Nr. 20 Die Gleichheit 185 D,e Vereme, die trotz der geführten Verhandlungen bei der Fre,en Vereinigung der Gewerkschaften geblieben sind haben durch ihr Verhalten bekundet, daß sie. entgegen den Beichlüssen der Parteitage und des Internationalen Sozia- Intenkongresses in Stuttgart  , die dringend gebotene einheit­liche Organisation des wirtschaftlichen Kampfes der Ar­beiterklasse nicht wollen. Die Freie Bereinigung deutscher  Gewerkschaften hat sich auch in offenen Gegensatz zur Partei gestellt, indem sie unter Anlehnung an die anarcho-syndika- listischen Bestrebungen die Sozialdemokratie geflissentlich be­kämpft und schmäht. Nachdem weiter die Einigungsverhandlungen mit dem Allgemeinen Deutschen   Metallarbeiterverband, dessen im Gegensatz zur Lübecker   Resolution erfolgte Gründung schon vom Mannheimer   Parteitag als schwere Schädigung der Arbeiterbewegung bezeichnet worden ist, zu keinem Ergebnis geführt haben, erklärt der Parteitag: Jede Mitarbeit von Parteigenossen in den mit der Freien Vereinigung deutscher   Gewerkschaften verbundenen Vereinen sowie in dem Allgemeinen Deutschen Metall­arbeiterverband ist unvereinbar mit den Grundsätzen und Interessen der Sozialdemokratie. Das gilt auch für solche Gewerkschaften, die von den örtlichen Gewerkschastskartellen und Parteiorganisationen icht anerkannt sind. III. Parteischule. er Parteitag nimmt mit Befriedigung Kenntnis von Gericht des Vorstandes über die Tätigkeit der Partei- . und ersucht den Vorstand, diese in der bisherigen Richtung weiter auszubauen. 1?. Maifeier. Zur Vorbereitung der Maifeier ist an allen Orten mög­lichst zu Beginn des Jahres eine Kommission einzusetzen, für die zu gleichen Tellen das Gewerkschaftskartell und die Parteiorganisation ihre Vertretung bestimmen. Den Vor­sitzenden wählt die Kommission selbst. Die Kommission hat die Aufgabe, unter Berücksichtigung der örtlichen und beruflichen Verhältnisse und der Be­stimmungen der gewerkschaftlichen Organisationen sowie der Beschlüsse des Parteitags für eine würdige Feier Sorge zu tragen. Die in Aussicht genommene Feier darf an keinem anderen Tag« als am 1. Mai stallsinden. Bei Aussperrungen infolge der Maifeier kann den davon betroffenen Arbeitern eine Unterstützung gewährt werden, und darauf haben die politisch wie auch die gewerkschaftlich organisierten Arbeiter Anspruch. Erheben die Gewerkschaften im Anschluß an die Aus­sperrung Lohnforderungen, so haben sie die Unterstützung der Ausgesperrten allein zu übernehmen. Der Parleivorstand wird beauftragt, die Verhandlungen mit der Generalkommission über die Maifeier wieder auszu­nehmen. Die Beamten, Arbeiter und Mitglieder der Partei, welche am 1. Mai seiern und keinen Lohnausfall erleiden, sind ver­pflichtet, an die Partei- und Gewerkschaftskasse einen Tages­verdienst abzugeben._ Beschlüsse der Frauenkonferenz zu Nürnberg  . I. Politische Fr-«e»orga»isation. Die zu dieser Frage gefaßten Beschlüsse haben unsere Leserinnen an anderer Stelle gesunden, da sie der Zustim­mung des Parteitags bedursten. -Ii. Unpolitische FrauenbildungSvereiue. FZie in Nürnberg   tagende Frauenkonferenz erklärt, daß Frauenbildungsvereine trotz der Neuorganisation der Frauen ein wertvolles Mittel bilden können, die geistige Entwicklung der proletarischen Frauen zu fördern. Es ist daher zu emp- fehlen, daß die Frauenbildungsvereine dort bestehen bleiben und Unterstützung finden, wo sie den Frauen Kenntnisse vermitteln, die zwar nicht direkt dem Klassenkampf dienen, wohl aber der geistigen Entwicklung proletarischer Frauen­schichten. und wo die geeigneten Kräfte zu ihrer Leitung vorhanden sind, ohne daß die Beteiligung an der allgemeinen Arbeiterbewegung darunter leidet. IN.». Sozialistische Kindererziehung im Heim. Genossin Tunckers Referat zu dieser Frage ist als Bro­schüre zu veröffentlichen. d. Sozialistische Jugendbewegung. Die Konferenz nahm die Leitsätze und Resolution an, welche bereits in Nr. IS veröffentlicht worden sind. Aus der Bewegung. Die Beteiligung an der sozialistischen   Frauenkonfe­renz war dieses Jahr eine größere als je zuvor. 62D�xgierte nahmen an ihr teil der weitaus größten Zahlnach Ge­nossinnen, außerdem mehrere Genossen, die zwar kein ordnungsgemäßes Mandat als Delegierte hatten, jedoch von ihren Wahlvereinen beziehungsweise Kreisorganisationen in öffentlichen Versammlungen beaustragt worden waren, an den Beratungen teilzunehmen. Der Parteivorstand der Sozial­demokratie war durch die Genossen Molkenbuhr, Müller und Singer vertrete», der sozialdemokratische Wahlverein Nürnberg   durch Genossen Haugenstein. Die Genossen Hau genstein und Singer begrüßten die Konferenz in herzlichen und anfeuernden Worten, in denen sie die Bedeu­tung der proletarischen Frauenbewegung für den allgemeinen proletarischen Emanzipationskampf nachdrücklichst hervor­hoben. Ein zahlreiches und aufmerksames Publikum, das den Verhandlungen von Anfang bis zu Ende beiwohnte, legte Zeugnis davon ab, daß Verständnis und Sympathie für die Arbeit der Genossinnen auch in Nürnberg   in hohem Maße vorhanden sind. Bekundungeninternationaler Solidarität znrFrancn- konserenz fehlten nicht. Die Ideen- und Kampsesgcmein- schaft, welche die Genossinnen aller Länder verbindet, gelangte besonders wahrnehmbar in der Anwesenheit der öster­reichischen Genossinnen Popp und Pölzer zum Ausdruck, ferner aber auch in begeisternden Begrüßungsschreiben der organisierten sozialistischen   Frauen aus Böhmen  , der Schweiz  , Holland   und den Vereinigten Staaten Nordamerikas  . Wie die Reden der Genossinnen Pölzer und Popp, so wurden auch die Glückwünsche der tschechi­schen, schweizerischen, amerikanischen und holländischen Ge­nossinnen mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Die deutschen  Genossinnen wissen das rege Interesse zu würdigen, mit welchem ihre ausländischen Schwestern die Entwicklung der sozialistischen   Frauenbewegung in Deutschland   verfolgen. Die Frauenkonfersnz brachte die internationale Gesinnung Zum Ausdruck, die auch sie beseelt, indem sie die persönlich -und schriftlich übermittelten Grüße herzlichst erwiderte. Die Beteiligung der Genossinnen am sozialdemo­kratischen Parteitag war Heuer besonders groß.; A) Ge-l nossiuuew-wohnten ihm als Delegierte bei, außerd�n noch zwei Genossinnen als Gäste aus dem Ausland: Genossin Popp, welche die sozialdemokratische Partei O st err eich s, und Genossin Schön berg, welche den Jüdischen Arbeiter­bund in Rußland   vertrat. Die weiblichen Delegierten rekrutierten sich aus fast allen Teilen Deutschlands  . Daß die Genossinnen der bayerischen Städte, wo die proletarische Frauenbewegung sich kräftig zu entwickeln beginnt, ihre Ver­treterinnen nach Nürnberg   entsendet hatten, versteht sich von selbst. Jedoch hatten auch weit gelegene Zentren unserer Bewegung Genossinnen zum Parteitag delegiert. So Kiel  , Lübeck  , Altona  , Hamburg  , mehrere Bezirke Rheinlands und Westfalens   usw. Neben den Genossinnen von Groß- Berlin waren die von Sachsen  , Thüringen  , der Provinz Sachsen   usw. durch eigene Delegierte vertreten. Die meisten weiblichen Delegierten waren in Parteiversammlungen von Genossinnen und Genossen gemeinsam zum Parteitag ent­sendet worden. Alle nahmen mit höchstem Interesse an den Arbeiten des Kongresses teil; die Stellung der Genossinnen zu den einzelnen umstrittenen Fragen deckte sich meist mit der­jenigen der Genossen ihrer Kreise. Genossin Baader gehörte als Schriftführerin dem Bureau des Parteitags an, Genossin Zietz der Mandatprüfungskommission, Genossin Baumann der Beschwerdekommission; die Genossinnen Zietz und Zetkin wurden vom Parteitag in die Kommission zur Beratung der Frage der Jugendorganisation delegiert. Genossinnen griffen wiederholt und zu den verschiedensten Fragen in die Debatten ein. Zur Frage der Parteischule beziehungsweise der Verbreitung theoretischer Bildung in der Partei sprachen die Genossinnen Luxemburg   und Zetkin. Die Ge­nossinnen Zietz und W a ck w i tz beteiligten sich an den De­batten über die Frauen organisatio n.Genossin Luxem­ burg   nahm in den Verhandlungen über die Maifeier das Wort. Zur Frage der Budgetbewilligung machten die Genossinnen Luxemburg  , Zietz und Zetkin Aus­führungen. Die Resolution gegen die Krieghetze wurde von Genossin Zetkin   begründet. Der Kommission, welche sich im Laufe des Jahres mit der Prüfung bezw. Verbesserung des Organisationsstatuts der Partei beschästtgen soll, gehören die Genossinnen Zietz und Zetkin an; die letztere ist Mitglied des Bildungsausschusses, dessen Mandat vom Parteitag aus ein weiteres Jahr verlängert wurde. Als Beisitzerin im Parteiv or stand wurde Genossin Zietz, als Mitglied der Kontrollkommission Genossin Zetkin  gewählt. Die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts ist in der Sozialdemokratie kein leeres Wort, und die Ge­nossinnen streben danach, durch die Tat ihre Überzeugung zu bekunden, daß Gleichböwchtigung Gleichverpflichtung be­deutet. Agitation im fünften Schleswig- Holsteinischen Wahlkreis. Im Auftrage des Kreisvertrauensmannes für den fünften Kreis in Schleswig-Holstein   sprach Genossin Zietz in den Orten Itzehoe  , Lägerdorf  , Meldorf  , Marne   und Heide über:Die Frau im Kampfe um Staatsbürgerrechte-. Die Versammlung in I tz eh o e brachte uns 42 Neuaufnahmen für die Partei, hauptsächlich Frauen. Und was besonders erfreulich war, die dortigen Genossinnen selbst gingen die Reihen der Versammlungsbesucher durch. um anzufragen, wer dem sozialdemokratischen Verein beizu­treten wünsche, daher der Erfolg. In Lägerdorf   traten 12 Frauen der Partei bei, in Marne   15, in Meldorf   14 Personen, darunter 5 Frauen, und in Heide 16. Wenn man bedenkt, daß fast alle Orte klein sind, ist der Erfolg befriedigend. In Meldorf   fiel die Versammlung in die Zeit der Haferernte, bei der die meisten Frauen beschäftigt sind. Ohne diesen Umstand wäre ihr Besuch und der organisatorische Erfolg sicher ein besserer gewesen. In Marne   war just eine Sendung frischer Krabben angekommen, Frauen und Kinder mußten bis in die Nacht hinein sitzen, um die Krabben aus- zupuhlen. Wir können es nicht unterlassen, auch an dieser Stelle die Frauen darauf hinzuweisen, daß sie ihren Kindern die Jugend rauben, sie in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung hemmen, wenn sie dieselben in die Erwerbs arbeit spannen, wie es hier geschieht. Zudem rechnen die Unternehmer damit, daß die Kinder helfen, und halten des­halb den Lohnsatz möglichst tief. Ohne Kinderhilfe und gut organisiert, vermöchten die Frauen sich bald einen Lohn zu erkämpfen, der ihr Einkommen höher stellt, als es jetzt mit Hilfe der Kinder ist. Möchten doch unsere Frauen das beherzigen. Versammlungen mit dem gleichen Thema fanden noch statt in Neumünster   und Elmshorn  . Im letzteren Orte wurden 20 neue Parteimitglieder gewonnen. Im ersten Hamburger Wahlkreis, wo Genossin Zietz über:Die Leiden der proletarischen Frauen durch die herrschende Arbeitslosigkeit" referierte, wurden 40 neue Parteimitglieder gewonnen und eine ganze Anzahl Gleich­heitsleserinnen. I-. Bericht der Bertrauensperson der Genossinnen des Wahlkreises Bochum- Gelsenkirchen- Hattingen- Witte« für die Zeit vom November 1907 bis August 1908. Im Bochumer   Wahlkreis ist schon vor Jahren wiederholt ver­sucht worden, die proletarischen Frauen zu organisieren. Die Versuche scheiterten aber zum größten Teil daran, daß kaum geschaffene Organisationen durch behördliche Maß­nahmen wieder zerstört wurden und Neugründungen oft schon den Todeskeim in sich trugen. Die in unserem Kreise tätigen Genossen empfanden jedoch immer mehr die Not­wendigkeit einer zielklaren proletarischen Frauenbewegung. Im Herbst 1907 befaßte sich die Landeskommission der sozialdemokratischen Partei für das westliche Westfalen in mehreren Sitzungen mit der Frage. Das Ergebnis ihrer Beratungen war ein Beschluß, im Agitationsbezirk die lose Frauenorganisation einzuführen. Jeder Wahlkreis sollte eine Kreisvertrauensperson mit der Leitung der Organisation betrauen. Eine Umfrage ergab, daß die Genossinnen von 15 Orten des Bochumer   Kreises mit der Wahl einer Kreis­vertrauensperson einverstanden waren. Diese Wahl fand dann im Oktober 1907 in Bochum   statt und siel auf die Unterzeichnete. Wenige Tage darauf wurde in den meisten Orten des Wahlkreises mit der Agitation unter den prole­tarischen Frauen und Mädchen begonnen. Leider war ei nicht überall möglich, in öffentlichen Versammlungen die Notwendigkeit der Frauenorganisation zu erörtern. Desto eifriger wurde die Agitatton von Person zu Person be­trieben. In Langendreer   bestand bei der Gründung der losen Frauenorganisation ein Frauenbildungsverein, der sich auflöste. Alle Mitglieder traten der losen Organi­sation bei. Die bisherige Vorsitzende dieses Vereins, Ge­nossin Stöter-Tillmann, wurde zur Vertrauensperson für Langendreer   ernannt. Wo den Genossinnen Lokale zur Verfügung standen, wurden öffentliche Frauenversammlungen abgehalten, durch die Aufklärung verbreitet und Propa­ganda für die Organisation und dieGleichheit" gemacht ward. Während der Berichtsperiode fanden im Wahlkreis 12 solche Versammlungen statt, und zwar in Bochum   2, Durchholz 1, Harpen 2, Herne   1, Horst 1, Laer 2, Langen­dreer 2 und Stockum   1. Es referierten in ihnen die Ge­nossinnen Nemitz-Bochum, Plum-Essen, Kähler- Düsseldorf   und die Genossen König-Dortmund, Löffler- Gelsenkirchen  , Brauns-, Klotz- und Steinkamp- Bochum  . Die während der Wahlrechtsbewegung von der Parteiorganisatton einberufenen Versammlungen waren oft sehr zahlreich von Frauen besucht. Auch an Flugblattver­breitungen usw. beteiligten die Genossinnen sich aktiv. Ob­gleich die Organisation noch so jung ist, wurden in der Be­richtszeit erhebliche Anforderungen an die Kreisvertrauens­person gestellt. An 68 Tagen war sie außerhalb ihre? Wohnortes im Wahlkreis tätig, an 5 Tagen im Wahlkreis Recklinghausen   auf Wunsch der dortigen Genossinnen. Es gingen bei ihr abgesehen von Postanweisungen und Paketen 167 Briefe und Karten ein und 182 Briefe und Karten sowie 1S0 Drucksachen aus. Die geleistete Arbeit ist gern getan worden und war von Erfolg gekrönt. Schon auf dem Parteitag für das westliche Westfalen im Dezember 1907 waren die Genossinnen des Kreises durch drei weib­liche Delegierte vertreten. Am Schlüsse des Geschäftsjahres umfaßte die lose Organisation 1244 Genossinnen. Die Gleichheit" hatte 928 Abonnenten. 7220 Beitragsmarken sind verkauft worden. An die Kreiskasse wurden 470,07 Mk. abgeführt. Die Einnahmen der Kreisvertrauensperson be­trugen einschließlich eines Kassenbestandes von 22,37 Mk. 655,22 Mk., die Ausgaben 247,17 Mk. In der Kasse verblieben 408,05 Mk. Die sozialdemokratischen Frauen im Wahlkreis haben für die Ausbreitung der sozialistischen  Ideen wacker gearbeitet. Nun das Reichsvereinsgesetz den Frauen den Beitritt zu den politischen Organisationen zu­gesteht, wird es ihre Aufgabe sein, dafür zu sorgen, daß der übertritt der Genossinnen in den sozialdemokrattschen Kreis­verein möglichst einheitlich vollzogen wird, damit sie ge­meinsam mit den Genossen für unsere gerechte Sache weiter­kämpfen können. Anna Nemitz  -Bochum  . Der sozialdemokratische Parteitag für die Provinz Schleswig-Holstein   und das Fürstentum Lübeck   tagt« am 30. und 31. August in Kiel  . Unter den 106 Teil­nehmern befanden sich neun Genossinnen. Nach dem Be­richt der Agitationskommission ist die Zahl der Genossinnen. welche regelmäßig Beiträge an die Partei zahlen, von 2576 auf 3232 gestiegen. Diese weiblichen Parteimitglieder ver­teilen sich auf die verschiedenen Wahlkreise wie folgt: erster und zweiter Kreis 42, dritter Kreis 44, fünfter Kreis 164, sechster Kreis 1267, siebter Kreis 814, achter und zehnter Kreis 800, Fürstentum Lübeck   101. In dem letzteren gab es am Anfang des Berichtsjahres noch keine weiblichen Mitglieder der Sozialdemokratie, trotzdem die Frauen dort das Fürstentum gehört zum Großherzogtum Oldenburg   das Vereinsrecht hatten. In 47 Orten arbeiteten weib­liche Vertrauenspersonen. Im achten Kreis ist die Zal/ der weiblichen Parteimitglieder jetzt schon höher, als sie im