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Nr. 1

Die Gleichheit

15

exe Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen esa

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Die Gleichheit" erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Poſt vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jahres- Abonnement 2,60 Mark.

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Juhalts- Verzeichnis.

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Einladung zum Abonnement. Das Banner hoch! Von August Bebel  . Die Handelsverträge und die Frauen. Von Luise Zietz  . Vom Wert. I. Von Julian Borchardt  . Aus der Be­wegung: Von der Agitation.- Die Beteiligung der Genoffinnen am Parteitag der Sozialdemokratie in Preußen. Ein Fest der Brüderlichkeit. Bon O. B. Wie die Polizei des Ruhrreviers die proletarische Frauenagitation fördert. Von Hedwig Kiesel. Feuilleton: Das Lied vom Falken. Von Maxim Gorki  . Martha. Von Ada Negri.  ( Gedicht.) Notizenteil: Frauenarbeit auf dem Gebiet der Industrie, des Handels und Verkehrswesens. Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen. -Soziale Gesetzgebung.- Gewerkschaftliche Arbeiterinnenorgani­sation. Frauenstimmrecht. Frauenbewegung.

Einladung zum Abonnement.

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Die Gleichheit", das Organ der deutschen   Genos­sinnen, ist mit dem 1. Januar 1905 in den 15. Jahr­gang ihres Erscheinens und in einen neuen Abschnitt ihres Wirkens eingetreten.

Stuttgart   den 11. Januar 1905

Das Banner hoch!

lich der Erfolg.

15. Jahrgang

NTRALSTELL

VOLKSVEREINS FÜR DAS KATH. DEUTSCHLAND

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GLADBACH

Zuschriften an die Redaktion der Gleichheit" sind zu richten an Frau Klara Zetkin  ( 3undel), Wilhelmshöhe  , Post Degerloch bei Stuttgart  . Die Expedition befindet sich in Stuttgart  , Furtbach- Straße 12.

Und abermals soll ein weiterer Schritt nach vorwärts getan werden. Hat die Gleichheit" bisher überwiegend Mit dem neuen Jahre hat die Gleichheit" ein neues, die Stellung der Frau als Arbeiterin und fast vollkommen größeres Gewand angezogen und ihren Inhalt erweitert. rechtlose Staatsbürgerin im Auge gehabt und danach Wie nicht zu zweifeln ist, wird diese neue Gestalt ihr ihre Tätigkeit bemessen, so will sie fünftig auch die auch neue Leser und neue Anhänger zuführen. Lange Stellung der Proletarierin als Mutter und Hausfrau Jahre hatte sie schwer um ihre Existenz zu kämpfen. Die ins Auge fassen und ihr hier mit Belehrung und Unter­Zahl ihrer Leser war im Vergleich zu dem ungeheuren weisung zur Seite stehen. Indem sie sich der Aufgabe Heer der proletarischen Frauen, die in ihr ihre Stimm- widmet, die proletarische Frau zu unterrichten, wie sie führerin und Vorfämpferin erblicken sollen, sehr gering. am besten mit ihren schwachen materiellen Mitteln ihre Aber dem Mute, der Ausdauer und dem unermüdlichen Häuslichkeit sich, dem Manne und ihren Kindern nach Fleiße, mit welchen Redaktion und Mitarbeiter das an- Möglichkeit angenehm, behaglich und nützlich gestalten fangs so steril scheinende Feld bearbeiteten, winkte schließ- und ein Heim schaffen kann, in dem Mann und Frau gemeinsam arbeiten für das eigene und das allgemeine Daß dem so war, darf nicht verwundern. Von allen Wohl, will sie im weiteren der Erziehung der Kinder Schichten der bürgerlichen Gesellschaft war die der prole- ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden und hier eben­tarischen Frau die niederste, gering geschätzteste, ja ver- falls die Proletarierin lehren, wie sie diese am besten zu achtetste. Der proletarische Mann, den lange Zeit ein tüchtigen Menschen, zu tapferen, charakterfesten Kämpfern gleiches Los traf, hatte es verstanden, sich frühzeitiger der Zukunft heranbilden kann. eine geachtete Stellung zu erwerben. Dafür war er Mann, Diese neuen Aufgaben sind nicht weniger wertvoll als Wie in den vergangenen Jahren, so wird die Zeit- das heißt nach den herrschenden Begriffen der eigentliche diejenigen, denen sie bisher sich widmete. Es ist kein schrift auch fürderhin die treue Beraterin der Prole- Mensch, dessen kategorische Forderungen auf Menschen- leeres Wort, daß auf der Jugend die Zukunft ruht. tarierinnen für ihre Beteiligung am Befreiungskampf und Staatsbürgerrecht man schließlich nicht ganz unbe- Aber nur tüchtige, charaktervolle Mütter, die ihre Zeit ihrer Klasse sein. Sie wird wie seither mit aller achtet lassen konnte. Seine Zahl war zu groß und ge- verstehen, können entsprechend ihre Kinder erziehen, und Energie und Schärfe kämpfen für die volle soziale fährlich. Erst als man seine Macht erkannte, kümmerte nur eine im Bewußtsein ihrer Menschenrechte und Befreiung der proletarischen Frauenwelt, wie man sich um ihn, und seitdem er das Stimmrecht besitzt, Menschenpflichten heranwachsende Jugend wird in Helden­sie einzig und allein möglich ist in einer sozia- umschmeichelt man ihn sogar. Man hofft, ihn durch gute haufen die Kämpfer liefern, die den großen Befreiungs­listischen Gesellschaft. Denn nur in einer solchen Worte zu bändigen und von den für die herrschende kampf der leidenden Menschheit schlagen. Das weiß niemand besser als unsere herrschenden verschwindet mit den jetzt herrschenden Eigentums- und Gesellschaft gefährlichen Forderungen abhalten zu können. Anders mit der Proletarierin. Von allen menschlichen Klassen und ihre Interessenvertreter in der Staatsgewalt. Wirtschaftsverhältnissen die Ursache jeder gesellschaft- Wesen ist sie das unterdrückteste, rechtloseste. Noch weniger Darum ihr Streben, die Schule zu der großen Zucht­lichen Unterdrückung und Unfreiheit: die wirtschaftliche als der proletarische Mann erzogen, von allen Quellen anstalt zu machen, die ihnen die Herrschaft auch zu­Abhängigkeit eines Menschen von einem anderen Men- des Lichtes und der Belehrung systematisch ferngehalten, fünftig garantiert. Daher ihr Streben, besonders den schen; denn nur in einer solchen verschwindet mit den im Glauben an die Pflicht schweigenden Gehorsams, Geist der Frau und ihrer Kinder mit Hilfe der großen jetzt herrschenden Eigentums- und Wirtschaftsverhält- blinder Unterwürfigkeit und einer Arbeitsleistung ohne Bevormundungsanstalt, der Kirche, zur Unterwürfigkeit, nissen der Gegensatz zwischen Besitzenden und Nicht- Ruhe und ohne Ende groß geworden, wurde sie das Pack zur Demut, zur Entsagung und zum willigen Gehorsam besitzenden, der soziale Gegensatz zwischen Mann und und Lafttier der Gesellschaft, das mehr als das christliche Frau, zwischen Kopfarbeit und Handarbeit. Die Auf­hebung dieser Gegensätze kann jedoch nur erfolgen durch den Klassenkampf: die Befreiung des Proletariats fann nur das Werk des Proletariats selbst sein. Will die proletarische Frau frei werden, so muß sie Doch die bürgerliche Gesellschaft schafft wider ihren sich der allgemeinen sozialistischen   Arbeiterbewegung willen die Bedingungen, die es ermöglichten, auch an anschließen. Und nur ihr, keineswegs aber der bürger- die Proletarierin heranzukommen und sie für den großen lichen Frauenrechtelei, die zwar zugunsten des weib- Befreiungskampf der Menschheit von Unterdrückung und lichen Geschlechtes innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft Ausbeutung in jeglicher Gestalt zu gewinnen. Wie der Die neuen Aufgaben, die sich die Gleichheit" gestellt, reformieren will, aber grundsäglich eine Revolution proletarische Mann durch die modernen Bagnos, die verdienen also unser aller energischste Unterstützung. Ver­der Gesellschaft zugunsten der ausgebeuteten Klasse Fabriken, in Kompagnien, Bataillone und ganze Regi- breiten wir sie von Haus zu Haus, von Familie zu zurückweist. Die proletarischen Frauen zum Klassen- menter, ja in den großen Riesenbetrieben zu Brigaden, Familie. Propagieren wir ihre Verbreitung in Werk­kampf zu rufen und für den Klassenkampf zu schulen, Divisionen und ganze Armeekorps vereinigt und dis- statt und Fabrik, im Bauernhaus und in der Stube des das wird wie bisher so in Zukunft die vornehmste Auf- zipliniert wurde, was sein Klassenbewußtsein schuf und armen Heimarbeiters. Haben wir die nötige Zahl der das wird wie bisher so in Zukunft die vornehmste Auf- ihn seine gesellschaftliche Macht erkennen ließ, so auch Kämpfer, Männer und. Frauen, in einem gewaltigen gabe der Gleichheit" bleiben. Ihrem alten Programm die Broletarierin. Millionenweise in den modernen Bro- Bund vereinigt, dann ist unser die Welt, allen unseren getreu wird sie auch im kommenden Jahre werben duktionsprozeß gerissen, um dort als billiges und williges Feinden zum Troy! für den Streit, wo ,, ein Hüben und Drüben nur gilt". Arbeitsmittel zugunsten seiner Herren benutzt zu werden, Daneben will jedoch die Gleichheit" von nun ab dämmert auch in ihr das Licht der Erkenntnis, fühlt noch weitere Aufgaben erfüllen. Ihr Umfang wird auch sie sich als Teil eines großen Ganzen, erlangt auch fast verdoppelt werden. Jede Nummer erhält eine sie allmählich das Bewußtsein ihrer Bedeutung und ihrer Beilage, welche, abwechselnd in der Reihe des Er- Menschenwürde, beginnt auch sie Vergleiche zu ziehen scheinens, der allgemeinen Bildung der prole- zwischen dem, was ist, und dem, was sein könnte. tarischen Frau, ihrer besseren Ausrüstung für die Pflichten als Mutter und Hausfrau ge- der geeignete Nährboden für die Befreier- und Er­widmet ist und Kinderlektüre bringt, welche in Löferinnen, die sich ihr nahen, um ihr das Evangelium dem heranwachsenden proletarischen Geschlecht soziali- märchenhaften Jenseits, sondern im realen Diesseits, in einer neuen wahren Menschwerdung nicht in einem bleiben muß. stisches Fühlen und Denken fördern soll. Wir hoffen, dieser schönen Welt zu verkünden, in der Rosen und daß das Blatt in seiner neuen Ausgestaltung die alten Myrrhen, Schönheit und Luft für alle im Überfluß vor Sympathien erhält und neue Freunde erwirbt. handen sind, wenn erst die ungeheure Zahl derer, die Verlag und Redaktion werden tun, was in ihren heute in Not und Sorge dahinlebt, ernsthaft von ihrer Kräften steht, damit die Gleichheit" ihren Aufgaben Kraft und Einsicht den rechten Gebrauch macht. gerecht wird. Ihr Preis bleibt trotz der Ver- Daß die Frauen im allgemeinen und die Proletaries größerung und neuen Ausgestaltung der alte. rinnen im besonderen zu dieser Erkenntnis kommen, ist Sie kostet vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig. neben dem Erwachen des Proletariers der größte Fort  - im Reichstag der Kampf tobte um den Zolltarif mit seinen Probe- und Agitationsnummern werden jeder- schritt, den je die Menschheit erlebte. Und die rasche des Parlamentes sich des Bruches der Geschäftsordnung und zeit gratis abgegeben. Eine recht weite Verbreitung Ausbreitung, die das einzige Organ der proletarischen der Verfassung schuldig machte, um den Wuchertarif durch­Frauen Deutschlands, die Gleichheit", in den letzten zubringen: da waren es die sozialdemokratischen Abgeordneten, der Gleichheit" hofft Jahren erfahren hat, spricht dafür, daß die proletarische die den ob ihres Pyrrhussieges trunkenen Zollräubern zu­riefen: Hütet euch! Der Kampf ist für heute zwar beendet,

gegen alle Autoritäten, wirkliche und eingebildete, zu Lamm aller anderen Sünden zu tragen hatte und noch trägt. dressieren. Daher das immer wiederkehrende und hart­Hier agitatorisch und erzieherisch einzugreifen ist eine näckig verfolgte Bestreben, namentlich die Frau in dem eminente Kulturaufgabe. Aber das hat seine ganz be- Banne des Vorurteils, der Unwissenheit, der blinden sonderen Schwierigkeiten. denn das erfordert ein hohes Gläubigkeit zu erhalten, damit sie, mit diesen Eigenschaften Maß von Geschick und Geduld. ausgestattet, auch die Kinder in derselben Geistes­verfassung erhält, die sie zu Sklaven der weltlichen und geistlichen Gewalt macht und die Knechtschaft der großen Herde unter einer kleinen Zahl im Überfluß und im Wohlsein lebender Hirten verewigt.

A. Bebel.

Die Handelsverträge und die Frauen.

Von Luise Zieg.

Wird es dem Spießer gruseln, wenn er liest, daß die Einmal in dieser Stimmung, findet sich auch bei ihr Frauen sich gar um die Handelsverträge kümmern! Handels­politik, wie Politik überhaupt ist eine Sache, die nach seiner Meinung für die Frau ein Kräutlein Rührmichnichtan"

Die Redaktion und der Verlag. Frauenbewegung erfreulich marschiert.

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Wir dagegen wollen in nachfolgendem zeigen, daß die Frau nicht nur als Staatsbürgerin auf das lebhafteſte sondern daß sie auch als Arbeiterin, ja daß sie, selbst wenn interessiert ist an der Gestaltung der neuen Handelsverträge, sie über den engen Rahmen der Familie nicht hinauskäme, als Hausfrau und Mutter alle Ursache hat, das größte Interesse der Frage entgegenzubringen:" Wie werden sich die neuen Handelsverträge gestalten?"

Als in den denkwürdigen Dezembertagen des Jahres 1902