Gewerbeaufsichtsbeamten wesentlich dazu beitragen, daß Minister und reaktionäre Abgeordnete nicht mehr die ollen Kamellen" aufzutischen wagen, Frauen eigneten sich nicht für die Fabritinspektion und eine Nothwendigkeit für die Anstellung weiblicher Beamten sei nicht vor­handen.

Es

Ueber die Zuziehung von Assistentinnen zur Fabrik­inspektion in Weimar   hat der Weimarische Fabrifinspektor Herr von Nostiz  , Major a. D., in seinem kürzlich erschienenen Bericht vom Jahre 1898 ein recht eigenthümliches Urtheil gefällt. Der Herr Inspektor sagt wörtlich: Bezüglich der Betheiligung weiblicher Assistenten bei der Fabrikeninspektion hat sich auch in diesem Jahre fein wesentliches Bedürfniß oder Nußen gezeigt, obgleich beide Damen in Folge ihres Alters, Berufes, ständiger Fühlung mit dem täglichen Erwerbsleben und ihren vielfachen Beziehungen zu den Arbeiterkreisen ganz außerordentlich geeignete, offen, frei und unpar­teiisch sehende, fühlende und urtheilende Persönlichkeiten sind. fehlen hierorts die Voraussetzungen, welche die Zuhilfe­nahme weiblicher Revisoren bedingen. Diese sind die nach­theilige Ausnutung, Unterdrückung und Vergewaltigung der körper­lich schwächeren, abhängigen und unterdrückten Arbeiterinnen, oder der moralisch und gesundheitlich gefährdetere Zustand in den Fabriken, durch das Zusammensein mit Arbeitern in ungesunden Räumen bei die Körperkräfte übersteigender Arbeit, oder die Annahme, daß seitens der Arbeitgeber dieselben zu unsittlichen Handlungen gezwungen werden. Wenn auch nicht gesagt werden kann, daß von alledem das gerade Gegentheil der Wirklichkeit entspricht und vereinzelte derartige Mo­mente nicht auch in Fabriken vorkommen können, so kann ich auf Grund meiner vieljährigen Erfahrungen, unterstützt durch das Urtheil meiner beiden Assistentinnen, welche nach zweijährigen genauen Be­obachtungen meinen Ansichten beipflichten, behaupten, daß der Auf­enthalt und die Arbeit in den Fabriken verhältnißmäßig günstig nach wirthschaftlicher, gesundheitlicher und sittlicher Beziehung wirken."

Zur richtigen Würdigung dieses Urtheils, laut dessen in Weimar  die Voraussetzungen für die Nothwendigkeit weiblicher Gewerbe­aufsicht durchaus fehlen sollen, ist zu beachten, daß auf die Anregung des sozialdemokratischen Abgeordneten Baudert im Landtage zwei Damen versuchsweise dem Herrn v. Nostitz als Assistentinnen zu­gesellt worden sind, daß jedoch die Beamtinnen den Kreisen ent­stammen, die gewohnt sind, von oben auf die Arbeiter herabzusehen und denen das richtige Verständniß für die Bedürfnisse, Wünsche und berechtigten Forderungen der Arbeiterinnen fehlt. Nach dem Bericht des Herrn Fabrikinspektors allein zu urtheilen, sollte man meinen, daß im Goetheländchen die Arbeiterinnen der Fabriken die glück lichsten Geschöpfe der Welt sein müßten, die unter den vorzüglichsten Bedingungen thätig sind. Diese Annahme aber steht im schroffsten Widerspruch zu der Wirklichkeit. Ohne Mühe kann man Dutzende von Beweisen erbringen und wir werden in der Folge mit solchen aufwarten daß in Bezug auf Ausbeutung, Unterdrückung, Angriffe auf die weibliche Ehre 2c., die Zustände in Weimar   denen anderen Ländern wie ein Ei dem anderen gleichen. Das alte Sprichwort: Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch Verstand! läßt sich beim besten Willen nicht auf alle Beamte anwenden, und trotz der viel­jährigen Erfahrungen" bleibt manch Einer gegenüber seinen Berufs­A. B. kollegen in der Praxis weit zurück.

Die Anstellung weiblicher Gewerbeaufsichtsbeamten in Württemberg wurde kürzlich im Landtage warm befürwortet. Be­kanntlich hat die Regierung im Etat die Anstellung einer Assistentin der Fabrikinspektion vorgesehen. Der Sozialdemokrat Kloß und die Zentrümler Rembold und Eckard quittirten anerkennend über diesen Fortschritt, betonten aber gleichzeitig, daß noch weitere weib­liche Gewerbeaufsichtsbeamte angestellt werden müßten. Kloß trat außerdem noch dafür ein, daß Assistentinnen und Assistenten der Ge­werbeaufsicht aus den Reihen der Arbeiterschaft genommen würden. Er sagte: Die Anstellung einer von Arbeitern und Arbeiterinnen verlangten Assistentin entspricht einem dringenden Bedürfniß. Es ist deshalb zu wünschen, daß nur im diesjährigen Bericht von einer Assistentin gesprochen wird. Es steht fest, daß eine Assistentin voll­ständig ungenügend ist, und daß weitere Beamtinnen folgen müssen. Weiter sollten bei Anstellung der Assistentinnen und Assistenten auch praktische Arbeiter berücksichtigt werden, dann erst könnten die Finessen so vieler Unternehmer aufgedeckt werden, die dem entgehen, der nicht selbst schon in Fabriken gearbeitet hat." Auch der Zentrümler Rembold erklärte, daß er die Anstellung einer Assistentin nur für einen Anfang halte und hoffe, daß schon im nächsten Jahre weitere weibliche Gewerbeaufsichtsbeamte ernannt würden. Den gleichen Standpunkt vertrat sein Fraktionsfollege Eckard. Diese vernünftige Haltung der schwäbischen Zentrümler steht im schroffen Gegensatz zu der Lauheit, Flauheit und Halbheit, mit welcher die sozialreform­

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lerischen Zentrümler im preußischen Landtage zur Frage der weib.. lichen Fabrikinspektoren Stellung genommen haben.( Siehe Nr. 7 der Gleichheit".) Sie sticht aber auch sehr vortheilhaft von dem Ver­halten der schwäbischen Volkspartei ab. Die soziale Demokratie" nach dem Herzen der Frankfurter Zeitung  " ließ sich bezeichnender Weise in der Debatte über die Gewerbeaufsicht von zwei Groß­fapitalisten vertreten: dem Kommerzienrath Hähnle und dem Möchte­gern- Kommerzienrath Käs. Hähnle gab seiner Hoffnung Ausdruck, daß die Assistentin nicht als selbständige Beamtin gedacht sei, sondern unter die Inspektoren zu stehen komme. Diese Hoffnung ist sicherlich zum Theil der Ausdruck der spießbürgerlichen Rückständigkeit der süddeutschen Volkspartei in Sachen der Frauenfrage. Man ver­gegenwärtige sich, daß diese Partei sich noch nicht einmal ernsthaft mit der Frauenfrage beschäftigt hat, und daß sie der Forderung des Frauenwahlrechts mit der zopfbegnadeten Bornirtheit des Bierbant­philisters gegenübersteht. Zum anderen Theil aber war diese Hoff­nung offenbar der Ausdruck der kapitalistischen   Furcht, es könne in Folge der Thätigkeit einer vollberechtigten Inspektorin zu viel revidirt werden. Herr Hähnle erklärte nämlich, daß die im letzten Berichtsjahre stattgefundene Abnahme der Zahl der Re­visionen kein Fehler" sei. Mit proßenhafter Unverfrorenheit legte Herr Käs für den kapitalistischen   Standpunkt eine Lanze ein. Dieser unentwegte" Volksparteiler verwahrte sich entschieden gegen die Anstellung weiterer Inspektorinnen. Wenn man sich in die Rolle der Unternehmer versetze, so meinte er, werde man begreifen, daß hier endlich Halt geboten werden müsse". In anderen Ländern habe man mit Inspektorinnen schlechte Erfahrungen gemacht, und auch in Württemberg sei deshalb Vorsicht sehr am Plazze. Herr Haußmann, einer der vornehmsten Führer der süddeutschen Volkspartei, zollte durch ein ,, Sehr richtig" sowohl der kapitalistischen   Interessenvertretung seinen Beifall, wie der durchaus unrichtigen Behauptung von dem Nichtbewährthaben der Fabrikinspektorinnen. Er bewies damit nicht nur die alte Thatsache, daß einem waschechten Volksparteiler grobe Verständnißlosigkeit für die Arbeiterbedürfnisse und feine Verständniß­innigkeit für die Kapitalisteninteressen wohl ansteht, sondern daß ihn außerdem betreffs Beherrschung des einschlägigen Materials die pro­funde Unwissenheit des ersten besten preußischen Reformministers" zieren kann. Uebrigens zeigten auch noch andere Punkte der Ver­handlungen über die Gewerbeaufsicht klärlich, daß die Arbeiterfreund­lichkeit und der Reformeifer der Volksparteiler ganz ordinäre Talmi­waare ist, mit der während der Wahlkämpfe hausirt wird. Während der Sozialdemokrat Kloß und die Zentrümler Rembold und Eckard entschieden die Ausdehnung der Gewerbeaufsicht auf die Hausindustrie und das Kleinhandwerk forderten, verwahrten sich sämmtliche volks­parteiliche Redner energisch gegen die betreffenden Reformen. Sie erwiesen sich damit als rückständiger und kapitalistenfrommer wie die Regierung. Minister v. Pischek erklärte, daß die von Kloß, Rembold und Eckard vorgetragenen Wünsche geprüft werden sollten. Zur Frage der weiblichen Gewerbeaufsichtsbeamten führte er aus, daß die Assistentin direkt unter dem Präsidenten der Zentralstelle für Handel und Gewerbe stehen werde. Die Erfahrungen, welche man bisher mit dem Wirken der weiblichen Vertrauenspersonen gemacht habe( 13 davon sind von den Gewerkschaften aufgestellt), seien be= friedigende. Die Regierung beginne mit der Anstellung einer Beamtin, weil es sich zunächst um einen Versuch handle. Wenn der Versuch gut ausfällt, so wird die Regierung weitere weibliche Gewerbe­aufsichtsbeamte anstellen. Als Assistentin denke die Regierung die Direktrice eines größeren gewerblichen Betriebs anzustellen, denn die Beamtin müsse nicht nur das Vertrauen der Arbeiterinnen für sich haben, sie dürfe auch das Mißtrauen der Arbeitgeber nicht gegen sich haben.

Anstellung einer Assistentin der Fabrikinspektion in Hol­ land  . Endlich ist die Anstellung einer Assistentin der Gewerbeaufsicht erfolgt. Obgleich im vergangenen Winter in Amsterdam   ein Kursus zur Ausbildung von Fabritinspektorinnen veranstaltet worden war. und drei der Theilnehmerinnen dem Ausschreiben der Regierung zu­folge sich um die Stellung bewarben, hat keine Prüfung der Be­werberinnen stattgefunden. Die Regierung hat vielmehr ohne Weiteres eine der sechzehn Kandidatinnen ernannt, und zwar ein Fräulein Naysink, Apothekerin in Zutfen. Nur Wenigen will einleuchten, daß eine Apothekerin als Gewerbeinspektorin besonders geeignet sein, be­sonderes Verständniß für die Bedürfnisse der Arbeiterinnen besitzen soll. Mit Pillen und Salben wird diesen kaum bei ihren Beschwer­den gegen ihre Arbeitgeber geholfen werden. Die getroffene Wahl fennzeichnet vortrefflich die Sozialpolitik des liberalen ,,, auch- arbeiter­freundlichen" Ministeriums! Es hat zur Anstellung einer Frau bei der Gewerbeaufsicht schreiten müssen, weil von Seiten der Sozial­reformer zu sehr darauf gedrängt wurde und es schließlich gute Miene zum bösen Spiel machen mußte. Nun aber soll die Sache so harmlos