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Die Gleichheit

tarischen Session in der Frage des Schutzes der unehelichen Mütter mit aller Schroffheit den Standpunkt vertrat: Mögen sie leiden!" Die Gewerbeinspektorin ist durch ihre Parteinahme für die Unternehmer bekannt geworden. Sie bekämpft sogar die Ein­schränkung der Nachtarbeit der Frauen.

Die Arbeit der Genofsinnen und Genossen im Ausschuß war feineswegs leicht, da ihre Forderungen viel weiter gingen als die der bürgerlichen Parteien. Wie die Sozialdemokratie in anderen Ländern, verlangten auch wir den gesetzlichen Achtstundentag, Ein­schränkung der Nachtarbeit für Männer, ihr völliges Verbot für die Frauen, Verbot der Arbeit und Unterstützung für Schwangere und Wöchnerinnen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung, Verbot der Arbeit von Kindern unter 15 Jahren, ent­sprechende Maßnahmen für ihre Erziehung auf der Grundlage eines allgemeinen Schulzwanges usw.

Für einige Gewerbe, wie zum Beispiel die Buchdruckerei, Bäckerei, Tabak und Textilindustrie und Schneiderei, besigen wir eine ziem­lich gute Statistit, auf Grund deren wir die herrschenden Miß­stände und das Elend der Arbeiterschaft ziffernmäßig feststellen fonnten. Es war uns leicht, den Nachweis zu erbringen, daß die Arbeiterin von ihrem geringen Lohn keinerlei Ersparnisse machen kann, um über die Zeit des Wochenbetts hinwegzukommen, daß die Nachtarbeit überhaupt, besonders jedoch für die Frauen außerordentlich gesundheitsschädlich ist. Dabei konnten wir auf die Fortschritte der Arbeiterschutzgesetzgebung in anderen Ländern hin­weisen, um dadurch unsere Gegner vorwärts zu treiben. Die Schreiberin dieser Zeilen ließ sich vor allem angelegen sein, die Notwendigkeit des gesetzlichen Schutzes der Arbeitenden im allge­meinen, ganz besonders aber den der Kinder und schwangeren Frauen nachzuweisen.

Durch die Aufrollung der Frage einer wirksamen Arbeiter­schutzgesetzgebung empfing die Richtigkeit der Lehre vom Klassen­gegensatz und vom Klassenkampf eine neue, unzweideutige Bestäti­gung. Wie die gesamte Bourgeoisie, waren mit Ausnahme einiger schwankender Vertreter der Kleinbauern alle bürgerlichen Abge­ordneten ohne Unterschied des Geschlechts gegen uns. Und es muß hervorgehoben werden, daß die bürgerlichen Frauen es sich besonders angelegen sein ließen, von dem Segen der Nachtarbeit für Frauen zu schwärmen! Sie fördere die Selbständigkeit der Frau, hebe die wirtschaftliche Lage der Familie und andere schöne Sachen mehr, behaupteten die Damen. Nichts als leerer Schall waren für sie unsere Beweise, daß der Verdienst und die Erwerbsmöglichkeit der Frauen mehr als die der Männer gerade in den Ländern gestiegen ist, wo die Nachtarbeit der Frauen ver­boten ist. Ebenso unzugänglich blieben sie für den Hinweis dar­auf, daß das Verbot der Nachtarbeit der Arbeiterin die Möglich­teit zu geistiger Hebung gibt. Die bürgerlichen Frauen hatten nur Sinn für eins: für den Profit! Daher ist es kein Wunder, daß das Schutzgesetz, um das der Kampf ging, nicht besser ausgefallen ist.

Die erwähnenswerten Bestimmungen sind schnell aufgezählt: Das Gesetz schreibt eine 30 stündige Sonntagsruhe vor; es erhöht die Altersgrenze für Kinderarbeit auf 14 Jahren und läßt Kinder, die alle Klassen der Volksschule absolviert haben, sogar schon mit 13 Jahren zur Arbeit zu. Die Marimalarbeitszeit wurde auf 120 Stunden in je zwei Wochen und 10 Stunden pro Tag festgesetzt, wobei jedoch wöchentlich 10 Überstunden bei 50 Prozent Lohn zuschlag gestattet sind. Für die Wöchnerinnen fonnten wir bloß eine Schutzzeit von vier Wochen durchsetzen. Das gereicht einer Bolts­vertretung zu besonderer Schande, die volkstümlich sein will! Es wäre leicht gewesen, wenigstens einen weiterreichenden Wöchnerinnen­schutz zu erringen, wenn die Gruppe der Kleinbauern und noch einige, die sich sonst zu den Volksfreunden zu zählen belieben, die bürger­liche Gesinnung nur ein ganz klein wenig hätten verleugnen können. Die Schande dieses geringen Schußes belastet nicht wenig das Schuldkonto der bürgerlichen Frauen, die in der Volksveriretung. fizzen. Ihrer feindseligen, verständnislosen Haltung ist es mit zu verdanken, daß die schwangere Arbeiterin nicht mehr als vier Wochen Ruhe und Schonung erhält.... Und das ohne jede Entschädigung für den ausfallenden Lohn! Die Ar­beiterin mag niederkommen! Die finnische Bourgeoisie gewährt ihr dafür eine Schutzfrist von vier Wochen. Doch wenn Mutter und Kind während dieser Zeit verhungern, so geht das die finnische Bourgeoisie nichts an! Sie hat Hände genug, die ihr Mehrwert schaffen!

Die Mehrheit der bürgerlichen Abgeordneten suchte sich ein Feigenblatt für ihre Schmach. Sie ersuchte die Regierung um eine entsprechende Vorlage. Genossinnen, helst, daß diese Schande und grenzenlose Kurzsichtigkeit der finnischen   Bourgeoisie in der ganzen Welt bekannt wird, damit die Arbeiterinnen überall erwachen und ihre Lage erkennen lernen!

Nr. 14

Das Verbot der Nachtarbeit der Frauen unterblieb. Man be­hauptete, es sei genügend, wenn diese eingeschränkt werde. Folgende Bestimmung darüber enthält das Gesetz: Die Nachtarbeit der Frauen ist nur in bestimmten Fällen zulässig. So zum Beispiel, wenn die Arbeit in drei achtstündigen Schichten bei wöchentlichem Wechsel der Arbeiter verrichtet wird. Die Vorschriften werden jedoch durch Ausnahmen durchbrochen, wenn das Industriedeparte­ment erachtet, daß Saisonarbeit oder daß technische respektive ge schäftstechnische Bedingungen solche erheischen!

In vorstehendem haben wir die Hauptpunkte des neuen Schutz­gefeßes" aufgezählt. Es gilt nur für die Industrie- und Bau­arbeiter. Unsere Bemühungen, auch die übrigen Arbeiter dem Ge­setz zu unterstellen, waren vergeblich. Der gesetzliche Schutz der beiden Arbeiterkategorien entspricht der Tatsache, daß diese besser organisiert sind als das übrige Proletariat.

Bekanntlich müssen wir nun abwarten, ob das Gesetz die Billi­gung des Baren erhält. Ob sie erfolgen wird, ist die Frage. Bis jetzt ist das Gesetz dem Zaren noch nicht vorgelegt worden. Der Senat scheint es verschleppen zu wollen und würde damit den Wünschen der Unternehmer entgegenkommen. Die Volksvertretung war aufgelöst worden, weil sie sich weigerte, Rußland   die ge­forderte Militärfontribution von 20 Millionen Mark zu bewilligen. Die seither erfolgten Neuwahlen haben einen glänzenden Sieg der Sozialdemokratie gebracht, das heißt der unerbittlichen, unbeug­samen Gegnerin des zarischen Absolutismus, der treuesten Vor­kämpferin für die nationale Selbständigkeit Finnlands  . Was die Zukunft bringen dürfte, entzieht sich unseren Blicken. Zu be­fürchten haben wir alles, da wir einen rein russischen Senat haben, dem der Finnenfresser Seyn als Generalgouverneur vor­steht. Die uniformierten Echtrussischen" regieren Finnland  . Der Vetoerlaß des Zaren läßt das Schlimmste erwarten. Die Autonomie Finnlands   und seine Voltsvertretung scheinen mehr gefährdet als je. Nur ganz gewaltige Ereignisse im Innern Rußlands   könnten die Gefahr ablenken. Doch wie dem auch sei, unser Weg ist uns Sozialdemokraten vorgezeichnet, wir wollen und können dem Kampfe nicht ausweichen. Hilja Pärsinen( Biinamaa), Helsingfors  .

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Aus der Bewegung.

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Von der Agitation. Mit einer achttägigen Agitationstour im Wahlkreis Hanau- Bockenheim- Gelnhausen- Orb hatte dessen Parteileitung Genoffin Gewehr- Mannheim betraut. Die Ver fammlungen nahmen einen befriedigenden Verlauf, und die Refe rentin verstand es in vorzüglicher Weise, die Herzen der Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse für unsere Bewegung zu gewinnen. In Hanau   Stadtwo die Frauenversammlung am Montag, 7. März, abgehalten wurde fand am gleichen Tage nachmittags 4 Uhr eine gewaltige Demonstration für das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht in Preußen statt. Fast in allen Fabriken, Werkstätten und Bauten usw. ruhte ab 4 Uhr die Arbeit. Diese Kundgebung, welche mit einer Straßendemonstration abschloß, verfehlte auch ihre günstige Einwirkung auf die Frauen nicht. Be teiligte sich bereits nachmittags eine stattliche Anzahl von ihnen an der Wahlrechtsdemonstration, so war die Abendversammlung der Frauen besucht wie nie eine ähnliche Veranstaltung zuvor. Der große Saal und die Galerie im Gewerkschaftshaus waren besetzt, und als Genoffin Gewehr unter stürmischem Beifall ihre Aus­führungen schloß, traten 85 Frauen sowie 7 Männer dem Wahl­verein bei. Auch im Kreise Gelnhausen  - dem politisch und wirtschaftlich zurückgebliebensten Teile des Wahlkreises faßt die Frauenbewegung festen Fuß. Zwei Versammlungen, in denen Ge­nossin Gewehr sprach, waren von Erfolg begleitet, 8 Aufnahmen in Gelnhausen   und 14 in Bad Orb   waren das praktische Er­gebnis. In Bockenheim  ( Stadtteil von Frankfurt  , jedoch zu unserem Wahlkreis gehörend) wurden in der Versammlung 19 Neu­aufnahmen gemacht. Außer in den genannten Orten gewann die Partei noch neue Mitglieder in den Versammlungen zu Ressel­stadt( 19), Preungesheim  ( 5), Eschersheim  ( 5) und in Praunheim  ( 13). Insgesamt wurden durch diese Agitation 165 neue Parteimitglieder gewonnen, darunter 17 Männer, ebenso einige K. D. Abonnenten auf unsere Parteizeitung.

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Im Auftrag der Parteileitung des Zwickauer   Gebiets hielt die Unterzeichnete Ende Januar und Anfang Februar Versammlungen ab in Reinsdorf  , Zwickau  , Friedrichsgrün, Bockwa, Schön fels und Brand. In Reinsdorf   war der Saal überfüllt, und 60 Frauen traten unserer Partei bei. 30 Mitglieder wurden ihr in Zwickau   zugeführt, und in Friedrichsgrün dürften die Frauen der Bergarbeiter die Überzeugung gewonnen haben, daß ihnen in