Nr. 22

Die Gleichheit

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Frauenstimmrecht.

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Einige

vorläufig noch keine Aussicht vorhanden ist, ein solches Gesetz fierten. Als Momente, die die Organisierung der Frauen| tariats tun, der muß aus der Gemeinschaft von Damen aus­durchzubringen, so fordern wir wenigstens das Erreichbare: erschweren, erachtete die Referentin den Mangel an Berufs- scheiden, deren Klasseninteresse dem der Proletarierinnen gesunde, den Ansprüchen der Hygiene genügende Schlaf- interesse, ungenügende Vorbildung, Isoliertheit, überbürdung diametral entgegensteht. räume, welche von innen verschließbar sein müssen und unter durch den Beruf, durch Hauswirtschaft und Mutterschaft so- Die 7. Generalversammlung des Bundes deutscher ständiger Kontrolle der Behörden stehen. Um dieser For- wie die niedrigen Löhne. Frauenvereine hat vom 4. bis 7. Oktober in Nürnberg  derung Nachdruck zu verleihen, ist es vor allem notwendig, Wenn auch die Arbeiterinnenbewegung ein Teil des getagt. Sie nahm die Berichte der verschiedenen Arbeits­die Dienstboten aufzuklären. Das geschieht am besten durch Klassenkampfes sei, so führte Frau Dullo weiter aus, so fommissionen entgegen und beschäftigte sich in der Haupt­unermüdliche Agitation für die Organisierung der Dienen gebe es doch eine Reihe besonderer Frauenforderungen, zu fache mit der Beratung der Reorganisation des Bundes. den und ihre Aufklärung, die in Versammlungen und durch deren Verwirklichung die bürgerliche Frauenbewegung mit" Radikale" und" Gemäßigte" haben dabei ihre Kräfte um das Lesen der Gleichheit" gefördert wird. + ihrer Mitarbeit eingreifen könne. Die schwierigste und den ausschlaggebenden Einfluß in der großen Organisation wichtigste der vorliegenden Aufgaben sei die Organisation der gemessen. Die Radikalen", die noch immer bedeutend in Arbeiterinnen. Ihr gegenüber müßte man sich flar werden, der Minorität sind, hofften durch die Reorganisation die welche der drei gewerkschaftlichen Organisationsarten den Möglichkeit zu erlangen, den Bund" zu einem kräftigeren Die Bewegung für das Frauenwahlrecht in England Frauen zum Eintritt zu empfehlen sei. Die Antwort auf und rascheren Vorgehen im Kampfe um die Gleichberechti hat in den letzten zwei Monaten in sozialistischen Kreisen diese Frage sei eine Frage persönlicher Anschauung. Nach gung der Geschlechter zu veranlassen. Die Gemäßigten" einen Rückschlag erfahren. Zwei der Rednerinnen der ihrer Meinung würden in den freien Gewerkschaften strebten ihrerseits danach, durch die Reorganisation den sozialistischen   Frauen, Fräulein Pankhurst und Fräulein die Interessen der Arbeiterinnen am wirksamsten vertreten, maßgebenden Einfluß und die bisherige Taktik zu erhalten, Billington, haben während der parlamentarischen Nach- weshalb sie den Arbeiterinnen den Eintritt in diese empfehlen die im Zeichen der Rücksicht auf die sogenannten Wohl­wahl in Cockermouth  , an der Genosse Smillie als möchte. fahrtsvereine" steht, die keine ausgesprochen frauenrechtle­Kandidat der Bergleute beteiligt war, nicht wie Sozialistinnen, Die honorige Damengesellschaft nahm den Vortrag mit rischen Kampfesziele verfolgen. Der Form nach sind die sondern wie Frauenrechtlerinnen gehandelt. Sie fuhren nach Beifall auf, bewies aber durch die anknüpfende flägliche Radikalen" unterlegen, immerhin scheint es, als hätten sie dem Wahlkreis, um dort angeblich für den sozialistischen   Diskussion, daß die Anregungen der Referentin auf steinigen die innere Entwicklung des Bundes" wieder etwas vor­Kandidaten zu wirken, aber ihre ganze Agitation drehte sich Boden gefallen waren und keinen Schaden stiften konnten. Nur wärts getrieben. Wir werden auf die Generalversammlung um das Frauenwahlrecht. Beide sind Mitglieder der Un- eine einzige Diskussionsrednerin, Frau Carstener, äußerte zurückkommen, wenn uns eingehendere Berichte vorliegen als abhängigen Arbeiterpartei. Die Wahlvereine in sich zu der Organisationsfrage. Sie meinte, wenn man die zur Stunde. Die Verhandlungen hatten ein äußerst be­Manchester, denen sie angehören, stellten deshalb den Antrag, Arbeiterinnen organisieren wolle, müsse man dazu besondere zeichnendes Vorspiel. Frau Weber- Heidelberg hatte im die Genossinnen Pankhurst   und Billington aus der Partei bürgerliche Frauenvereine gründen, denn die Sozialdemo- Auftrag des Bundesvorstandes eine Resolution eingebracht, auszuschließen. fratinnen wollen nicht mit uns arbeiten, es besteht ein be- welche die Greuel der russischen Reaktion brandmarkt und Am 13. Oktober empfing Mr. Asquith, der Minister wußter und gewollter Unterschied." Freilich besteht zwischen den Freiheitskämpferinnen Sympathie versichert. Diese Reso­des Innern, eine Frauendeputation in seinem Wahlkreis bürgerlichen Damen und Proletarierinnen ein Unterschied, lution entfesselte eine leidenschaftliche Debatte. East Fife  ( Schottland  ). Asquith vertritt diesen Wahlkreis der allerdings kein gewollter, von dem Willen einzelner ab- deutsche Frauen" protestierten gegen die Kundgebung. Sie im Parlament. Wie jeder andere Abgeordnete, muß auch hängiger ist, sondern ein in den Verhältnissen, in der Klassen- fühlten sich offenbar in ihren heiligsten Gefühlen" verletzt, Asquith von Zeit zu Zeit in seinem Wahlkreis in öffentlichen lage begründeter. Daß er ein bewußter wird, den Arbeite- daß der Ludergeruch der Revolution" statt des Hofparfüms Versammlungen sprechen und seinen Wählern Rechenschaft rinnen mehr und mehr zum Bewußtsein kommt, ist eine eines Beileidstelegramms an den Henker aller Reußen in ablegen über seine parlamentarische Tätigkeit und über die durchaus erfreuliche Erscheinung. Denn nur wenn sie vom die Generalversammlung getragen wurde. Die Resolution allgemeine politische Lage. Am 13. Oktober fand dort eine Klassenbewußtsein durchdrungen sind, werden sie die rechten wurde trotzdem angenommen. Sie lautet: Der in Nürn­solche Versammlung statt, bei der Asquith über die Schul- Mittel und Wege zur Verbesserung ihrer sozialen Lage finden, berg versammelte Bund deutscher   Frauenvereine gibt seiner vorlage, das Gewerkschaftsrecht und über das Ver- auch ohne bürgerliche Damen und im Gegensatz zu ihnen. tiefen Empörung Ausdruck über die jeder Gefittung Hohn hältnis zwischen Liberalismus und Arbeiterpartei Gine Frau Fechter aus Elbing   teilte in der Diskussion sprechenden Greueltaten, die in Rußland   aus Rassenhaß und speach. Nach der Versammlung begab sich zu ihm eine mit, daß in dieser Stadt eine Krippe errichtet gewesen sei, im Interesse der Aufrechterhaltung der Autokratie fortgesetzt sozialistische Frauendeputation, die aus Mitgliedern des lokalen aber schließlich wieder habe aufgegeben werden müssen. Es an wehrlosen Frauen und Kindern verübt werden. Er ge­Zweigvereins der Sozialen   und politischen Frauen- wären ihr schließlich nur noch drei uneheliche Kinder an- denkt ferner mit hoher Bewunderung derjenigen russischen union  " bestand. Die Rednerin war Frau Mill, die dem vertraut worden, und man habe der Unsittlichkeit doch Frauen, die an dem gewaltigen Ringen ihres Volkes um Minister sagte: Die Deputation vertritt die Frauen Ihres nicht Vorschub leisten können. Dem gegenüber bemerkte persönliche und bürgerliche Freiheit so heldenhaft teil­Wahlkreises. Auch die liberale Frauenvereinigung ist in ihrer die Referentin, daß die Krippe in Königsberg   großen nehmen." großen Mehrheit für das Frauenwahlrecht, obwohl manche Zudrang zu verzeichnen hätte. Wollte man sich auf den Mitglieder derselben nicht bereit sind, unsere bis jetzt an- Moralstandpunkt stellen, so müßte man auf die Wohlfahrts­gewandten Methoden zu billigen. Nur ungern nehmen wir einrichtungen überhaupt verzichten. Eine andere Rebnerin zu extremen Mitteln unsere Zuflucht. Wir wollen es nun hob noch hervor, daß die Krippe, wenn sie ihre Aufgabe ist soeben erschienen: mit ruhigen, anständigen Methoden versuchen; vielleicht erfüllen solle, sich gerade der unehelichen Kinder und ihrer bringen sie uns größere Erfolge. Es ist gewiß nicht nötig, Mütter doppelt anzunehmen habe. über die Forderung des Frauenwahlrechts lange zu diskutieren. Bei einem anderen Punkte der Tagesordnung wurde die Die Gegenargumente, mit denen man uns im Zustand der Landarbeiterinnenfrage gestreift. Aber wie! Wie es Entrechtung halten will, haben weder Hand noch Fuß. Wir dem Kreise von Fabrikanten- und Gutsbesitzersgattinnen ent­verlangen das Wahlrecht für die Frauen, nicht weil sie be- spricht, die da versammelt waren. Frau Böhm- 2amgarben sonders wert sind, ein solches Recht auszuüben, oder weil referierte über Die soziale Tätigkeit der Landfrau. sie dieses Recht stets weise gebrauchen werden, die Frauen des Ostens". Die Dame erklärte unter anderem: Die haben nichts voraus und werden auch mit dem Wahlrecht Hauptsache aber ist, daß wir den Landarbeitern ein Standes­nicht immer flug umgehen. Wir verlangen es auf Grund bewußtsein beibringen; wir müssen sie heben, in ihren eigenen einfacher Gerechtigkeit. Es ist ungerecht, die Hälfte der Augen heben. Sie müssen stolz darauf sein, ein Land­Bevölkerung als minderwertig zu betrachten." Asquith arbeiter zu sein; sie müssen es als einen Vorzug empfinden, antwortete in längerer Rede. Er sprach viel, aber sagte nur in Gottes freier Natur um ihre Früchte, den Lohn ihrer In einer kurzen historischen Einleitung bespricht die Ver­wenig, und das wenige war ungünstig. Er bezeichnete die Arbeit in täglich wechselnder Gestalt ringen zu dürfen. Und fasserin die Kinderarbeit als Begleiterscheinung der kapita­Gerüchte, die ihn zum Hauptgegner der Frauen in der weiterhin setzte die Referentin hinzu: Lehren wir sie( die listischen Wirtschaftsweise und anschließend daran die Kinder­Regierung stempeln, als ganz grundlos. Er habe in den Landarbeiterfrauen) rechnen und Buch führen, damit sie letzten 14 Jahren äußerst selten über das Frauenwahlrecht einen überblick gewinnen über die großen Summen, schutzgesetzgebung in Deutschland   bis 1891, die Erhebungen gesprochen oder diskutiert. Er sei indes der Ansicht, daß das die durch ihre Hände gehen, damit ihnen nicht die von 1898 und endlich das Kinderschutzgesetz von 1903. In Gewicht der Argumente auf seiten der Gegner des Frauen- hohen Löhne des Westens und der Großstädte im- einem Schlußkapitel wird der bisherige Erfolg des Kinder­wahlrechts liege. Er tönne den Frauen keine Hoffnungen ponieren. Solche Ausführungen sind eine bodenlos freche schutzgesetzes beurteilt und ein vortrefflicher Ausblick auf auf die Einbringung einer Wahlrechtsvorlage machen. und dumme Verhöhnung des Landarbeiterelends, das wissen- Kinderarbeit und Kindererziehung, wie beides sein sollte, schaftlich und gerichtsnotorisch feststeht. Der Kaiser hat es gegeben. Im Anhang findet die Leserin das Gesetz selbst seinerzeit durch den bekannten Ausspruch charakterisiert, in und ein Verzeichnis derjenigen Werkstätten, in deren Betrieb Kabinen seien die Schweineställe besser als die Wohnungen Kinder nicht beschäftigt werden dürfen. Schließlich ist auch ostelbischer Landproletarier. Aber Frau Böhm ist Guts- die Bekanntmachung hinzugefügt betreffend Ausnahmen von besizerin, das erklärt alles. Man stelle ihren Ausführungen dem Verbot der Beschäftigung eigener Rinder unter 10 Jahren. Mb das von Sachkenntnis und Gewissenhaftigkeit getragene Das Büchlein sollte in keinem Arbeiterhaushalt fehlen; Referat gegenüber, das Genoffin Sieß auf der sozialdemo tratischen Frauenkonferenz über die Lage der Landarbeiterinnen jede Mutter muß Renntnis haben von dem derzeitigen Stand hielt, und man hat ein überzeugendes Beispiel zu dem, was der Kinderschuhgesetzgebung in Deutschland  , damit sie der Der zweite oftdeutsche Frauentag und die Arbeite wir oben von den Klaffenunterschieden und ihrer Wirkung Ausbeutung ihrer eigenen Kinder zielbewußt entgegentreten, rinnenfrage. In der ersten Hälfte des Oktober fand in El- im Bewußtsein des Menschen sagten. Dem bürgerlichen sie mildern und womöglich hindern kann. bing der zweite ordentliche Frauentag statt, der sich, wie es in Frauentag lag ein bescheidener Antrag zugunsten der Land­der bürgerlichen Frauenbewegung jetzt üblich ist, auch mit arbeiterinnen vor. Er forderte: Der ostdeutsche Frauentag der Arbeiterinnenfrage beschäftigte. Frau Dullo- Königs- wolle das Wohl der ländlichen Arbeiterinnen fördern, indem berg, die Gattin des Direktors des Königsberger Statistischen er der Organisation der ländlichen Arbeiterinnen sein Interesse Amtes, dessen Wahl zum Stadtrat seinerzeit von der preußischen zuwendet und dahin zu wirken sucht, daß Gesetze nach dem Regierung nicht bestätigt wurde, referierte über das Thema: Muster der in der Gewerbeordnung enthaltenen Bestimmungen Die Aufgaben der bürgerlichen Frauen in der für die ländlichen Arbeiter, insbesondere für weibliche Per­Arbeiterinnenbewegung." Die Referentin ging das fonen und Kinder erlaffen werden, desgleichen Fürsorge ge- und die Expedition der Gleichheit" in Stuttgart  , Furtbach. von aus, daß die Freiheitsideen und wirtschaftlichen Umwährt wird durch Einbeziehung in die Krankenversicherung." wälzungen der letzten Jahrhunderte die gemeinsame Wurzel Dieser Antrag, der nicht einmal die Kardinalforderung des der Arbeiter und der Frauenbewegung sind. Sie stellte Koalitionsrechtes für die ländlichen Arbeiter und Arbeiterinnen

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Am 21. Oktober findet in London   eine Wahlrechts demonstration der sozialistischen   Frauen statt, um das Parlament, das am 23. Oftober zu einer Herbsttagung zu sammentritt, auf die rechtlose Lage der Frauen aufmerksam

zu machen.

London  , 14. Oftober 1906.

real

Frauenbewegung.

Im Verlag von J. H. W. Diek Nachf. in Stuttgart  

Die Kinderarbeit und ihre Bekämpfung.

Bon

Räte Duncker,

Herausgegeben von der Redaktion der Gleichheit", Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen.

Der Preis der Broschüre ist auf 40 Pf. festgesetzt. Für die Abonnenten der Gleichheit", die sich zum gemein­samen Bezug vereinigen, ist ein wesentlich niedrigerer Ein­taufspreis feſtgeſent.

Bestellungen nehmen entgegen alle Vertrauenspersonen, Ottilie Baader  , Berlin   S 53, Blücher- Straße 49, Sof II

Straße 12.

dann fest, daß die Fortschritte in der Maschinentechnik Kinder erhebt, wurde durch übergang zur Tagesordnung erledigt. Als Weihnachtsbuch der ,, Gleichheit"

und insbesondere Frauen in großer Zahl in die Fabrik ge- Von den tagenden Damen eine fräftige Vertretung der trieben haben. über eine Million Fabrikarbeiterinnen gibt Interessen der Arbeiterinnen erwarten, der ländlichen wie werden die beiden Jahrgänge der Beilage Für unsere Kinder" es heute in Deutschland  , in manchen Gegenden bilden die der industriellen, hieße Feigen von den Dornen pflücken in hübscher Ausstattung am 1. Dezember erscheinen. Bei verheirateten Frauen bis zu 40 Prozent der weiblichen Ar- wollen. Mag die Referentin über die Frage der Arbeiterinnen gemeinsamem Bezug durch ihre Vertrauensperson beziehungs­beiterschaft. Es gelte nun die Lage dieser Arbeiterinnen zu organisation ihr Gintreten für die Arbeiterinnen und für weise die Vertriebsstelle der Gleichheit" erhalten die Ge­heben. Zwei Faktoren kämen dafür in Betracht: erstens der die freien Gewerkschaften noch so ernst gemeint haben, die Staat mit seiner sozialen Gesetzgebung, und zweitens die Kreise, an die sie sich wendete, werden über platonische nofsinnen die Sammlung unter dem Ladenpreis. Wir machen Arbeiterorganisationen mit ihrer Selbsthilfe. Von den drei Sympathieerklärungen für das flassenbewußte weibliche die Genosfinnen darauf aufmerksam und ersuchen sie, sich die Arten gewerkschaftlicher Organisationen umfaßten die sozial Proletariat nicht hinaustommen. Wer ernstlich daran mit- Verbreitung des Weihnachtsbuches angelegen sein zu lassen, demokratischen freien Gewerkschaften heute bei weitem die arbeiten will, die Lage der Arbeiterinnen zu heben, der muß dessen Herausgabe wesentlich mit durch ihre Wünsche bestimmt meisten Arbeiterinnen: 74000, etwa 8 Prozent der Organi- das in Reih und Glied des flassenbewußt kämpfenden Prole- worden ist.