der Gewerkschaften Deutschlands   zur Verfügung. Es muß dahin kommen, daß die Gewerkschaften bestimmte Beiträge leisten für die Erhaltung der Arbeitersekretariate, damit diese nicht auf freiwillige Beiträge angewiesen sind."

Zur Frage der Gewerkschaftskartelle.

Die Gewerkschaftskartelle haben die gemeinsamen gewerkschaft­lichen Interessen ihres Ortes zu vertreten, wie Regelung des Arbeits­nachweises und des Herbergswesens, der Statistik, Bibliotheken, Er­richtung von Arbeitersekretariaten 2c. Sie haben die Arbeiterinteressen gegenüber den Behörden: Gewerbeinspektion, Gemeindeverwaltung 2c. und bei Wahlen zu Gewerbegerichten und Versicherungsanstalten zu wahren und diejenigen sozialpolitischen Aufgaben zu erfüllen, von denen die Zentralverbände durch vereinsgesetzliche Beschränkungen ausgeschlossen sind. Sie haben weiter im Einverständniß mit den betreffenden Organisationsleitungen die Agitation unter den Berufen, deren Organisationen aus eigener Kraft dazu nicht im Stande sind, zu unterstützen. Die Beschlußfassung über Streiks, die Beschaffung und Vertheilung der Streikunterstützung muß ausschließlich Aufgabe der Vorstände der Zentralverbände sein. Die Kartelle sind verpflichtet, dem Zentralvorstand der Organisation, die am Orte in einen Streik eintreten will oder sich im Streit befindet, auf Erfordern einen Situationsbericht zu geben. Materielle Unterstützung für Streifs wird seitens des Kartells nur dann gewährt, wenn der Zentral­vorstand der im Streik befindlichen Organisation dies beantragt oder seine Zustimmung ertheilt hat. Ueber die Taktik bei Lohnbewegungen und bei auftauchenden Fragen innerhalb ihres Gewerbes entscheidet die betreffende Gewerkschaft selbständig."

Zur Frage der Tarifgemeinschaft.

Tarifliche Vereinbarungen, welche die Lohn- und Arbeits­bedingungen für eine bestimmte Zeit regeln, sind als Beweis der Anerkennung der Gleichberechtigung der Arbeiter seitens der Unter­nehmer bei Festsetzung der Arbeitsbedingungen zu erachten und in den Berufen erstrebenswerth, in welchen sowohl eine starke Organi­sation der Unternehmer, wie auch der Arbeiter vorhanden ist, welche eine Gewähr für Aufrechterhaltung und Durchführung des Verein­barten bieten. Dauer und Umfang der jeweiligen Vereinbarungen lassen sich nicht schematisiren, sondern hängen von den Eigenarten des betreffenden Berufs ab."

Zur Frage der Gewerbeaufsicht.

" Jede Gewerbeinspektion, die wirksam sein will, ist durchaus auf die Arbeiterschaft bei der Kontrolle der Arbeiterschutzgesetze so­

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Cafrania, wie man sie später nannte, mit Leidenschaft Prozesse führte und stets ihr eigener Anwalt war. Dabei soll sie sich so Dabei soll sie sich so standalös benommen haben, daß der Prätor sofort ein Edikt gegen das Auftreten von Frauen vor Gericht erließ, weil sie sich entgegen ,, der ihrem Geschlecht zukommenden schamhaften Zurückhaltung" in anderer Leute Angelegenheiten gemengt und männliche Tugenden ausgeübt hätten. Die spätere Justinianische Gesetzgebung setzte dieser Ver­ordnung die Krone auf, indem sie erklärte: 2 Frauen sind von allen Aemtern, bürgerlichen wie öffentlichen, ausgeschlossen, können daher weder Richter sein noch Verwaltungsbeamte, noch können sie flagen oder für andere als Beistände oder als Sachwalter vor Gericht auftreten." Die Begründung für dieses Verbot lautete: Es wird allgemein angenommen, daß Frauen und Sklaven öffent­liche Aemter nicht auszufüllen vermögen." 3 Durch den Vellejanischen Senatsschluß wurden sie schließlich auch in privater Richtung völlig rechtlos, da sie für unfähig erklärt wurden, Bürgschaften irgend welcher Art zu übernehmen.4

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Das Bild der Frauenwelt Roms zu Beginn unserer Zeit­rechnung ist das dunkelste, das die Sittengeschichte bis dahin auf­zuweisen hatte. Kaum ein Lichtstrahl erhellte es, denn selbst die Dichter, die sonst die Frauen immer zu preiſen pflegen, überhäuften ihre Zeitgenossinnen mit Hohn und Spott, oder besangen nur die Dirnen unter ihnen, von denen keine die geistige Höhe griechischer Hetären erreicht hatte. Nur vereinzelt und beinahe schüchtern ver­suchten einige Schriftsteller der allgemeinen Meinung entgegenzu­treten. So sprach sich Cicero   nicht, wie man in Folge einer

1 Vgl. M. Ostrogorski, Die Frau im öffentlichen Recht, übersetzt von

Franziska Steinitz  . Leipzig   1897, S. 140.

2 Ostrogorski  , a. a. D., S 141.

3 Vgl. Louis Frant, La femme- advocat. Paris   1898, S. 12. * Vgl. Paul Gide, a. a. D., S. 173 ff.

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wohl, als bei der Berichterstattung über die wirthschaftliche Lage der Arbeiterbevölkerung angewiesen; ohne diese Unterstüßung, welche am zweckmäßigsten durch die Arbeiterorganisation erfolgt, vermag die Gewerbeinspektion selbst im günstigsten Falle nur halbe Arbeit zu leisten.

Nun wird es aber den deutschen Arbeitern und Arbeiterinnen außerordentlich erschwert, einen für beide Theile nützlichen Verkehr mit den deutschen Gewerbeinspektoren zu unterhalten. Die Hindernisse für diesen Verkehr bestehen, außer in der materiellen und moralischen Abhängigkeit des einzelnen Arbeiters vom Kapitalisten, in der den Arbeiterorganisationen feindlichen inneren deutschen Politik, in der buntscheckigen Regelung der deutschen Gewerbeaufsicht durch 26 ver­schiedene Bundesstaaten, in der wenig sachentsprechenden Vorbildung vieler Inspektoren, ferner in den gesellschaftlichen Vorurtheilen, der vielfachen Ueberlastung und dem häufigen Wechsel der unteren Auf­sichtsbeamten im größten deutschen Bundesstaat, endlich in dem Fehlen der weiblichen Gewerbeinspektion in den meisten deutschen  Staaten.

Dennoch fordert der Kongreß alle Arbeiter und Arbeiterinnen auf, vor allem die organisirten, so regen Verkehr wie nur irgend möglich mit den Gewerbeinspektoren anzustreben und empfiehlt hierzu folgende Wege:

1. Bildung von Beschwerdekommissionen( mit besonderer Hin­zuziehung weiblicher Vertrauenspersonen), wo solche noch nicht be­stehen, im Anschluß an die Gewerkschaftskartelle und lebhafter persön­licher Verkehr der Vorsitzenden dieser Kommissionen mit den Auf­sichtsbeamten, wobei im Interesse der Arbeitersache die mancherlei Eigenthümlichkeiten jener Beamten in den Kauf zu nehmen sind;

2. lebhafte Benutzung dieser Rommissionen durch die Arbeiter und Arbeiterinnen, welche bei Uebermittlung von Anzeigen und Be­schwerden an diese Körperschaften weniger Maßregelungen zu befürchten haben, als bei direktem Verkehr mit dem Inspektor, welche aber auch bei der Besichtigung der Fabriken durch die Beamten selbst mehr Energie und Unerschrockenheit dadurch beweisen müssen, daß sie die Beamten an Ort und Stelle auf Mißstände aufmerksam machen;

3. regelmäßiger Verkehr der Zentralverbände, örtlichen Zahl­stellen, Kartelle, Arbeitersekretariate und Krankenkassen mit den In­ſpektoren nach württemberger Muster und namentlich regelmäßige Uebermittlung von Material über die Lebenslage der Arbeiter durch jene Organe an die Zentralstellen und örtlichen Beamten der Ge­werbeinspektion für deren Jahresberichte über die wirthschaftlichen Verhältnisse der Arbeiterbevölkerung.

Der Kongreß verhehlt sich allerdings nicht, daß eine einiger­maßen befriedigende Verbindung der Arbeiter mit der Gewerbeinspektion

mißverständlichen Auffassung des Tertes oft meint, für die Ab­schaffung der Vormundschaft der Frauen, sondern vielmehr dafür aus, daß jene Art Sittenpolizei, die über die Aufführung und den Lurus der Frauen in Griechenland   zu wachen hatte, nicht in Rom  eingeführt werde; statt ihrer sollte nur ein Zensor da sein, der die Männer lehre, ihre Weiber gehörig zu leiten"."

Und Cornelius Nepos   spricht in der Vorrede zu seinen Bio­graphien seine Zustimmung zu nichts Anderem aus, als dazu, daß die Römerin im Gegensez zur Griechin an Gastmählern theilnehme, Besuche empfange und nicht wie jene im Frauenhaus eingesperrt sei. Wichtiger, als diese kurzen Bemerkungen, die nur deshalb erwähnenswerth sind, weil ihre Bedeutung leicht überschätzt und Cicero   zuweilen als Vorkämpfer der Frauenemanzipation gefeiert wird, ist die Schrift Plutarchs über die Tugenden der Weiber. Er erzählt darin von einer ganzen Anzahl edler und heldenmüthiger Frauen und erklärt in der Einleitung, durch diese historische Beweis­führung den Saß bewahrheiten zu wollen, daß die Tugend des Mannes und die des Weibes gleich sei. Aber auch er ist weit entfernt davon, den Schluß auf die Nothwendigkeit gleicher Rechte daraus zu ziehen.

Weit mehr als diesen zweifelhaften Vorkämpfern" der Sache der Frauen ging einem anderen, geistig und moralisch höher stehen Tacitus   die Noth seiner Zeit, den römischen Schriftsteller die unwürdige Stellung seiner weiblichen Landsleute zu Herzen,

J.

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1 Vgl. M. Tullius Cicero  , Sechs Bücher vom Staat, übersetzt von Christ. F. Bähr. Berlin  , Langenscheidtsche Buchhandlung. IV. Buch, S. 198 ff.

2

Vgl. Cornelius Nepos  . Wortgetreue Uebersetzung von C. G. Rosse. Aschersleben   1880. Vorrede.

3

Vgl. Plutarchs Werke. 24. Bd.: Moralische Schriften, übersetzt von J. Christ. F. Bähr. Stuttgart   1830, S. 744-802.