102 Die Gleichheit Nr. 12 die inneren Zusammenhänge dar, die zwischen der Frage der sexuellen Aufklärung und dem Problem unserer ge- samten Erziehung bestehen, und gründete demzufolge den Erfolg aller sexualpädago gifchen Bemühungen nicht zum letzten auf den neuen allgemeinpädagogischen Untergrund, der mit der Umwandlung unserer Wiffens- in eine Könnens- schule gewonnen werden soll. Die praktische Arbeitstätig- keit als Mittel der Schulerziehung, der Ausbau des Hand- fertigkeitsunterrichtes werden nach seiner Meinung geeignet sein, dem Geschlechtsleben zur Gesundung und Veredlung zu verhelfen. Im übrigen wollte er wie sein Vorredner die Auf- klärungsarbeit der Schule zugewiesen und an den natur- geschichtlichen Lesestoff angeknüpft wissen; zunächst sollte jedoch vor allen Dingen die sexuale Belehrung in das Arbeitsgebiet der Lehrer- und Lehrerinnenseminare eingeführt werden. Damit ist der Teil der Kongreßverhandlungen, der die Jnteressenphäre des Proletariats berührt, vollständig er- schöpft. Was da des weiteren noch ausgeführt wurde über das sexuelle Moment in der Jugendliteratur, über sexuelle Aufklärung in den höheren Schulen, Sexual- Pädagogik im Lehrerseminar, sexuelle Aufklärung der Abiturienten usw., hatte entweder nur Fachinteresse oder bezog sich ausschließlich auf die Verhältnisse der Bour- geoiste. Mit sichtlichem Bemühen ging man um alle Ecken und Kanten herum, vermied ängstlich jede tieferwirkende Kritik und wagte nicht, der herrschenden Klasse das Maß der Schuld vor Augen zu halten, das sie durch die ftanda- löse Verwahrlosung der öffentlichen Erziehungsverhältnisse auf sich geladen hat. Kein Wort über die Vergewalti- gung der Körper und Hirne in dem Schablonismus unserer verfehlten und vernunftwidrigen Erziehungssysteme; kein Wort über die grauenhafte Unkultur, die sich in überfüllten Schulklassen unter den Händen mangel- hast ausgebildeter Lehrer in erschreckender Weise be- merkbar macht; kein Wort über den reaktionären Geist in der Schulverwaltung, der jede Neuerung hinter- treibt, jede Reform vereitelt, jede freie und selbständige Regung unterdrückt, dafür aber die Muckerei fördert, den Kadavergehorsam kultiviert und einen hohlen und wüsten Radaupatriotismus züchtet. Keine Hand, die den Schleier weggezogen hätte von den Abgründen unseres sozialen Lebens: hier Hunger, Arbeitslosigkeit, Wohnungs- not, geistige und seelisch e Verwahrlosung und Bru- talisierung, Alkoholismus und Vernichtung aller heiligen und edlen Empfindungen, dort Luxus, Schwelgerei, Sinnenrausch, raffinierte Genußsucht. Kein anklagender Mund, der den Vertretern des Besitzes und der kapitalistischen Gegenwartskultur die Belehrung vermittelt hätte, daß die heillosen Zustände in unserem heutigen Ge- schlechtsleben, aus deren Chaos die besseren Elemente in tastender Ratlosigkeit nun Hilfe und Zuflucht bei der Auf- klärung und der Macht des Wortes suchen, nichts anderes sind als Fäulnisprodukte und Verwesungserschei- nungen, die der innerlich vermorschte und in sich zusammen- brechende Gesellschaftskörper ausscheidet, um sie täglich in um so größerer Menge wieder zu erzeugen. Nur hin und wieder machten sich einige abweichende Meinungen, in denen Untertöne sozialen Verständnisses klangen, bemerkbar, so als Henriette Fürth auf die elenden Wohnungsverhältnisse und die überlange Arbeitszeit der Fabrikproletarierinnen verwies, als der Sanitätsrat Heidenheim sich über die Behandlung beklagte, die ihm wegen seiner Aufllärungsarbeit wider- fahren fei, und als Professor Hirth auf die Gefahren auf- merksam machte, denen die Lehrlinge, Verkäuferinnen und besonders die Dienstmädchen für ihr sittliches und sexuelles Leben ausgesetzt sind. Nicht mit einem Sterbensworte ge- dachte der Kongreß der Stellung der Proletarierin im modernen Klassenkampfe, ihres gegen früher veränderten Verhältnisses zum Manne, der neuen und eigenartigen Geschlechtsbeziehungen, die sich daraus ergeben, und der Wirkung, die diese neuen Geschlechtsbeziehungen für die Gestaltung des ge- samten Geschlechtslebens der Gesellschaft haben muß. Und das obgleich eine feste Basis für eine gesunde Sexualpädagogik nur geschaffen werden kann, wenn die dank der revolutionierten wirtschaftlichen Verhältnisse gewandelten Beziehungen zwischen den Geschlechtern berücksichtigt werden. 0. R. II. Ein Genosse, der als Zuhörer dem Kongreß beiwohnte, schreibt uns: Langsam ringt sich in einem Teil der bürgerlichen Kreise zunächst der gebildeten der Gedanke durch, daß prüdes Ignorieren aller mit dem Geschlechtsleben zusammenhängen- den Vorgänge und Erscheinungen große Gefahren mit sich bringt. Das gedankenlose Vorurteil, das die Besprechung sexueller Dinge als unsittlich ablehnt, ist langsam im Schwinden begriffen. Das Umsichgreifen der Geschlechts- krankheiten, insbesondere der Syphilis und ihre Verhängnis- vollen Folgeerscheinungen nicht nur für das betroffene Jndi- viduum, sondern auch für die Nachkommen fangen an, die Geister aufzurütteln und die anerzogene Scheu vor der öffentlichen Besprechung der einschlägigen Fragen zu über- winden. Die vorurteilsvolle Sitte gerät in Konflikt mit der zwingenden Notwendigkeit: sie verlangt, daß in Familie, Schule und anständiger Gesellschaft sexuelle Fragen nicht erwähnt werden, und daß die heranwachsende Jugend in völliger Unkenntnis über sie gelassen wird. Die Notwendig- keit, den Geschlechtskrankheiten erfolgreich zu begegnen, heischt dagegen gebieterisch Aufklärung der heranwachsenden Jugend. Dieser Widerspruch trat schon in der Zusammensetzung des dritten Kongreffes der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, mehr aber noch in feinen Ver- Handlungen zutage. Da waren Hygieniker, welche sexuelle Diät aus rein hygienischen Gründen empfahlen, die Be- rechtigung der Befriedigung des Geschlechtstriebs aber an- erkannten, und Ethiker, welche eine außereheliche Befriedi- gung des Geschlechtstriebs auch bei Ehelosigkeit verwarfen. Auch rein äußerlich zeigte sich der Gegensatz. Dort saßen Vertreter des preußischen Unterrichtsministeriums, das in punkto sexueller AufllSrung als unglaublich rückständig be- rüchtigt ist, Vertreter der badischen Regierung, von denen Geheimrat Dr. Weygold sich nicht enthalten konnte, in seiner Begrüßungsrede die Befürchtung auszusprechen, daß die sexuelle Aufklärung in der Schule vielleicht mehr Schaden als Nutzen bringen werde. Ihnen zur Seite energische Be- fürworter der sexuellen Aufklärung, Dr. Blaschko, Dr. Mar- cuse, Frau Fürth , die Frauenrechtlerinnen Lischnewska, Heimann und andere. Aus den Halbheiten kam man bei dieser Zusammensetzung des Kongresses natürlich nicht her- aus, von wenigen Ausnahmen abgesehen, machte man auch nicht einmal den Versuch dazu, weil jeder Teilnehmer die Aufdeckung der Gegensätze scheute. Als der Sanitätsrat Heidenheim aus Steglitz schilderte, wie ihm vom Regierungspräsidenten nicht wie in den Zeitungen gestanden habe, vom Minister die sexuellen Aufllärungsstunden für die heranwachsende Jugend ver- boten worden seien, kam etwas Temperament in die Ver- sammlung, namentlich als der Redner mitteilte, wie er vom Reichsboten" in den Kot gezogen worden sei. Weiter als zu einigen Zurufen reichte aber die Entrüstung dieserwohl- erzogenen" Leute nicht, denn der preußische Geheimrat Mathias nahm seinen allverehrten Chef, den Minister Studt, in Schutz und bedauerte, daß derselbe in diese Angelegen- heit hineingezogen worden sei. Daß der Minister aber etwa dem ihm unterstellten Regierungspräsidenten Weisung ge- geben habe, reaktionäre Maßregeln ähnlicher Art in Zukunft hübsch zu unterlassen, davon wußte der Herr Geheimrat nichts zu melden. Es erklärt sich wohl aus übel angebrachter Höflichkeit, daß keiner der nachfolgenden Redner auf die Angelegenheit zurückkam. Von der anderen Seite wurde freilich so zarte Rücksicht nicht immer geübt. So ging der preußische Regierungsvertreter Professor Dr. Kirschner wieder- holt aggressiv vor und verschmähte dabei auch kleine Mätz- chen nicht. über die Frage, wer den Sexualunterricht in den höheren Schulen erteilen solle, war man allgemein auch seitens der Arzte der Ansicht, daß das Ausgabe des Lehrers sei, der ja das Verttauen seiner Schüler genieße. Anderer Ansicht waren nur die preußischen Regierungsvertreter. Die Be- gründung, die Geheimrat Mathias hierzu gab, wurde von den Anwesenden allgemein mit verständnisvollem Lächeln aufgenommen. Der Herr Geheimrat erklärte nämlich unter anderem, er sei für den sexuellen Aufllärungsunterricht durch Arzte, schon weil die Schule in ihrer Organisation zu schwerfällig sei, um eine Neuerung ohne Schwierigkeiten durchzuführen; sie hinge zu sehr am Althergebrachten. Die Frage, ob von unverheirateten Personen völlige ge- schlechtliche Enthaltsamkeit verlangt werden könne, ver- neinten am entschiedensten die Frauen; selbst die sonst recht zahme Frau E. Krukenberg wollte über das 24. Lebensjahr hinaus keine solche Absttnenz fordern. Den entgegengesetzten Standpunkt vertrat der katholisch gewordene Dr. Fr. W. Foerster-Zürich. Er verlangt die entschiedenste Bekämpfung des Geschlechtstriebs durch Askese, Kasteiung des Fleisches und Stählung des Willens. Das Universalmittel, um der Versuchung nicht zu unterliegen, ist ihm die Religion, weil in ihr die Anschauung vertteten wird, daß diese Sinnen- weit und dieses irdische Leben nicht die ganze Wirklichkeit, sondern nur die Borstufe und Vorbereitung zu einer höheren geistigen Welt seien". Dämonen können nur durch Götter besiegt, und die Hölle kann nur durch den Himmel überwunden werden.Die Religion ist die größte sexual- pädagogische Kraft aller Zeiten; die Religion löst die sexuelle Frage von oben, sie gibt keine materielle Auf- klärung, sondern sie weist mit majestätischer Gebärde nach oben." Die Herren Naturwissenschaftler machten verlegene Ge- stchter bei diesen Ausführungen, die ihren eigenen An- schauungen schnurstracks widersprechen. Äußerst bezeichnend ist aber, daß dem religiösen Schwärmer von einem Teil der Versammlung lebhaft Beifall gezollt wurde, übrigens wurde seiner Anpreisung der Religion zur Überwindung des Teufels geschlechtlicher Triebe von einer Lehrerin, Fräulein Schmidt, von ihrem Standpunkt aus nicht ungeschickt sekundiert. Die Antworten derjenigen, die in der weiteren Debatte diese Ausführungen überhaupt streiften, waren zurückhaltend bis zur Verbindlichkeit. Die etwas vertrockneten Gesichter der Regierungsvertreter glänzten vor innerer Freude ob des feierlichen religiösen Bekenntnisses dieses Züricher Dottors; darauf mußteoben" einige Rücksicht genommen werden. Man fühlte sich sicherer, wegen des Kongresses nicht an- zuecken. Frau Fürth , Fräulein Lischnewska und Fräulein Heimann zeigten etwas mehr Mut; sie traten für eine moderne geschlechtliche Sittlichkeit ein. Von den Männern war es nur der Arzt Marcuse , der den völligen Bankrott der christlichen Religion gegenüber sexueller Ausschweifung konstatierte. Mit Schärfe wies er darauf hin, daß die Kirche seit fast zwei Jahrtausenden geherrscht habe und bis auf den heutigen Tag eine ungeheure Macht besitze, aber sich trotzdem als völlig unfähig erwiesen habe, gesunde sexuelle Verhältnisse zu schaffen. Der Mannheimer Kongreß hat einmal mehr bewiesen, daß die Reformbestrebungen der bürgerlichen Kreise auch auf geschlechtlichem Gebiet durch die bürgerlichen Klaffeninter- essen gelähmt werden und über sie kaum hinausreichen. Der Kongreß betrachtete die Frage der sexuellen Aufklärung so gut wie ausschließlich vom Standpunkt der bürgerlichen Ver- hältniffe und im Hinblick auf die bürgerlichen Interessen- Des Schutzes gegen sexuelle Gefahren das ging durch die Verhandlungen bedürfen vor allem die das Gymnasium besuchenden oder es verlassenden Söhne der besitzenden und gebildeten Kreise, der Beamtenschaft usw. Die Töchter dieser Gesellschaftsschichten bleiben bis zu ihrer Verheiratung meist im Hause und dann, wenigstens bis zu ihrer Verlobung, auch unter so strenger Aufsicht, daß sie eines weiteren Schutzes ihrer Reinheit und Gesundheit nicht bedürfen. Offenbar schien man auch bei den Mädchen von vornherein ein minder starkes geschlechtliches Triebsleben vorauszusetzen als bei den Jünglingen. Man sprach daher mit wenigen Ausnahmen in erster Linie von den Maßregeln, die jungen Männer zu einem gesunden Geschlechtsleben zu erziehen. Daß der Schwerpunkt der ganzen Frage sexueller Päda- gogik und sexueller Moral und Gesundheit nicht auf hygie- nischem oder ethisch-religiösem, sondern auf wirtschaftlich- sozialem Gebiet liegt, übersahen die Herrschaften, um nicht die Konsequenzen in Theorie und Praxis ziehen zu müssen. Würden sie rücksichtslos gezogen, so bedeutete das die Mit- arbeit an der Beseitigung von Zuständen, die der männlichen Jugend der bürgerlichen Kreise eine Heirat vor dem 30. Lebens- jähr meist nicht gestatten, ihnen aber dafür erlauben, sich im außerehelichen Geschlechtsverkehr schadlos zu halten. Auch davon ließen die Kongreßteilnehmer nichts verlauten, dahin der Arbeiterklasse das Geschlechtsleben ein viel gesünderes ist, die Heiraten in einem früheren Lebensalter geschlossen werden und die Geschlechtskrankheiten in viel geringerem Maße grassieren als in den besitzenden Klassen. Die Arbeiter- klaffe wird auch auf dem Gebiet der Sexualhygiene und der Sexualpädagogik dank ihrer revolutionierten Lebensverhält- nisse und ihrer neuen Moral die Trägerin einer Kultur- Mission sein. G. L. Aus der Bewegung. Ein Jubiläum. Genossin Baader hat am 30. Mal ihren 60. Geburtstag gefeiert. Die Hälfte ihrer Lebensjahre hat dem treuesten und opferfreudigsten Dienst ihrer über- zeugung gehört. Zuerst als stille unbekannte Genossin, welche das Evangelium des Sozialismus in ihrem Herzen bewegte; dann als rührige Organisatorin und Agitatorin bei Klein, arbeit und in der Öffentlichkeit; schließlich als Trägerin eines der wichttgsten Verttauensämter, welches die proletarische Frauenbewegung zu vergeben hat, und das sie mit Umsicht, Gewissenhaftigkeit und Taft verwaltet. Was Ottilie Baader geworden ist, und was sie leistet, das verdankt sie sich selbst und der befruchtenden Kraft des proletarischen Klassenkampfes. Mit eisernem Fleiß hat sie unter Mühen und Entbehrungen an ihrer Bildung gearbeitet. An ihren Aufgaben und mit ihnen ist sie stetig gewachsen. Und nicht nur ihres rastlosen Wirkens halber ist sie allen wert geworden, die mit ihr Arbeit und Kampf teilen, sondern auch der trefflichen per- sönlichen Eigenschaften wegen, die sie in Arbeit und Kampf hineinttägt, persönliche Eigenschaften, die manches Vorurteil gegen die politische Betätigung der Frauen entwaffnet haben. Die Berliner Genossinnen hatten es sich nicht nehmen lassen, den Geburtstag zu einem Ehrentag für Ottilie Baader zu gestalten. Eine schöne Feier vereinigte die alten bewährten Kampsesgesährtinnen der Jubilarin und den jungen Nach- wuchs, der sich ihnen zugesellt hat. Glückwünsche von nah und fern bezeugten die große Sympathie, deren sich unsere Otttlie erfreut. Trotz aller Härten des Lebens und aller Kampsesstürme hat sich Genossin Baader eine Frische und Rüstigkeit bewahrt, wie sie nur eine ewig junge Begeisterung für eine große Sache zu geben vermag. Wir schöpfen daraus die Hoffnung, daß unser herzlicher Wunsch sich erfüllt: Unsere Genossin und Freundin möchte noch recht lange in den vor- dersten Reihen des proletarischen Befreiungsheeres weiter- kämpfen. Bon der Agitation. Die Unterzeichnete sprach auf Veranlassung der Partei in Versammlungen zu Zerbft. Quedlinburg , Thale , Harzgerode , Gernrode , Hal- berstadt, Ellrich , Zorge , Einbeck , Nordhausen , Sangerhaufen, Halle, Eilenburg und Dessau . Die Versammlungen waren die ersten drei Orte ausgenom- men sehr gut besucht, teils überfüllt, und die Anwesen- den folgten mit Interesse den Ausführungen zu dem Thema: Unsere Waffen im Klassenkampf." In Quedlinburg , wo der Besuch der Versammlung nicht gut war, könnte man glauben, die Arbeiterschaft sei auf Rosen gebetet, wenn man von dem Äußeren der Stadt auf die Lage seiner Bewohner schließen wollte; in Quedlinburg gibt es sehr viele Gärt- nereien. Drei der großen Gärtnereibesitzer sind nach der städtischen Einkommensteuer mit 130000 bis 626000 Mk. eingeschätzt worden. Hält man gegen diese Riesensummen die Löhne der Arbeiter und Arbeiterinnen, so sieht man, mit welchem Recht die Arbeitgeber über diemaßlose Be- gehrlichkeit" der Arbeitnehmer klagen. Ein Gärtnergehilfe verdient 640 bis 766 Mk., ein Gärtnereiarbeiter 666 bis 626 Mk.. eine Gärtnereiarbeiterin 343 bis 437 Mk. im Jahr. Und dazu sind die Arbeiter in den Gärtnereien als Landarbeiter jenemJuwel" eines preußischen Ge- setzes unterworfen, das ihnen Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr androht, wenn sie durch Einstellung der Arbeit bessere Lohn- und Arbeitsverhältnisse erzwingen wollen. In Thale waren die Arbeiter und Arbeiterinnen nicht zu bewegen gewesen, in die Versammlung zu gehen, aus Furcht, brotlos zu werden. Zirka 6000 Arbeiter und Arbeiterinnen arbeiten dort in einem Emaillierwerk. Ihr Lohn ist karg, ihre Arbeitszeit lang, sie leben in den trau- rigsten Verhältnissen. Die wenigen Erschienenen hörten mit Interesse der Referentin zu, die über das Thema sprach: Müssen die Frauen sich an der Arbeiterbewegung betei-