchschnittlich eine elf-stündige pro Tag, oft werden auch zwölf Stunden, seltener nur zehn