82 Die Gleichheit Nr. 10 Und wenn sie auch oft freundliche Redensarten im Munde führen, so ist ihnen doch jeder unzufriedene Arbeiter im Grunde ihrer Seele verhaßt. Wenn aber die Arbeiter zu frieden sein sollen, so bedeutet das eben nichts anderes, als daß ihre jammervolle Lage gut genug für sie sei. Indessen gibt es in den bürgerlichen Klassen auch eine Anzahl wohlmeinender Politiker, die sich der Einsicht nicht verschließen, daß den Arbeitern geholfen werden muß. Sie kennen all den furchtbaren Jammer, den wir geschildert haben, und geben zu, daß Besserung nötig ist. Aber, meinen sie, wenn schon Besserung nötig ist, so doch nicht Um- stürz. Auch auf dem Boden der bestehenden Zustände könne die Lage der Arbeiter gebessert werden, ja es sei sogar nur auf diese Weise möglich. Gerade die Sozialdemokratie sei schuld daran, daß es mit der Besserung so langsam vor- wärts geht. Berechtigte Wünsche der Arbeiter würden vom Staate und den besitzenden Klassen schon erfüllt werden, wenn nicht die Sozialdemokratie durch übertriebene, maß- lose Forderungen sowie durch Klassenverhetzung, durch ihre auf den Umsturz aller Staats- und Wirtschaftsordnung ge- richtete Wühlarbeit die herrschenden Kreise erbitterte. Im Groll und der Hitze des ihnen ausgezwungenen Kampfes verweigerten die Besitzenden dann halsstarrig alles, auch was sie sonst ivohl selbst als berechtigt anerkennen würden. Nötig sei es deshalb, abzulassen von diesem verwüstenden Kampf, auf alle sozialdemokratischen Umsturzpläne zu verzichten, sich auf„berechtigte" Forderungen zur Besserstellung der Arbeiter zu beschränken und deren Erfüllung auf gütlichem Wege zu suchen, indem man an das Wohlwollen und den Gerechtig- keitssinn des Bürgertums appelliert. Abkehr von der Sozial- demokratie, Versöhnung der Klassen, gegenseitiges freund- williges Verständnis hüben wie drüben, mit einem Wort: Herstellung des sozialen Friedens sei die erste Vor- bedingung, die erfüllt werden müsse, um eine wirkliche Besser- stellung der Arbeiter zu erreichen. Die Leute, die so reden, sammeln sich meist um das Banner der„Gesellschaft für soziale Reform". Die bekanntesten unter ihnen sind der Freiherr von Berlepsch, Pastor Naumann, Professor Sombart und andere. Sie verlangen nun frelich die Herstellung des sozialen Friedens nicht nur von den Bedrückten, sondern auch von den Be- drückern. In jahrelanger Agitation haben sie sich an die besitzenden Klassen gewandt und deren„sozialpolitisches Ver- ständnis zu wecken" gesucht. Sie empfahlen ihre Methode als das beste Mittel zur Bekämpfung der Sozialdeinokratie. Die Massen— so argumentieren sie— wollen weiter nichts als eine Besserung ihrer Lage; nur weil der Staat ihnen die nicht von selbst gewährt, folgen sie der Fahne der Sozial- demokratie; sie sind erbittert; sie hoffen, durch das energische und rücksichtslose Auftreten der Sozialdemokratie wenigstens einiges ertrotzen zu können; aber die wettergehenden Be- strebungen der Sozialdemokratie, deren Endziel, der nebel- hafte Zukunftsstaat, all das sei den Massen vollkommen gleichgültig. Mithin könne der Staat nichts Klügeres tun, als die berechtigten Forderungen der Arbeiter zu erfüllen; das würde alsbald einen Massenabfall von der Sozialdemokratie zur Folge haben; diese würde sich zu einer kleinen Sekte herabgedrückt sehen, und es wäre ihr die Mög- lichkeit genommen, die Massen für die Umsturzpläne mit fortzureißen. Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß dieser Gedanken- gang den einzigen Weg angibt, auf dem die Sozialdemo- kratie überhaupt vernünftigerweise bekämpft werden kann. Die Arbeiter werden sich hüten, mit schweren Opfern einen Kampf zu führen um Dinge, die ihnen von selbst in den Schoß fallen. Welch verlockende Aussicht für alle Stützen von Thron und Altar, für alle Minister und staatserhaltcnden Parteiführer! Man sollte meinen, sobald die Propheten von der„Sozialen Reform" ihr Evangelium bekannt gegeben, hätten sich alle staatserhaltenden Politiker, in amtlicher wie nichtamtlicher Stellung, mit Gier darauf stürzen und es zur Ausführung bringen müssen. Aber sonderbar! Nichts dergleichen geschah. Kühle Ab- Weisung war das einzige, was die Sozialreformer bei den besitzenden Klassen fanden. Sie wundern sich darüber bis auf den heutigen Tag und können sich's nur durch ein blindes Vorurteil der Besitzenden erklären. Der wahre Grund ist indes ein anderer. Erstens durchschauen die poli- tischen Vertreter der besitzenden Klassen die wirtschaftlichen Zusammenhänge besser als die Sozialreformer, und zweitens können sie den von diesen gewiesenen Weg gar nicht gehen, selbst wenn sie wollten. Das wird hoffentlich im weiteren Verlauf unserer Darlegungen noch klar werden. Müde ihres Mißerfolges bei den Besitzenden wenden sich nun die Sozialreformer neuerdings mehr und mehr den Arbeitern zu. Unter ihnen werben sie Anhänger, von ihnen aus suchen sie jetzt„die Brücke zu schlagen", welche die feindlichen Gesellschaftsklassen miteinander verbinden und den sozialen Frieden herstellen soll. Sie kommen damit etwas spät. Denn tatsächlich gibt es im Deutschen Reich weit über 100000 organisierte Arbeiter, welche grundsätzlich den Standpunkt der„Gesellschaft für soziale Reform" teilen. Es sind das alle die zahlreichen Mitglieder der Hirsch-Duncker- fchen, der katholischen und der evangelischen Arbeitervereine. Sie haben das Rezept vom sozialen Frieden bereits jähr- zehntelang praktisch probiert und beginnen gerade in neuester Zeit, es auch einmal mit dem Kampf zu versuchen; man denke nur an den riesigen westfälischen Bergarbeiter- streik. Sie müssen doch wohl aus dem friedlichen Wege keine allzu guten Erfahrungen gemacht haben, was zu dem Schluß berechtigt, daß ihnen die verspätete theoretische An- preisung dessen, was sie seit einem Menschenalter in der Praxis getan haben, jetzt nicht mehr allzusehr imponieren wird. Indessen liegt auf der Hand, daß dies den denkenden Arbeiter nicht von der Pflicht entbindet, den verlockenden Gedankengang der Sozialreformer ernstlich zu prüfen und je nach dem Ergebnis seiner Überlegung zu handeln. Wenn wirklich auf dem Wege gütlichen Zuredens das erreicht werden kann, was die Arbeiter brauchen, so wäre der ein Verbrecher, der noch weiterhin zu opferreichem Kampf auf- rufen wollte.(Schluß folgt.) Aus dem Eulengebirge. Wo man wirkt und spulet Tag und Nacht, Zwei Ellen Ware für einen Kreuzer macht, Baumwollkochtund stärkt, lnüpkt und schert dabei, Tort existiert die wahre Sklaverei. <Aus einem alten Weberlied.) Der 36 Kilometer lange Höhenzug des Eulengebirges gehört zu den Sudeten , dem bedeutendsten Gebirge Deutsch- lands nach den Alpen. Während früher das Eulengebirge eine ausgedehnte Hausindustrie aufwies, ist diese jetzt bis auf wenige Reste verdrängt worden durch riesige Fabrikbetriebe. Eine nach der anderen von den selbständigen Existenzen ist vernichtet worden durch die wie Pilze aus der Erde schießen- den Fabrikbetriebe, die mit allen neuen technischen Hilfs- Mitteln ausgestattet sind.» Unzählige Schlote zeugen von der Herrschaft des neuen Herrn, des Kapitalismus . Im Eulengebirge war es, wo sich schon frühzeitig die Klassenkämpfe zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten in der schärfsten Form abspielten. Hier war es, wo der Hungerschrei der armen ausgemergelten Weber erstickt wurde durch blaue Bohnen, die der Weisheit letzter Schluß für den Staat waren. Hier hat Gerhart Hauptmann das Material gesammelt zu seinem erschütternden, lebenswahren Drama: „Die Weber ". Und auch heute noch ist das Elend der Textilarbeiter- schaft des Eulengebirges außerordentlich groß. Ihr Einkommen steht im Durchschnitt weit unter dem, was Arbeiter ähnlicher Art im übrigen Deutschland verdienen. Beträgt doch der Durchschnittstaglohn im Gebiet der Schlesischen Textilberufsgenossenschaft nach amtlichen Angaben 1,75 Mk., während er im Gebiet der Rheinisch-Westfälischen Textilberufsgenossenschaft sich auf 2,73 Mk. beläuft. Eine runde Mark Einkommen haben also die schlesischen Textil- ftlaven weniger als ihre Brüder und Schwestern im Nordwesten. Die Lebensmittelteuerung, die seit dem Inkrafttreten des neuen Zolltarifs immer schlimmer geworden ist, läßt die Kargheit des Lohnes besonders hart empfinden, ganz ab- gesehen davon, daß die Hauswirte auf die Steigerung der Bodenrente bedacht sind und regelmäßig eine Erhöhung des Mietzinses verlangen. Innerhalb eines Jahres stieg im Eulengebirge der Preis für Roggenmehl(die Preise verstehen sich, wo nichts anderes angegeben ist, pro Pfund) von 11'/» auf 15 Pf., für Weizenmehl von 13 auf 16 Pf., für Gerstenmehl von 11 auf 13 Pf., Roggen und Gerste(als Kaffeersatz geröstet) von 15 auf 18 Pf., Schmalz von 55 auf 60 Pf., Margarine von 75 auf 90 Pf., grüne Erbsen von 15 auf 16 Pf., ge- schälte Erbsen von 20 auf 22 Pf., Graupen von 18 auf 20 Pf., Linsen von 22 auf 40 bis 50 Pf., Rüböl von 38 aus 44 Pf. Kartoffeln, das wichtigste Nahrungsmittel unserer Gegend, kosten jetzt pro Zentner 2,40 Mk. statt früher 1,80 Mk. Ammoniaksoda ist von 8 auf 10 Pf. verteuert worden. Schmier- seife von 22 auf 24 Pf. Für die Stegseife wird zwar pro Steg derselbe Preis wie bisher gezahlt, aber die Stege sind durchweg um 100 bis 150 Gramm leichter geworden. Im Engroseinkauf ist der Preis pro Zentner für die gewöhnliche harte Stegseife von 20,50 Mk. auf 30 Mk. in die Höhe ge- gangen; die Terpentinseife kostete vor einem Jahre im Ein- kauf 37 Mk. pro Zentner, heute aber 65 Mk. Der Zentner Kohle muß heute mit 1,10 Mk., statt mit 35 Pf. wie früher bezahlt werden. Die Emaillewaren zogen um 17'/, Prozent im Preise an. Die Bettstrohsäcke kosten bei gleicher Quali- tät jetzt 2,70 Mk., während sie früher für 2,10 Mk. zu haben waren. Arbeitshosen sowie überhaupt Manufakturwaren sind um 10 bis 15 Prozent im Preise gestiegen. Unter solchen Umständen wird man es begreiflich finden, wenn die hiesige Arbeiterschaft ihre Lage verbessern will. Ansang März forderten die Färbereiarbeiter und -arbeiterinnen der Firma Lieber in Langenbielau in der Hauptsache eine Lohnzulage von ganzen 15 Pf. pro Tag, eine Forderung, die schließlich nach Verhandlungen mit dem Gewerberat auf 10 Pf. ermäßigt wurde, also pro Arbeitsstunde einen Pfennig betrug. Eine furchtbar bescheidene Forderung, wenn man bedenkt, daß die weiblichen Arbeiter in der Lieberschen Färberei meist nur einen Tagelohn von 1,10 Mk. trotz schwerer und schmutziger Arbeit erzielen. Da sind die Pfitzerinnen, die das rohe Garn in halbe und ganze Pfund abteilen und mit einer Schnur umbinden, eine Arbeit, die besonders durch die Staubentwicklung ge- sundheitsschädigend wirkt. In der Stärk er ei kochen Ar- beiterinnen die Stärke und stärken mittels einer Maschine das Garn. Die Arbeit ist naß und schmutzig; ferner herrscht im Betrieb eine starke Hitze, da die Stärke fortwährend kocht und auch die Stärkemaschine Hitze entwickelt. Arbeiterinnen nehmen in der Maschinenfärberei gefärbte Spulen von der Maschine ab und stecken ungefärbte wieder an. Bei starker Wärme müssen Frauen an der Trockenmaschine das Garn aufstecken oder auf Stangen legen und wieder abnehmen. Daß auch die Färbereiarbeiter schwere, früh die Kräfte vernichtende Arbeit zu verrichten haben, braucht nicht besonders ausgeführt zu werden. Bald müssen sie in einer Temperatur von 40 bis 50 Grad Celsius arbeiten, bald in strenger Kälte. Der Keim zu schwerer Krankheit wird frühzeitig gelegt. Man sieht auch hier keinen alten Färbereiarbeiter. Mit einem ganzen Nickel Lohnzulage wollten sich die ge- wiß schwer frondenden Arbeiter und Arbeiterinnen begnügen. Das Unternehmertum, das auch im Eulengebirge den Wert der Organisatton besser begriffen hat wie so manche An- gehörige der Arbeiterklasse, erklärte jedoch einmütig, daß die gesamte organisierte Textilarbeiterschaft Schlesiens aus- gesperrt, aufs Straßenpflaster geworfen würde, wenn die Liebersche Arbeiterschaft ihre Forderungen nicht zurückziehe. Nur was davon in sanitärer und gewerbepolizeilicher Hin- ficht unbedingt erfüllt werden mußte, wollte man be- willigen. Die geforderte Lohnerhöhung hätte dem schwer- reichen Fabrikanten beb 122 Arbeitern pro Tag eine Mehr- ausgäbe von ganzen 12,20 Mk. verursacht. Zu der wollte er sich nicht verstehen, und noch weniger wollten seine Klassengenossen etwas vom Bewilligen wissen. Ihnen kam es vor allem darauf an, die aufwärts strebende Arbeiter- schaft des Eulengebirges„niederzureiten", eine Machtprobe herbeizuführen, um nicht bloß den Färbereiarbeitern und -arbeiterinnen, sondern auch den armen Webern und Spulern den Mut zu nehmen, jemals Lohnforderungen zu stellen. Die Unternehmer wollten gerade jetzt den Kampf, wo die herannahende Krise ihre Schatten vorauswirft, jetzt, wo die Organisation noch nicht stark genug ist, um das Ringen mit dem kapitalkräftigen Unternehmertum siegreich bestehen zu können. Die Leitung des Verbandes deutscher Textil- arbciter und-arbeiterinnen sagte sich deshalb mit Recht, daß unter den gegenwärtigen Umständen der Entscheidungs - kämpf zwischen dem organisierten Unternehmertum und den Arbeitern von vornherein aussichtslos sei, und riet der Lieberschen Arbeiterschaft, die eingereichte Kündigung zurück- zuziehen. Schweren Herzens geschah, was im Interesse der gesamten Textilarbeiterschaft des Eulengebirges notwendig war. Hätte man anders gehandelt, so wäre ein zweites Crimmitschau heraufbeschworen worden. Einen Erfolg hat die nun beendigte Bewegung aber doch gehabt: vor aller Welt hat sich wiederum das schlesische Unternehmertum selbst gebrandmarkt! Leider hat so mancher Textilproletarier, so manche Textil- proletarierin aus dem Abbruch des Kampfes nicht die richttge Lehre zu ziehen vermocht. Anstatt nun erst recht treu zum Textilarbeilerverband zu stehen, hat eine Anzahl Arbeiter und Arbeiterinnen ihm den Rücken gekehrt. Die das taten, haben damit den sehnlichen Wunsch ihrer Feinde, der Fabrik- barone, erfüllt. Denn diese wünschen ein« Lichtung und Lockerung der Organisatton. Arbeiter und Arbeiterinnen, besinnt euch, nur keine Fahnenflucht! Ihr versetzt euch selbst Faustschläge, wenn ihr die Organisation im Stiche laßt; sie ist euer Hort, sie ist das Banner, um die sich auch die Ärmsten der Armen, die Textilproletarier des Eulengebirges, scharen müssen, wollen sie eine Besserung ihrer Lage er- zielen. Noch sind von etwa 58000 Personen, welche die schlesische Textilindustrie beschäftigt, nur etwa 12000 organi- siert; noch ist also das Arbeitsfeld Wer Organisation«in außerordentlich großes. Die Arbeiter und Arbeiterinnen sind noch bei weitem nicht in demselben Maße organisiert wie das Unternehmertum. Und doch bedürfen sie als Arine und Ausgebeutete der Organisation weit mehr als dieses. Des- halb vorwärts an die Arbeit! Wie man mit Leichtigkeit einen schwachen Stab zerbrechen kann, so wird der Kapitalist mit dem einzelnen fordernden Arbeiter leicht ferttg; wie es schon schwer ist, ein Dutzend schwache Stäbe auf einmal zu zerbrechen, so fällt es auch dem Unternehmertum schwerer, mit den Arbeitern fertig zu werden, wenn sie zum Teil organisiert sind; wie es aber unmöglich ist, ein großes Bund Stäbe zu zerbrechen, so ist es auch den Kapitalisten unmög- lich, mit ihren Lohnftlaven ferttg zu werden, wenn diese alle zum Klassenbewußtsein erwacht und organisiert sind. Arbeiter und Arbeiterinnen, erkennt, was euch euer Interesse gebietet; lernt, daß die Macht, die ihr als Masse besitzt, nur durch die Organisation zur Geltung kommen kann. Franz Feldmann-Oberlangenbielau. Robert Schweichel . Der älteste unter den Veteranen der Partei, Robert Schweichel , ist nicht mehr. Nachdem er noch am 12. Juli des vergangenen Jahres unter herzlichen Sympachie- bezeugungen zahlreicher Freunde und Verehrer seinen 35. Ge- burtstag in verhältnismäßig großer Rüstigkeit gefeiert, stellten sich bald ernste körperliche Beschwerden als Folgen des hohen Allers ein. Die hingebendste Pflege seiner ihm durch mehr als ein halbes Jahrhundert verbundenen treuen Ge- fährtin vermochte das mählich erlöschende teure Leben nicht zurückzuhalten. Am Morgen des 25. April schlössen sich die klaren, gütigen Augen des greisen Dichters für immer. Robert Schweichel war unser! Die reichen Fähigkeiten, welche die Natur ihm verliehen, stellte er schon als Jüng- ling in den Dienst der Sache des Volkes, seiner Erlösung aus den Banden der Rechtlosigkeit und Unwissenheit. An der Seite Johann Jacobys bereitete er in seiner ostpreußischen Heimat den Boden für die Saat der Revolution. Als die in ganz Deutschland herrschende polittsche Gärung 1848 Ostpreußen ergriff, stand der 27jährige Schweichel, un- ermüdlich in Wort und Schrift kämpfend und agitierend, im Vordertreffen, und er war dann auch einer der ersten, die die Übermacht der hereinbrechenden Reaktion zu fühlen be- kamen. Sie riß ihn aus feiner Studienbahn, machte ihn existenzlos und hetzte ihn von Ort zu Ort, bis er schließlich Deutschland verließ. Lange Jahre lebte er nun im Exil in der Schweiz . In der Ausübung des Lehrberufs fand er in Lausanne eine ihn befriedigende Tätigkeit, die ihm zu- gleich einen bescheidenen Lebensunterhalt sicherte. Vorüber- gehend kehrte er 1355 in die Heimat zurück, um sich mit
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17 (13.5.1907) 10
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