32 Die Gleichheit Nr. 2 Parteitag der Republikaner   vertreten, die sich jedoch nur zu einem eng begrenzten Frauenwahlrecht verstehen wollten, das von der Delegation zurückgewiesen wurde. Die Demokraten ihrerseits be- schlössen auf die nämliche frauenrechtlerische Anregung hin, ihre Kandidaten bei den im November bevorstehenden Wahlen zu ver- pflichten, für eine Volksabstimmung über die Einführung des all- gemeinen Frauenwahlrechts einzutreten. DaS ist ebenfalls herzlich wenig! Die letzte solche Volksabstimmung, die vor etwa acht Jahren stattgefunden hat, entschied gegen das Frauenwahlrecht. Auch in Kalifornien   tritt nur die sozialdeniokratische Partei rück- sichtslos für die volle politische Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts ein. In ihrem Programm für die kommenden Wahlen heißt es:Wir befürworten das allgemeine, gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen und verpflichten uns zu einer eifrigen Agitation dafür." Die Gründung der ersten FraurnstimmrechtSorgauisation ans Kuba   ist erfolgt. Sie hat ihren Sitz in Santiago de las Vegas, der Hauptstadt der Insel. Sie will die Einführung des Frauen- Wahlrechts dadurch vorbereiten, daß sie zunächst den Einfluß der Frauen auf die Politik zu fördern sucht. Frauenbewegung. Di« achte Generalversammlung des Bundes deutscher  Frauenvereine hat vom 6. bis 9. Oktober in Breslau   getagt. Nach dem Tätigkeitsbericht umfaßt die genannte Organisation 28 frauenrechtlerische Verbände und 281 direkt angeschlossene einzelne Vereine und Ortsgruppen. Die Generalversammlung hatte Stel- lungzur Frage einer Neuorganisation des Bundes zu nehmen, die insbesondere von demVerband fortschrittlicher Frauenvereine" gefordert wird und der numerisch schwachenradikalen" Richtung ein höheres Maß des Einflusses auf die gemeinsamen Aktionen sichern soll. Der entsprechende Antrag ward jedoch abgelehnt, die tagenden Frauenrechtlerinnen begnügten sich damit, den Gesamt- vorstand mit der Einsetzung einer Kommission zu beauftragen, welche der nächsten Generalversammlung neue Vorschläge zur Neu- organisation unterbreiten soll. Die Tagung hörte und diskutierte des weiteren die Berichte der Kommissionen, unter welche die Arbeit des Bundes auf verschiedenen Gebiete» verteilt ist. Es sind das folgende Arbeitsgebiete: Rechtsschutz, Arbeite- rinnenschutz, Sittlichkeilsfrage, Bekämpfung des Alkoholismus, Kinderschutz, Propaganda für die Ziele des Bundes. Auch die Leiterin der Auskunftsstell« für Fraueninteressen erstattete Bericht über ihre Tätigkeit. Den breitesten Raum der einschlägigen Verhandlungen nahmen Referat und Diskussion über die D i e n st b o t e n s r a g e ein, über die wir an anderer Stelle berichtet haben. Besonders eingehend wurde von der Generalversammlung die Frage der Strafrechtsreform erörtert. Zu ihr wurden»ach einer allgemeinen Einleitung durch die Bundesvorsitzende» Frau Stritt, Einzelreferate gehalten und debattiert, die sich in zwei groß« Gruppen gliederten, von denen die erste die Strafrechtsreform und die Frauen behandelte. Verhandlungsgegenstände waren hier: Verminderte Zurech- uungSfähigkeit(Frau vr. jur. Raschle); Sittlichkeits  - ö e likte(Frau B a n n e w i tz und Frau Scheven); Prostitution und Kuppelei(Fräulein Papp ritz). Die zweite Gruppe der Vorträge galt der Strafrechtsreform und der BeHand- lung der Jugendlichen. Folgende Themata wurden er- ortert: Die geistig Minderwertige«(Fräulein Schreiber); d>e Erhöhung des Strafmündigkeitsalters; das Pro- bationssystem und Jugendgerichte(beide Referate er- stattet von Fräulein v. W e l c z e ck). In einer geschlossenen Mit- gliederversammlung befaßten sich die Delegierten mit den§§ 217, 218 und 219 des Strafgesetzbuchs, welche von dem k ü n st l i ch e n Abortus, der Abtreibung der Leibesfrucht handeln; sie nahmen des weiteren Stellung zu den Paragraphen, welche sich auf den k'6 Strafbarkeit venerischer Ansteckung, die Schweige- Pflicht des Arztes im Falle von behandelter Geschlechtskrankheit eziehen. Den verschiedensten Bestimmungen des Strafrechts zu en erörterten Fragen wurden die Reformforderungen der Frauen entgegengestellt. Von anderen Verhandlungsgegenständen seien er- wähnt: das Gemeindewahlrecht der Frauen, das die Generalversammlung forderte, indem sie einem Antrag desBundes mr Frauen, timmrecht" debattelos ihre Zusli.n.nung gab. Ferner: dieReform derpreußischen Mädchenschulen- worunter die Resorm der höheren Mädchenschulen zu verstehen ist zu der L hl rc 0,emeinfame Erziehung von Knaben und Mädchen in den Realschulen. Gymnasien usw. gefordert wurde. In Ver- tindung m.t der Generalversammlung fanden mehrere öffentliche Agitationsversammlungen statt. So sprach Frau Eichholz über Strafvollzug und Gefängniswesen in bezug auf die Frauen". Eine andere Versammlung galt der Forderung des Frauen- Wahlrechts. Frau Krukenberg referierte in ihr überDas Interesse der Frauen am Frauenstimmrecht"; Fräulein Lüders überDas Interesse des Staats am Frauenstimmrecht". Besonder? gedacht muß einer Versammlung für junge Mädchen werden, in der Fräulein vr. Bäum er und Fräulein vr. Salomon über Neue Lebensziele" sprachen. Wir werden auf die Verhandlungen der Generalversammlung über die Strafrechtsreform noch zurück- kommen, wenn die angekündigte Broschüre darüber vorliegt. Frauen als Verteidiger in Strafprozessen gegen Jugend- lich«. Eine bayerische Ministerialverordnung hat eine wichtig« Neuerung gebracht. Sie verfügt, daß künfttg Frauen als Ver- teidiger in Strafverfahren gegen Jugendliche zugelassen werden, um von diesen die Gefahren einer Hauptverhandlung abzuwenden. Nach, der Strafprozeßordnung können übrigens schon jetzt Frauen vor Gericht als Verteidiger fungieren. Damit ist jedoch nicht ge- sagt, daß die Frauen zur Praxis der Rechtsanwaltschast zugelassen seien. Ihr steht§ 1 der Rechtsanwaltsordnung entgegen. Dort heißt es nämlich:Zur Rechtsanwaltschaft kann nur zugelassen werden, wer die Fähigkeit zum Richteramt erlangt hat." Da in Deutschland   die Frau noch immer im Gegensatz zum Ausland vom Richteramt ausgeschlossen ist, so versagt ihr diese Fassung der Ordnung auch die Rechtsanwaltschaft. Ein russischer Frauenkongreß, der in Petersburg   statt- finden und zur Gründung eines nationalen Frauenbünde? führen sollte, wurde von der russischen Regierung verboten. Eine der führenden Frauenrechtlerinnen, Frau Philosophoff, wandte sich daraufhin mit einer Eingabe an den Minister Stolypin  und suchte ihn von der gut bürgerlichen Gesinnung der Damen zu überzeugen. Sie betonte, daß die nationalen Organisationen der Frauenrechtlerinnen in keiner Weise revolutionär wirken. Trotz dieser Beteuerung erhielt die Bittstellerin erst nach langer Zeit eine Antwort, welche besagte, daß der Kongreß stattfinden dürfe, voraus- gesetzt, daß er die Hand von der beabsichtigten Gründung de? nationalen Frauenbundes lassen, und daß kein Ausländer an ihm teilnehmen würde. Die Frauenrechtlerinnen wollen offenbar unter das kaudinische Joch des bluttriefenden Despotismus kriechen, den» der Kongreß soll im Dezember stattfinden. Quittung. Bei der Unterzeichneten gingen für den Agitationsfonds der Genossinnen im Monat August folgende Beiträge ein: Augsburg  122,88 Mk.; Berlin   durch Genossin Jung 6 ML; Bremen   durch Genossin Holz 8 Mk.; Bromberg   durch Genossin Stössel v. Lissa 8 ML; Düsseldorf   durch Genossin Klett 84.66 ML; Essen-West durch Genossin Zalisch 13,16 ML; Frankfurt   a.O. 9,32 ML; Grabow-Stettin durch Genossin Kuschet 88 ML; Heeren bei Kamen   durch Genossin Pätzold 86 ML; Karls­ ruhe   8. Dz. 10 ML; Kiel   durch Genossin Studier 20 ML; Königsberg   i. P. durch Genossin Nowagrotzki 14,13 ML; Un­genannt 30 ML; Mülheims. Rh. durch Genossin Kuhs 12,42 ML; Neumünster   durch Genossin Pries 30,18 ML; Senftenberg  durch Genossin Barth 48 ML; Stettin   durch Genossin Stein« müller 34,02 ML; Waltershausen   durch Genossin Bach 14,74 Mark; Zeitz   durch Genossin Leopold 124,02 ML Summa: 658,25 Mk. Im Monat September gingen ein: Für Bayern   durch Ge» nossin Greifenberg   223,40 ML; Groß-Berlin durch Genossi» Wulff 280 ML; Bucher Mauerblümchen 2 ML; Danzig   durch Genossin Güth 17,80 ML; Döbeln   8 ML; Forst i. L. durch Genossin Richter 17,20 Mk.; Frankfurt   a. O. 6,16 Mk.; Hirsch« berg i. Schl. durch Genossin Gottwald 10 ML; für Rhein­land durch Genossin Kähler 86,64 ML; Bad Salzbrunn   durch Genossin Teichert 1,60 ML; Sude bei Itzehoe   10 ML; Teuchern   durch Genossin Schröder 10 ML; Wolgast   i. P. 4 ML Summa: S1S,50 Mk. Aus Versehen sind folgend« Beiträge für den Monat Juni bisher nicht quittiert worden: Altona  -Oltensen durch Genossi» Schönfelder 28,48 ML; Sude bei Itzehoe   durch Genossin B.I»-0« mmiü: Ottilie Baader  , Berlin SW68, Lindenstr. 3, Vertrauensperson der sozialdemokratischen Frauen Teutschlands. «eranlworUtch für dt« Redaktion: Frau«lara ZelNn(Zündet», WilhelmShöhe, Post Degerloch bei Stuttgart  . Druck und Verlag von Paul Singer In Stuttgart  .