Nr. 25
Die Gleichheit
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den gesetzmäßigen Weg gehe. Die Polizei hat immer alles in Ordnung gefunden. Die Fenster waren ordnungs- gemäß mit Eisengitter versehen und die Glasscheiben un- durchsichtig gemacht, damit die anständige, moralische Außen- welt auch vor der entferntesten Berührung mit den Ge- schöpfen, die das Haus der Frau Riehl bewohnten, bewahrt würde. Jede neu«„Dame", die in Frau Riehls Obhut .kam, wurde vorschriftsmäßig dem Arzte vorgeführt, damit dieser feststelle,„es sei nichts mehr zu verderben". Alles, alles war in bester Ordnung— bis sich eines Tages ein Mann fand, der nicht von vornherein meinte, die Bewohnerinnen eines öffentlichen Hauses müßten absolut unglaubwürdige, verlogene Geschöpfe sein. Daß dieser Mann ein Journalist war, kam der Sache zugute. Eines Tages las man in einer sonst ganz unangesehenen Wiener Tageszeitung, dem„Extrablatt", dem Organ der Spießer und sensationslüsternen Frauen, über die Zustände iin Salon Riehl. Die Staatsanwaltschaft mußte nun einschreiten, das Bordell wurde geschlossen, Frau Riehl verhaftet. Im Oktober fanden die Verhandlungen statt, und schließlich wurde Regina Riehl zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Was während des Prozesses in die Öffentlichkeit drang, lehrte aber, daß Frau Riehl nicht allein auf die Anklage- dank gehörte, sondern auch die Polizei, die in diesem Falle so vertrauensselige Polizei. Wiederholt wurden An- zeigen über die entsetzlichen Zustände im Salon Riehl gemacht, aber der Beamte, welcher die Anzeigen zu prüfen hatte, war— Gratisgast des Bordells! Erging als Stammgast in dem Hause ein und aus, das ihm zur Kon- trolle übertragen war. Dort wurden die Mädchen entsetz- lich behandelt. Wollten sie einem Gast nicht zu Willen sein, so wurden stegeschlagen. Mit Schürhaken, Teppich- klopfern und Hundspeitschen wurden sie von der Riehl und ihrer Helferin mißhandelt. Daß keines der Mädchen wagte, den Polizisten, die im Hause verkehrten, ihre Lage zu schildern, zeigt deutlich, wie wenig Vertrauen die Polizeibeamten sich erworben hatten. Furchtbar ist die Aussage eines Mädchens, das von ihrem Vater ins Bordell gebracht und mit Schlägen gezwungen wurde, dort zu bleiben. Dafür bekam der Vater von der Riehl einen An- teil von dem Preise, der für das Mädchen ge- zahlt wurde. Dieses Mädchen, das unschuldig war, wie es im allgemeinen Sprachgebrauch heißt, wurde durch eine Operation ihrer Unversehrtheit beraubt. Denn unversehrte Mädchen durfte die Riehl nicht auf- nehmen. Dieses Mädchen erzählte von den„Prügel- Herren", welche mit Ruten und Peitschen den Rücken der Mädchen blutig schlugen. Der Polizeiarzt hatte die Mädchen auf ihre Gesundheit zu untersuchen, aber er sah nichts von den blutig zerfleischten Mädchenleibern. Entfliehen konnten die Unglücklichen nicht, die Fenster waren ja vergittert, und außerdem wurden ihre Kleider weg- geschlossen. Die Mädchen befanden sich den ganzen Tag in Hemd, Hose und Allasschuhen, nur im Winter bekamen sie einen Schlafrock. Der Portier, der das Tor bewachte. war eine der Riehl ergebene Kreatur, er trieb die Mädchen zurück, wenn eine zu entweichen versuchte. Auf die Straße kamen sie nur in Begleitung der Riehl, und da mußten sie dieser das Geldtäschchen tragen und allerhand Schmuckstücke, so daß sie im Falle einer Flucht in Diebstahlsverdacht ge- kommen wären. Kam eines der Mädchen ins Krankenhaus, so nahm die Riehl seine Kleider wieder mit, und die Wärterin verständigte die Kupplerin vom Tage der Entlassung. So war alle Vorsorge getroffen, um eine Flucht zu ver- hindern. Von alledem sahen die mit der llberwachung be- trauten Beamten der Sittenpolizei nichts. Ja, einer der Herren tat den Ausspruch,„an den Mädchen des Bordells ist nichts mehr zu verderben". Wozu sich also anstrengen! Nun ist die bürgerliche Gesellschaft in Aufruhr geraten, daß in ihrer Mitte so ein Sündenpfuhl bestehen konnte. Wieviel Heuchelei bei dieser Entrüstung mitspielt, wird be- leuchtet durch das Bekanntwerden des Kundenkreises des Bordelles Riehl. Die Arzte der Krankenhäuser ver- kehrten dort mit ermäßigtem Tarif; die Finanzaufseher hatten einen noch billigeren Tarif, ganz nach der sozialen Stufen- leiter, auf der die Konsumenten der Prostitution eben standen. Offiziere, Diplomaten, Fabrikanten, Kauf- leute zählten zu den Besuchern des polizeilich tolerierten „Freudenhauses". Und keiner von ihnen hatte Gefühl und Mitleid mit den armen Geschöpfen, bei denen sie ihrer Lust frönten. Als eine Sache erschienen ihnen diese bemil- leidenswerten„Freudenmädchen", als eine Sache, die sie sich ebenso kauften, wie Wäsche, Handschuhe usw. Der Prozeß Riehl hat wieder einmal gelehrt, wie es um die steht, die sich als die festesten Stützen der Moral auf- spielen. Der Salon Riehl besteht nicht mehr. Die Prostitu- tion, ob kaserniert oder nicht kaserniert, wird weilerbe- stehen. Nicht weil es liederliche Frauen gibt, sondern weil die Prostitutton in der kapitalistischen Gesellschaft wurzelt, wie die Sumpfpflanze im Biorast. Der Kapitalismus ist es, der es den jungen Männern der„mittleren" und „höheren" Gekellschaftsschichten verwehrt, beizeiten eine Familie zu gründen, und der sie so an schlechte Surrogate gewöhnt. Der Kapitalismus ist es, der Frauenarbeit so elendiglich lohnt, daß Tausende von Mädchen, nur um ihre Existenz fristen zu können, der Schande zum Opfer fallen. Der Kapitalismus ist es, der so die Liebe zur Ware herab- würdigt, ebenso wie er die Arbeitskraft zur Ware ge- stempelt hat. Durch all die moralische Entrüstung, mit der die bürgerlichen Zeitungen angesichts des Prozesses Riehl so verschwenderisch umgehen, wird man das Übel nicht beseitigen. Es wird bestehen, solange die kapitalistische Ordnung besteht. Adelheid Popp .
Lleber die Ursachen der ungleichen Ent- lohnung von Männer- und Frauenarbeit. In der Sammlung der staats- und sozialwissenschastlichen Forschungen, welche die Professoren Gustav Schmoller und Max Sering herausgeben, ist soeben eine Arbeit von Alice Solomon erschienen, welche das obige Problem behandelt. Die Verfasserin hat mit anerkennenswertem Fleiße sich bemüht, die Ursachen der ungleichen Entlohnung der Männer- und Frauenarbeit zu ermitteln. Sie ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen: Die Löhne von Männern und Frauen sind fast immer verschieden hoch. Dieser Unterschied ist aber meist zu einem großen Teil auf verschiedenartige oder verschiedenwertige Leistungen zurückzuführen. Eine Konkurrenz auf demselben engsten Gebiet, bei derselben Arbeitsverrichtung, zu derselben Zeit und an demselben Orte kommt verhältnismäßig selten vor. Wo das der Fall ist, scheinen die Löhne der Gleichheit zuzustreben.�— Die un- gleiche Bezahlung der ungleichen Leistung ist fast immer auch ungleich im Verhältnis zum Leistungs- unterschied. Die Ungleichheit der Leistungen von Arbeitern und Arbeiterinnen hat zunächst ihren Grund in der größeren Muskelkraft des Mannes, dann in dem weniger qualifizierten Charakter der Frauenarbeit, in dem niedrigen Alter der arbeitenden Frauen und in der kurzen Berufs- dauer, die eine größere Fertigkeit nicht entstehen läßt und auch den Berufsernst herabmindert. Um den ungleichen Lohnmaßstab zu erklären, das heißt die Tatsache, daß alles, was von Frauen produziert wird, auf dem Markte niedrigere Wertung findet, beruft sich die Verfasserin auf den gesellschaftlichen Charakter des Arbeitslohnes, nämlich darauf, daß innerhalb der einzelnen Lohngruppen die Löhne sich einheitlich nach Maßgabe derjenigen Faktoren festsetzen, welche die Lohnforderungen und Lohnbewilligungen beein- fluffen. Die Faktoren, die zuungunsten der Frauenlöhne wirken, sind: der geringere Klassenbedarf, welcher der Gruppe „Frau" eigentümlich ist, und das größere Angebot der Frauen in Verbindung mit mangelhafter Organisationsfähigkeit. Der geringere Klassenbedars ist die Folge davon, daß es den Frauen an einem Familienbedarf fehlt, den der Mann fast immer zur Grundlage seiner Lohnforderung machen muß. Der Jndividualbedarf der Frau wird noch weiter herabge- drückt durch das Heer der nebenberuflich tätigen Frauen, durch die Möglichkeit vieler Frauen, nur einen Zuschuß zum Familienunterhalt zu verdienen, durch die vorübergehende Übernahme von Arbeit in besonderen Notfällen, durch den provisorischen Charakter auch der anderen, nicht nur ge- legenllichen Frauenarbeit, der das Streben nach einem vollen oder reichlichen Jndividualverdienst nicht aufkommen läßt. Diese Umstände sind außerdem die Ursachen der minder- wertigen oder unzureichenden Berufsbildung, die wiederum die Leistungen der Frau niedrig hält. Die Ursachen der ungleichen Entlohnung zeigen zwar gesetzmäßige Erscheinungen, die sich auS den wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Verhältnissen zurzeit ergeben müssen; sie stellen aber nicht ein Naturgesetz dar, das keinem Wandel unterliegen kann. Die ungleiche Entlohnung von Mann und Frau kann zu einem großen Teil beseitigt werden, wenn geistige Umwandlungen im Leben eines Volkes zu einer anderen Auffassung des Berufslebens durch die Frau, zu einer anderen Stellung der Frau im Erwerbs- leben und in der Familie führen, und wenn die Wirtschaft- liche Entwicklung weiter eine immer wachsende Zahl von Arbeitskräften aufnehmen kann, was in letzter Linie von dem Gedeihen der deutschen Volkswirtschaft, von ihrem Auf- schwung oder Stillstand, schließlich von den machtpolitischen Chancen des Deutschen Reiches(!) abhängen wird. Die Leistungsunterschiede können insoweit ausgeglichen wer- den, als sie auf geringerer Vorbildung beruhen. Durch bessere Qualifikation können die Frauen schwerer ersetzbar werden; die Elastizität weiblicher Berufsgruppen wird steigen, die Frauen werden auch zu höheren Stellungen aufsteigen können. Der volle Jndividualbedarf wird gefordert werden, sobald innerhalb der Familie auch das heranwachsende Mädchen als volle Erwerbskraft bewertet wird. Die Or- ganisalionsfähigkeit wird steigen und es ermöglichen, auch diejenigen Ursachen der ungleichen Entlohnung in gewissem Maße zu paralysieren, die sich aus dem jugendlichen Alter, der kurzen Berufsdauer bei vielen und aus dem Mangel an Familienbedarf bei den meisten Frauen ergeben. Nur dann können die Frauen auf eine gleiche Entlohnung ihrer Arbeit rechnen, wenn die tiefften und letzten Ursachen der un- gleichen Entlohnung der Frauen, der dilettantische, provi- sorische und zufällige Charakter der Frauenarbeit, aus der ganzen Linie beseitigt wird. So die Verfasserin jdes vorliegenden Buches. Was sie aus dem ihr zugänglichen Material festgestellt hat, ist im wesentlichen richtig. Leider weiß sie aber mit der gewon- nenen Erkenntnis nichts Rechtes anzufangen, weil sie nur Einzelheiten herausgelesen hat, den Zusammenhang der Dinge aber nicht übersieht. Sie„wünscht", daß„eine Um- Wandlung in den Ideen und Anschauungen der Gesamtheit in bezug auf die ganze Frage der Frauenarbeit" erstrebt werde.„Es muß," schreibt sie,„die Überzeugung Platz greifen, daß die Frau ebenso wie der Mann für die Berufsarbeit zu erziehen und tüchtig zu machen sei, gleich- viel, ob sie den Beruf dauernd in vollem Umfang, sogar ob sie ihn überhaupt ausüben wird. Es. muß in den Frauen die Liebe zur Arbeit, die Berufstreue und Berufshingabe gepflegt werden, damit sie während der Dauer ihrer Be- russnrbeit den ganzen Menschen einsetzen und den vollen Unterhalt für einen Menschen beanspruchen können." Diese
Hoffnung auf die„Umwandlung in den Ideen und An- schauungen" nimmt sich zwar recht nett aus, gehört wohl auch zum guten Ton— einen praktischen Wert aber hat sie nicht, sie lenkt im Gegenteil die allgenicine Aufmerksam- keit nur in falsche Bahnen. Denn die„Umwandlung in den Ideen und Anschauungen" kann sich nur dann vollziehen, wenn die sozialen Verhältnisse demgemäß gelagert sind. Hierfür ist die jetzige Ausbeutungswirtschaft, der Kapitalis- mus von entscheidender Bedeutung. Der Kapitalismus braucht, um die Löhne der männlichen Arbeiter niederzuhalten, mög- lichst billige Frauenarbeit. Für ihn kommt es meistens nicht darauf an, ob eine Arbett von Frauen oder Männern verrichtet wird, sondern einzig und allein darauf, daß er möglichst wenig für die Arbeit bezahlt. Die Billigkeit der Frauenarbeit steht also für ihn in erster Linie. Sie ist je- doch nur dann zu erreichen, wenn die Frauenarbeit ihren gegenwärttgen unvollkommenen Charakter behält, und wenn alles verhindert wird, was daran entsprechend den Wünschen etwas ändern könnte, wie sie in der Schrift des Fräulein Alice Salomon geäußert sind. Aus diesem Grunde suchen die Unternehmer mit der größten Zähigkeit gerade die billigsten, wenn auch am wenigsten leistungsfähigen Arbeiterinnen sich zu erhalten: die Heimarbeiterinnen. Die Konkurrenz dieser Arbeiterinnen drückt auf die Löhne der männlichen Ar- beiter und trägt dazu bei, daß die allermeisten Familien- väter aus eigener Kraft nicht einmal die notwendigsten Aus- gaben für ihren Haushalt bestreiten können, daß sie demge- maß ihre Frauen mitverdienen lassen und die Ausbildungs- kosten für ihre Kinder aufs äußerste einschränken müssen. Wie kann man, solange so der Druck der jetzigen Ausbeu- tungswirtschaft auf die Arbeiter lastet, jene„Umwandlung in den Ideen und Anschauungen" ernsthaft erhoffen? Aus diesen Gründen müssen, wenn man der ungleichen Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit entgegenwirken will/ zunächst die Ausbeutungsvorrechte der Unternehmer eingeschränkt werden. Der Anfang damit ist dort zu machen, wo die billigste Frauenarbeit herangezogen wird, in der Heimindustrie. Diese muß vor allen anderen Dingen mehr und mehr zurückgedrängt und möglichst bald ganz beseitigt werden. Dadurch wird nicht nur der schlimmsten Lohn- drückerei entgegengearbeitet, sondern der Ausfall an Ein- kommen in den Familien, welche aus der Heimarbeit der Frau und Kinder einen Zuschuß bezogen, spornt den Familien- vater noch besonders an, mit Hilfe seiner Gewerkschaft und der sozialdemokratischen Partei sich bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu erringen. Je mehr dieS erreicht wird, desto mehr werden auch die Arbeitsbedingungen für die Ar- beiterinnen verbessert, desto eher werden die Arbeitereltern die Möglichkeit haben und bereit sein, auch ihren Töchtern eine bessere Ausbildung zuteil werden zu lassen, desto mehr werden dann aber auch die Unternehmer darauf sehen, daß die Arbeiterinnen leistungsfähiger werden, damit sich die höheren Löhne der Arbeiterinnen rentteren. Auf diese Weise und nur auf diese Weise allein wird den Arbeiterinnen der Weg aus den jetzigen drückenden Verhältnissen heraus erschloffen. Mit jedem Schritt vorwärts wird dann endlich das Verständnis für den Wert der gewerkschaftlichen und politischen Arbeiterbewegung bei den Arbeiterinnen ge- fördert und so der Druck auf die Unternehmer zur Bewilli- gung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen ein stärkerer werden. Der Kampf gegen die ungleiche Entlohnung von Männer- und Frauenarbeit ist demnach nur ein Teil des Klassen- kampfes, in dem die Arbeiterklasse die Übermacht des Kapitals immer weiter zurückzudrängen sucht, bis die kapi- talistische Ausbeutungswirtschaft mit der Umwandlung des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln in gesellschaftliches Eigentum von der sozialistischen, für und durch die Gesellschaft betriebenen Produktion abgelöst wird. Erst hiermit gelangt die Arbeiterin zu ihrem vollen Rechte und kann sich so an der gemeinsamen Arbeit beteiligen, wie es ihrer Begabung und dem Wohle der Gesamtheit am besten entspricht. Fräulein Alice Salomon geht aber jedes Verständnis für die Voraussetzungen und die Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Sie kann sich„die radikale Lösung der Entlohnungsfrage durch äußere Mittel" nur im Geiste des seligen Eugen Richter als ein Verzicht auf die Lösung all der Aufgaben,„die nicht dem Gelderwerb dienen", als eine „mechanische Gleichmacherei der Geschlechter", als de» Unter- gang„aller höheren Kultur" vorstellen. Deshalb konnte sie trotz ihres ehrlichen Bemühens,„einer jungen Frauengene- ratton die rechten Wege zu weisen", nicht über fromme Wünsche hinauskommen. Hanaua. M._ Gustav Hoch.
Der Prozeß Augspurg . Wie den Leserinnen der„Gleichheit" aus den Tages- zeitungen bekannt sein wird, hat in der zweiten Hälfte November in Hamburg ein höchst lehrreicher Prozeß statt- gefunden. Die Frauenrechtlerin Or. Anita Augspurg war angeklagt, die Hamburger Polizei beleidigt zu haben, und zwar wurde dieses Verbrechen hauptsächlich dann gesehen, daß Fräulein Augspurg in einem Zeitungsartikel das Vorgehen der Polizei an jenem denkwürdigen„roten Mittwoch", dem 17. Januar, einer gebührenden Kritik unter- zogen hatte. Sie hatte von den„Untaten" der Polizei ge- sprachen, die„in sinnloser Wut" aus harm- und wehrlose Passanten dreingeschlagen haben. In den Verhandlungen wurde der Wahrheitsbeweis für diese Behauptung aufs glänzendste erbracht. Jeder Unbefangene hatte das klare Bewußtsein davon, daß hier nicht Anita Augspurg , sondern die Hamburger Polizei auf der Anklagebank saß. Dessen-