dung für das verantwortungsreiche Amt der Gewerbeinspektion be streiten. Aber der Besuch von Hochschulen ist durchaus nicht der einzige Weg, der zu dieser Vorbildung führt, und der Doktorhut ist feineswegs der überzeugendste Nachweis für die Qualifikation zu dem Amte der Gewerbeinspektorin. Mehr als auf manchem anderen Wirkungsgebiete giebt auf dem der Gewerbeaufsicht die Persönlichkeit und nicht der formale Bildungsgang den Ausschlag für erfolgreiche Thätigkeit. Was die Frauenrechtlerinnen fordern, läuft auf ein Damenprivileg hinaus, das nicht im Interesse einer gesunden Fortent­wicklung der Fabrikinspektion und mithin dem der Arbeiterinnen liegt. Ihrer Stellungnahme ist das Mal des Klasseninteresses Be­sitzender und des Zunftdünkels höherer Töchter" aufgeprägt. Daß das rühmlich bekannte gute Herz" der Damen für die ärmeren Schwestern", sowie ihr sozialpolitisches Verständniß" groß genug ist, Proletarierinnen mit praktischer Vorbildung gnädigst als Hilfskräfte der Gewerbeaufsicht zulassen zu wollen, sei mit gebührender Dank­barkeit bescheinigt.

Gewerkschaftliche Arbeiterinnenorganisation.

Die gewerkschaftliche Organisation der Arbeiterinnen in der Handschuhindustrie. Die Anzahl der in der Handschuhindustrie organisirten Frauen ist eine noch sehr geringe. Es ist dies um so auffallender, als nächst den Buchdruckern wohl feine Arbeiterkategorie in Deutschland   so viele Berufsangehörige der Organisation zugeführt hat, wie die Handschuhmacher  . Im Jahre 1896 hat die Zahl der weib­lichen Mitglieder des Handschuhmacherverbandes mit 281 ihren Höhe­punkt erreicht. Im ersten Quartal 1900 zählte er nur noch 99 weibliche Mitglieder. Dr. Adam Carl Maier urtheilt über diese Erscheinung in seiner eben erschienenen Schrift Der Verband der Glacé­handschuhmacher und verwandten Arbeiter Deutschlands  1869 bis 1900" folgendermaßen: Geringe Löhnung, Jugend, ge­ringes Verständniß für Fragen der Organisation, der nur zu begreif­liche Mangel an politischer Bildung stehen der Organisirung der Arbeiterinnen hemmend im Wege; außerdem aber kommt in diesem Gewerbe in Betracht, daß der manufakturmäßige Betrieb die Heran­ziehung weiblicher Arbeitskräfte nicht begünstigt, so daß die Arbeiter viel weniger in der Lage sind, die Arbeiterinnen auf die Vortheile des Verbandes aufmerksam zu machen; ferner soll es auch nicht selten vorkommen, daß Arbeiterinnen, wenn sie die Versammlungen besuchten, durch Glossen der Kollegen von dem weiteren Erscheinen abgehalten worden sind. Eine nennenswerthe Verbesserung dieser Verhältnisse wird vorerst auch nicht zu erwarten sein, besonders dann nicht, wenn die Arbeiterinnen von den Vortheilen der Unterstützungs­einrichtungen des Verbandes in dem gleichen Maße wie bisher aus­geschlossen bleiben. Bisher nämlich wurden sie ausschließlich bei Streits und ähnlichen Veranlassungen unterstützt. Besonders empfehlen dürfte es sich, Arbeiterinnen im Falle der Arbeitslosigkeit Unter­stützung zu gewähren; es wäre dies zugleich eine Unterstüßungsart, welcher sie ein größeres Verständniß entgegenbringen würden." Bon den bisher eingetretenen Arbeiterinnen waren beschäftigt beim Schnitt: 42 mit Allongiren; 21 mit Einlegen; 44 mit Allongiren und Ein­legen; 11 mit Ridelliren und Fentiren; 1 mit Schichtelmachen. Bei der Naht waren beschäftigt: 15 Tambouriererinnen; 21 Stepperinnen; 203 Näherinnen; 12 Knopflochmacherinnen; 21 Dressirerinnen. Ferner werden 45 Arbeiterinnen beim Packen, Stempeln, Magazins- und son­stigen Hilfsarbeiten, sowie auch beim Allongiren und Einlegen verwendet.

Die Nothwendigkeit, die Arbeiterinnen zu organisiren, ist auch im richtig verstandenen egoistischen Interesse der Arbeiter um so größer, weil die Fabrikanten stets das Streben zeigen, zu allen Ar­beiten, welche es nur irgendwie zulassen, weibliche Arbeitskräfte heran­zuziehen, um auf diese Weise die Produktionskosten zu vermindern. Dem Streben der Arbeiter, ihre Löhne zu erhöhen, vom Akkordlohn  zum Zeitlohn überzugehen, die Heimarbeit abzuschaffen, suchte das Unternehmerthum die möglichste Inanspruchnahme weiblicher Arbeits­fräfte entgegenzustellen. Gewiß wird den Arbeiterinnen heute im Handschuhmacherverband zu wenig geboten. Allein man darf dabei nicht vergessen, daß die weiblichen Mitglieder sehr wenig zu den Kassen des Verbandes beitragen: 25 Pf. Eintrittsgeld und 5 Pf. Wochenbeitrag. Wenn die Arbeiter es für unmöglich halten, die weiblichen Berufsangehörigen an eine Organisation zu fesseln, welche nichts anderes bezweckt, als einen Widerstandsfonds für Streifs zu gründen, so dürfen sie auch nur von den intelligentesten Arbeite­rinnen erwarten, daß sie einer Gewerkschaft beitreten, welche sie von allen Unterstützungsbezügen ausschließt, und ihnen lediglich in Aussicht stellt, sie bei Streits zu unterstützen. Andere Verbände haben den Arbeiterinnen die Möglichkeit gegeben, sich an allen Unterstützungs­einrichtungen zu betheiligen, sie haben auch etwas höhere Beiträge der weiblichen Mitglieder eingeführt. Damit sind ihrerseits einige Vorbedingungen für eine erfolgreiche Organisation der Arbeiterinnen

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geschaffen worden. Sicherlich werden die Arbeiterinnen noch mehr wie der Arbeiter durch die Aussicht gewonnen, im Falle der größten Noth eine Stüße im Verband zu finden.

Sozialistische Frauenbewegung im Auslande.

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a. br.

Mit welchen behördlichen Nücken und Tücken die Orga­nisationsbestrebungen der Proletarierinnen in Desterreich rechnen müssen, erhellt aus den nachstehenden Vorgängen, welche die tapfere Wiener  , Arbeiterinnen- Zeitung" mittheilt. Einige Genossinnen in Wien   bemühen sich schon seit beinahe Jahresfrist um die Ge­nehmigung der Statuten für einen Allgemeinen Verein sozialdemo fratischer Frauen und Mädchen". Zuerst wurde das Statut vom Ministerium zurückgewiesen, weil es den Vereinszweck nicht genügend erfennen, lasse, obwohl darin angegeben war, daß der Verein die Organisirung der Frauen, die Hebung ihres Wissens, die Besserung ihrer wirthschaftlichen Lage erstrebe. Sodann hatte das Ministerium noch einen ganz besonderen Anstand gefunden. Der Verein soll außer den ordentlichen( weiblichen) auch unterstützende( männliche) Mit­glieder haben. Diese männlichen Mitglieder sollten zwar in den Vor­stand gewählt werden, aber nicht selbst wählen können. Der Passus des Statuts, der von der Zusammensetzung des Vorstandes handelte, hatte nun nur von einer Vorsteherin, Kassirerin, Schrift= führerin zc. gesprochen. Das hohe Ministerium, das sich nicht denken konnte, wie aus einem in den Vorstand gewählten Manne eine Vorsteher in werden könne, fand deshalb, daß die Rechte der Mitglieder nicht genügend klar bezeichnet seien. Die Genossinnen reichten nun einen neuen Statutenentwurf ein, der allen Einwänden Rechnung trug. Es wurde genau angegeben, daß in den Versamm­lungen lungen wissenschaftliche Vorträge und Diskussionen stattfinden sollten 2c. Auch die Zustellung der Arbeiterinnen- Zeitung" an die Mitglieder war als Zweck des Vereins angegeben. In diesem Um­stand erblickte nun das Ministerium, abgesehen von der immer noch mangelnden Klarheit, den Beweis dafür, daß der Verein politische Zwecke verfolge und versagte ihm die Genehmigung abermals. Nach diesen Proben österreichischer ,, Gemüthlichkeit" könnte man annehmen, daß Desterreich in Preußen oder sonst einem deutschen   Herrgotts­vaterlande liegt, wo die Organisationsbestrebungen der proletarischen Frauen durch die bekannten vereinsgesetzlichen Bestimmungen ge= hemmt werden.

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Frauenbewegung.

Zopfträger an der Königsberger Universität. An der Königsberger  , Albertina" haben die ordentlichen Professoren Stieda ( Anatomie), Lossen( Chemie) und Pape( Physik) ihre Vorlesungen weiblichen Studirenden verschlossen. In Folge dessen ist Frauen ein ordnungsmäßiges Studium der Medizin in Königsberg   unmög­lich. So wehren sich die Herren des Bürgerthums gegen die ihnen unbequeme, gefürchtete Konkurrenz der Frauen. Die Maßregel, weib­liche Studirende vom Besuch der Vorlesungen auszuschließen, hat sicher den ungetheilten Beifall der meisten Studenten gefunden. Auf die Dauer werden Frauen freilich auf diese Art von den Universitäten doch nicht ferngehalten werden können. Der letzte Widerstand gegen das Frauenstudium wird schließlich gebrochen. Das wagen die Herren Professoren, die den Studentinnen ihre Hörsäle verschlossen haben, auch nicht zu behaupten, daß sie Gegner des Frauenstudiums sind. Bewahre, eine solche Erklärung würde heute denn doch als von gar zu kleinlicher und rückständiger Denkart zeugend angesehen und be­lacht werden. Sie halten, wie sie mitgetheilt haben, nur den gemein­samen Unterricht von Damen und Herren nicht für richtig. Das sind Redensarten, die dadurch nicht werthvoller werden, daß auch andere Professoren sie zum Besten gegeben haben. Weshalb sollen nicht Studenten und Studentinnen gemeinsam Vorlesungen besuchen fönnen? In einigen Fällen haben sich Studenten weiblichen Studi­renden gegenüber flegelhaft betragen. Wir wissen nicht, ob die Pro­fessoren in Königsberg   Aehnliches befürchten. Wenn ja, wäre ja nur nothwendig, die ungezogenen Burschen hinauszuweisen. Dann ist darauf hingewiesen worden, daß es besonders in der Anatomie nicht angehe, bestimmte Dinge vor männlichen und weiblichen Studirenden zusammen zu erörtern. Auch diese Behauptung darf nicht gelten. Wer erfüllt von reiner Begierde nach Wissen in die Hörsäle kommt, wird unter der Erörterung gewisser delikater Fragen vor männlichen und weiblichen Zuhörern nicht Schaden leiden. Uebrigens geht der gemeinsame Unterricht doch an anderen Universitäten. Die Pro­fessoren der Physik und Chemie, die den weiblichen Studirenden ihre Hörsäle verschlossen haben, können mit dem letzteren Einwand natür­lich nicht kommen. Aber auch ohne ihn hat es zur vorurtheilsvollen Maßregel gelangt. Den Herren hängt noch ein Zopf hinten herunter, der recht bald abgeschnitten werden sollte.

Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara gettin( Bundel) in Stuttgart  .. Drud und Verlag von J. 6. B. Dies Nachf.( B. m. b. S.) in Stuttgart  .

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