fungen gegen uns gearbeitet ward, trotzdem drei Parteien sich gegen uns verschworen, trotzdem die Parole ausgegeben:„ Der Gesellschaft muß der Weg abgeschnitten werden."
L. Z.
Zu den Stichwahlen sprach Genossin Zetkin in Uhlbach , einem Weinbauort in der Nähe des Neckarthals, und in Bocken heim bei Frankfurt a. M. In der gut besuchten Versammlung des erstgenannten Ortes wendeten sich zwei Gegner wider die Ausführungen der Referentin, zumal den Militarismus betreffend, ohne denselben jedoch Tatsächliches entgegenstellen zu können. In der überfüllten Versammlung zu Bockenheim forderte in Anschluß an den Vortrag Genossin Pense die anwesenden Frauen in zündenden Worten auf, fleißig und treu für den Sieg der Sozialdemokratie zu arbeiten und vor allem ihren Einfluß als Mütter aufzubieten, daß die sozialistischen Ideen in dem heranwachsenden Geschlecht feste Wurzeln schlagen und herrliche Früchte bringen.
Die Mitarbeit der Hamburger Genossinnen im Wahlkampf. Die Betätigung der Hamburger Genossinnen in der letzten Wahlkampagne wurde Ende April durch Frauenversammlungen eingeleitet, welche Genossin Fahrenwald, als Vertrauensperson des dritten Hamburger Wahlkreises, in den einzelnen Distrikten einberief, und in denen sie über das Thema sprach:„ Die Reichstagswahl und die Frauen." Diese Versammlungen waren sämtlich sehr gut besucht, führten dem Wahlverein zahlreiche weibliche Mitglieder zu und gewannen dem„ Echo" wie der„ Gleichheit" eine gute Zahl neuer Abonnenten. Den anwesenden Frauen ward in Anschluß an das gehaltene Referat dringend ans Herz gelegt, den Wahlversamm lungen beizuwohnen, für ihren Besuch zu agitieren, der Sozialdemo tratie Stimmen und Anhänger zu werben und am Tage der Wahl sich neben die Männer in den Dienst der Partei zu stellen, damit der Sieg der Arbeitersache ein glänzender werde. Nach der Erledigung dieser nötigen Vorarbeit, um das Interesse größerer Frauenkreise für die Wahlen zu erwecken, sahen die Genossinnen von einer weiteren besonderen Agitation ab. Sie besuchten in allen drei Wahlkreisen fleißig die allgemeinen öffentlichen Versammlungen und verteilten Broschüren, welche die Frauen aufklärten. So vor allem eine speziell für diese bestimmte kleine Schrift und die Antwort auf die Bürgersche Sudelei. Viele Tausende mehr an Broschüren wären notwendig gewesen, um jedes Verlangen darnach befriedigen zu können. Die Genossinnen forderten in den Versammlungen die Frauen auf, tüchtig mitzuarbeiten und dadurch zu beweisen, daß auch sie, die am meisten Entrechteten, ihre Lage begriffen haben und ihre Kraft für die Partei einsetzen, die allein ehrlich und energisch für Reformen und Rechte zu gunsten der Proletarierinnen, für ihre volle Befreiung kämpft. Diese Aufforderungen sind nicht erfolglos verhallt. Die Hamburger Genossinnen haben am Wahltag tüchtig mitgearbeitet, und zwar mit einem Eifer, einer Freude, daß man überzeugt sein kann: nicht ein hellflackerndes, bald verlöschendes Strohfeuer ist es, das in den Herzen glüht, nein, die stark, aber stetig brennende Flamme einer festen, klaren Erkenntnis. Die Frauen, welche ihre Kraft in den Dienst der Sozialdemokratie stellten, suchten nicht Kurzweil für müßige Stunden, sie nahmen vermehrte Arbeitslasten auf sich, um ihre Interessen, die Interessen aller Arbeitenden und Ausgebeuteten gegen das Kapital, um den Fortschritt gegen die Reaktion zu verteidigen, um als Mütter für die bessere Zukunft ihrer Kinder zu kämpfen. In allen drei Hamburger Wahlfreisen haben die Genossinnen die Genossen unterstützt. Sie halfen beim Flugblätter- und Stimmzettelverteilen, sie arbeiteten in den Wahlbureaus mit, sie nahmen nachmittags an der Hausagitation teil, und einzelne von ihnen gingen bis zu fünfmal in eine Wohnung, um einen säumigen Wähler zur Urne zu holen. Gelang es ihnen endlich, den Flauen und Trägen zur Stimmabgabe zu bringen, so herrschte natürlich großer Jubel. In Uhlenhorst trug eine Genossin stundenlang die schwere Standarte mit der Aufschrift:„ Wählt den Sozialdemokraten Friedrich Wilhelm Metzger" durch die Straßen. Eine zweite Genossin, ein junges Mädchen, tat das gleiche und erwarb dadurch von den Maurern den Namen„ die Freiheitsgöttin." Wir glauben, daß die Hamburger Genoffinnen mit ihrer Wahlarbeit hinter der Tätigkeit der Genossinnen in Berlin und anderwärts nicht zurückgeblieben sind. Verzeichnet sei, daß sie dafür von seiten dickbäuchiger " gutgesinnter" Wähler gar manchen Hohn und manche Beleidigung einstecken mußten, daß sie aber auch mancherlei Heiteres erlebten. Im Distrikt Hamm geriet ein Wähler in hochkomische, kaum zu beruhigende Aufregung über die verkert Tüd, wo die Fruhnlüt wähln". Als die Wahlschlacht geschlagen, gingen die Genossinnen, die von früh an auf den Beinen waren, nicht etwa zur Ruhe nach Hause. Sie strömten den Lokalen zu, in denen die Wahlresultate bekannt gegeben wurden, und die so überfüllt waren, daß Tausende keinen Platz finden konnten. Hoch schlugen hier die Wogen der Begeisterung, und die Frauen waren wahrhaftig nicht die wenigst Begeisterten. In den Pausen zwischen der Bekanntgabe der Wahlresultate kam auch der Scherz zu
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seinem Rechte. Als anwesende Nationalsoziale die Köpfe hängen ließen, daß die Hamburger Wähler so gar kein Verständnis für die Utopie des sozialen Kaisertums zeigten, trösteten Genossinnen die Herren damit, daß im 172. Wahlbezirk Pfarrer Naumann einstimmig gewählt worden sei. Hocherfreut erkundigten die Nationalsozialen sich nach der Zahl der Wähler. Die Antwort lautete: 644, und einer davon hat für Naumann gestimmt. Zur Strafe für ihren harmlosen Scherz durften die Genossinnen die Herren von rückwärts bewundern. Bei den Stichwahlen in Harburg und Lauenburg haben eine Anzahl Ham burger Genossinnen ebenfalls sehr wacker mitgeholfen. Die Hamburger Genossinnen wissen, daß der Sieg der Sozialdemokratie am Wahltag auch den Frauen des Proletariats zu gute kommt, sie dürfen aber auch erklären, daß dieser Sieg mit die Frucht ihres Wirkens ist, daß sie das Ihrige gethan haben, um ihn herbeiführen zu helfen. Diese erhebende Überzeugung wird sie nicht lässig machen, sondern vielmehr anspornen, mit aller Energie weiterzuarbeiten, damit die Sozialdemokratie 1908 nicht weniger als vier Millionen Wähler und hundert Abgeordnete zählt. Vorwärts zur Arbeit! A. F.
Die politische Betätigung einer Genoffin mit Stockprügel auf den Magen bestraft. Die Vertrauensperson der Magde burger Genossinnen, Genossin Pannicke, ist nach der„ Volksstimme" gemaßregelt worden. Sie arbeitete in der Schuhfabrik von Schneider, deren Inhaber ein Schwager des durchgefallenen Kartellkandidaten Arendt ist. Wie die Dinge liegen, drängt sich die Vermutung auf, daß die Entlassung aus Ärger über den sozialdemo fratischen Sieg erfolgte, zu dem auch die Genossinnen von Magdeburg das Ihrige beizutragen bemüht waren. Genossin Bannicke war seit vier Monaten in der Fabrik tätig, ohne daß an ihren Leistungen etwas getadelt worden wäre. Nun hieß es auf einmal, sie sei nicht fleißig genug. Dieser Vorwurf erscheint als unbegründet angesichts der Tatsache, daß unsere Genossin trotz der niedrigen Löhne bei Affordarbeit wöchentlich 12 bis 14 Mark verdiente. Es versteht sich, daß die Magdeburger Genossinnen sich durch die Maßregelung nicht von der Verfolgung ihrer Ziele zurückschrecken lassen. Umgekehrt, sie ziehen aus ihr die Lehre, erst recht fest zusammenzuhalten, um erfolgreich trotz der Unternehmerwillkür kämpfen zu können.
Notizenteil.
Vereinsrecht der Frauen.
Das Vereins- und Versammlungsrecht der Frauen in Preußen betreffend, ist die von Genossen Stadthagen aufgeworfene Frage, die an anderer Stelle ausführlich behandelt ist, vor der dritten Strafkammer des Landgerichts I zu Berlin vorläufig entschieden worden. Und zwar zu ungunsten des Rechtes der Frauen. Genosse Stadthagen wurde wegen Vergehens gegen§ 110 des Strafgesetzbuchs, Aufforderung zum Ungehorsam gegen ein rechtsgültiges Gesetz, zu vierzehn Tagen Gefängnis verurteilt; Genosse Leid, der sich als Redakteur des„ Vorwärts" durch Veröffentlichung der entsprechenden Stadthagenschen Ausführungen schuldig gemacht haben sollte, wurde dagegen freigesprochen. Der Staatsanwalt hatte gegen ihn eine Woche Gefängnis beantragt. Der Gerichtshof fällte sein Urteil auf Grund der Anffassung, daß der Richter nicht nachzuprüfen habe, ob§ 8 des preußischen Vereinsgesetzes rechtsgültig sei oder nicht. Entscheidend sei nur, ob ein rechtsgültig verkündetes Gesetz vorliegt, und das sei der Fall. Nach der Ansicht des Gerichtsh fes sete sich außerdem § 8 des Vereinsgesetzes nicht in Gegensatz zu der Verfassung. Stadt hagen habe sich deshalb gegen§ 110 des Strafgesetzbuchs vergangen. Strafverschärfend seien die Vorstrafen des Angeklagten, andererseits sei berücksichtigt worden, daß der Beweggrund seines ungesetzlichen Handelns gewesen, eine Rechtsfrage zum Austrag zu bringen, und daß die Ungesetzlichkeit, zu der er aufgefordert, nur mit einer geringen Strafe bedroht ist. Was den Angeklagten Leid anbelangte, so nahm der Gerichtshof nicht an, daß er zum Ungehorsam gegen das Gesetz auffordern wollte, wenn auch der Verdacht nicht abzuweisen sei, daß er entsprechend der Tendenz des Vorwärts" im Sinne Stadthagens auf die Frauen zu wirken gedachte. Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden. Der Raummangel zwingt uns, eine eingehendere Wiedergabe der wichtigen Verhandlung bis zur nächsten Nummer zu rückzustellen.
Frauenbewegung.