Nr. 2
Die Gleichheit
16. Jahrgang
eeee Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen eeDLEROVERS
Die Gleichheit" erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jahres- Abonnement 2,60 Mart.
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Jnhalts- Verzeichnis.
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Heraus mit dem Frauenwahlrecht! Esther Riskind. Von H. H. Ein Erfolg sozialdemokratischer Kritik im Kampfe gegen Arbeiterinnenelend. Von-er.- Die Konsumgenossenschaft als wirt schaftliches Erziehungsmittel. Von Simon Katzenstein .
Zuschriften an die Redaktion der„ Gleichheit" find zu richten an Frau Klara Zetkin ( 3undel), Wilhelmshöhe, Poft Degerloch bet Stuttgart . Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furtbach- Straße 12.
und Staatslebens trägt, das Recht entbehrt, wie er an will die gegnerische Tücke zu einem Werkzeug der Prellerei der Gestaltung der öffentlichen Zustände und Einrich- der Ausgebeuteten erniedrigen. Dieses Wollen kann das tungen mitzuarbeiten. Kein Recht ohne Pflicht, aber Proletariat nicht schrecken, nur anfeuern, um so nachauch keine Pflicht ohne Recht, das ist's, was wir wollen. drücklicher für das Frauenwahlrecht in die Schranken zu Heraus mit dem Frauenwahlrecht! Unsere demo- treten. Im Wettlauf um die Stimme der armen Frau proletarischen Frauen und Mädchen Eisenbergs und Umgegend. fratische Überzeugung fordert, daß die breiten Massen muß die Sozialdemokratie zuletzt stets Sieger bleiben. Bon Kurt Kretschmar. Aus der Bewegung: Von der Agitation. Träger, Nuznießer, Schöpfer des öffentlichen Lebens Wir kämpfen dafür, daß die Frau als Bürgerin den Jahresbericht der Vertrauensperson der Genoffinnen von Chemnitz . feien. Sie fann sich nun und nimmermehr damit ab- Platz erhalte, den ihr die geschichtliche Entwicklung vor Jahresbericht der Vertrauenspersonen der Genossinnen von
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An alle
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Köln . Der vierte sozialdemokratische Provinzial- Parteitag für finden, daß in dem weiblichen Geschlecht die Hälfte der bereitet hat. Wir wollen eine Ungerechtigkeit zertrümmern, die Provinz Posen . Aufruf für die sozialistische Jugendkonferenz Gesellschaftsmitglieder des Rechts der vollen aktiven Be- die darum nicht heiliger ist, weil sie jahrhundertelang Politische Rundschau. Von G. L. tätigung in Staat und Gesellschaft beraubt ist. Alle schweigend getragen wurde. Wir verlangen, daß dem Notizenteil: Frauenstimmrecht.- Vereinsrecht der Frauen. Fähigkeiten, alle Kräfte müssen dem Allgemeinwohl dienst- Wohle der Allgemeinheit all die reichen Gaben und Kräfte Sozialistische Frauenbewegung im Ausland. Dienstbotenfrage. bar gemacht werden. Die Frau aber hat ihm obendrein nuzbar gemacht werden, die in der Frauenwelt schlumQuittung. ihre eigenen Werte zu geben, weil sie keine verschlechterte mern. Wir erstreben, daß die Proletarierin gleich wehroder verkleinerte Kopie des Mannes ist, vielmehr so gut und waffentüchtig wie ihr Klassengenosse und gemeinsam wie er Eigenart hat. Die Feinde der vollen bürger- mit ihm Sturm gegen die kapitalistische Ordnung und lichen Gleichberechtigung der Geschlechter werden zu ihren Staat läuft. Die Sozialdemokratie ruft daher Räubern am Kulturwerk der Menschheit.
Feuilleton: Lebewohl! Ein Schlußkapitel von Wilhelm Holzamer . Der Schrei der Plage. Von William Morris. ( Gedicht.) Das soziale Gewissen. Von Robert Michels .
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Heraus mit dem Frauenwahlrecht!
Der revolutionäre Sturmwind, der in Rußland den Absolutismus vom Felde der Geschichte fegt, beginnt in Deutschland an den politischen Zwingburgen der Geldsacksparlamente zu rütteln. Der glorreiche Kampf des russischen Proletariats hat in den Massen die Empfin dung verschärft für das lastende Unrecht ihrer politischen Achtung und Knechtung, hat in ihnen das Bewußtsein gekräftigt von ihrer Macht und dem Willen, sie zu gebrauchen. In Preußen, in Sachsen und Hamburg stellt sich das klassenbewußte Proletariat zum Kampfe für das volle Bürgerrecht der Ausgebeuteten und Unfreien. Dieser Rampf aber wird auch für das Frauenwahlrecht geführt. Getreu ihrem Programm und ihrem Wesen schickt die Sozialdemokratie sich an, die Resolution des Dresdener Parteitags und des Amsterdamer Internationalen Sozialistentongresses zu verwirklichen. Sie ruft Mann und Frau zum Kampfe für ein Wahlrecht, das feinen Unterschied zwischen den Geschlechtern fennt. Damit gibt sie dem Ringen nach der vollen politischen Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts die breiteste und festeste Grundlage, mobilisiert sie die größten Heerscharen für die Losung: Heraus mit dem Frauenwahlrecht!
Esther Riskind.
gegenwärtig alle Ausgebeuteten zum Kampfe für ein Wahlrecht, das Männerrecht wie Frauenrecht ist. Keine Proletarierin darf faul und feig diesen Ruf mißachten. Eine jede gedenke des erhabenen Beispiels von Bürgertugend, von revolutionären Heldenmuts, das in unserer Zeit die russischen Frauen geben, welche für die Freiheit leben und sterben. Mit flarem Blick, opferbereitem Sinn und trozigem Willen müssen die proletarischen Frauen in Scharen dem Blachfeld zuströmen, wo ihre Klasse zusammen mit anderen Forderungen auch die erhebt: Heraus mit dem Frauenwahlrecht!
Esther Riskind
Mitglied des„ Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes für Litauen , Polen und Rußland ", getötet im Alter von 25 Jahren in Bialystok während der Metzelei am 12. Auguft 1905. Ein Lebensbild.
Mit Esther Riskind wurde ich im Jahre 1899 bekannt. Sie lebte damals in Bialystok , wohin sie mit dem festen Entschluß gekommen war, sich ganz der revolutionären Tätigfeit unter den jüdischen Proletariern zu widmen.
ihr Leben ganz ihrem Volfe zu widmen.
Das 19jährige Mädchen, welches ein lebhaftes, munteres Temperament und ein zartfühlendes Gemüt besaß, erfreute sich großer Sympathien. Sie war nicht bloß bei der revoHeraus mit dem Frauenwahlrecht! Unsere geschichtlutionären Jugend sehr beliebt, sondern auch bei der konliche Erkenntnis zeigt, daß die wirtschaftliche, die soziale servativen älteren Generation. Freundlich und liebevoll kam Entwicklung den Wirkungsfreis, die Stellung des Weibes sie jedem entgegen, mit dem das Schicksal sie zusammenführte, und den Arbeitern war sie nicht nur Lehrerin und in Familie und Gesellschaft gründlich umgewälzt hat. Ratgeberin in ihrem sozialen Ringen und Kämpfen, sondern Hinter dem millionenköpfigen Heer der Berufsarbeiteauch die wärmste Freundin in ihrem persönlichen Leben. rinnen mit Hand und Hirn, die dem Manne gleich Ihr heißes Mitgefühl für alle Unterdrückten und Leidenden, mitten im Sturmgebraus der wirtschaftlichen und sozialen Heraus mit dem Frauenwahlrecht! Der proletarische ihre rührende Teilnahme für die Menschen entsprang nicht Kämpfe unserer Tage leben und weben, verderben und Befreiungskampf erheischt, daß alle Ausgebeuteten ohne weichlicher, tränenfeliger Sentimentalität. Es war nur der sterben, stehen die Massen der Hausmütter, deren eng- Unterschied des Geschlechts seine Schlachten schlagen. Dies Ausdruck einer tiefedlen und reichen Natur. Schon als umfriedetes, stilles Tätigkeitsfeld durch diese Kämpfe be- um so zwingender, je erbitterter und schärfer das Ringen zartes Kind empfand Esther leidenschaftliche Liebe für alle droht, erschüttert, verwüstet wird, weil es durch Tausende zwischen Kapital und Arbeit wird, je gewaltigeren Um- Mühseligen und Beladenen und tat den heiligen Schwur, unzerreißbarer Fäden mit Staat und Gesellschaft ver- fang es annimmt, je riesigere Kräfte es aufmarschieren In einem fleinen Städtchen des jüdischen Ansiedlungsfnüpft ist. Das volle Bürgerrecht ist zur sozialen Lebens- läßt. Chernen Fußes tritt der Klassenkampf auch in die notwendigkeit für die Frauen geworden, zur unentbehr- abgelegene Fabrik, in die weltfernen Gefilde, und seine gebiets von unbemittelten Eltern geboren, hatte sie aus eigenem Antrieb Russisch lesen und schreiben gelernt. Bereits lichen Waffe, ihr und ihrer Lieben Glück und Stern zu Folgen lassen sich im proletarischen Heim nieder. Immer im Alter von zehn Jahren fing sie an, ihre Gedanken in schirmen oder für Millionen!- erst zu erobern. Als mehr zieht er jede Arbeiterin, jede Arbeiterfrau in seinen Reimen und Prosa aufs Papier zu bringen. Ich habe mit schwerste soziale Schädigung wird die politische Recht- Bannkreis. Er fordert vom Proletariat eine so allgemeine, Staunen und Rührung diese Aufzeichnungen des Kindes gelosigkeit von immer größeren Frauenmassen empfunden, unverbrüchliche Solidarität, er bringt ihm so hohe Opfer lesen. Sie hatten einen tiefen, ernſten Inhalt. Wunderbar als Demütigung und Schmach brennt sie ihnen in der und Gefahren, daß er nur mit Erfolg geführt werden ergreifend und poetisch naiv hatte die kleine Esther die Seele, denn der Umwälzung der Tätigkeit und Stellung fann, wenn auch die Massen der Proletarierinnen schlichte Schönheit der heimatlichen Erde verherrlicht, tiefes des weiblichen Geschlechts folgt eine Revolutionierung mögen sie als Berufstätige dem Kapital zinsen oder als Mitgefühl mit den Unglücklichen sprach aus jeder Zeile ihrer seines Dentens auf dem Fuße. häuslich Schaltende und Waltende seine Geißel spüren ungefünftelten Schilderungen. Als Esther 15 Jahre alt war, beschloß sie, ein selb= Heraus mit dem Frauenwahlrecht! Unser Gerechtig- bewußt, aufopfernd und fühn in den Reihen der Kämpfenkeitsgefühl empört sich dagegen, daß das dem Manne den stehen. Das Wahlrecht sammelt und erzieht die ständiges Leben zu beginnen. Gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern, ohne jegliche materielle und moralische gleichwertige und gleichverpflichtete Weib minderen Rechts proletarischen Frauen für den Klassenkampf, wie es die Unterstüßung begab sie sich nach der Universität Chartow, sein soll als er, eine Unfreie und Unmündige im öffent proletarischen Männer für ihn organisiert und geschult wo sie ihr geringes Wissen zu vermehren hoffte. Das Leben lichen Leben. Die Feuerbrände der Fabriken und Werk- hat, es steigert ihre politische Bewegungsfreiheit und dort war in der ersten Zeit äußerst schwer, mehr als einmal stätten, in denen weibliche Arbeit frondet, werfen ihr helles Macht, die Wucht ihrer Schläge gegen den Todfeind, die litt Esther Riskind Hunger und Kälte. Ihr Wissensdurst, Licht auf die wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau vom fapitalistische Ordnung. Schon beginnen die Gegner des ihr reger, scharfer Geist lenkte bald die Aufmerksamkeit der Manne, von der Familie, auf die Bedeutung, die Un- Proletariats die Bedeutung des Frauenwahlrechts zu Universitätsjugend auf sie. Die Besten der Studenten und entbehrlichkeit ihrer beruflichen Leistungen für die Gesell- werten. Vis in das Zentrum hinein und vor allem im Studentinnen traten in nähere Beziehungen zu ihr und schaft. Sie beleuchten den sozialen Wert des häuslichen Zentrum findet es Befürworter, deren Zunge freilich schäßten und achteten sie hoch. Vier Jahre verbrachte das Wirkens der Gattin und Mutter. Sie schärfen den Blick nicht von der Achtung vor dem geschichtlichen Werden junge Mädchen in Charkow und nüßte die Zeit redlich, um Kenntnisse zu sammeln und insbesondere mit den modernen für das schreiende Unrecht, daß diejenige, welche die und vom Recht der Frau gelenkt wird, sondern vom politischen und gesellschaftlichen Strömungen bekannt zu Bürger gebiert und erzieht, ausgeschlossen ist aus der Klasseninteresse der Ausbeutenden und Herrschenden. werden.
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Gemeinde der Bürger; daß diejenige, welche mit dem Was eine Waffe in dem Befreiungstampfe ist, den die Was sie von dort trieb, war der Drang nach einer TätigManne zusammen die Lasten und Pflichten des Familien- Proletarierin für sich selbst und ihre Klasse kämpft, das keit, die ganz ihrem Jdeal gewidmet war und ihr dadurch