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forschung nach der Vaterschaft. 5. Der Sozialismus und die Frauen. 6. Die Beschwerdekommission. 7. Gründung eines Landesverbands der Arbeiterinnenorganisationen. 8. Wahl eines Landesausschusses. Wir hoffen aus Belgien einen ausführlichen Bericht über den Kongreß zu erhalten, dem wir herzlich besten Erfolg wünschen.
Die Gründung sozialistischer Frauenorganisationen beschloß der Provinzialkongreß der Sozialisten von Piemont, der am 8. Januar in Alessandria tagte. Die diesbezügliche Resolution besagt, daß sozialistische Frauenorganisationen in den Städten wie auf dem Lande gegründet werden sollen, um das Klassenbewußtsein der arbeitenden Frauen zu wecken und zu kräftigen, und um der Schmußkonkurrenz entgegenzuwirken, welche auf wirthschaftlichem Gebiet die weiblichen den männlichen Arbeitskräften machen. Wie die Lombardei so ist auch Piemont industriell hoch entwickelt. Mit der modernen Industrie zusammen treten jene Erscheinungen auf, welche für die kapitalistisch ausgebeutete Frauenarbeit charakteristisch sind und zur Aufklärung und Organisirung der werkthätigen Frauen drängen. In der Lombardei und Piemont, welche die Hauptsitze der sozialistischen Arbeiterbewegung Italiens sind, erkennen deshalb die Genossen besonders klar die Nothwendigkeit, die Frauen zu bilden und zu organisiren, um sie zu Arbeits- und Kampfesgefährtinnen zu machen. In der Lombardei , besonders aber in Mailand sind schon seit Jahren fräftige Ansätze vorhanden zur Lösung dieser Aufgabe, insbesondere auch zur gewerkschaftlichen Organisirung der Arbeite rinnen. Daß nun auch die piemontesischen Genossen in der gleichen Richtung wirken wollen, ist mit Freuden zu begrüßen.
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Frauenbewegung.
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Ueber das Verhältniß zwischen bürgerlicher und proletarischer Frauenbewegung sprach Frl. Dr. Käthe Schirmacher fürzlich in Berlin . Sie suchte, wie der Vorwärts" berichtet, die bürgerliche Frauenbewegung gegen den Vorwurf zu vertheidigen, daß sie nur für die Interessen der Frauen der„ oberen Zehntausend" tämpfe, den Doktorhut als ihr einziges Ziel betrachte und sich den sozialen Aufgaben der Gegenwart verschließe. Das Lob, das sie der sozialen Thätigkeit der Frauenrechtlerinnen spendete, fand in den eigenen Reihen Widerspruch. Frau Cauer erklärte in der Debatte, sie könne die meisten Führerinnen der bürgerlichen Frauenbewegung nicht so in Schuh nehmen, wie es die Heferentin gethan, denn sie hätten der Arbeiterinnenbewegung gegenüber eine ablehnende Haltung eingenommen. Ihrer Meinung nach sei für die Frauenrechtlerinnen ein Zusammengehen mit den Arbeiterinnenvereinen unbedingt erfor derlich. Es sind dies schönklingende Versicherungen, die wir nicht zum ersten Male von Frau Cauer hören, und mit denen es dieser unsrer Meinung nach auch Ernst ist. Wie aber sieht es mit der Einlösung dieser Versicherungen seitens der bürgerlichen Frauenrechtelei aus? Die sozialistische Frauenbewegung erhebt im Interesse der proletarischen Frauenwelt eine Reihe von Forderungen, für deren einen Theil die bürgerliche Frauenbewegung als Kampfesbewegung für die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts eintreten müßte, für deren anderen Theil sie als eine ernste soziale Reformbewegung eintreten könnte. Die bürgerliche Frauenbewegung hat bis jetzt die proletarische Frauenbewegung den Kampf für diese Forderungen so gut wie allein führen lassen. Um nur ein Beispiel aus jüngster Zeit anzuführen: zur Frage des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzes haben sich die Frauenrechtlerinnen mit einer Aktion für die Anstellung weiblicher Fabrikinspektoren und mit einem lauen und flauen Eintreten für den Schutz der Heimarbeit begnügt. Welche Haltung die Damen zu unseren übrigen Forderungen, den gesetzlichen Arbeiterinnenschuß betreffend, einnehmen, darüber hörte man nichts als orafelhafte, vieldeutige Redensarten, daß die Gesetzgebung bei Regelung der Arbeitsbedingungen der Frau ja nicht zu weit gehen dürfe. Wie weit die Gesetzgebung zum Schuße der kapitalistisch ausgebeuteten Proletarierinnen gehen müsse, davon schweigt der frauenrechtlerischen Sängerinnen Höflichkeit. Und doch wären sie zu einer flipp und flaren Erflärung und zur Einleitung einer Aktion um so mehr verpflichtet, als die Delegirte des Bundes deutscher Frauenvereine" auf dem Internationalen Arbeiterschutzfongreß zu Zürich den von der Sozialdemokratie erhobenen Forderungen des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzes zugestimmt hat.
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Der erste weibliche Gymnasialprofessor in Ungarn amtirt seit Ottober 1899 an der staatlichen höheren Mädchenschule zu Szegedin, an der früher nur männliche Professoren wirkten. Frl. Dr. Bettina Tedeschi, welche den ungarischen Frauen das neue Berufsgebiet eroberte, hat in Zürich und Budapest studirt und an
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der Universität der letzteren Stadt die Würde als Doktor der Philosophie erworben.
Als Geschworene hat kürzlich in Pueblo im Staate Colorado ( Vereinigte Staaten ) zum ersten Male eine Frau fungirt, Mrs. Sperry. Das Schwurgericht, dem sie angehörte, hatte über einen Mordprozeß zu verhandeln, der großes Aufsehen erregte. Mrs. Sperry, die als Sekretärin und Agitatorin der humanitären Gesellschaft bekannt geworden ist, wurde von den Geschworenen als Vorsitzende ernannt.
Zur Apothekerin bildet sich ein junges Mädchen aus, das letzten Herbst die Reifeprüfung an dem Mädchengymnasium zu Karlsruhe bestanden hat und in eine badische Apotheke als Lehrling eingetreten ist. Bekanntlich hat eine Verfügung des Bundesraths den Frauen den Apothekerberuf freigegeben.
Eine ständige Inspektorin für das Ziehkinderwesen wird in der Stadt Zürich gegen ein Gehalt von 2000 Fr. angestellt. Die Kontrolle der einschlägigen Verhältnisse wurde bisher vom Stadtrath und seinen Assistenten in Verbindung mit einem freiwilligen , Damenkomite" ausgeübt. Es hat sich herausgestellt, daß diese Art der Kontrolle unwirksam ist, um den schreienden Mißständen auf dem Gebiete des Kostkinderwesens entgegen zu wirken und man erwartet von den Pflichtleistungen einer ständigen Beamtin mehr Erfolg, als von dem Belieben eines Damenkomites.
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Ein Zentralverband der finnländischen Frauenrechtlerinnen ist in Helsingfors gegründet worden. Es gehören ihm im Lande 11 Zweigvereine an. Der Verband fordert in einer Petition an den Landtag folgende Reformen: Herabsetzung des Mündigkeitsalters für unverheirathete Frauen von 25 auf 21 Jahre, Anstellung von Lehrerinnen und Zulassung der Frauen zu der Universität ohne vorher eingeholte Erlaubniß der Regierung, Erhöhung der gesetzlichen Altersgrenze der Mädchen für die Eheschließung, zu der dieselben jezt mit 15 Jahren zugelassen sind. Was der„ Zentralverband" auf dem Gebiete des Frauenwahlrechts fordert, darüber berichten wir an anderer Stelle. Der finnländische Landtag tritt nur alle drei Jahre zusammen. Die Zeit vor seinem Zusammentritt wird seitens des " Zentralverbands" zu einer kräftigen Agitation für die gewünschten Reformen verwendet werden.
Frauenstudium an der Universität zu Heidelberg . Das badische Ministerium hat kürzlich dem Senat der Universität Heidel berg eröffnet, daß es beabsichtige, nachdem das Mädchen- Gymnasium zu Karlsruhe seine ersten Abiturientinnen entlassen habe, Damen auf Grund eines Reifezeugnisses als vollberechtigte Studentinnen zuzulassen, vorausgesetzt, daß seitens des Senats und der Fakultäten keine neuen, gewichtigen Gegengründe dagegen geltend gemacht würden. Bei der erfolgten Umfrage erklärten sich alle Fakultäten, mit Ausnahme der juristischen, mit der Neuerung einverstanden. Die medizinische Fakultät fügte ihrer Zustimmung die Erklärung hinzu, daß sie nach wie vor sogenannte Hörerinnen, Damen die kein Reifezeugniß besigen, zu ihren Vorlesungen nicht zulassen werde. Die theologische, philosophische und naturwissenschaftlich mathematische Fakultät werden dagegen fünftighin nicht nur vollberechtigten Studentinnen den Zutritt zu den Vorlesungen gestatten, sondern wie schon seither auch Hörerinnen, wenn die betreffenden Damen eine wissenschaftliche Vorbildung nachweisen, die ungefähr derjenigen der Hörer entspricht.
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Zur Beachtung.
Genossin Lily Braun ersucht uns mitzutheilen, daß sie durch ihre seit längerer Zeit angegriffene Gesundheit gezwungen ist, für mehrere Monate zur Erholung nach Südtirol zu gehen, und deshalb in nächster Zeit keine Referate zu übernehmen vermag.
Bur Nachricht.
Alle auf die Agitation unter der proletarischen Frauenwelt bezüglichen Briefe und Sendungen sind zu richten an: Dttilie Baader,
Vertrauensperson.