mitglieder in den Organisationen der Schneider, Schuhmacher, Buchbinder, Bleistiftarbeiter 2c. 2c. ist leider außerordentlich gering, gar nicht entsprechend der großen Bedeutung der Frauenarbeit in diesen Berufen." Mit Recht erklärt es deshalb der„ Bericht" als„ eine der dringendsten Aufgaben der Gewerkschaftsorganisation, mehr Interesse für die Gewinnung der Arbeiterinnen in die Organisationen an den Tag zu legen". Die weiblichen Mitglieder leisteten insgesammt 2450 Mt. 55 Pf. an Beiträgen und 187 Mt. 1 Pf. an Aufnahme gebühren. Die drei angeführten Gewerbe, in denen die Arbeiterinnen verhältnißmäßig zahlreich organisirt sind, hatten 1899 Streits zu verzeichnen, an denen Arbeiterinnen betheiligt waren. 121 Arbeiterinnen nahmen an dem erfolgreichen Streik im Feingoldschlägergewerbe theil, der um kürzere Arbeitszeit und höheren Lohn geführt wurde, 13 Wochen dauerte und sich durch eine musterhafte Haltung der Ausständigen auszeichnete. Besonders rühmenswerth", anerkennt der Bericht", ,, war die Solidarität, die die Arbeiterinnen an den Tag legten. Sie zeigten sich bei diesem Streif ebenso tapfer und ausdauernd wie die Arbeiter." In der Folge des Streiks, der u. A. auch das Aufgehen des Verbandes der Gold- und Silberarbeiter in den Metallarbeiterverband herbeiführte, ist die Zahl der organisirten Feingoldschläge rinnen von 46 auf 437 gestiegen. Während des Streits der Pinselmacher und Pinselmacherinnen bei der Firma Rosenfeld jun. haben sich die Arbeiterinnen ebenfalls durch eine treffliche Haltung ausgezeichnet. Dieser Streik, der im letzten Grunde um die Anerkennung der Organisation geführt wurde, war nach 21 Wochen noch nicht formell beendet. Sämmtlichen Ausständigen wurde im Laufe dieser Zeit Arbeit verschafft, so daß die Firma nur ungelernte Arbeiterinnen als Arbeitswillige einstellen konnte. Die Folge davon ist Verlust der Kundschaft, Materialvergeudung und die Unfähig feit, marktfähige Waare zu liefern. Die Organisation errang einen sehr hoch zu schäßenden moralischen Erfolg. Der Zusammenhalt der Pinselmacher, die Solidarität aller Arbeiterinnen 48 davon waren ausständig-, die Unmöglichkeit, Streifbrecher zu finden, wird für die Unternehmer der ganzen Branche eine Lehre sein. So wie bei allen übrigen Lohnbewegungen des verflossenen Jahres war das Verhalten der Streifenden auch hier ein musterhaftes." Der Kampf war von größtem Einfluß darauf, daß die Pinsel macherinnen sich in größerer Zahl der Gewerkschaft anschlossen, so daß die Sektion der Pinselmacher, welche dem Holzarbeiterverband angehört, Ende des letzten Jahres 252 weibliche Mitglieder umschloß, gegen 113 zu Anfang des Jahres. Die Zahl organisirter TextilDie Zahl organisirter Textilarbeiterinnen stieg von 37 auf 72, während die der organisirten Textilarbeiter von 64 auf 52 gesunken ist. Was der Jahresbericht" über die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterinnen in Nürnberg an Thatsachen und Schlußfolgerungen bringt, zeigt aufs Neue, wie schwierig und dringend nöthig zugleich die gewerkschaftliche Organisirung der weiblichen Arbeitskräfte ist, legt aber auch ein ermuthigendes Zeugniß dafür ab, daß aller Schwierigkeiten ungeachtet die Einbeziehung der Arbeiterinnen in die Gewerkschaften Fortschritte macht, und daß die aufgeklärten, organisirten weiblichen Arbeiter ihren männlichen Kameraden an Kampfestugenden nicht nachstehen.
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Die Gründung einer Gewerkschaftsorganisation der Plätterinnen in Charlottenburg ist in die Wege geleitet worden. Am 27. März fand eine gut besuchte Versammlung der genannten Arbeiterinnen statt, in der Genossin Ihrer über das Thema referirte:„ Was müssen die Plätterinnen thun, um ihre schlechte Lage zu verbessern?" Die aufgeworfene Frage wurde von der Referentin dahin beantwortet, daß die Plätterinnen eine Berufsorganisation gründen müßten. Ihre Mahnung fiel auf fruchtbaren Boden. 30 Blätterinnen zeichneten sich in die ausgelegten Listen ein und bilden den ersten Stamm der Organisation. E. J.
Kellnerinnenbewegung.
Eine Bewegung für die Hebung der Lage der Kellnerinnen ist in Berlin in die Wege geleitet worden. Wie unendlich traurig die Existenzbedingungen der Gastwirthsgehilfinnen sind, das hatte das Gutachten des Reichsgesundheitsamts gezeigt, das war durch die Erhebung der Kommission für Arbeiterstatistik flar erwiesen worden. Der bayerische Frauentag und der erste Fachkongreß der Gastwirthsgehilfen hatten helle Schlaglichter auf das Kellnerinnenelend geworfen. Gleichzeitig aber traten zwei Thatsachen in Erscheinung. Die Vorschläge der Reichskommission sprachen dafür, daß die gesetzgebenden Gewalten nur in geradezu hohnvoll ungenügender Weise zum Schuße der Kellnerinnen einzugreifen gewillt sind. Die Verhandlungen des Fachkongresses der Gastwirthsgehilfen standen im Zeichen furzsichtiger Ueberhebung und beschränkter Konkurrenzfurcht und ließen erkennen, daß in nächster Zeit die Kellnerinnen für Hebung ihrer Lage wenig oder auch nichts von Seiten der organisirten Kollegenschaft zu hoffen
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haben. Es drängte sich die Erkenntniß auf, daß die Kellnerinnen selbst in Bewegung treten müssen, um mittelst der gewerkschaftlichen Selbsthilfe wie der gefeßlichen Staatshilfe sich würdigere Arbeitsverhältnisse zu erkämpfen. Wie in München ( siehe weiter unten) so sind in Berlin die ersten Ansätze zu einer diesbezüglichen Bewegung geschaffen worden. In Berlin traten Frauen aus dem sozialdemokratischen wie aus dem bürgerlichen Lager nur die Frauen der evangelischsozialen Gruppe schlossen sich aus zusammen, um eine Agitation für Besserung der Verhältnisse der Kellnerinnen zu organisiren. Das Komite, dem Frau Emma Jhrer, Frl. Helene Lange , Frl. Anna Pappriz und Frl. Alice Salomon angehören, berief zu diesem Zwecke eine Versammlung der Gastwirthsgehilfinnen für den 29. März ein. Während Frauen freien Zutritt zu der Versammlung hatten, konnten Männer nur mittelst Karten Eingang finden, welche von dem Gehilfenverband ausgetheilt wurden. Es galt dem Eindringen jener wüsten Elemente vorzubeugen, welche die so ernste Sache zu einer frivolen Komödie herabgewürdigt hätten, nämlich dem Eindringen der Stammgäste der gemeinsten Lokale mit Damenbedienung. Um Mitternacht wurde die gut besuchte Versammlung eröffnet. Die späte Nachtstunde allein ermöglicht das Erscheinen der in Stellung befindlichen Kellnerinnen, welche bis 11 Uhr zu bedienen haben. Die drei Damen des Komites ( Fräulein Lange war durch ernste Krankheit ferngehalten) beleuchteten die Kellnerinnenfrage von verschiedenen Seiten. Frl. Salomon gab einen Ueberblick über die Verhandlungen des Kongresses, soweit sie diese Materie betrafen, und geißelte den beschränkten Brotneid, der das Urtheil vieler organisirten Gastwirthsgehilfen trübte. Ihre Ausführungen gipfelten darin, daß nicht phrasenhafte Verurtheilung am Plaze sei, wohl aber ein fräftiges Eintreten für die Beseitigung der Auswüchse durch Reichsgesetz, wie die untenstehende Resolution es fordert. Frau Ihrer behandelte die wirthschaftliche Seite der Frage. Sie schilderte die gegenwärtigen Zustände und die Unmöglichkeit, die wirthschaftliche Lage der Kellnerinnen zu heben, so lange diesen nicht ausreichender Lohn und kostenlose Stellenvermittlung unter städtischer oder staatlicher Aussicht gesichert sei. Sie schloß mit dem Hinweis darauf, daß ohne thätige Mitwirkung der Kellnerinnen selbst das Ziel nicht erreicht werden könne. Nur dem kann geholfen werden, der selbst Besserung erstrebt und seine Kraft dafür einsetzt. An thatkräftiger Unterstützung ihrer Bestrebungen wird es nicht fehlen. Zuletzt behandelte Frl. Pappriz die sittliche Seite der Kellnerinnenfrage von der Warte einer höheren moralischen Einsicht aus, als der landläufigen Sittlichkeit mit dem Feigenblatt. Für die widerlichen Mißstände in den sogenannten„ Animierkneipen" machte sie in erster Linie nicht das Mädchen verantwortlich, welches Gesundheit und Ehre opfert, sondern den Wirth, welcher sie ausbeutet und den Wüstling, welcher die angebotene Waare fauft. Ihrer Ansicht nach sollte weibliche Bedienung fünftig nur in Lokalen die Regel sein, in denen Familien verkehren, wie dies hier und da im Ausland schon längst der Brauch ist. Fortfall des Trinkgeldes und ausreichender Lohn sind die besten Bürgschaften für die Sittlichkeit der Kellnerinnen. Es gilt energisch und gemeinsam diesem Ziele zuzustreben. Der lebhafte und andauernde Beifall nach jedem der drei Referate bewies, daß die Rednerinnen die große Mehrheit des Publikums für sich gewonnen hatten, obgleich eine starke Gegenströmung vorhanden war, welche sich wohl theilweise aus einer mißverständlichen Auffassung der Absicht der Einberuferinnen erklärte. Die allgemeine Unruhe, die bei einem Publikum nicht überraschen kann, dem öffentliche Versammlungen fremd sind, wurde durch die meisterhafte Leitung der Vorsitzenden, Frau Tiez, glücklich beherrscht, so daß sich keine Störung bemerkbar machte. Auf die dringende Aufforderung, die Theilnehmerinnen an der Versammlung möchten ihre Einwürfe laut vorbringen, ihre Meinung äußern, ergriffen sechs Kellnerinnen das Wort. Sie schilderten ihre Lage zum Theil in höchst drastischer Weise. Einer vernichtenden Kritik wurde besonders das schlechte Essen unterzogen, mit dem die Mädchen so oft abgespeist werden. Einige Kellnerinnen sprachen ihre Ueberzeugung aus, daß man in guten Lokalen z. B. im Klosterstübl anständig leben und gut auskommen könne. Allgemeine Verurtheilung traf die kleinen Animirfneipen; die Forderung, sie zu beseitigen, erregte lauten Beifall. Auch eine Anklage gegen das Agentenwesen fand energische Zustimmung. Die Ausbeutung der Kellnerinnen durch tägliche Nachzahlung von Vermittlungsgebühren, welche vom Wirth gleich abgezogen wird und 25, 30, auch 75 Pf. beträgt, ist gang und gäbe, und die Einführung fostenloser Stellennachweise ohne Vermittlung eines Agenten wurde allgemein gewünscht. Auch der Zwang zum Animiren der Gäste und die Versuche des Wirthes, den Antheil der Kellnerin am Gewinn rechtswidrig zu beschneiden, wurden heftig getadelt. In einem kurzen Schlußwort faßte Frau Ihrer die Antwort auf das Gehörte zus sammen. Zur Hebung der Lage der Kellnerinnen ist nöthig, daß statt der dehnbaren Polizeiverordnungen flare gesetzliche Bestimmungen
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