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gelangte einstimmig zur Annahme. 38 Abonnenten für die„ Gleichheit", eine stattliche Zahl von Abonnenten für die„ Volkszeitung" und Mitglieder des sozialdemokratischen Vereins wurden gewonnen. Ein am Orte bestehender Frauenverein, der circa 50 Mitglieder zählt, wird demnächst eine lebhafte Agitation entfalten. Glück auf zu seiner Arbeit. L. Z. Auf Veranlassung des 15. Gaues des Fabritarbeiterver bandes fanden in dem Bezirk der chemischen Fabriken und Farbwerke bei Frankfurt a. M. öffentliche Agitationsversammlungen statt. Genossin Kähler- Dresden sprach in Höchst , Bieber, Fechenheim und Griesheim über„ Die Arbeiterbewegung im 20. Jahrhundert". Die Versammlungen waren durchweg gut besucht, jedoch hätten die Frauen zahlreicher vertreten sein sollen. Es ist Pflicht der Arbeiter, die Arbeiterinnen mehr aufzurütteln und auf derartige Veranstaltungen aufmerksam zu machen, denn gerade auch den weiblichen Arbeitskräften der chemischen Industrien thut Aufklärung bitter noth und an agitatorischer Arbeit kann noch recht W. K. viel geleistet werden. Mehrere erfolgreiche Versammlungen zur Stärkung der gewerkschaftlichen Organisation hielt Genossin Kähler Anfang und Mitte Oktober ab. In einer gut besuchten Versammlung der Tabatarbeiter und Arbeiterinnen zu Leipzig referirte sie über ,, Die wirthschaftliche Lage der Tabakarbeiter". Die an das Referat anschließende lebhafte Debatte drehte sich um die verschiedensten Vorschläge, dem Verband neue Mitglieder zuzuführen. Beschlossen wurde, zur Gewinnung der Heimarbeiterinnen der Tabakindustrie eine umfangreiche, systematisch betriebene Hausagitation zu entfalten. Auf Veranlassung der Generalfommission sprach Genossin Kähler in Eisenberg i. Th. über„ Hungerlöhne und theures Brot", ein Thema, das für den Ort besonders passend ist. Beträgt doch dort der Tagelohn der Männer 1 Mt. 80 Pf., derjenige der Frauen 1 Mt. 20 Pf. Das Thema hatte es denn auch Denen angethan, die ein Recht darauf zu haben glauben, ihre Nebenmenschen auszunutzen. Folgende Anfrage erschien in der Tagespresse:
M
Wer zahlt hier Hungerlöhne, wie hoch sind dieselben und was ist dafür zu leisten?
U. A. w. g.
Die Referentin blieb die Antwort auf diese Anfrage nicht schuldig, und ihre Ausführungen fanden nur Zustimmung, keinen Widerspruch. Viele der Anwesenden traten ihrer gewerkschaftlichen Organisation bei. Das Gleiche war in der gut besuchten Versammlung zu Meuselwit der Fall, wo Genossin Kähler über„ Die moderne Sklaverei" W. K. sprach.
Am 6. Oktober erstattete Genossin Kähler in Markersdorf bei Chemnitz Bericht über den Parteitag und die Frauenkonferenz zu München . Die zahlreich erschienenen Frauen lauschten mit wahrer Andacht den Ausführungen. Am 7. Ottober sollte Genossin Kähler in Chemniz Bericht von beiden Tagungen erstatten. In Folge ihrer plöglichen Erkrankung mußte jedoch an ihrer Stelle Genosse Krause die Berichterstattung übernehmen. In beiden Orten erklärten sich die Genossinnen mit den Beschlüssen der Konferenz einverstanden und gelobten, mit aller Energie für ihre Durchführung und für die Ausbreitung der sozialistischen Idee unter den proleW. K. tarischen Frauen zu wirken.
Gegen den Fleischwucher wurde in einer glänzend besuchten Frauenversammlung zu Posen, in der Genosse Gogowski referirte, scharfer Protest erhoben. Die Versammlung beschäftigte sich zugleich mit der Frauenkonferenz in München und erklärte im Sinne ihrer Beschlüsse wirten zu wollen. Protestversammlungen gegen die Fleischnoth fanden unter Anderem noch statt in Wilmersdorf , wo Genossin Ihrer referirte, und in Cannstatt , wo Genossin Bettin sprach. Auch in diesen Versammlungen gelangte eine Resolution zur Annahme, welche die Aufhebung der Grenzsperre und der Fleisch und Viehzölle forderte, sowie die Beseitigung der städtischen Fleischabgaben.
Einen Vortragszyklus über die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Arbeiterinnen haben die Berliner Genossinnen auch dieses Jahr wieder organisirt. Vortragender ist Genosse Stadthagen , bekanntlich einer der besten Kenner der Gewerbeordnung und der sozialen Gesetzgebung. Der Zutritt zu den Vorträgen, deren erster Mittwoch den 29. Oktober stattgefunden hat, ist für Jedermann frei. Die Veranstaltung verfolgt den Zweck, in weiteren Kreisen der Arbeiterinnen Kenntniß über die gesetzlichen Bestimmungen zu verbreiten und Genossinnen für die Aufgaben der Beschwerdekommissionen zu schulen. Hoffentlich folgen die Genossinnen anderer Städte dem gegebenen Beispiel.
Notizentheil.
Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen.
Der niedrige Verdienst der Arbeiterinnen in den Färbereien Geras ist geradezu himmelschreiend. Die Arbeiterinnen, die in größerer Anzahl in den betreffenden Betrieben beschäftigt werden, müssen sich mit einem Wochenlohn von 7 bis 8 Mt. begnügen und das für täglich elfstündige aufreibende Thätigkeit. Ihre Behandlung läßt obendrein viel zu wünschen übrig. Besonders scheint der Färbereibefizer Schlott mit seinen Arbeiterinnen recht„ patriarchalisch" zu verkehren. Wenn eine Arbeiterin einige Minuten nach 6 Uhr zur Arbeit kommt( die Arbeitszeit geht von früh 6 bis Abends 6 Uhr), so empfängt Herr Schlott sie mit den höflichsten Titulaturen, wie 3. B. alte H.. e, altes Schw. u. s. w. Daß derartige Ausdrücke die Arbeiterinnen tief verlegen, auf manche aber verrohend einwirken, ist selbstverständlich. Und daß eine Arbeiterin, die nur auf sich angewiesen ist, von dem erzielten Verdienst nicht existiren kann, vermag man an den Fingern nachzurechnen. Der Erwerb reicht um so weniger für den Unterhalt, als in Gera die Lebensmittelpreise und Wohnungsmiethen hinter denen der größeren Städte nicht zurückstehen. Es ist denn auch schon vorgekommen, daß sich die Arbeiterinnen der Prostitution ergaben, um sich einen Nebenverdienst zu verschaffen. Unter den Arbeiterinnen befinden sich sehr viele verheirathete Frauen. Ehe sie Morgens an die Arbeit gehen, oder wenn sie Abends nach Hause kommen, müssen sie das Essen für den folgenden Mittag kochen, das der Mann aufwärmt, wenn die Familie sich nicht mit etwas Kaltem begnügt. Man kann nach diesen Angaben ermessen, wie lang der Arbeitstag der verheiratheten Frauen und wie schwer ihre Arbeitsbürde ist. Die Kinder werden für den Tag oder auch gleich für die ganze Woche in Pflege gegeben und Abends resp. Sonntags geholt. Unter diesen Verhältnissen ist es natürlich den Eltern unmöglich, sich um die Entwicklung ihrer Kleinen zu fümmern. Die meisten Arbeiterinnen in den Färbereibetrieben leiden an Brust- und Lungenkrankheiten, welche durch ungenügende Ventilation und ungesunde Dämpfe erzeugt werden. Die Wenigsten von ihnen gehören leider ihrer Gewerkschaftsorganisation an. Die Unternehmer haben es deshalb um so leichter, die traurige Lage der Arbeiterinnen noch durch allerhand Strafen zu verschlechtern. Hervorgehoben sei noch, daß in Folge der Konkurrenz der billigen weiblichen Arbeitskräfte auch die Löhne der männlichen Färbereiarbeiter recht jämmerliche sind. Die Erkenntniß von dem Elend ihrer Lage sollte die Arbeiterinnen der Färbereien veranlassen, sich der Gewerkschaft anzuschließen, um mit ihrer Hilfe bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu erkämpfen. Erst wenn ihnen die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit des gewerkschaftlichen Zusammenschlusses und des politischen Kampfes aufgegangen ist und sich in Thaten umsetzt, werden Sonnenstrahlen in ihr trauriges Dasein fallen. Darum: Hinein in die gewerkschaftliche Organisation, hinein in den politischen Streit. F. Chr., Gera Zwöhen.
Soziale Gesetzgebung.
Die Kommission für die Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, hat ihre Arbeiten begonnen. Dieselben wurden recht verheißungsvoll, aber äußerst kennzeichnend durch den Versuch der Konservativen eingeleitet, die Berathung auf unbestimmte Zeit zu verschleppen. Und die Thatsache verdient tiefer gehängt zu werden- der freisinnige Reftor 3 wick wie die Nationalliberalen befürworteten den schmachvollen Antrag, der schließlich mit Stimmengleichheit abgelehnt wurde. Man weiß, welch' kostbare Zeit die Regierung verstreichen ließ, ehe sie sich zu einem Einschreiten gegen den Moloch der Kinderausbeutung durch gewerbliche Arbeit entschloß. Man weiß, welch sozialreformerisches Pfuschwerk der Entwurf ist, durch den sie dieser Schmach unserer Tage steuern will, und welch' ernster Arbeit es bedarf, wenn daraus in der Kommission etwas Tüchtiges geschaffen werden soll. Die Haltung des reaktionären Kleeblatts ist deshalb um so schändlicher. Hoffent lich werden die proletarischen Frauen das Ihrige dazu thun, daß bei den nächsten Wahlen das richtige Urtheil über dieses Möchtegern- Attentat gegen die proletarischen Kinder gesprochen wird.
Vereinsrecht der Frauen.
Das Vereins: und Versammlungsrecht der Frauen stand kürzlich wieder einmal im Mittelpunkt der Reichstagsverhandlungen. Anlaß dazu gab eine Reihe Petitionen von frauenrechtlerischen Organisationen, darunter diejenige des Bundes deutscher Frauen