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Nr. 8

Die Gleichheit

eeeer Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen ee

Mit den Beilagen: Für unsere Mütter und Hausfrauen und Für unsere Kinder

Die Gletchbett erscheint alle vierzehn Tage einmal. Drets der Nummer 10 Pfennig, durch die Post vierteljährlich ohne Bestellgeld 55 Pfennig; unter Kreuzband 85 Pfennig. Jabres- Abonnement 2,60 Mart.

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Inhaltsverzeichnis.

Rundschau. Von H. Fl.

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Notizenteil: Dienstbotenfrage. Frauenftimmrecht. Sozialistische Frauenbewegung im Ausland. Fürsorge für Mutter und Kind. Feuilleton: In Tyrannos. Aus Der Mütter Bittgang". Von Euripides  .( Gedicht.)- Die Distel, Bon Elisabeth Gnaud- Kühne.

Stuttgart   den 13. April 1908

18. Jahrgang

Suschriften an die Redaktion der, Gleichheit sind zu richten an Frau Klara Zetkin  ( 3undel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bel Stuttgart  . Die Expedition befindet sich in Stuttgart  , Furtbach- Straße 12.

In der gegenwärtigen Situation war es selbstverständ- und für sich nicht beanspruchen könnte, und die sie über Aufruf der Generalfommission der Gewerkschaften Deutschlands   zum lich, daß die Debatten von der Frage der preußischen die trübe Flut der typischen Begeiferung des Wahlrechts sechsten Gewertschaftskongreß in Hamburg  . Die wahre Be- Wahlrechtsreform beherrscht wurden. Den ausgebeuteten durch grimme Hasser emporträgt. Nicht als Privatmann, deutung. Die Heimarbeitausstellung in Frankfurt   a. M. Bon Massen, um deren Recht es ging, war es sicherlich feine als Kanzler des Reichs hat Bülow im Reichstag   ge­H. u. S. Das Reichsvereinsgesetz. Unter der Teuerung. Enttäuschung, daß der Kanzler des Reichs, der zugleich sprochen. Seine Worte müssen daher als Pronunziamento Bon Gustav Hoch. Die Frauen in der Statistik der Kranken- Ministerpräsident für Preußen ist, aufs neue unzwei wirken, als Schilderhebung, die dem Recht der werktätigen versicherung. Von Fr. Kleeis. n Aus der Bewegung: Von der Agitation. Politische Rundschau. deutig die Beseitigung der Dreiklaffenschmach ablehnte, Maffen Rampf fündet. Sie sind eine offizielle Weihe der Bon H. B. Gewerkschaftliche Rundschau. Genossenschaftliche die er nach wie vor nicht einmal durch die geheime Ab- andauernden wütenden Heze gegen das Reichstagswahl stimmung mildern will. Sie kennen ihre Pappenheimer recht, zu welcher sich immer häufiger und inniger Kraut­und wissen, wessen sie sich von den politischen Geschäfts- junter und Schlotjunker zusammenfinden. Bülow fennt führern der herrschenden Klaffen zu versehen haben. Es zu genau den starken Resonanzboden, den ein hohes darf sie deshalb auch nicht wundernehmen, daß die un- Amt auch für die Ansichtsäußerung der platten Mittel­entwegten" freisinnigen Borkämpfer für ein demokratisches mäßigkeit schafft, er ist ein zu geriebener Meister in dem Wahlrecht in Preußen, welche den linken Flügel des Geschäft, öffentliche Meinung" zu fabrizieren, als daß Liberalismus bilden, in der glatten Absage die An er über diese Wirkung seiner Rede im unklaren sein fündigung einer gründlichen" Wahlrechtsreform ent- könnte. Er hat sie gewollt. deckten. Wenn auch in anderer Livree als die Regie Es scheint ein ungeheuerlicher Widersinn, daß in einem rung, dienen doch diese Herren den besitzenden Klassen Reiche, dessen Verfassung feierlich das allgemeine Wahl­nicht minder eifrig als jene. Der Freifinn muß mit fein recht proklamiert, daß in dem Hause des allgemeinen gespizten Ohren unter dem harten Stein des Nein" Wahlrechts selbst der oberste Beamte des Staats dieses das Gras der Wahlrechtsreform wachsen hören. Nicht selbe Recht mit Schmähungen überhäuft. Allein was der etwa, um in einem Anfall des Bedürfnisses nach Selbst Form nach als Widersinn auftritt, entpuppt sich seinem achtung sich den Glauben einzureden, daß seine maß- Inhalt nach als die lautere politische Vernunft des voll kluge Taftit" die Feste des Dreiklassenparlaments Kapitalistenstaats, der sich von den Heeren des Classen­ins Wanten bringe. Wohl aber zu dem naheliegenden bewußt kämpfenden Proletariats bedroht fühlt. Der Zweck, über das elende Scheingefecht, in welchem er diese Kanzler des Deutschen Reiches wird vom Kaiser berufen berennt, die seiner Parteigänger zu täuschen, welche ent- und vom Volt bezahlt, aber die besitzenden Klassen weder ein starfes soziales Interesse an einer gründlichen Wahlrechtsreform haben oder aber wirklich überzeugte Anhänger des demokratischen Prinzips find.

Sechster Kongreß

der Gewerkschaften Deutschlands  . Montag, 22. Juni 1908,

in Hamburg  , im Gewerkschaftshaus. Als Tagesordnung ist vorläufig vorgesehen: 1. Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten( Wahl der Kommissionen, Prüfung der Mandate usw.). 2. Rechenschaftsbericht der Generalfommission. Bericht erstatter C. Legien- Berlin  . Beratung der Anträge betreffend: a. Allgemeine Agitation;

b. Arbeiterinnenfefretariat. Berichterstatterin: J. Alt­mann- Berlin  ;

c. Agitation unter den Dienstboten. Berichterstatterin: H. Grünberg Nürnberg  ;

d. Agitation unter den fremdsprachigen Arbeitern; e. Streifunterstützung und Streifstatistik; f. Heimarbeiterschuh;

g. Kommission zur Beseitigung des Koft- und Logiszwanges beim Arbeitgeber. Berichterstatter: P. Blum Berlin  ; h. ,, Korrespondenzblatt". 3. Bericht über das Zentral- Arbeitersekretariat. Bericht­erstatter: R. Schmidt- Berlin  . a. Die Vertretung der Rechtsuchenden durch die Arbeiter Gewerkschaftssekretäre vor den Gerichten. Berichterstatter: E. Lesche- Hamburg  .

4. Die staatliche Versicherung der Privatangestellten. Referent: P. Lange- Hamburg.

5. Die gewerbsmäßige Stellenvermittlung. Referent: H. Pözsch- Berlin  .

6. Der Boykott als gewerkschaftliches Kampfmittel. Referent: D. Allmann- Hamburg  . 7. Grenzftreitigkeiten.

8. Beratung der nicht unter den vorstehenden Punkten erledigten Anträge.

Die Verhandlungen des Reichstags haben jedoch dem Proletariat mehr gebracht als lediglich eine abermalige Bestätigung der alten Erkenntnis nach beiden Seiten hin. Sie haben die geschichtliche Situation beleuchtet, in welcher der preußische Wahlrechtstampf sich abspielt und seine weitreichende Bedeutung im Zusammenhang mit dem all gemeinen Emanzipationskampf des Proletariats in ganz Deutschland  .

herrschen, und für sie muß er die Regierung führen. Bülow fonnte sich nur erdreisten, als höhnender Ber­ächter des Reichstagswahlrechts hervorzukommen, weil er ganz gut weiß, daß dieses in dem erreichten Stadium der geschichtlichen Entwicklung Junfertum und Bour geoisie gleich tödlich verhaßt ist. Bis tief in die bürger­liche Linke hinein hat er für seine Attacke wenn auch nicht lauten, so doch um so herzlicheren stillen Beis fall gefunden. Was sich in dieser Beziehung nicht un­verblümt zu äußern wagte, das ist beredt genug in der jämmerlichen, würdelosen Schwächlichkeit zum Ausdruck Der Reichskanzler benutte nämlich den Anlaß zu gelangt, mit welcher die bürgerlichen Abgeordneten auf einem faum mastierten Angriff auf das Reichstagswahl die Verächtlichmachung des Reichstagswahlrechts reagiert recht. Seine von rechts und links zusammengeflaubten haben. Statt eines Sturmes leidenschaftlichster Empörung Bitate, die sich selbstgefällig als Sachkenntnis" und ein sanftes Gesäusel, welches die Stirn des Mannes an­" Bildung" spreizen möchten; seine seichten Mäßchen, die genehm umfächelte, die sich bei dem Herumstampfen auf höchstens der Stammtischphilister in seiner genügsamen dem Reichstagswahlrecht erhitzt hatte. Geistesträgheit als" Wiz" einschätzt, klangen in der Be- Das Verhalten der Abgeordneten, die dank diesem Hauptung aus, daß faum ein anderes Wahlrecht auf reiferes Urteil, auf geistige Bildung, auf politische Er­fahrungen so wenig Rücksicht nimmt, als das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht".

Recht im Parlament figen, läßt zunächst die Berechti­gung des Wortes lebendig empfinden, mit welchem Bam­ berger   einſt in einer illufionsfreien, ehrlichen Stunde seine liberalen Freunde züchtigte: Hunde sind wir ja Eitel Spiegelfechterei ist des Reichskanzlers Ver- doch!" Allein es hat noch seinen anderen geschicht­wahrung, er habe durch seine herabwürdigenden Aus- lichen Sinn, der über die schimpfliche persönliche Seite führungen das Reichstagswahlrecht selbst nicht angetaftet, der Sache hinausreicht. Die Verachtung, welche der 9. Die Entwicklung der sozialen Gesetzgebung in Deutsch   sondern nur von seinem persönlichen Recht der Kritik Reichskanzler dem Reichstagswahlrecht deutlich genug land. Referent: H. Molkenbuhr- Berlin  . und freien Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Dieses befundete, gilt im letzten Grunde den proletarischen Anträge zur Tagesordnung oder solche, welche auf Recht in allen Ehren, es hat aber mit der Stellung Maffen, durch deren politisches Auftreten das allgemeine bie vorstehend genannten Tagesordnungspunkte Bezug nahme des Kanzlers nicht mehr gemein als deffen ge- Wahlrecht erft Leben und Inhalt gewinnt, erst zu einem haben, sind bis zum 11. Mai 1908 an die General legentliche Zitierung von Fichte, Kant und anderen mit politischen Machtfaftor wird, mit dem die ausbeuten fommission einzusenden. Sämtliche bis dahin eingegangene dem Studium und Verständnis dieser Denker. Der Fürst den Klassen rechnen müssen. Und diese Massen werden Anträge werden im Korrespondenzblatt" veröffentlicht, gehört zum großen Troß der Vielzuvielen, deren Meinung in den Tagen des verschärften Klassenkampfes zwischen damit sie in den Gewerkschaften diskutiert werden können. ihre Bedeutung nicht etwa durch das erhält, was sie Rapital und Arbeit von den liberalen Parteien nicht Der Kongreß wird am 22. Juni 1908, morgens 9 Uhr, als Bersönlichkeit sind, vielmehr nur durch das Amt, minder verachtet, aber auch nicht minder gefürchtet wie das sie haben. Soviel der Öffentlichkeit über ihn be von den Konservativen. Um schon bei Bambergers Gleich­eröffnet und wird bis einschließlich 27. Juni tagen. Die Wahlen der Delegierten werden nach den von dem kannt ist, hat er auch nicht auf einem einzigen Gebiet nis zu bleiben: Der wohlerzogene Hund aus gutem" vierten Gewerkschaftstongreß gegebenen Bestimmungen von menschlicher Arbeit irgend welche Leistung aufzuweisen, Hause, welcher schweifwebelnd die Hand des Herrn leckt, Den Vorständen der Zentralvereine ausgeschrieben werden. die ihn persönlich über das Mittelmaß seiner junkerlichen die ihn schlägt, fnurrt und schnappt nach dem einfachen Die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands  . Standesgenossen erheben würde. Seine Äußerungen über Manne, der sich dem Hause nähert. das allgemeine Wahlrecht sind denn auch eine typische C. Legien, SO 16, Engelufer 15. Bekundung des blinden Klaffenegoismus und der ge schichtlichen Borniertheit, mit welcher das Junkertum darüber zu urteilen pflegt. Was Bernhard von Bülow  als Privatmann über das Reichstagswahlrecht denkt, ist daher nicht von erheblicherer Wichtigkeit als die Ansicht eines Butlig oder Quizow.

Die wahre Bedeutung.

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Das aber ist der springende Punkt: Keineswegs die furzfichtige", verblendete", selbstmörderische" Taktik der Führer trägt die Hauptverantwortlichkeit für eine Schmach, welche für die freifinnigen Parteien am größten ist. Als Diktatoren der Parteien enthüllen sich die Interessen der bürgerlichen Klassen, welche um jeden Preis in der poli tischen Herrschaft bleiben wollen, um ihre Ausbeutungs Der Zufall hat es aber gefügt oder richtiger: bestimmte wirtschaft zu verewigen. Die geschichtlichen Kräfte, welche geschichtliche Verknüpfungen haben es fügen müssen, daß den Kapitalismus nicht zur Entfaltung tragen konnten, der fleine Mann auf einem großen Posten steht. Und ohne ihm in Gestalt des Proletariats seinen Totengräber birekten und geheimen Wahlrechts für alle Großjährigen dieser Posten verleiht auch der individuell bedeutungs- zu erzeugen, lassen die vormalige Schwärmerei der Bour­losen Meinungsäußerung eine Wichtigkeit, welche sie an geoisie für demokratische Grundsäze je länger je mehr in

Im Reichstag   stand neuerlich die Wahlrechtsfrage zur Behandlung. Veranlassung dazu gab ein Antrag der Sozialdemokratie, welche abermals zum Landtag der Bundesstaaten- Elsaß- Lothringen einbegriffen

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wie

zum Reichstag die Einführung des allgemeinen, gleichen,

ohne Unterschied des Geschlechts forderte.