Das Thema:„Warum sollen sich die Frauen im öffentlichenLeben bethatigen?« erörterte Genossin Zepler in einer öffentlichen Frauenversammlung in Schöneberg. Genossinnen nahmenaußerdem in vielen Gewerkschaftsversammlungen an den Diskussionen,sowie an praktischen Arbeiten regen Antheil. So z. B. die GenossinnenReimann, Haberstroh, Ihrer, Buckow und noch Andere. AufAnregung der Genossinnen sind vom„Verein der Wäsche- undKravattenbranche" die ersten Schritte in die Wege geleitet worden, um einen paritätischen Arbeitsnachweis für die Altwäscherinnenund Altplätterinnen zu gründen. Nach den verschiedenen Richtungenhin haben die Berliner Genossinnen in der letzten Zeit eine erheblicheSumme nützlicher und erfolgreicher Arbeit geleistet.In Uekendorf-Wattenscheidt bei Essen referirte GenossinGotthusen-Düsseldorf am LS. November vor einer Versammlung,die namentlich von Seiten der Frauen gut besucht war. Von gegnerischer Seite hatte man offenbar gehofft, dem Versammlungsbesuchdadurch Abbruch zu thun. daß der Wirth wieder, wie schon früherbei der gleichen Gelegenheit, Schankverbot erhalten hatte. Diese Erwartung traf jedoch keineswegs zu. Die Versammlung nahm einensehr erfolgreichen Verlauf. Die anwesenden Frauen waren offensichtlich von der Ueberzeugung durchdrungen, daß sie Aufklärung überall die Verhältnisse erlangen müssen, welche die Arbeiterklasse und dasweibliche Geschlecht bedrücken, und daß es ihre Pflicht ist, für ihreBefreiung aus den Banden der Ausbeutung und Unterdrückung zukämpfen. Die Versammlung wählte Genossin Heusner-Hönnigs-feld, Bezirk Gelsenkirchen, als Vertrauensperson und nahm einstimmig die folgende Resolution an:„In Erwägung, daß die Frauenimmer mehr und mehr auf den Arbeitsmarkt getrieben werden, weil ihreMänner nicht genug verdienen, um die Familie anständig ernähren zukönnen, erachten es die anwesenden Frauen für nothwendig. dafür zuagitiren, daß die Arbeiterinnen den Gewerkschaslsorganisalionen beitreten, damit sie mit ihren Arbeitskollegen zusammen gegen die kapitalistische Ausbeutung kämpfen können. Sie erachten es ferner als diePflicht der Frauen, daß sie sich in allen politischen Tagesfragen zuinformiren und sich Aufklärung über die Ziele der Arbeiterpartei zuverschaffen suchen, als der einzigen Partei, welche die Befreiungbeider Geschlechter anstrebt und gegen die Ausbeutung des Menschendurch den Menschen kämpft." L.(Z.In Porta-Westphalica, Minden und Nienburg sprachGenossin Vogel-Charlottenburg Ansang Dezember in öffentlichenvon den organisirten Glasarbeitern einberufenen Versammlungen. Dain der Glasindustrie der genannten Orte Frauenarbeit wenig oder garnicht in Betracht kommt und die Glasarbeiter sehr gut organisirt sind,so verfolgte die Agitation in der Hauptsache einen anderen Zweck alsden, dem Verband neue Mitglieder zuzuführen. Sie sollte die Frauender organisirten Arbeiter wachrütteln, aufklären und sie von derNothwendigkeit und dem Segen des gewerkschaftlichen und politischenKampfes überzeugen, damit sie diesen Kampf verständnißvoll undopferfreudig fördern, statt daß sie ihn durch Schelten auf den Verbanddie Versammlungen, Beiträge, das Zeitungslesen zc. hindern. Diedrei Versammlungen waren sehr gut besucht, ja überfüllt. Die Frauenwaren sehr zahlreich unter den Anwesenden vertreten, in Nienburgmachten sie die große Hälfte des Publikums aus, das trotz des sehrschlechten Wetters den geräumigen Saal bis auf den letzten Platzfüllte. In Porta-Westphalica hatten viele Leute einen stundenlangen Weg zurückgelegt, um der Versammlung beiwohnen zu können.In Porta-Westphalica wie in Minden beantwortete die Referentin die Frage:„Warum müssen sich die Arbeiter und Arbeiterinnen organisiren?", in Nienburg behandelte sie dasThema:„Arbeiter lernt von Euren Feinden." Ihre Ausführungen wurden überall mit Zustimmung und lebhaftem Beifallaufgenommen. Die Frauen legten insbesondere ein sehr großes Interesse für die Darlegungen an den Tag, die sich auf die indirektenSteuern, Getreidezölle zc. und ihren Einfluß auf die Lage der Arbeiterfamilie bezogen. Wenn das Werk der Aufklärung unter ihnenfortgesetzt und vor Allem auch daheim durch den Mann gefördertwird, werden sie in nicht zu langer Zeit als überzeugte Mitkämpferinnen in unseren Reihen stehen. Die Versammlungen forderten ineiner einstimmig angenommenen Resolution das gesetzliche Verbotder Sonntagsarbeit in der Glasindustrie und versprachen den kämpfenden Glasarbeitern von Schauenstein fernere Unterstützung. Dem Verband traten mehrere neue Mitglieder bei. Wir hoffen, daß der ausgestreute Samen der Aufklärung kräftig in die Halme schießt undgute Früchte trägt. gl.In den Hamburger Vororten Eimsbüttel und Rothenburgsort referirte Anfang Dezember 1900 Genossin Steinbach-Hamburg in gut besuchten Frauenversammlungen über das Thema:„Die Frau nicht Haussklav in, sondern Kampfesgenossin."Reicher Beifall bezeugte die Uebereinstimmung der Anwesenden mitden trefflichen Ausführungen der Rednerin. In Eimsbüttel gewann der sozialdemokratische Verein durch die Versammlung L0 neueweibliche Mitglieder, in Rothenburgsort S7. In der ersteren Versammlung fand eine interessante Diskussion statt. In Rothenburgsort schloß die Vorsitzende, Genossin Zieh, die Versammlungmit der Ausforderung, in der gleichen energischen Weise weiter zuagitiren, damit die Frauenbewegung in Hamburg bis zur nächstenFrauenkonferenz einen gehörigen Fortschritt aufweisen könne.I-.In Varel in Oldenburg, Stadt Oldenburg und Delmenhorst sprach Genossin Zietz-Hamburg Anfangs Dezember des verflossenen Jahres. In den beiden erstgenannten Orten fanden Gewerkschaftsversammlungen statt, die überfüllt waren. Nicht nur ausVarel und Oldenburg selbst, sondern auch stundenweit aus derUmgebung waren Besucher herbeigeströmt; auch viel bürgerlichesPublikum war anwesend. Die Versammelten folgten den Ausführungen der Referentin mit gespannter Aufmerksamkeit. Die Zustimmung zu den entwickelten Gedanken gelangte nicht nur in reichemBeifall zum Ausdruck, sondern auch dadurch, daß die Gewerkschaftenneue Mitglieder gewannen. Lebhafte Zustimmung fand in Delmenhorst das Referat über„Weltpolitik und Chinawirren". Einstimmig nahmen die Versammelten eine Resolution an, welche sichscharf gegen die Politik der gepanzerten Faust im In- und Auslandeaussprach. I-.Im Auftrage des„Zentralagitationskomiles für Sachsen" hieltGenossin Kähler-Hamburg vom LS. November bis 9. Dezemberletzten Jahres in Sachsen eine stattliche Reihe von öffentlichen Versammlungen zu Gunsten des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzesab.„Die Frau in der Industrie und der Arbeiterinnenschutz", so lautete das Thema, das die Referentin unter lebhaftemBeifall der Versammlungsbesucher behandelte. Es fanden Versammlungen statt in Dresden-Neustadt, Dresden-Altstadt, Pieschen, Pirna, Bautzen, Lübau, Klein-Zschachwitz, Mügeln, Meißen, Potschappel und Grödel. Die Versammlungenwaren fast sämmtlich gut und sogar sehr gut besucht, nur in Pirna,Meißen und Potschappel ließ der Besuch zu wünschen übrig. Esist dies zumal mit Rücksicht auf die große Zahl von Arbeiterinnenbedauerlich, welche in diesen Orten beschäftigt sind. So schaffenz. B. in der Jutespinnerei und-Weberei Meißens allein circa 1000Arbeiterinnen. Fast in allen Versammlungen wurden der politischenOrganisation neue, und zwar besonders weibliche Mitglieder gewonnen. So traten z. B. dem sozialdemokratischen Verein bei: inDresden-Neustadt LS Personen, in Dresden-Altstadt 33, inBautzen 18, in Pirna S zc. In Bautzen, wo den Genossen leidernur ein kleines Lokal zur Verfügung steht, hatte die sehr gut besuchteVersammlung auch noch ein anderes Ergebniß. Der Vorsitzende desGewerkschastskartells wurde mit den Vorarbeiten zur Gründung einerZahlstelle des Fabrikarbeiterverbandes beauftragt. Besondersgroße Begeisterung für die Ziele und Bestrebungen der Sozialdemokratie äußerte sich in den Versammlungen zu Mügeln und Klein-Zschachwitz, in welch letzterem Orte Genosse Liebknecht seine letzteRede gehalten hat. Am meisten besucht und am interessantesten wardie Versammlung in Grödel. Männer und Frauen hatten stundenweite Wege nicht gescheut, um ihr beiwohnen zu können. Die Behörden hatten einen schneidigen Assessor und zwei Gendarmen zurUeberwachung geschickt. Mehrere Male mußte die Referentin ihrenVortrag unterbrechen, weil dem Herrn Assessor im Saale nicht allesin Ordnung schien. Es konnten sich vielleicht unter das dichtgedrängte Publikum Minderjährige eingeschmuggelt haben, und diesedürfen ja nach sächsischem„Recht" Versammlungen nicht beiwohnen.Trotz der vom amtlichen Pflichteifer verursachten Störungen folgtendie Anwesenden den anderthalbstündigen Ausführungen der GenossinKähler mit gespanntester Aufmerksamkeit. In der Diskussion wurdezwei Genossen das Wort entzogen, weil sie angeblich nicht zur Tagesordnung sprachen. Der eine Genosse schilderte, wie traurig seineJugend gewesen, und wie er durch die Behandlung seitens der Arbeitgeber zum Nachdenken gekommen sei. Der andere bedrohte dieOrdnung in Sachsen dadurch, daß er die Frauen aufforderte, den„Volksfreund" zu lesen. In ihrem Schlußwort beschäftigte sichdie Referentin mit der Presse und ihrer Bedeutung für die Aufklärung und Interessenvertretung der Frauen. Der Herr Assessorrückte zwar unruhig auf seinem Stuhle hin und her, doch konnteGenossin Kähler unter jubelndem Beifall ihre Ausführungen beenden, ohne wegen Verletzung des sächsischen„Rechts" mit dem Maulkorb beglückt zu werden. In allen Versammlungen begründete dieReferentin in klaren, leicht verständlichen Worten durch einen Ueber-blick über die geschichtliche Entwicklung und durch reiches Thatsachen-material, wie nothwendig es sei, daß die Arbeiterin einen wirksamengesetzlichen Schutz erlange. Sie erläuterte Punkt für Punkt die For-