"

fürwortet, daß die Friedensbestrebungen in das Programm des " Bundes deutscher Frauenvereine  " aufgenommen worden sind. Er hat sich betheiligt an der Sympathiekundgebung der Frauen zur Haagener Friedens- und Abrüstungskonferenz. Nun wirbt er für die Schaffung einer starken Schlachtflotte, deren Zweck, um mit dem Marineminister a. D. Hollmann zu reden, nicht ist, im Hafen zu liegen und sich zu verkriechen, die vielmehr in die See gehen und sich schlagen soll", die im Dienste der Auffassung steht, das Evangelium von Seiner Majestät geheiligter Person zu verkünden denen, die es hören wollen, wie denen, die es nicht hören wollen." Der Allge­meine deutsche Frauenverein" hat mit dem Aufruf jenen unpolitischen Charakter abgelegt, den das Vereinsgesetz für den weitaus größten Theil des Reichsgebiets ihm vorschreibt. Ein Arbeiterinnenverein hätte sich nicht den hundertsten Theil eines ähnlichen Heraustretens aus dem Rahmen des Unpolitischen erlauben dürfen, ohne schwerer Strafe und der Auflösung zu verfallen. Die gemäßigten Frauen­rechtlerinnen, die sich hinter die gesetzlichen Bestimmungen verschanz­ten, wenn es galt ihre Halbheit und Feigheit im Punkte des Kampfes für die politische Gleichberechtigung der Frau zu beschönigen, sind muthig unter die Gesetzesverächterinnen und Gesetzesbrecherinnen gegangen, weil sie hoffen dürfen, daß der Opferrauch einer Flotten­fundgebung lieblich duftend zu Fürstenthronen emporsteigt und aller­gnädigst zu bemerken geruht wird. Die nämlichen Gewalten, die Aegirdemonstrationen seitens der Schulmädchen mit Hängezöpfchen und im Flügelkleide, seitens der Karlchen Mießnick unserer Gym­nasien wohlwollend dulden, die drücken auch beide Augen zu, wenn flottenberauschte Frauenrechtlerinnen fühn über die Schranken des Vereinsgesetzes hinaussegeln. Die proletarischen Frauen werden aus der Haltung der frauenrechtlerischen Seejungfrauen und Seemütter, wie aus der Haltung der duldsamen Behörden lernen und die eine wie die andere nach Verdienst bewerthen.

Frauenstudium in Deutschland  . Der Petitionskommission des Reichstags lag eine Petition vor, weibliche Studirende auf Grund ihrer Reifezeugnisse auch zur Immatrikulation und den Staats­prüfungen zuzulassen. Der Vertreter der Regierung gab in der Kommission eine Erklärung ab, daß über die Zulassung zum ordent­lichen Universitätsstudium die Landesregierungen zu befinden haben.

Was die Zulassung zu den Staatsprüfungen anlangt, so sind die Hindernisse, die bisher in Folge der Fassung der Prüfungsord­nungen der Zulassung weiblicher Studirenden zu den Prüfungen der Aerzte, Zahnärzte und Apotheker entgegenstanden, durch Beschluß des Bundesraths vom 24. April v. J. beseitigt worden. Nach der durch diesen Beschluß den Prüfungsvorschriften gegebenen Auslegung wird bei solchen Prüfungen, die ungeachtet des Nachweises der vorge­schriebenen schulwissenschaftlichen Vorbildung, sowie der erforderlichen fittlichen Führung aus Gründen der Universitätsverwaltung von der Immatrikulation ausgeschlossen waren, das gastweise Studium als den Prüfungsvorschriften entsprechend anerkannt, sofern im Uebrigen ein ordnungsmäßiger Studiengang nachgewiesen wird. Demgemäß können Frauen, die sich die erforderliche schulwissenschaftliche Vor­bildung erworben haben, zu den genannten Prüfungen zugelassen werden und die Approbation erwerben, auch wenn sie das vor­geschriebene Universitätsstudium nur als sogenannte Hospitantinnen zurückgelegt haben. Es ist damit das einzige Hinderniß beseitigt, das ihrer Zulassung bisher in den reichsrechtlichen Vorschriften im Wege stand. Nach den landesrechtlichen Bestimmungen sind die Frauen von der Erlangung der Gymnasialreise und der für den zahnärztlichen und pharmazeutischen Beruf erforderlichen schulwissen schaftlichen Vorbildung, sowie von dem gastweisen Besuche der medizinischen Vorlesungen meist nicht mehr ausgeschlossen. Mithin ist ihnen der Zugang zu den erwähnten Berufsarten nunmehr eröffnet.

Die Anstellung von Schulärztinnen in Berlin  , welche der Verein Frauenstudium" in einem Gesuch an den Magistrat gefordert hatte, ist von der Schuldeputation desselben abgelehnt worden und zwar mit der Begründung, es könne der Frage nicht eher näher ge­treten werden, als in Deutschland   approbirte Aerztinnen zur Wahl stehen.

Die Zahl der Studentinnen an der Universität zu Paris  beträgt im laufenden Halbjahr 434. Zu den 179 weiblichen Studiren­den der Medizin, unter denen sich zwei Deutsche befinden, stellen die Russinnen mit 92 das höchste Kontingent, nur 29 Französinnen widmen sich dem Studium der Medizin. Literatur, Geschichte und Philosophie studiren 206 Französinnen und 57 Ausländerinnen. Die juristische Fakultät zählt 7, die naturwissenschaftliche 35 Studentinnen.

Als Stenographin im Landtage von Salzburg   ist schon seit einigen Jahren eine Frau thätig: Fräulein Schuhmeister. Soviel

40

uns bekannt, sind in Dänemark  , Norwegen   und Finnland  ebenfalls Frauen als Kammerstenographinnen beschäftigt.

Der holländische Frauenverein zur Herbeiführung der Abrüstung und Einsetzung internationaler Schiedsgerichte fordert in einem Aufruf alle Frauen auf, eine Petition an die Königin von England zu unterzeichnen, damit diese ihren Einfluß zur Beendigung des Krieges in Südafrika   aufbiete.

Dem Bunde niederländischer Frauenvereine gehören 27 Einzelorganisationen verschiedenen Charakters und verschiedener Tendenzen an. Neben sozialreformerischen, frauenrechtlerischen und philanthropischen Vereinen sind ihm auch einige Arbeiterinnen­organisationen angegliedert.

Die Entscheidung üver die Zulassung von Frauen als Mitglieder der holländischen Arbeitskammern ist nun endgiltig gefallen. Die Königin hat unter einer formalen Begründung den Appell abgewiesen, der sich gegen die beschlossene Nichtzulassung von Frau R. Vos als Mitglied der Arbeitskammer, Abtheilung für Konfektion, wendete. Wir haben mehrmals über die Angelegenheit berichtet. Die holländischen Frauen sollen mit der Entscheidung der Königin sehr unzufrieden sein. Im frauenrechtlerischen Lager war man der Ueberzeugung, daß eine Frau, die seit ihren Mädchenjahren die Königskrone trägt und im jugendlichsten Alter für reif erachtet fahrenen Frau anerkennen müsse, einer Arbeitskammer anzugehören, wurde, ein Land zu regieren, das Recht einer im Erwerbsleben er­besonders wenn sie durch das Vertrauen der einschlägigen Wähler­schaft in diese Körperschaft berufen wurde. Die Guten haben über­sehen, daß ein Von- Gottes- Gnaden- Sein offenbar ein anderes Recht und eine andere Weisheit giebt, als das simple Von- Arbeiter- Ver­trauen- gewählt- werden.

Ein weiblicher Bankdirektor ist in Elkton( Vereinigte Staaten  ) mit der Leitung der Nationalbank betraut worden. Frau Tome, so heißt die Gewählte, hat sich schon als Leiterin einer an­deren Bank in ihrer Heimathstadt bewährt.

Die Prüfung als Bauingenieurin und Architektin hat fürzlich Fräulein Erika Paulasz in Budapest   mit Erfolg bestanden. Die Dame hat am Polytechnikum zu Bern studirt und sich bereits auch praktisch bethätigt. Nach ihrem Entwurfe ist ein großes Hotel erbaut worden, das für sehr schön gilt.

Als Vizepräsidentin der staatlichen medizinischen Gesell­schaft von Jowa( Vereinigte Staaten  ) wurde Dr. Lucy Busenbark gewählt und zwar einstimmig, sie erhielt auch die Stimmen ihrer männlichen Kollegen.

Aus dem Lager der bürgerlichen Frauenbewegung in Oesterreich   geht uns folgende Zusendung mit dem Ersuchen um Veröffentlichung zu:

Erklärung. Wir erklären hiermit, daß wir unsere Mitarbeit an der von Frau Marie Lang   herausgegebenen Zeitschrift ,, Dokumente der Frauen" vom heutigen Tage an vollkommen einstellen. Wien  , am 2. Februar 1900.

Auguste Fickert  . Rosa Mayreder  . Soviel uns bekannt, sind die Damen Fickert und Mayreder zum Austritt aus der Redaktion der Dokumente der Frauen" dadurch bestimmt worden, daß sich ihnen die Ueberzeugung aufdrängte, die Zeitschrift sollte weniger den Interessen des" Allgemeinen Dester­reichischen Frauenvereins" dienen, als vielmehr den persönlichen In­teressen der Herausgeberin dienstbar gemacht werden. Wir bedauern aufrichtig, daß die" Dokumente der Frauen" gerade diejenigen ihrer Mitarbeiterinnen verlieren, welche der Zeitschrift ihren ent­schiedenen Charakter verliehen und sie dadurch über das Niveau der Durchschnitts- Frauenrechtspresse in deutscher Sprache emporhoben. Die Befürchtung liegt nahe, daß der Wechsel der leitenden Personen auch zu einem Wechsel in der Richtung führt und daß die Doku­mente der Frauen" sich zu einem Organ jener zahmen, halben Frauenrechtelei durchmausern, die eine Karrikatur jeder ernsten Frauen­bewegung ist.

Bur Nachricht.

Alle auf die Agitation unter der proletarischen Frauen­welt bezüglichen Briefe und Sendungen sind zu richten an: Dttilie Baader,

Vertrauensperson.

Berlin   O, Straußbergerstraße 28, 4 Tr.

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Bettin( Bundel) in Stuttgart  . Drud und Berlag von J. H. W. Diet Nachf.( G. m. b. h.) in Stuttgart  .