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Nr. 3

Die Gleichheit

CONNEMONEN Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen e

juliada usia milaMit den Beilagen: Für unsere Mütter und Hausfrauen und Für unsere Kinder

Die Gleichheit erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 10 Pfennig, durch die Post vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jahres- Abonnement 2,60 Mart.

Inhaltsverzeichnis.

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Wir pfeifen darauf!- Der Reichsvereinsgesetzentwurf. Von Luise Biet. Die heutige Kinderfürsorge in Staat und Gemeinde. Von Mathilde Wurm . Gegen die Ausnahmewirtschaft. II. Von Gustav Hoch .. Das Ausland im Jahre 1907. Bon H. B. - Schularztberichte. VII. Von Dr. Babet. 3um Reichs­vereinsgesetz. Von G. L.

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Feuilleton: Sturm am Morgen. Von Herman Lingg.( Gedicht.) Nährikele. Von Gottlieb Schnapper- Arndt. ( Forts.)

Wir pfeifen darauf!

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Die Behandlung, welche die sozialdemokratische Inter­pellation, das Wahlrecht und die Konfignierung des Militärs gegen die Demonstrationen betreffend, im Reichs­tag gefunden, hat dick unterstrichen, was die bekannten Vorgänge im preußischen Abgeordnetenhaus dem Prole­tariat bereits unzweideutig ins Bewußtsein geschrieben haben. Nur seine eigene Kraft und seine eigene Kraft allein wird es sein, welche das allgemeine, gleiche Wahl cecht für Preußen erobert.

Stuttgart den 3. Februar 1908

Hohn war die Antwort auf seine Forderung. Unter dem Drucke der Situation geht es zum Gebrauch anderer Rampfesmittel über, muß es zu deren Gebrauch über­gehen, wenn es nicht von vornherein das Kampfesziel selbst preisgeben will.

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18. Jahrgang

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Zuschriften an die Redaktion der Gleichheit" find zu richten an Frau Klara Zeffin( 3undel), Wilhelmshöhe , Post Degerloch bet Stuttgart . Die Expedition befindet sich in Stuttgart , Furtbach- Straße 12. gefeßes hat bekanntlich bereits oie erste Lesung passtert und ist jetzt einer Kommission zu weiterer Beratung überwiesen.

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Falls der Entwurf Gesetz werden sollte, wird das Ver­eins- und Versammlungsrecht in Deutschland wohl ein­heitlich werden, feineswegs jedoch freiheitlich. Es ist An dieser Sachlage, an der Geschichte er'gem Muß" Entwurf durchweht, das geltende Recht verschiedener Bundes­der Geift des preußischen Polizeiftaats, melcher den ganzen gewertet, haben daher die freisinnigen und zentrümlichen staaten wie Baden , Württemberg, Hessen , Gotha usw.- Aus der Bewegung: Bon der Agitation. Von den Organisationen. Eidesschwüre auf das allgemeine Wahlrecht für den proles wesentlich verschlechtert und bestehendes Unrecht anderer Halbjahresbericht der Vertrauensperson der Genossinnen von Frankfurt a. M.- Jahresbericht des Frauen- und Mädchen- tarifchen Wahlrechtskampf in Wirklichkeit nur papierne Bundesstaaten aufrecht erhält. bildungsvereins Schreudig. Ein Wort zu den Frauengesang- Bedeutung. Angesichts der Preisgabe des Demonstrations­Nach dem freisinnigen Abgeordneten Müller- Meiningen bereinen. Ein Opfer des Crimmitschauer Streits. Genossin rechts der Massen und der Billigung der Säbeldiktatur follen die Frauen besondere Ursache haben, Jubelhymnen Anna Noad Dresden+ Politische Rundschau. Von H. B. über die Straße charakterisieren sie sich als bloße Schein anzustimmen ob der liberalen Errungenschaft", die ihnen in Gewerkschaftliche Rundschau.- Richtigstellung. gefechte, bestimmt, das arbeitende Volk zu täuschen. Denn Gestalt des Entwurfs als die erste Frucht der Blockpolitik Notizenteil: Dienstbotenfrage. Frauenstimmrecht. Sozialistische wenn je einen Kampf, so muß das Proletariat den um in den Schoß gefallen" sei. Wir anerkennen, daß der Ent­Frauenbewegung im Ausland.- Kinderschutz.- Fürsorge für das freie Wahlrecht für Preußen unter der Losung führen: wurf einen Fortschritt bedeutet, insofern er die Ausnahme­Mutter und Kind. Frauenbewegung. Endgültige Klar wer nicht für mich ist, ist wider mich! Es weiß, daß staaten, so in Bayern , Preußen, Braunschweig , Reuß usw., bestimmungen aufhebt, die bisher in verschiedenen Bundes­fstellung. Bon J. Eichholz. Frau Eichholz zur Erwiderung. Sein Kampf wahrscheinlich von langer Dauer sein wird. den Frauen verbieten, Mitglieder politischer Vereine zu wer Von Luise Zietz . Es verhehlt sich nicht, daß er durch schwere Gefahren den und an politischen Vereinsversammlungen teilzunehmen, führt und die größten Opfer heischt. Es rechnet damit, die ihnen in manchen Ländern nicht einmal gestatten, Ver­daß er nicht immer geradlinig von Sieg zu Sieg führen sammlungen, die sich mit öffentlichen Angelegenheiten beschäf= wird, daß er vielmehr vorübergehende Niederlagen bringen tigen, oder öffentliche Versammlungen überhaupt zu besuchen. kann. Aber diese Niederlagen hemmen nur, sie bezwingen Wir betonen aber gleichzeitig, daß damit lediglich etwas nicht, sie sind fruchtbar, denn auch aus ihnen erwächst ganz Selbstverständliches geschaffen wird, etwas, das. die immer größere Vereinigung der Arbeiter im Kampfe worden ist. Zudem ist dieser Fortschritt gegenwärtig nichts durch die ökonomische Entwicklung längst notwendig ge­um ihr Recht und damit die Macht, welche endgültig fiegt. weiter als die Kapitulation der Regierung vor dem In der Kampfestaftif, welche die Umstände ihm auf Bestehenden, vor der Bewegungsfreiheit im öffentlichen nötigen, läßt es sich ebensowenig durch das Angstgefreisch Leben, die sich die Frauen als Ersatz für ihr fehlendes zaghafter oder verräterischer bürgerlicher Wahlrechtsfreunde Vereins- und Versammlungsrecht längst genommen haben. beirren, wie durch das drohende Säbelrasseln Bülows, Die Aufhebung der Ausnahmebestimmungen, die für die des Mannes, der die Stirn hat, von seinem Wohlwollen Frauen, sowie jener, die für die Minderjährigen gelten und für die Arbeiter zu sprechen, obgleich er die goldene der Fortfall der Verpflichtung, die Mitgliederliste der Ver­Fürstenkette für die Leistung trägt den werftätigen Massen eine der Polizeibehörde einzureichen, sind aber auch die Der Reichstanzler lehnte zwar unter den nichtigsten die eiserne Kette der Bucherzölle angelegt zu haben. Das einzigen Verbesserungen, e der Entwurf enthält. Ihnen formellen Gründen die Beantwortung der Interpellation fämpfende Proletariat weiß, daß es nicht einmal des stehen jedoch schlimme Berböserungen gegenüber. ab, gab jedoch gleichwohl die Antwort in seinen Aus- glühenden Odems der Revolution bedarf, um diesen als Angehörige ihrer Klasse, als daß sie, von frauenrecht­Unsere Genossinnen fühlen sich viel zu sehr als Glied, laffungen gegen die Demonstrationen der Arbeitslosen und historischen Zwerg zu verwehen, der sich vermißt, mit lerischen Erwägungen angetränkelt, sich für den Entwurf er­der Wahlrechtstämpfer. Die Antwort war eine Provokation, herausfordernden Worten und drohenden Geberden den tlären tönnten, weil er ihnen einige Verbesserungen beschert, wie sie dreister dem kämpfenden deutschen Proletariat Gang der Geschichte aufzuhalten. ihrer ganzen Klasse dagegen schlimme Nachteile bringt. Sie faum je ins Gesicht geschleudert worden ist, eine Provo- Als politischer Sachwalter der herrschenden Klaffen werden daher in den vordersten Reihen tämpfen, um fation, die in der Drohung ausklang, eine pflichterfüllte hat der Kanzler für sein Auftreten unstreitig die Note: ganzes Recht an Stelle des gebotenen Quentchens Reform Regierung werde sich in Deutschland nie und niemals sehr eifrig! verdient. Aber wenn er in dieser Eigen zu erobern. von einer irregeleiteten Maffe etwas abtrogen lassen." schaft den anrollenden Wogen einer proletarischen Massen- Es gilt Sturm zu laufen gegen die Polizeiherrschaft Mit dürren Worten: der Reichskanzler eröffnet den nach bewegung mit hohlem Bathos: Nie, niemals! entgegen im Bereins- und Versammlungsleben, die der Entwurf Brot und Recht hungernden Proletariermassen den Aus donnert, so antworten wir darauf: Geschichte miserabel. gesetzlich sanktionieren will. Diese Polizeiherrschaft wird blick auf jene gezogenen Kanonen", mit denen die Re- Wenn nicht als Kanzler, so doch als Preuße müßte eingesetzt durch die vorgesehene Verpflichtung, die Versamm gierenden und Herrschenden die ungezogenen Nationen" Bülow wissen, daß Friedrich Wilhelm IV. feierlich ge- anzuweisen und ihm alle möglichen Ausfünfte zu erteilen; lungen anzumelden, dem überwachenden Beamten einen Platz über die Eitelkeit ihrer Forderungen so gern zu belehren lobte, nie dürfe sich ein Blatt Papier zwischen ihn und sie tritt ferner in Erscheinung in der Auflösungsbefugnis pflegen. sein Volt drängen. Die revolutionären Märzenstürme und dem Rechte des Präventivverbots; sie führt ein frisch­Die bürgerlichen Parteien aber haben sich mit Pro- des Jahres 1848 brausten durchs Land. Und siehe, der fröhliches Dasein in den vielen Verordnungen, wonach ookation und Drohung durch Schweigen oder Reden Monarch mußte in der historischen Nacht nach den Barri Versammlungen verboten werden können, weil angeblich solidarisiert. Auch die Parteien, die mit füßsaurem Munde tadenkämpfen im Schloßhof auf Befehl der Massen den Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sittlichkeit und Gesund­ein theoretisches Bekenntnis zum allgemeinen Wahlrecht Hut vor den erschlagenen Freiheitshelden ziehen, die im heit vorliegt. G3 ist eine elende Heuchelei, von einem stammelten oder zu einem Wahlrecht, das sich dem siegreichen Kampfe für das Stück Papier gefallen waren. freiheitlichen Vereins- und Versammlungs­Reichstagswahlrecht annähert", um des dekorierten Frei- Der Prinz Wilhelm von Preußen , der gläubigste Be- echt zu reden, solange diese Berordnungen weiter in Kraft finnigen Schraders Redewendung zu gebrauchen, die mit tenner des Nie, niemals! mußte bei Nacht und Nebel Entwurf alle Bestimmungen entfernt werden, aller gebührenden Vorsicht einen Umfall vorbereiten kann. als simpler Kaufmann Lehmann nach England flüchten. die der Polizei die erwähnten großen Machtbefugnisse ein­Lauter und bedeutsamer als alle freisinnigen Beteuerungen 1848 aber stand den reaktionären Rechtsverweigerern räumen. Denn nach wie vor hätte die Polizei die Möglichkeit, von der heißen Liebe zum Prinzip des allgemeinen Wahl- fein geschlossenes Heer geschulter, zielflarer Klaffenkämpfer Versammlungen zu verbieten auf Grund obiger Berordnungen, rechts redet die Tatsache, daß der schwäbische Bolts- gegenüber, wie es heute zum Sturm wider das Drei- weil die Maul- und Klauenseuche an einem Drte herrscht, parteiler Bayer die Konsignierung des Militärs in den flassenparlament ausmarschiert. Die ganze Geschichte ist weil in dem Lokal, wo die Versammlung tagen soll, vor Kasernen anläßlich der Wahlrechtsdemonstrationen aus eine Rette von Triumphen der Macht der Straße" über einigen Wochen die Leiche einer an Kopfrose gestorbenen Frau drücklich gebilligt hat. Wenn das am grünen Holze der die Gewalt der Regierenden und Herrschenden. füddeutschen Demokratie geschieht, die aus lokalpatrio- Die Unabänderlichkeit der geschichtlichen Entwicklung tischer Reichsverdroffenheit" noch immerhin etwas oppo- hat noch stets das Nie, niemals! der Regierenden fitioneller aufzutreten pflegt als ihr norddeutsches Ge- mit verächtlichem Achselzucken unter die Füße gestampft. schwister, was ist dann von dem dürren Stecken der Die proletarischen Klassenfämpfer, welche ausziehen, um Freifinnigen Vereinigung und der Freisinnigen Bolts- das politische Zwinguri der Herrschenden von Geburts partei zu erwarten! und von Geldsacksgnaden zu schleifen, haben daher für Wer das Kampfesziel ernstlich will, der muß auch Bülows Drohung nur die klassische Antwort, mit der die Kampfesmittel wollen. Die Tatsachen lehren uns, Bracke das Sozialistengesetz begrüßte: Wir pfeifen darauf! daß in dem erreichten Stadium der gesellschaftlichen Ent wicklung der Kampf für die Eroberung des allgemeinen, gleichen Wahlrechts in Preußen zu einem Kampfe zwischen der Klasse der Ausgebeuteten und den Klassen der Aus­beutenden geworden ist, für deren Geldsacksinteressen die gekämpft haben: daß an Stelle der buntscheckigen Vereins Wofür jahrzehntelang die Arbeiter und Arbeiterinnen Dreiflaffenschmach einen politischen Schußwall bildet. Die und Versammlungsgesetze, die in Deutschland geltendes vom Proletariat seither im Ringen um sein Recht ge- Recht" find, ein einheitliches Reichsgesetz trete, das soll jest brauchten Mittel haben sich als wirkungslos erwiesen. zur Wirklichkeit werden. Der Entwurf eines Reichsvereins

Der Reichsvereinsgefeßentwurf.

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bleiben. Es bleibt selbst dann Heuchelei, wenn aus dem

aufgebahrt war, oder weil über das Thema: Liebe deinen material türmt sich bergehoch, welches beweist, daß die Be Nächsten wie dich selbst" geredet werden soll usw. Das hörden nicht nur auf Grund der reaktionären Vereinsgesetze, sondern ebenso auf Grund solcher Verordnungen jede Ber­sammlung illuforisch machen können. Zu alledem will aber noch die vom Polizeigeist durchtränkte Vorlage die Polizei­herrschaft, wie sie dank der Vereinsgefeße in verschiedenen Bundesstaaten besteht, auf das ganze Reich ausdehnen, das mit erweitern, fester fundieren und aufs neue santtionieren. Die Machtfülle, die der Polizei in Zu funft im ganzen Reiche eingeräumt werden soll, sie reizt ge­radezu zu übergriffen, zur Willkür, zu Schifanierungen, namentlich seitens der Subalternbeamten, die meist 6 bis Feindes" gedrillt worden sind. 12 Jahre in der Kaserne zur Bekämpfung des inneren

Fort mit dem ganzen Wust von Polizeibestim­mungen und her mit Bestimmungen, die uns davor sichern, daß irgendwelche Behörden im