die Behörden sein, ein wachsames Auge auf die Arbeiterbewegung zu haben, da sie mit energischer und planmäßiger Agitation in Mecklen burg einsetze, wie die Annoncen für Maurer, Schneider- und Frauen­versammlungen bewiesen. Dieser niederträchtigen Denunziation war es wohl auch zu danken, daß die für Wismar angesetzte Versamm lung verboten wurde, die man in der Volkszeitung" bekannt gegeben hatte, und deren Tagesordnung lauten sollte:" Volkswohlstand und Volksarmuth." Die für das Verbot angeführten Argumente waren die folgenden: 1. Die politische Stellung des einberufenden Gewerkschaftskartells, 2. die Parteistellung der Referentin, 3. der Um­stand, daß das Versammlungslokal, die Hansa", ausschließlich den politischen Zwecken einer Partei diene, 4. das angegebene Thema sei ein zu allgemeines! Schon eine Stunde vor der für die Versamm lung festgesetzten Zeit fanden sich fünf Polizeibeamte ein, welche beide Eingänge des großen Saales absperrten, die ankommenden Ver­sammlungsbesucher jedoch nicht hinderten, im kleinen Saale Platz zu nehmen, der denn auch bald überfüllt war. Trotz des Versammlungs­verbots dachte Niemand daran, gleich wieder umzukehren, man blieb Lieder singend und kleinen Vorträgen lauschend gemüthlich bei einander und beschloß, am nächsten Sonntag noch einen sozialen Abend" abzuhalten. Auch die Versammlung für Neubuckow war durch Annonce angekündigt worden und ihr Schicksal daher wohl schon im Voraus entschieden. Als die Referentin etwa zehn Minuten über Die Frau und die wirthschaftliche Lage" gesprochen hatte, wurde die Versammlung bei einem Hinweis auf das Bürger­ liche Gesetzbuch vom Polizeisekretär aufgelöst und zwar mit dem Be­merken, über das Bürgerliche Gesetzbuch zu sprechen sei Politif, und über Politik dürfe man in Mecklenburg nur mit Erlaubniß des Mini­steriums sprechen. Darauf machte der Vorsitzende den Versuch, auf die Denunziation der Mecklenburger Nachrichten" und ihren Erfolg hinzuweisen, wurde aber ebenfalls unterbrochen mit der Belehrung: über die Mecklenburger Nachrichten" dürfe auch nicht gesprochen werden! Unter den Besuchern der Versammlung befanden sich eine Anzahl Landarbeiter, die eine bis anderthalb Meilen weit her­gekommen waren. Auch die Frauen zeigten regstes Interesse für den

angesetzten Vortrag. Bei Frage und Antwort und Lieder singend

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Ausgezeichnet

blieben die Versammelten noch lange zusammen. war der Besuch der Versammlung in Rostock , ganz besonders er­freulich aber die zahlreiche Betheiligung der Frauen. In Rostock besteht seit 1890 ein Frauenbildungsverein, und der Vorsitzende

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das Heerwesen von Grund aus umzugestalten, so daß die Wehrkraft der Nation aus einem Mittel der Unterdrückung nach Innen und steter Beruhigung nach Außen, zu einem Mittel der Sicherung der Volksrechte und Freiheiten und der Vertheidigung gegen fremde An­griffe wird. Zu diesem Zwecke verlangt die Partei eine auf demokratischer Grundlage aufgebaute Organisation der Landes- und Voltsvertheidi­gung, die Kastenwesen und Gegensätze zwischen Volk und Heer un­möglich macht, jeden wehrfähigen Mann zum Waffendienst verpflichtet und seine Ausbildung zum brauchbaren Wehrmann durch eine ent­sprechende Jugenderziehung herbeiführt.

Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, betrachtet es der Partei­tag als selbstverständlich, den Punkt 3 des Parteiprogramms un­verändert aufrecht zu erhalten und fordert von den parlamentarischen Vertretern der Partei, auch fünftig keinerlei Mittel für das bestehende Militärsystem zu bewilligen und jede Gelegenheit zur Propagirung der in Punkt 3 des Parteiprogramms aufgestellten Forderungen zu benutzen.

Antrag, Schippels Stellung betreffend.

Der Parteitag weist die vom Genossen Schippel in seinen Auf­sätzen über den Militärismus geäußerte Auffassung mit aller Ent­schiedenheit zurück, da er in ihr einen Verstoß gegen die Grundsätze der sozialdemokratischen Partei erblickt.

IV. Resolution zur Zuchthausvorlage.

Die grundsätzliche Auffassung über die Nothwendigkeit des Koalitionsrechts und die Gemeinschädlichkeit der dasselbe bedrohen­den Zuchthausvorlage hat bereits der Stuttgarter Parteitag festgelegt. Der seitdem von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf hat der deutschen Arbeiterklasse gezeigt, daß nach Annahme desselben jeder Kampf der Arbeiterorganisationen für Erhöhung der Lebenshaltung der Arbeiterklasse unmöglich gemacht würde. Jetzt schon wird durch die Vereinsgesetzgebung der Einzelstaaten und ihre reaktionäre Hand­habung die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiter außerordentlich erschwert und die seit der Deynhausener Kaiserrede ergangenen Klassen­urtheile à la Löbtau lassen keinen Zweifel, welchem Zwecke die Zucht­

hausvorlage dienen soll.

Die bürgerlichen Parteien haben bei der ersten Lesung des Gesetz­entwurfs zum Schutze der Arbeitswilligen" im Reichstag weder die politische Einsicht noch den Muth besessen, durch sofortige Verwerfung der Vorlage in zweiter Lesung- wie es unsererseits verlangt wurde- die Gefahren zu beseitigen, welche für die deutschen Arbeiter und die gedeihliche Entwicklung im Reiche daraus hervorgehen.

Die Regierungs- wie die Unternehmerpresse und die Unternehmer­organisationen sind seitdem unablässig thätig gewesen, die öffentliche Meinung irre zu führen, und bei der Abhängigkeit der Regierungen

und der bürgerlichen Parteien von den Koalitionen der Großkapi­talisten ist zu fürchten, daß die gemeingefährlichen Anschläge der Scharfmacher Erfolg haben werden.

Die deutschen Arbeiter haben daher ein Lebensinteresse daran, sich immer wieder diese Erfahrungen vor Augen zu führen.

Der Parteitag fordert daher die deutschen Arbeiter ohne Unter­

forderte deshalb die weiblichen Versammlungsbesucher auf, sich zahl­reich dem Verein anzuschließen. Ueber Pflichten und Rechte der Arbeiter" wurde in Güstrow gesprochen und debattirt. Hier entsprach leider weder das Lokal noch der Besuch der Versammlung der großen Arbeiterzahl in diesem Industrieort. Nur wenige Frauen waren erschienen, jedoch keine der vielen Ziegelei- und Zuckerfabrik­arbeiterinnen! Während es 1890 eine sehr starke Arbeiterbewegung in Güstrow gab, der die größten Lokale zur Verfügung standen, ist jetzt nur noch eine kleine Anzahl organisirter Arbeiter vorhanden; der Rückgang ist auf persönliche Streitigkeiten zurückzuführen. Die nächste Versammlung sollte in Teterow stattfinden, sie wurde jedoch ver­boten, und so bildete eine Versammlung des Arbeiterbildungsvereins in Waren den Schluß dieser Agitationstour. In diesem Orte steht schied ihrer religiösen oder politischen Anschauung aufs Neue zu un­der Arbeiterschaft zu Versammlungen gar kein Lokal zur Ver­fügung, wohl aber zu Vergnügen. Es wurden deshalb die Mit­glieder des Vereins und deren Frauen nach der Wohnung des Vor­sitzenden eingeladen, deren Räume von Theilnehmern Hälfte Frauen ganz gefüllt waren. Auch hier fanden die Aus­führungen der Referentin ungetheilten Beifall, und die Frauen sprachen den Wunsch aus, es möge wenigstens jedes Jahr eine der­artige Versammlung stattfinden. Daß auch die allerärgste Knebelung die Arbeiterschaft nicht muthlos macht und unthätig verharren läßt, beweisen wiederum glänzend die unter den größten Schwierigkeiten stattgefundenen Versammlungen, und wir dürfen daher mit Berechti­gung den Schluß ziehen, auch in Mecklenburg geht es vorwärts trob E. J. alledem!

davon die

Beschlüsse des Parteitags zu Hannover . III. Resolution, den Militarismus betreffend. Der Parteitag erklärt:

Das stehende Heerwesen ist nach seiner ganzen Entwicklung und Organisation das vornehmste Machtmittel zur Aufrechterhaltung und Befestigung der Klassenherrschaft; eine Hauptstüße für alle volks­und arbeiterfeindlichen Bestrebungen; eine Einrichtung, die nur durch die schweren, stets wachsenden und ungerecht vertheilten Opfer an Gut und Blut möglich ist, welche die herrschende Gesellschaft beson­ders den arbeitenden Klassen auferlegt.

Das Bestreben der Partei muß deshalb darauf gerichtet sein,

ablässiger Agitation auf, namentlich auch nach der Richtung hin, ihren politischen Einfluß aufzubieten, um jene Vertreter bürgerlicher Parteien zur Verwerfung der Vorlage zu veranlassen, die noch nicht ganz in einseitigem Klassenhaß zu blinden Werkzeugen der groß­kapitalistischen Interessen geworden sind.

Statt Verfürzung des Koalitionsrechts muß Ausbau und Er­weiterung der Rechte der Arbeiterklasse auf politischem und wirth­schaftlichem Gebiete und gesetzliche Sicherstellung der Organisationen der Arbeiterklasse gegen Polizei und Unternehmerthum gefordert werden.

V. Resolution zur Maifeier.

In Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des internationalen Arbeiterkongresses zu Paris 1889, Brüssel 1891, Zürich 1893 und London 1896 feiert die deutsche Sozialdemokratie den 1. Mai als das Weihefest der Arbeit, gewidmet den Klassenforderungen des Prole­tariats, der Verbrüderung und dem Weltfrieden. Als die würdigste Feier des 1. Mai betrachtet die Partei die allgemeine Arbeitsruhe. Der Parteitag macht es daher den Arbeitern und Arbeiterorgani­sationen zur Pflicht, neben den anderen Kundgebungen für die all­gemeine Arbeitsruhe am 1. Mai einzutreten und überall da, wo die Möglichkeit zur Arbeitsruhe vorhanden ist, die Arbeit am 1. Mai ruhen zu lassen.

VI. Resolution, den internationalen Sozialistenkongres betreffend.

Der Parteitag beschließt, die deutschen Genossen zur Bekundung des internationalen Solidaritätsgefühls zur möglichst zahlreichen Be­