Nr. 13
Die Gleichheit
Vereinstätigkeit damit, die Mitglieder religiös zu belehren und zu erziehen. Als besonders wichtige Veranstaltungen dieser Art werden genannt die gemeinsame heilige Rommunion, die Teilnahme an Exerzitien, Andachten, Prozessionen, Wallfahrten usw.
Die Vereinsversammlungen sollen jeden Sonntag stattfinden; die dort gehaltenen Vorträge behandeln religiöse, soziale und allgemein wissenswerte Fragen. Im allgemeinen werden die Vorträge vom geistlichen Präses selber gehalten werden müssen, doch ist die Mithilfe von„ Damen der besser situierten Stände" willkommen.
Der Pflege der Geselligkeit dienen gesangliche Aufführungen, Theatervorstellungen, Deklamationen, Erholungsabende, Ausflüge, Spiele usw., für die geistige Hebung und Schulung sollen Unterrichtsturse eingerichtet werden. Endlich wird unter Mitwirkung von„ Damen der besser situierten Stände" die Errichtung einer Vermittlungskommission empfohlen, die Mißstände in Fabriken und Werkstätten zur Kenntnis der Arbeitgeber bringen soll.
Unter den Einrichtungen des Vereins werden genannt: Sparfassen, Unterstützungskassen, Arbeitsnachweis, Wohnungsnachweis, Bibliothek, Lesezimmer, Haushalts- und Handarbeitsunterricht usw. Anfangs 1905 hat die Diözesanleitung des Verbandes der katholischen Arbeitervereine der Erzdiözese Köln gemeinsam mit mehreren Arbeiterinnenvereinspräsides ein Statut aufgestellt, das im allge meinen die Bestimmungen wiedergibt, die für die katholischen Arbeitervereine gültig sind, nur daß der Präses des Arbeiterinnenvereins noch mehr Rechte in seiner Hand vereinigt als bort.
Auch im Bereich des süddeutschen Verbandes katholischer Arbeitervereine haben sich in den letzten Jahren die Arbeiterinnenvereine auszubreiten begonnen. Seit 1906 sind sie zu einem Verband vereinigt, dem 36 Vereine mit 4556 Mitgliedern angehören, worunter sich 3791 ordentliche Mitglieder, das heißt Arbeiterinnen befinden. In den Mitteilungen des Verbandes süddeutscher katholischer Arbeitervereine"( 1907, Nr. 26) heißt es: Die Versammlungen, welche in der Regel zweimal im Monat abgehalten werden, bekunden reges Vereinsleben, und die Beiträge befinden sich fast durchweg auf einer Höhe, welche die Leistungs
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In enger Beziehung zu ihr steht der Verband kirchlich sozialer Frauengruppen, deren Programm übereinstimmt mit dem Arbeitsplan der siebenten Kommission der Konferenz, der die Be handlung der Frauenfrage zugewiesen ist. Diese hat es sich zur Aufgabe gestellt, die auf dem Boden des reformatorischen Bekenntnisses stehende Frauenwelt, sowie die( dafür interessierte) Männerwelt zur Mitarbeit aufzurufen: a. an der Hebung der sozialen, wirtschaftlichen und sittlichen Notstände auf allen Gebieten des weiblichen Erwerbslebens; b. an der Erschließung neuer Arbeitsgebiete, respektive neuer Berufe für die gebildete Frau; c. an der bazu erforderlichen Reform der Frauenbildung, insbesondere der höheren Mädchenschulen.
Unter den besonderen Aufgaben sind genannt die Sammlung von Heimarbeiterinnen, Fabritarbeiterinnen, Gründung und Pflege einzelner Gruppen derselben, Gründung und Leitung von Dienst boten( und Hausfrauen) vereinen, Stellenvermittlung für Dienstmädchen, Hausangestellte, Gelegenheit zur Fortbildung für ältere Dienstmädchen, Hilfsarbeit in den gewerkschaftlichen Organisationen von Frauen und Mädchen, Ausbildungsgelegenheiten und Arbeitsvermittlung für unbemittelte gebildete Frauen.
Die kirchlichsoziale Frauengruppe gründete im Jahre 1900 in Berlin den Gewertverein der Heimarbeiterinnen, der gegen wärtig 48 Ortsgruppen mit rund 3000 Mitgliedern zählt.--
Es versteht sich am Rande, daß die von katholischer und evangelischer Seite gegründeten Arbeiterinnenvereine nicht auf dem Boden des Klassenkampfes stehen, sondern sich zum Glauben an die Harmonie der Unternehmer- und Arbeiterinteressen bekennen. Als Sonderorganisationen, welche die Arbeiterinnenmassen teilen, statt sie zusammenzufassen, bedeuten sie eine Schwächung der Gewerkschaftsbewegung, eine Schädigung der proletarischen Interessen. Die vorstehenden Angaben über die konfessionellen Arbeiterinnenvereinigungen müssen daher die Genossinnen zum eifrigsten Wirken im Dienste der modernen Gewerkschaften anspornen, welche in ziel flarer Erkenntnis mit aller Treue das Wohl der Arbeiterinnen gegen das raffgierige Unternehmertum verteidigen.
fähigkeit der Vereine garantiert. Fast zwei Drittel der Vereine Von der österreichischen Arbeiterinnen
haben das in München erscheinende Verbandsorgan ,, Die Arbeiterin“ obligatorisch eingeführt. Die Rubrik Unterrichtsturse konnten von 34 Vereinen 20 ausfüllen, von denen 19 Haushaltungskurse( Rochen, Nähen, Bügeln) und ein Verein einen Buchhaltungsfurs eingerichtet haben. Für die Zukunft wird auf die Errichtung sozialer Unterrichtskurse( Redelehre) noch ein ganz besonderer Wert zu legen sein; denn die ganze bisherige Entwicklung der Arbeiterinnenvereine scheint dahin zu neigen, daß eine intensive Zunahme der= selben erst dann zu erwarten steht, wenn es erst möglich sein wird, weibliche Agitatorinnen für die Bewegung freizustellen.
Der Verband katholischer Arbeitervereine( Siz Berlin) hat einen auf demselben Grunde stehenden Verband der katholischen Vereine erwerbstätiger Frauen und Mädchen Deutschlands ins Leben gerufen, dem 131 Vereine mit 17 000 Mitgliedern angehören. Sein Zweck ist: Die Förderung aller beruflichen, gewerblichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten der Mitglieder, die Gliederung der Vereine und des Verbandes nach der Verschiedenheit der Berufe, das Zusammenwirken mit gleichartigen Gruppen anderer Verbände in besonderen Fällen zur Wahrung wirtschaftlicher Interessen, die zeitgemäße Einrichtung von Lehrtursen zur Ausbildung in ver schiedenen Erwerbstätigkeiten, die Ausbildung von Fabrikaufseherinnen, Einrichtung von Arbeiterinnensetretariaten. Der Verband unterhält eine Kranken-, Sterbe- und Arbeitslosenkasse, vier Arbeiterinnensekretariate( Berlin , Breslau , Trier , Würzburg ) und gibt ein Blatt Frauenarbeit" heraus.
Nicht ebenso viel weiß Erdmanns Buch über die evangelischen Arbeiterinnenorganisationen zu melden. Nachdem Stöcker sich von den Evangelisch- Sozialen getrennt hatte, gründete er 1897 die freie kirchlichsoziale Konferenz, die praktische Arbeit leisten, sich auf die Massen stützen und in deren Bewegung ein. greifen wollte". Nach den jetzt geltenden Satzungen sucht sie das zu erreichen durch den freien Zusammenschluß aller Männer und Frauen Deutschlands , die das gesamte öffentliche Volksleben mit den lebendigen Kräften des Evangeliums durchdrungen wissen wollen, die daher eine lebendige Mitarbeit der evangelischen Kirche an allen sozialen Fragen für erforderlich halten und selber zur praktischen und wissenschaftlichen Mitarbeit bereit sind". Die Konferenz hat verschiedene Arbeitskommissionen eingesetzt und sich auch mit der Frauen- beziehungsweise Arbeiterinnenfrage beschäftigt.
bewegung.
I.K. Die deutsch - böhmische Frauenkonferenz, über die im Dezember in der„ Gleichheit" berichtet wurde, trägt gute Früchte. Das eingesetzte Komitee arbeitet ununterbrochen, und unablässig werden neue politische Organisationen der Frauen gegründet. Ende Januar tagte in Prag der deutsch - böhmische Landesparteitag, auf dessen Tagesordnung ebenfalls die Frauenorganisation stand. Genossin Fanny Neumann- Aussig hatte das Referat, und sie legte dem Parteitag ein Programm vor, auf welche Weise die Lokalorganisationen der Partei die Genossinnen unterstützen sollen. Der Parteitag akzeptierte ihre Vorschläge und wählte Genossin Neumann in die Landesvertretung, welche das Frauenagitationskomitee für Deutsch- Böhmen subventionieren und dadurch aktionsfähig machen wird. Die Genossinnen, welche dem genannten Komitee angehören, find fortwährend auf Agitation, um politische Frauenorganisationen zu gründen. Es ist zu erwarten, daß der nächste Parteitag über gute Resultate dieser Bestrebungen hören wird.
In Wien hat am 28. Februar die Frauenkonferenz für Niederösterreich stattgefunden. 34 Genossinnen waren als Dele gierte anwesend, von denen 22 gleichzeitig ein Mandat zum Landesparteitag hatten. Eine solch große Zahl weiblicher Delegierter zu einem Landesparteitag, dem früher faum zwei Genofsinnen beiwohnten, war an sich schon eine auffällige Erscheinung, welche die Fortschritte unserer Frauenbewegung zeigte. Der Sekretär der Landesorganisation, Genosse Bretschneider, hob in seinem Bericht noch besonders hervor, wie erfreulich die Arbeiterinnenbewegung anwachse. Was die Frauenkonferenz anbetrifft, so hatte sie über den Ausbau der politischen Frauenorganisation in Niederösterreich zu beraten. Genossin Popp erstattete namens des Frauenreichstomitees das Referat zu der Frage. Sie führte aus, daß es sich darum handle, Vorsorge zu treffen, daß die neugegründeten politischen Frauenorganisationen volle Klarheit über ihre Aufgaben erlangen; aufzuklären, zu bilden, die Frauen zu Sozialdemokratinnen zu erziehen und alle Parteiattionen zu unterstüzen; das Lesen der sozialistischen Presse und Broschürenliteratur, die Abhaltung von Versammlungen und Diskussionsabenden seitens der Frauenorganisationen soll diesem Zwecke dienen. Im Jahre 1908 find 964 Frauen in Niederösterreich der freien politischen Frauenorganisation zugeführt worden; 1200 Frauen find nun allein