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Die Gleichheit
Nr. 12
Der Zeitgeist.
Don friedrich hölderlin.
3u lang schon walteft über dem Haupt mir Du in der dunkeln Wolke, du Gott der Zeit! Zu wild, zu bang ist's ringsum, und es Trümmert und wankt ja, wohin ich blicke. Ach! mie ein Anabe seh' ich zu Boden oft, Such' in der Höhle Rettung vor dir, und möcht', Jch Blöder, eine Stelle finden, Alleserschütterer! wo du nicht wärest. Laß endlich, Vater! offenen Augs mich dir Begegnen! haft denn du nicht zuerst den Geist Mit deinem Strahl aus mir geweckt? mich Herrlich ans Leben gebracht, o Vater! Wohl keimt aus jungen Reben uns heil'ge Kraft; Jn milder Luft begegnet den Sterblichen,
Und wenn sie still im Haine wandeln, Heiternd ein Gott; doch allmächt'ger weckst du Die reine Seele Jünglingen auf und lehrft Die Alten weise Künste; der Schlimme nur Wird schlimmer, daß er bälder ende, Wenn du, Erschütterer! ihn ergreifest.
Rote Ostern.
Siftorisches Gemälde aus dem Bauernkriege.
wesen, der sich den Bauern bei den Schüssen auf ihre später in mancherlei Verkleidung aus der Stadt geschafft. Gesandten entrungen hatte. Florian Geyer schwenkte Zwei Ritter, welche nicht schnell genug in ihren schweren mit seiner Schar sofort links ab, um das Schloß von Rüstungen hatten fortkommen fönnen, wurden von den der nördlichen Seite, wo der Berg, auf dem es thronte, Leuten des Dionyfius Schmid, die durch das erbrochene am zugänglichsten war, zu stürmen. Die Bauern der Ausfallpförtlein eindrangen, auf dem Kirchhof erschlagen. Rothenburger Landwehr hatten unter dem Banner ihrer Jäcklein Rohrbach stürmte mit seiner Schar die SpitalStadt in deren Fehden gegen den Raubadel Burgen gaffe herauf. In die Häuser und haltet euch eingeschlossen, brechen gelernt, und die Lanzknechte waren ihres Hand- wenn euch euer Leben lieb ist!" riefen sie den Bürgern werks wohl kundig. Semmelhans zeigte der schwarzen zu, die totenbleich auf ihre Knie fielen. Gleich der wilden Schar" die gangbarsten Stellen. Jäcklein Rohrbach stürzte Jagd brausten die Bauern vorüber, Jäcklein Rohrbach mit seinem Haufen wie ein wildes Gebirgswasser von an ihrer Spitze, das blanke Schwert in der Hand, seine dem Schemelberg auf das Untertor, den Weinsbergern Augen flammten, sein rötlicher Bart schien sich zu sträuben. Mord und Brand schwörend. Gegen das obere Tor, über den Markt, wo sie die verlassenen Pferde fanden, von wo der Weg nach Eberstadt und Schwabbach führt, fegten sie nach der Kirche hinauf, während durch das obere zog Jörg Mezler mit seinem Heere heran. Da wurden Tor, zu dem sich die Frauen der Schlüssel bemächtigt Herr Dietrich von Weiler und Graf Ludwig wohl inne, hatten, das Hauptheer unter Jörg Mezler eindrang. daß die„ Roßmucken" das Osterspiel ernst nahmen. Vor Wie die Wogen des sturmgepeitschten Meeres an allen Toren tobte der Kampf. Felsen branden, so tobten in entfesselter Leidenschaft die Jäcklein Rohrbach und seine Haufen achteten nicht Bauernmassen wild um die Kirche. Durch das Gelärm der Schüsse, mit denen sie von der Mauer und aus den flangen die Arthiebe, denen die Kirchentür nicht lange Schießscharten empfangen wurden, noch der Steine, die Widerstand zu leisten vermochte. Mit vorgestreckten auf fie niederprasselten. Die Büchsen taten ihnen auch Spießen drangen die Bauern ein, und alle, die sie hier taum Schaden; aber von den Steinen wurden viele ver- fanden, wurden niedergestochen. Auch in die Gruft wundet. Immer neue Streiter drängten an die Stellen drangen sie, erftachen die Versteckten, brachen die Särge der Kampfunfähigen, und fort und fort schmetterten die auf und plünderten sie. Inzwischen hatte Semmelhans, Arte und Hämmer, krachten die Sturmbalfen gegen das der mit anderen von der Burg in die Stadt gekommen dreifache Untertor. Die Ritter und reisigen Knechte, die war, die schmale Wendeltreppe entdeckt und zeigte fie Ehrbaren und die wohlhabenden Bürger wehrten sich triumphierend den Bauern. Ein wildes Freudengeschrei mit aller Gewalt; die anderen Bürger taten mur lässig erscholl:„ Hier haben wir das ganze Neft beisammen; ( Fortegung.) ihre Pflicht. Die Erhaltung des alten Regiments war schlagt sie alle tot!" Jeder wollte die Treppe hinauf. fein Preis, der zur Tapferkeit reizte. Ja, an der vier- Semmelhans war der erste. Lustig sprang er voran; Die Worte des Grafen von Helfenstein überzeugten eckigen Ausfallpforte, oben bei der Kirche, wurde gar kein da traf ihn das Schwert Jakobs von Bernhausen, des die Unzufriedenen nicht; allein seine Ritter und Reisige, Widerstand geleistet. Hier waren die Freunde der Bauern Vogts zu Göppingen Sohn. Jählings stürzte er rückdie er weislich am oberen Ende des Marktes aufgestellt auf Bosten, und während Dionyfius Schmid von Schwab- wärts, ehe der junge Ritter das Schwert wieder zurückhatte, schüchterten sie ein, und in der Nacht schickten sie ziehen konnte, riß die folgenden mit sich und verstopfte Wolf Nagels Frau, der es durch Lift gelang, aus der Stadt so den engen Aufgang. Eine Frist war auf diese zu kommen, mit der Bitte in das Lager der Bauern: Schon war am Untertor bei dem Siechenhause das Weise gewonnen, aber eben auch nur eine Frist. Dietrich fie follten kommen; fie wollten ihnen die Stadt auftum; äußere Tor eingerannt; nun zersplitterte auch das zweite von Weiler benutzte sie, trat auf den Kranz des Turmes sie sollten sie nicht in den Nöten stecken lassen. unter den Arthieben und den Stößen der Sturmböcke. und rief, nachdem es einigermaßen still auf dem Kirchhof Der Graf selbst rechnete fest auf den Zuzug von Da erhob sich in dem Haufen ein wildes Jubelgeschrei: geworden war, fie wollten sich ergeben und 30000 Gulden Stuttgart . Deshalb ließ er auch das dreifache Untertor, bei dem Siechenhause, nicht wie die übrigen durch Dung von dem Schloffe wehte Florian Geyers Banner. Das Bösegeld zahlen, wenn man ihnen das Leben ließe. und Steine verterrassen. Durch dieses Tor mußte die Sturmbalfen, Hämmer, Arte gegen das dritte Tor. Jetzt, unserer Brüder!- Und wenn ihr uns eine Tonne Goldes Schloß war genommen, und mit erhöhter Kraft schlugen" Ihr müßt sterben!- Rache, Rache für das Blut Hilfe kommen. Als der Morgen kam, waren die Tore, Mauern und bei dem Anblick des Banners der schwarzen Schar" auf geben wollt; der Graf und alle Ritter müssen sterben!- Wehren nach den Anordnungen des Grafen alle besetzt; den Zinnen des Schlosses, entsant auch den ergebenen Rache für die Siebentausend von Wurzach !" So schrien Wehren nach den Anordnungen des Grafen alle besetzt; die Ritter und Reisigen gerüftet und gewappnet, und ihre Bürgern der Mut. Dem Dietrich von Weiler, welcher die erbitterten Bauern ihm zu, und in demselben AugenPferde standen gefattelt und gezäumt in den Ställen. Durch die Straßen ritt, um die Verteidiger anzufeuern, blick traf ihn der Bolzen einer Armbrust tödlich burch faft in die Arme Aber noch zeigten sich die Bauern nicht. Die Glocken fielen die Weiber in die Zügel und beschworen ihn, den den Hals. Er taumelte zurück riefen zur Messe. Während des Gottesdienstes wurde Widerstand aufzugeben, der sie alle in das Verderben seiner Feinde, die inzwischen die schmale Stiege erflommen dem Grafen, der mit Dietrich von Weiler in der Kirche stürzen müßte. Die Bürger riefen, man solle die Stadt hatten. Sie ergriffen den Sterbenden und schleuderten war, gemeldet, daß die Bauern da wären. Auf denn gegen Zusicherung des Lebens übergeben, und als die ihn auf den Kirchhof hinunter, wo er von den Bifen der zum fröhlichen Osterspiel!" rief er heiter dem Freunde Ritter hiervon nichts wissen wollten, wurden sie von den Bauern aufgefangen wurde. Dem Forstmeister Leonhard zu und begab sich auf die Mauer, wo er die Besatzung Dem Hans Dietrich von Wefferstetten, welcher eben einen Dietrichs von Weiler erkaufte von Bederhans aus Brackenzu und begab sich auf die Mauer, wo er die Besatzung Bürgern gewaltsam von den Mauern heruntergerissen. Schmelz und zwei anderen erging es ebenso. Der Sohn noch einmal mit kurzen Worten ermunterte, während Bauern erschossen hatte, drohten sie mit dem Tode, wenn heim sein Leben um zehn Goldstücke; als er sich aber Dietrich von Weiler das Pflaster aufbrechen und die Steine von den Frauen, Töchtern und Mägden der er nicht von der Mauer herunterkäme. Furcht und Verwandte, schlug ihn dieser mit seinem Handrohr von hinten zweiflung hatte sich der gesamten Bürgerschaft bemächtigt. nieder. Jörg Mezler, welcher mit einigen Hauptleuten Bürger auf die Mauern tragen ließ.
Von Robert Schweichel.
bach die Pforte von außen berannte, bemühten sie sich, dieselbe von innen aufzubrechen.
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Ja, die Bauern waren da. Ihre Waffen blitten in Der Graf von Helfenstein, welcher die Verteidigung auf den Kirchhof gesprengt fam, tat dem Morden Einder Ostersonne. Sie standen auf dem Kamm des Schemel gegen Jörg Mezler geleitet hatte, sah ein, daß unter halt. Den Rittern wäre aber besser gewesen, man hätte berges, der, seinen Namen von seiner Gestalt tragend, diesen Umständen ein längerer Widerstand nicht möglich sie in der Hize erschlagen. Sie wurden mit Stricken genordwestlich vor dem Schlosse sich hinstreckt, in Schlacht wäre. Er gab zu, daß einer von den Bürgern, der bunden und nach dem runden Turm am oberen Tore ordnung, voran Florian Geyer mit seiner schwarzen Schwabenhans, mit einem Hut auf einer Stange zum in das Gefängnis geführt. As sie über den Kirchhof Schar" und hinter ihm Jäcklein Rohrbach mit den Seinigen. Unterhandeln an das Untertor geschickt wurde; ja, er gingen, erhielt Graf Helfenstein einen Lanzenstich in die Der helle Haufen unter Jörg Mezler war noch über selbst begleitete ihn. Wie dieser aber: Friede! Friede!" Weiche und ein anderer einen Schlag über den Kopf, Erlenbach her im Anzug begriffen. Dort stand die hinausschrie, und andere schrien es mit ihm, da schossen daß er blutete. Die Wache vermochte es nicht zu hindern. Schwarze Hofmännin, murmelte Segenssprüche über die ihm die Bauern den Hut von der Stange. Jäcklein Drohungen und Verwünschungen begleiteten die GeWaffen ihrer Brüder und schrieb mit ihrem Stecken gegen Rohrbach kam heran und rief ihm zu, die Bürger sollten fangenen auf dem Wege. Jäcklein Rohrbach übernahm Weinsberg beschwörende Zeichen in die Luft. am Leben bleiben, die Ritter aber müßten alle sterben! ihre Hut. Die Ereignisse waren einander mit furchtbarer SchnelligAuch jetzt noch waren die Bauern befliffen, sich keine Schont wenigstens den Grafen von Helfenstein ," bat Verlegung des Kriegsbrauchs zuschulden kommen zu lassen. Der Schwabenhans. Nein!" schrie Jäcklein Rohrbach feit gefolgt. Gegen neun Uhr hatte der Sturm auf Burg Bevor sie zum Angriff schritten, schickten sie zwei Herolde, wild hinauf und stieß sein Schwert flirrend auf den und Stadt begonnen, und um zehn Uhr war alles vordie einen Hut auf einer langen Stange trugen, zum Boden, und wenn er von Gold wäre, er muß sterben!" über. Die feftlich geschmückte Gräfin von Helfenstein war Untertor, um die Stadt zur Übergabe aufzufordern. Mit Grauen wandte sich der Graf hinweg. Nun war noch mit ihrem Knaben und ihren Dienerinnen in der " Eröffnet Schloß und Stadt dem hellen christlichen es Zeit zu fliehen. Als er sich aber auf dem Markte Schloßkapelle und empfing eben das heilige Abendmahl, Haufen," riefen sie hinauf. Wo nicht, so bitten wir mit seinen ritterlichen Freunden und den Reisigen in den als die Burg von der schwarzen Schar" erstiegen wurde um Gottes willen, tut Weib und Kind hinaus, denn Sattel schwang, da wollte sie die dort versammelte Menge und ein Teil derselben dort eindrang. Im Namen beide, Schloß und Stadt, werden den freien Knechten nicht ziehen lassen. Vergebens redete er zu ihr. Vergebens redete er zu ihr. Wo Gottes, weichet zurück!" rief ihnen der Geistliche, die zum Stürmen gegeben, und es wird dann niemand ge- find meine frommen Bürger?" rief er verzweifelt. Seine heilige Handlung unterbrechend, entgegen. Ein höhnisches schont werden." Worte erstarben in dem allgemeinen Geschrei. Die Weiber Gelächter war die Antwort, und eine starke Stimme Ehe der Graf, den die Bürger rufen ließen, an das jammerten und wehklagten; die Gutgesinnten riefen ihm zürnte:" Dein Gott ist der Teufel, du falscher Priester!" Tor fam, sprang Dietrich von Weiler auf die Mauer. zu:„ Wollt Ihr uns allein in der Brühe stecken lassen?" Das Angstgeschrei der Frauenzimmer lockte Florian Geyer " Was," rief er, ein Rittersmann soll mit Roßmucken Andere verwünschten ihn; durch ihn sei die Stadt ins herbei, der die Gräfin suchte. Diese trat ihm bleich, doch parlamentieren? Pfui der Schande! Solchen Roßknechten Unglück gekommen, und es sei jetzt feine Zeit zum Ent- stolz entgegen und sagte:„ Ich bin eure Gefangene!" " Ihr irrt; wir führen nur mit Männern Krieg," antwortet man nur mit Kugeln." Er befahl den Wachen, fliehen. versetzte er, und sie, fast mit Verachtung:„ Krieg nennt Dieses Verbrennen und Plündern der Klöster und
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Feuer zu geben. Der eine Gesandte stürzte schwer ge- Es war auch zu spät. Ein Hurrageschrei vom Untertor troffen zu Boden, raffte sich aber wieder auf und folgte verkündete, daß die Bauern dort eingedrungen waren. ihr dies wüste Rauben, Brennen und Morden?" seinem fliehenden Gefährten. Herr Dietrich lachte laut Die Ritter ließen ihre Pferde und flüchteten mit den auf.„ Liebe Freunde," rief er, sie kommen nicht! Sie Reisigen nach der Kirche hinauf, wo sie sich verbarri Stifte; diese rohe Gewalt wider die Geweihten des wollen uns nur also schrecken und meinen, wir hätten fadierten. Ein Priester wies den Rittern eine verborgene Herrn?" fiel der Kaplan mit zum Himmel erhobenen ( Forts. folgt.) von Hasen das Herz!" Er hatte auf dem Schemelberg schmale Wendeltreppe in den Turm. Von den Knechten Händen ein. eine Bewegung bemerkt und ein Schreien gehört und und Reiterknaben verbargen sich manche in den Grabglaubte, daß seine Handlungsweise den Bauern Furcht gewölben. Einige retteten sich auch in die Bürgerhäuser Berantwortlich für die Redaktion: Fr. Klara Betkin( Bundel), Wilhelmshöhe eingeflößt hätte. Es war aber ein Schrei der Wut ge- und wurden hier von mitleidigen Frauen versteckt und