während der Parlamentssession gemeinsam für das Frauenstimmrecht zu kämpfen. In Liverpool  , Bristol  , Warwick, Cambridge und Wands­ worth   haben kürzlich große Frauenversammlungen stattgefunden, welche das Parlamentswahlrecht für das weibliche Geschlecht forderten. Auf der Jahresversammlung des Nationalverbandes der Frauenstimm rechtsvereine", die Mitte Dezember in Liverpool   stattfand, wurde auf Grund von Umfragen 2c. erklärt, daß 274 Mitglieder des Unterhauses Freunde des Frauenwahlrechts seien. Leider aber, so hieß es weiter, strebte verhältnißmäßig eine kleinere Anzahl von Frauen nach der politischen Gleichberechtigung.

Die günstigen Resultate des Frauenwahlrechts in Colo­ rado   wurden in einer Kundgebung dargelegt, die zur Antwort auf die Behauptung veröffentlicht ward, das Frauenstimmrecht sei eine schädliche Spielart des allgemeinen Wahlrechts. Die Kundgebung trägt die Unterschriften des Gouverneurs, drei ehemaliger Gouver­neure, des obersten Richters, aller Richter des Ober- Staatsgerichts­hofes, des Denver  - Gerichtshofes und des Appellationsgerichts, des Staatsschulinspektors, der Rektoren des staatlichen Kolleges und der Staatsuniversität, des Bürgermeisters von Denver  , aller Abgeordneten und Senatoren, vieler hervorragender Geistlichen und der Vorsitzen­den von dreizehn Frauenvereinen. Von beiden gefeßgebenden Körper­schaften des Staates wurde außerdem eine Resolution angenommen, die ausdrücklich erklärt, daß nur Gutes über die Wirkung des Frauen­stimmrechts zu berichten sei.

Frauenbewegung.

Für die Betheiligung der Frauen an der Armen- und Waisenpflege hat sich der dritte allgemeine preußische Städtetag ausgesprochen, der Ende Januar in Berlin   tagte, und auf dem 111 Städte durch 916 Delegirte vertreten waren. Der erichterstatter über die Frage, Stadtrath Dr. Münsterberg- Berlin  , befürwortete eindringlich die Heranziehung der Frauen zur Armen­und Waisenpflege. Die Thätigkeit der Frauen auf diesem Gebiet sei nicht nur nothwendig, sondern geradezu unersetzbar. Die christliche Diakonie habe stets das weibliche Geschlecht in ganz hervorragendem Maße und zwar mit vollem Erfolg in den Dienst ihres Wirkens ge­zogen. Der Deutsche   Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit lasse die Mitthätigkeit der Frau zu. In Berlin   hätten sich die Armen­pfleger gegen die Mitarbeit der Frauen gesträubt. Sie erklärten: die Frauen seien ein destruktives Element in der Armenpflege, sie hätten wohl ein Herz für die Armen, seien aber zu gutmüthig und ermangelten des Verständnisses für die Verwendung öffentlicher Gelder. Die Erfahrung habe dort, wo die Frauen zur Armenpflege zugelassen sind, das Unbegründete dieses Vorwurfes erwiesen. Die Errichtung von Wohlthätigkeitsvereinen in allen Stadtbezirken habe die Armen­tommissionsvorsteher von der Nothwendigkeit überzeugt, die Frauen in der Armenpflege zu verwenden. Das Berliner   Armenpflegewesen sei deshalb in der Neuorganisation begriffen. Der Mitberichterstatter, Stadtrath Krause Posen, schloß sich im Allgemeinen den Aus­führungen Dr. Münsterbergs an.

Frauen im Schulrath. Der dritte Schulrath des siebenten Be zirks in Budapest   ergänzte sich in seiner letzten Ausschußsizung mit einer zwölfgliedrigen Frauenkommission. Aufgabe derselben ist vor Allem die Aufsicht über die dem Schulrath unterstellten Kinder= gärten.

Frauen in öffentlichen Aemtern im Staate Illinois  . Deffentliche Aemter von großer Bedeutung sind in Illinois   Frauen anvertraut. Drei Frauen gehören dem akademischen Senat der Uni­ versität Illinois   an; eine Frau ist Mitglied des Sanitätsraths; eine Frau fungirt als Kommissionär der öffentlichen Wohlthätigkeit, eine andere als Universitätsbibliothekarin. Am Lehrinstitut für Frauen ist einer der Direktoren eine Frau. Fabrikinspektorinnen sind fünf angestellt, als Vorsteherinnen des Soldatenwitwenheims sind vier, als Vorsteherinnen des Heims für jugendliche Verbrecherinnen drei Frauen thätig. In allen größeren Städten fißen Frauen im Schulrath.

400 Apothekerinnen zählt man in den Vereinigten Staaten  . Frauen, die das Apothekergewerbe selbständig betreiben wollen, müssen ein dreijähriges Studium an einem pharmazeutischen Kollege absolviren und ein Jahr als Gehilfinnen in einer Apotheke thätig sein.

d. z. Die Wahl von Frauen in die Armenbehörden be­fürwortet eine Eingabe des Gemeinnüßigen Frauenvereins der Schweiz  , die den fünfundzwanzig Kantonsregierungen eingereicht worden ist. Während die Eingabe des Vereins, die Anstellung von Fabrikinspektorinnen betreffend, viel soziales Verständniß offenbart,

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tritt dagegen in dem Gesuch über die Heranziehung der Frauen zur Armenpflege theilweise zu aufdringlich das Klasseninteresse der Bour­geoisfrauen hervor. Einleitend weist die Eingabe darauf hin, daß bezüglich der Mitwirkung der Frauen im Armenwesen in der Schweiz  befriedigende Erfahrungen vorliegen. Die Frau eigne sich sehr gut zur Thätigkeit auf diesem Gebiet, weil hier nicht allein der kühle Verstand, sondern auch das warme Herz in Frage kommt. Wie oft, wird weiter ausgeführt, geht eine wirksame Hilfe für die Bedrängten am Bureaukratismus, an der Formenreiterei der Armenbehörden in die Brüche, wenn der richtige Augenblick verpaßt wurde. Säßen Frauen in Armen- und Waisenbehörden", so heißt es dann weiter, ,, so könnte auch wieder eine weit größere Anzahl von Mädchen dem Dienstbotenberuf und dadurch ihrem zukünftigen Frauenberuf zugeführt werden. Damit würde nicht nur der Dienstbotennoth gesteuert, son­dern auch die wirthschaftliche Lage der unteren Klassen gefördert. Der Beruf des Dienstmädchens hat vor allen gewerblichen Berufen am meisten Aussicht auf ein ökonomisch sorgenloses Leben, auf sichere Ersparnisse und ist zugleich die beste Vorbereitung auf ein geordnetes Familienleben, welches, von Vielen gepflegt, eine Quelle des Wohl­standes eines Landes werden kann. Dies wäre nur eine, wenn auch die bedeutendste Errungenschaft, welche aus der Wahl der Frauen in Armenpflegen und Waisenbehörden resultiren könnte." Der wörtlich wiedergegebene Passus der Eingabe ist charakteristisch, er zeigt, warum die Frauen beziehungsweise die Bourgeoisfrauen in die Armen­behörden hinein wollen. Sie möchten die Mitgliedschaft in diesen Behörden zur Wahrnehmung ihrer eigenen persönlichen Interessen mißbrauchen und dafür sorgen, daß stets Ueberfluß auf dem Dienst­botenmarkt" vorhanden und die bestehende Leutenoth" beseitigt werde. Diese fleinlichen, selbstsüchtigen Beweggründe werden zweifellos feinen Sozialdemokraten veranlassen, für die Forderung auch nur einen Finger zu rühren. Aber es handelt sich denn doch noch um etwas Anderes, als um die selbstsüchtigen Beweggründe bürgerlicher Damen. Es handelt sich um die Sache selbst, um eine Forderung der Ge­rechtigkeit, der Gleichberechtigung der Geschlechter. Und deshalb wer­den die sozialdemokratischen Vertreter in den Behörden für diese Forderung eintreten, trotz der die schärfste Verurtheilung heraus­fordernden Begründung durch spießbürgerlich- engherzige Bourgeois­damen.

Vermischtes.

Die Eheschließungen hat das schweizerische statistische Amt nach den Monaten geschieden und dabei herausgefunden, daß im Jahre 1898, für das soeben die Zahlen veröffentlicht wurden, am meisten Ghen im Mai( 3421), dann im Oktober( 3021) geschlossen wurden; es folgten hierauf der November( 2684) und der April ( 2640), eine dritte Gruppe bilden die Monate Februar( 2015), Juni ( 1955) und September( 1928), den Schluß bilden die Monate Juli ( 1629), März( 1483), Auguſt( 1481), Dezember( 1433) und Januar ( 1424).

b- n.

Die Zahl der Ehescheidungen in der Schweiz   ist bei einigen nicht erheblichen Schwankungen in der Zeit von 1888 bis 1898 ge­stiegen. 1888 zählte man auf je 100000 bestehende Ehen 179, 1889 184, 1890 186, 1891 184, 1892 183, 1893 186, 1894 191, 1895 182, 1896 213, 1897 201, 1898 199 gerichtlich getrennte Ehen. In dieser Periode wird die niedrigste Zahl der Ehescheidungen im Jahre 1888 fonstatirt, wo 841, die höchste Zahl im Jahre 1896, wo 1058 Ehen geschieden wurden, dann folgte 1898 mit 1018 und 1897 mit 1011 geschiedenen Ehen. Als Ursachen der Ehescheidungen wurde für das Jahr 1898 angegeben in 416 Fällen beiderseitiges Verlangen und Verhältnisse, die mit dem Wesen der Ehe unverträglich sind, in 112 Fällen Ehebruch, in 199 Nachstellung nach dem Leben, schwere Miß­handlung oder tiefe Ehrenkränkung, in 39 Fällen Verurtheilungen zu entehrenden Strafen, bei 61 Ghen böswillige Verlassung, in 19 längere und unheilbare Geisteskrankheit und endlich in 265 Fällen sonstige tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses. b- n.

Adressen der weiblichen Vertrauenspersonen.

Als Vertrauenspersonen wurden kürzlich gewählt:

Frau Werner, Pankow  , Berlinerstraße 78 v. III, Frau Meiling, Schöneberg  , Gothenstraße 50, Hof III, Frau Thiel, Tempelhof  , Friedrich- Wilhelmstraße 17. Genossin Thiel ist Kreisvertrauensperson für den Kreis Teltow- Beeskow­Starkow.

Ottilie Baader  , Vertrauensperson der Genossinnen Deutschlands  , Berlin   W., Groß- Görschenstr. 38, II. Hof rechts, 3 Tr.

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Betkin( Bundel) in Stuttgart  . Drud und Berlag von J. H. W. Die Nachf.( G. m. b. h.) in Stuttgart  .

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