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Ein Traum im Wachen.
Eine Phantasie.
Die Gleichheit
Blicke dorthin..., der Feuersbrunst zu, über das Schick
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Nr. 10
Aber wer ist sie denn? sal dieser unruhigen Leute nachdenkend. Die Häuser„ Die Freiheit!" schallt es Antwort aus der Brust haben sich an ihre Bewohner gewöhnt; sie kennen alle vieler Tausende. Mit uns, Soldaten! Wir kämpfen Aus dem russischen ,, Sozialdemokrat" Nr. 5 übersetzt von T. B. Phasen ihres schweren, freudlosen Lebens. Ihre drückende gegen den Tyrannen, wir wollen unserem gequälten, geDen Gefallenen der Januartage gewidmet. Arbeit, ihr Elend und ihre Entbehrungen, ohne einen marterten Lande den Frieden bringen. Die Freiheit Wie von einem Schlage getroffen, wachte ich auf.. Freudenstrahl. Von Zeit zu Zeit eine scharfe Krisis: führt euch zu eurem verlassenen Acker zurück!" Ich fuhr zusammen und öffnete weit die Augen.... Arbeitslosigkeit, Streit. Die sich stets anhäufende dumpfe Mit uns also, rächen wir unsere in Port Arthur Um mich herum herrscht die frühere Grabesstille. Ich Unzufriedenheit, die immer öfter sich erneuernden Aus- gefallenen Brüder! horche gespannt, aber kein Laut dringt aus der Außen- brüche des Hasses gegen den allgemeinen Druck. Ein Port Arthur! Wie ein Funke zündet dieses Wort in welt an mein Ohr. Nur mein Herz pocht so eigentüm- tausendfacher Fluch steigt zu den weit entfernten Fabrik den Herzen aller Soldaten. Wieviel Haß, welch einen lich unruhig.... St!... Wieder ertönt der gleiche Laut, schloten empor, auf deren Mauern jetzt der Schein der Rachedurft hatten sie aus den weiten Gefilden der der erst jetzt begriff ich es mich vorhin aufgeweckt unheilvollen, schrecklichen Feuersbrunst zitternd fällt.... Mandschurei gegen die brutale, sinnlose Macht zurückhatte. Ein starker, unheilkündender Kanonenschuß. Aber heute ist es anders. Heute ist in jedermanns gebracht, die sie dorthin geschickt. Wieviel Leiden und Eine Überschwemmung! Wie ein Blitz kam mir dieser Munde nur das eine Wort, welches man früher nur in Rummer, welche ungeheure Erniedrigung des SelbstGedanke. Aber, sonderbar! die Newa ist doch jetzt ge- den dumpfigen, verschlossenen, armseligen Stübchen aus- bewußtseins, wieviel bittere, unversiegbare Tränen sind froren! Schnell! Ich muß wissen, was vorgefallen ist. zusprechen und zu hören wagte. Heute rufen alle laut mit dem Namen verbunden. Und jetzt zwingt sie die Aber warum rege ich mich denn so auf? Warum schlägt und freudig das gewaltige Wort hinaus„ Revo- nämliche sinnlose, brutale, blutgierige, grausame Gewalt mein Herz so unruhig, warum zittern meine Hände? lution!" - das Selbstherrschertum- zu neuem Morde. Jm eigenen Da, wieder ein Schuß.... Noch einer! Und schon wieder Ich bleibe einen Augenblick vor den grauen Ungeheuern Heimatlande sollen sie wieder Menschen töten, die ste einer.... Mit welch eigentümlicher Unruhe diese Laute stehen. Ich will von ihnen noch einmal dieses Wort Brüder nennen! Was tun? Wo ist die Wahrheit? die Luft erfüllen, gleichsam als riefen sie, drängten sie hören; ich will sie fragen, ob es auch wahr sei. Die Soldaten blicken zu ihrem Offizier auf; er scheint zur Eile.... Schnell, schnell!" ,, Dies ist doch nicht Ihre grauen Mauern mit den düsteren Fenstern ant- wie geistesabwesend, als sei er weit, weit von hier. We die erste überschwemmung, die du erlebst", dachte ich vor ist die Wahrheit? Diese Frage martert auch sein Gehirn. mich hin, ärgerlich über die eigene Unruhe und Haft. Wo das Recht? Noch ein Augenblick, und ich bin fertig. Ich gehe auf die Straße. Was ist denn das? Durch das Fenster dringt aus der Ferne ein rötlicher Schimmer in mein Zimmer. Ist denn schon Tag? Wie lange habe ich geschlafen? Was ist gestern geschehen? Unklare, verwirrte Erinnerungen an den gestrigen Tag tauchen in mir auf....
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worten mir feierlich stumm:-" Ja!"
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Ich sehe mich um. Alles leer. Nirgends auch nur eine lebende Seele. Ich bin allein. Aber ich werde auch Auf Seite derjenigen, die ihn hierher schickten, den Volks allein den Weg dorthin finden, wo der Herd der roten aufstand im Blute zu ertränken, und die Stützen des Feuersbrunst ist! Der heimatliche Piter* ist mir gut despotischen Joches sind? Oder ist das Recht bei diesen bekannt, wenn es nur nicht zu spät wird! Schwer atmend Leuten da, die sich stolz und kühn dem Feind entgegenwerfen, eile ich durch die schmalen, dunklen Straßen; die Ent- die mit mutiger Bruft sich dem Drucke der rohen, harten fernung faum bemerkend, laufe ich an den düsteren Gewalt entgegenstemmen? Mich und meine Soldaten Fabriken mit den hoch emporragenden Schornsteinen jagten die Knechtschaft, die Willkür hierher... und jene Ich war gestern sehr spät nach Hause gekommen. In vorbei. Und nun bin ich auch nicht mehr allein. dort, sie führt die Freiheit und die Wahrheit, so steht es den Ohren flangen mir noch einzelne abgerissene Säße Einzelne Gestalten holen mich bald ein, bald überholen flammend auf dem roten Banner...." Genossen, ich der gehörten Reden. Es war viel und heiß über die sie mich. Wir sprechen nicht, wir wechseln nur stumme gehe mit euch!" ruft der Offizier und drückt uns die Hand. schweren Leiden des fernen Heimatlandes gesprochen Blicke miteinander. Auch du eilst dorthin?" fragt Es lebe die Freiheit! braust es gewaltig zur Antwort. worden. Während der Reden und Erzählungen war mich der Blick des einen. Ich antworte stumm:" Ja!", Wir haben gewonnen! Soldaten- Bürger stehen statt der vor meinem Geiste das Bild der rauhen, falten Stadt und wir eilen weiter, immer weiter. Jetzt sind unserer Soldaten- Automaten vor uns, wir haben gewonnen! aufgetaucht, mit den grauen Mauern ihrer Häuser, mit schon viele, die da laufen.„ Halt, Genossin," ruft mich Es lebe die Freiheit! den fahlen, fast gleichgültigen Gesichtern ihrer Bewohner. jemand an, du hast keine Waffe; hier, nimm dies da!" Jetzt schnell dorthin, wo das Blut unserer Brüder Wieviel heitere Jugenderinnerungen, wieviel Bitternis Und er reicht mir einen alten schweren Revolver. Du fließt... Unserer sind viele! und Haß waren mit dieser Stadt verknüpft. Diese Er- wirst ihn gar bald gebrauchen müssen, uns fommen Es lebe die Freiheit! innerungen bemächtigten sich meiner, und ich durchlebte Infanterie und Kosaken entgegen." im Geiste nochmals meine Studienjahre, empfand noch mals mein erstes, heftiges, brennendes Verlangen nach Kampf; die ersten Ausbrüche des unendlichen Hasses ,, nein, beruhige dich, mit Bajonetten und Kugeln gegen den herzlosen, mächtigen und ungeheuren Feind.... kommen sie jetzt!" In diesem Augenblick fühlte ich eine leidenschaftliche Die Menge schwillt immer mehr an, wie der Fluß Sehnsucht, die ferne Heimat bald wieder zu sehen, in bei einer überschwemmung. Aus den Seitenstraßen ihrem heiß brodelnden Leben unterzugehen. Dort auf strömen immer neue Scharen fühner, tapferer und beihren weiten Ebenen leuchtete die Feuersbrunst des un- waffneter Menschen. Mein Nachbar ist in der Menge A.: Nein, nein, mehr Mönche als Soldaten." sinnigen Krieges. Das Volk stöhnte unter dem Drucke verschwunden, aber um mich herum tauchen immer mehr B.:„ Erschrecken? Warum nicht ebensowohl erschrecken, der schamlosen Gewalt, und aus seinem Stöhnen flang bekannte Gesichter auf. Gestern noch waren sie alle dort, daß es weit mehr Soldaten gibt als Mönche. In dem bereits das dumpfe Grollen des aufziehenden Gewitters.... weit im fremden Lande, und heute marschieren sie alle und jenem Lande von Europa magst du recht haben. Schon fing das Volksmeer an aufzubrausen, schon be- zusammen mit dem gewaltigen lebendigen Strome der Aber in Europa überhaupt? Wenn der Landmann seine reitete es sich zum Anprall vor gegen die festen Stützen Mutigen zum Angriff auf den Feind. Wir bewegen Saaten von Schnecken und Mäusen vernichtet sieht: des despotischen Joches.... Immer mächtiger wurde uns schnell vorwärts.... Horch!... Jezt nähert sich Was ist ihm da das Schreckliche? Daß der Schnecken mein Verlangen, von hier zu fliehen nach der heimat- aus der Ferne der Schall der Tritte von mehreren hundert mehr sind als der Mäuse? Oder daß es der Schnecken lichen rauhen, falten Stadt, um Brust gegen Brust mit Füßen. Die Infanterie!" rufen viele aus unserer Mitte oder der Mäuse so viele gibt?" dem verhaßten Feinde zu ringen.... wie aus einem Munde.„ Wir sind umzingelt, wir haben feine Zeit, uns zu verschanzen."
„ Mit Nagajtas?" frage ich verächtlich. Mein Nachbar lächelt.
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Die Tritte kommen näher, immer näher.
Gespräch über Mönche und Soldaten.
Von Gotthold Ephraim Lessing .
A.: Muß man nicht erschrecken, wenn man bedenkt, daß wir mehr Mönche haben als Soldaten?" B.: Du willst sagen, daß es mehr Soldaten als Mönche gibt."
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A.:„ Das verstehe ich nicht."
B.: Weil du nicht verstehen willst. Was sind denn Soldaten?"
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A.: Soldaten sind Beschützer des Staates."
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B.: Und Mönche sind Schüßer der Kirche." A.:„ Mit eurer Kirche!"
B.: Mit eurem Staate!"
Vor Gericht.
Aber um mich herum herrschte Friede und Stille. Die mir fremden ruhigen Leute schliefen friedlich in ihren gemütlich- bescheidenen Wohnungen, zufrieden mit ihrem„ Ans Gewehr!" fällt das Kommando, und jeder von langweiligen und eintönigen Dasein; voll Furcht sahen uns spannt sorgsam zielend den Hahn. Der Feind ist schon sie auf die ihnen fremdartigen, unruhigen Elemente, als ganz nah. Aus der Windung der Straße ergießt sich in welche wir, die aus der eigenen Heimat Verbannten, geschlossenen Reihen die graue Masse der Soldaten. Ihre ihnen in ihrem ruhigen Dasein erschienen. harten Blicke sind auf uns gerichtet und in ihren Augen A.: Träumst du! Der Staat! Der Staat! Das Wie haßte ich in diesem Augenblick diese ruhigen, zu- ist die stumme Frage zu lesen:„ Wer seid ihr? Wo Glück, welches der Staat jedem einzelnen Gliede in friedenen Leute! Wie gern hätte ich in ihr selbstzufriedenes wollt ihr hin?" Aber die strenge Disziplin erlaubt diesem Leben gewährt!" Leben Empörung getragen, wie gern hätte ich es zer- ihnen nicht, diese Fragen in Worte zu kleiden.„ Halt!" B.:„ Die Seligkeit, welche die Kirche jedem Menschen ftören mögen! Ich wollte laut schreien, um ihren füßen ertönt das Kommando ihres Offiziers, eines jungen nach diesem Leben verheißt!" Schlaf zu stören. Doch alles blieb still. Nur der Schall Mannes mit reinen Zügen, welche die schmutzige Hand meiner Schritte unterbrach die Stille der schlafenden der Ausschweifung noch nicht berührt, welche der StumpfStraßen. Und in der Ferne glizerten, vom Monde be- finn des rohen Kasernenlebens noch nicht verwüstet hat. leuchtet, die stillen, friedlichen, mit ewigem Schnee bedeckten Zielt!" kommandiert er mit junger, noch unsicherer der Tod, Berge. Stimme. Auch wir zielen.... Da ist er durchblitt es die Gedanken. Bald wird es aus sein.. Soldaten Bürger!" ertönt plötzlich eine helle Mädchenstimme. Zwischen uns und den Soldaten, einen Schritt nur von den unheilvollen Flintenläufen entfernt, taucht die schlanke Gestalt eines Mädchens auf. Horch! schon wieder ruft die Ranone.... Sie hört gar In phantastischer Unordnung fallen ihr die Haare auf nicht auf zu brüllen. Und es sind nicht mehr einzelne die Schultern, in der Hand trägt sie an starkem Schaft Schüsse, die fallen, eine regelrechte Kanonade ertönt. die schwere, blutrote Fahne. Soldaten, und du, Offizier, Ja, was soll denn das bedeuten? Belagerung? Sturm? haltet ein!" sagt sie befehlend." Wir sind eure Brüder, . Ist es möglich?... Ich fürchte zu glauben, ich laßt uns gemeinsam gegen den gemeinsamen Feind fürchte auszusprechen, was in meinem Bewußtsein wie marschieren!"
.. Das war gestern gewesen. Heute aber bin ich in Petersburg , in der heimatlichen gewohnten Umgebung. Alles scheint unverändert. Und doch ist der Raum, die Luft mit etwas Unfaßbarem, Neuem, Mächtigem und Schönem erfüllt....
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ein Blitz aufleuchtet das ist die Revolution!-- Wer ist sie? Wer ist denn das?
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Von wem ich es habe, das sag' ich euch nicht, Das Kind in meinem Leib. Pfui! speit ihr aus: die Hure da! Bin doch ein ehrlich Weib.
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Mit wem ich mich traute, das sag' ich euch nicht. Mein Schatz ist lieb und gut,
Trägt er eine goldene Kett' am Hals, Trägt er einen strohernen Hut.
Soll Spott und Hohn getragen sein, Trag' ich allein den Hohn. Ich kenn' ihn wohl, er kennt mich wohl, Und Gott weiß auch davon.
Herr Pfarrer und Herr Amtmann, ihr, Ich bitte, laßt mich in Ruh!
Auf der Straße verwandelte sich der rötliche Schimmer Die Soldaten schauen in das begeisterte Gesicht der in eine blutrote Feuersbrunst. Ihr Schein spielt un- Bannerträgerin. Ihre Gewehre senken sich, die feurigen, ruhig auf den grauen Mauern der Häuser, die bis unter fühnen Worte des Mädchens bemächtigen sich ihrer Seelen die Dächer mit Armut, mit Fabrikarbeitern vollgepfropft und geben Antwort auf die Frage, die sie schmerzhaft find. Jetzt stehen diese Häuser leer, ihre Bewohner haben quält, seitdem man sie gegen den inneren Feind schickte. Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Zettin( Zundel), Wilhelmshöhe
sie verlassen, alle sind sie jetzt dort.. Und auch die Häuser mit ihren dunklen blinkenden Fenstern richten ihre düsteren
* Petersburg.
Es ist mein Kind, es bleibt mein Kind, Ihr gebt mir ja nichts dazu.
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