entstanden ist, so auch in Hamburg. Zwar waren seit Jahren einigehundert Frauen Mitglieder der drei sozialdemokratischen Vereine undhalfen auch zum Theile wacker bei der Kleinarbeit mit. Jedoch unterden mehr als 12000 politisch organisirten männlichen Mitgliedernverschwand diese kleine Schaar. Seit der Frauenkonferenz hat sichdie Zahl der politisch organisirten Frauen bedeutend vermehrt, undvor allen Dingen ist die Mitarbeit der Genossinnen auf allen Gebieten planvoller, konzentrirter und damit wirkungsvoller geworden.Seit der Berichterstattung von der Konferenz, wobei die Wahleiner weiblichen Vertrauensperson vorgenommen ward, haben 19 öffentliche Frauenversammlungen und 2 Mitgliederversammlungen derpolitisch organisirten Frauen stattgefunden. Die ersten 4 öffentlichenVersammlungen dienten lediglich der Agitation für die politische Organisation. Sie waren sämmtlich sehr stark besucht undbrachten den drei sozialdemokratischen Vereinen einen Mitgliederzuwachs von 163 Personen. In 9 Versammlungen nahmen die Genossinnen Stellung zu unseren Forderungen, den Ausbau des gesetzlichen Arbeiterinnenschutzes betreffend. In diesen Versammlungen fand die auf dem Parteitag in Hannover formulirte Resolution, die später in Form einer Petition dem Reichstag übermitteltward, einstimmige Annahme. Ebenfalls einstimmig erklärten sich dieVersammlungen für eine Resolution, die in Form einer Petitiondurch unser Bürgerschastsmitglied, Genosse Stollen, der Bürgerschaftübermittelt ward. Sie forderte die Anstellung eines weiblichen Fabrik-inspeklors aus den Kreisen der Arbeiterinnen. Die 9 Versammlungen brachten der politischen Organisation einen Mitgliederzuwachsvon 72 Personen. In S Versammlungen nahmen die GenossinnenStellung gegenüber dem drohenden Brotwucher. Die stark,zum Theile glänzend besuchten Versammlungen nahmen einstimmigeine Resolution an. die nicht nur einen entschiedenen Protest erhebtgegen die beabsichtigte Zollerhöhung, sondern eine Beseitigung desSystems der indirekten Besteuerung überhaupt verlangt, sowie Ab-schließung langfristiger Handelsverträge. Diese Versammlungen habendie sozialdemokratischen Vereine um etwa 80 Mitglieder verstärkt.Die beiden Mitgliederversammlungen der politisch organisirtenGenossinnen hatten den Zweck. Raths zu pflegen und Beschluß zufassen, in welcher Weise am erfolgreichsten Agitation zu treiben sei.Ferner sollten sie die Genossinnen einander persönlich näher führen.Das gelang auch auf das Beste. Alte Genossinnen, die lange nichtmehr in der Bewegung hervorgetreten waren, erschienen in den Versammlungen, und tüchtige Frauen meldeten sich zur Mitarbeit.Während die beiden Frauenzimmer die Treppe hinanstiegen,stand der alte Hartinger vorne an dem Thore des Gehöftes imGespräch mit einem kleinen, schmächtigen, glatzköpfigen Männlein,die Glatze ließ es eben sehen, weil es den Hut abgenommen hatteund sich den Schweiß abtrocknete, und wenn man den Filz, vonder breiten Faust gehalten, mit seinen Rändern beinahe den Bodenstreifen sah, so merkte man wohl, daß die Arme des Kleinenetwas zu lang gerathen waren, auf dem Rücken trug er eineKraxe mit Waarenkästen, lag einer über dem anderen und ragtenüber den Träger hinaus, so lang oder so kurz der selber war.„Du thust Dein'm Kind Abbruch", sagte das Männleineifrig,„Gott will ich auf meine Seel' nehmen, daß Du ihr Abbruch thust, wenn Du ihr nichts kaufst. Solche Bänder, solcheTücher, solche Perlhalsschnür', wie ich diesmal ausbtet', so keineHab' ich selber noch niemal g'sehn. Aber freilich, Ihr kommt mirjetzt immer mit der Red', Ihr krieget alles in der Stadt wohlfeiler und ak'rat so gut. Das kriegst nit ak'rat, Bauer, so at'ratnit, um alles Geld nit, dös Hab' nur ich. Wann D' Dir's nuranschau'n möchst. Na, na, laß mer's gut sein, vielleicht einanders Mal; ich kenn' Dich ja. Wann der Hartinger einmalnein sagt, so bleibt's nein. Ich glaub', wann Dir der SanktPeter'n Himmel aufsperret und Dir wär's just nit g'legen. Dugingest nit hinein. Na, lassen wir's Geschäft für a andersMal. Aber a Wohlthat thät'st mir schon, wenn D' mich heutüber Nacht b'haltest, ich bin hundmüd'. Ja, ja, die Kräften lassenhalt schon nach."„Wär' eh' recht", sagte der Bauer,„brächt' Dir kein'Schaden. Da möcht' doch amal der ledige Raufteufel, von demDu b'sessen bist, von Dir ablassen. Aber noch hört mer nit vielFriedsam's von Dir, neulich af'm Kirtag zu Traunkirchen hastja wieder a Wesen g'habt, daß s' nach Schtandari(Gendarmerie)und Bader ausgerennt sein."(Fortsetzung folgt.)Dieselben haben bis heute auch überall rüstig mit Hand angelegt undbeachtenswerthe Anregungen betreffs der weiteren Agitation für diepolitische wie für die gewerkschaftliche Organisation gegeben. Abernicht nur in der offiziellen Stellungnahme der Genossinnen zu bestimmten Fragen dokumentirt sich die lebhaftere Bewegung unter denFrauen, sondern auch in der regeren Antheilnahme an dem Lebenund Thun der Organisationen. Die allgemeinen Mitgliederversammlungen der drei sozialdemokratischen Vereine werden stärker vonFrauen besucht als früher, in verschiedenen Bezirken betheiligten sichdie Genossinnen an der Flugblattverbreitung, der Sammlung vonUnterschriften unter die Petitionsbögen, der Einkasstrung von Beiträgen u. s. w.Auf gewerkschaftlichem Gebiet haben die Genossinnen bisherdie Schneider und Fabrikarbeiter unterstützt. Eine Reihe Versammlungen und Sitzungen haben den Schneidern zwar eine Anzahlweiblicher Mitglieder gebracht, jedoch blieb der Erfolg unserer Arbeithinter unseren Erwartungen zurück. Eine demnächst vorzunehmendeHausagitation wird hoffentlich bessere Ergebnisse zeitigen. Bei denErhebungen über die Lohn- und Arbeitsbedingungen der Näherinnenhabe» sich unsere Genossinnen fleißig betheiligt. In Folge der fastunglaublichen Aengstlichkeit und Zurückhaltung der Arbeiterinnenkonnte die betreffende Arbeit leider noch nicht beendet werden undwird während des Winters fortgesetzt. Einen besseren Erfolg erzielteunsere Agitation für die Fabrikarbeiter. Kategorien von Arbeiterinnen, die bisher dem gewerkschaftlichen Leben fern gestanden, wurdezum ersten Male das Verständniß für den Organisationsgedankenerschlossen. Geradezu glänzende Resultate weist die Arbeit unter denPlätterinnen und Bleichereiarbeitern auf. Circa 800 bis 900 Personen sind in der kurzen Zeit von vier Monaten organisirt worden,und jede neue Versammlung bringt 40 bis SV neue Mitglieder, dabeidie nicht mitgezählt, die in der Zwischenzeit durch die persönlicheAgitation gewonnen werden. In einer Reihe anderer Versammlungen wurden die Arbeiterinnen der Lichterfabrik, der Treibriemenfabrik und der Cakesfabriken dem Verband zugeführt. Gleichzeitigwurden Erhebungen über ihre Lohn- und Arbeitsbedingungen vorgenommen, die prächtiges Material zur weiteren Agitation liefern.Die uns bekannt gewordenen Fälle von Mißachtung der gesetzlichenSchutzbestimmungen von Seiten der Unternehmer wurden sofort demGewerberath mitgetheilt, der in der zuvorkommendsten Weise für Abstellung der Mißstände, resp. Bestrafung der Schuldigen eintrat.Hin und wieder sind aus den Kreisen der organisirten Genossinnenkleine Notizen oder Artikel im Hamburger Parteiorgan, dem„Echo",veröffentlicht worden. Die Redaktion desselben hat außerdem wiederholt selbst Material für die Rubrik„Frauenbewegung" geliefert.Leider konnte sie aus technischen Gründen uns nicht ständig einenRaum für diese Rubrik zur Verfügung stellen.Mit der Mainummer der„Gleichheit" entfalteten die Genossinnen eine lebhafte Agitation für die Zeitschrift und gewannenmit einem Schlage etwa 100 Abonnenten. Wenn auch später vereinzelt wieder Abbestellungen erfolgten, wurde die Scharte doch baldwieder ausgewetzt. In Versammlungen, in denen hin und wiederAgitationsnummern der„Gleichheil" zur Vertheilung gelangen, kamen50 neue Abonnenten dazu, so daß wir jetzt etwa 160 Exemplareunseres Organs vertreiben. Die Verbreitung der„Gleichheit" trägtnicht nur eminent zur Aufklärung unserer Genossinnen bei, sondernbewirkt noch, daß dieselben in engster Verbindung miteinander bleibenund ihr Zusammengehörigkeitsgefühl bedeutend gestärkt wird.Alles in Allem können die Hamburger Genossinnen mit demErfolg ihrer Arbeit im ersten Jahre wohl zufrieden sein. Die Genug-thuung über das Erreichte schließt jedoch keineswegs die gewonnene Er-kenntniß aus, daß es einzelne Gebiete giebt, auf denen es sehr schwerist, vorwärts zu kommen. Bei dem weiten Felde, das noch überallunserer Bearbeitung harrt, wird das kommende Jahr ein arbeitsreiches werden. Gelingt es uns in erster Linie, unsere Elitetruppezu vergrößern, die kleine, aber durchaus zuverlässige, eifrige, begeisterte Schaar unserer besonders thätigen Genossinnen, so wird daskommende Jahr trotz aller zu überwindenden Schwierigkeiten auchein erfolgreiches werden.Die Kosten der Agitation wurden, da wir keine Zjordent-lichen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen besitzen(unsere Genossinnenzahlen ihre Beiträge an die sozialdemokratischen Vereine) aus denEinnahmen auf Sammellisten, den Tellersammlungen und dem Rabattvon der„Gleichheit" bestritten. Das verflossene Jahr brachte ins-gesammt eine Einnahme von 367 Mk. 63 Pf., eine Ausgabe von322 Mk. 84 Pf., so daß mithin ein Kassenbestand von 44 Mk. 79 Pf.verblieben ist. Nach der Berichterstattung und Rechnungslegung am7. Oktober ward Genossin Zieh einstimmig wieder als Vertrauensperson gewählt und Genossin R o st als Stellvertreterin. Als Revisorinnengingen aus der Wahl hervor die Genossinnen Pionetti, Maller,