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Die Gleichheit

unentgeltlich zu verrichten hatten. Für das Verpacken wird pro Stunde 5 Pf. mehr gezahlt als seither. Die Lohnzahlung ist von Sonnabend auf Freitag verlegt worden. Die Hornknopffabrik Nied­mann, deren Arbeiter bereits in Streit getreten waren, hat außer den sonstigen Zugeständnissen die schlechteren Akkordpositionen ganz erheblich aufgebessert; infolgedessen wurde die Arbeit wieder auf genommen. Nicht alles haben die Knopfarbeiter erreicht, was sie forderten. So zeigten die Fabrikanten wenig Entgegenkommen bei der Aufbesserung der Löhne für Überstunden. Trotzdem ist der ers zielte Fortschritt bedeutungsvoll. Vor allem zeigt er, was ein ge schloffenes Vorgehen zu bewirten vermag. Insbesondere die Ar beiterinnen wird der erfolgreiche Ausgang der Bewegung anfeuern, die noch fernstehenden Arbeitsgenossinnen für die Organisation zu gewinnen. Auf einen Hieb fällt kein Baum! fk.

Genossenschaftliche Rundschau.

Die beiden fächsischen Großstädte Dresden   und Leipzig  nehmen in der modernen Konsumvereinsbewegung Deutschlands  eine hervorragende Stellung ein. Hier sind die Ausgangspunkte einer proletarischen Konsumvereinsbewegung mit neu zeitlichen Grundsätzen und sozialen Zielen in Deutschland  . Von hier aus verbreiteten fich wichtige Anregungen, und hier wurde von Anfang an energisch der Charakter der Konsumvereine als einer sozialen Bewegung betont.

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Der Leipzig   Plagwiger Berein ist nach der Mitglieder Jabl weit über 40 000- der viertgrößte der Welt, und mit feiner Eigenproduktion steht er sogar an erster Stelle. Die Ben tralisation der Mitglieder eines großen Gebiets ist mit der Zeit fast restlos durchgeführt worden, indem die Kleineren Vereine in und um Leipzig   in den größten aufgingen. In Dresden   hat man ben großzügigen Plan ins Auge gefaßt, alle Konsumvereine von Dresden   und den nächsten Vororten zu verschmelzen. Im Stadt­gebiet selbst bestehen zurzeit vier Vereine, von denen der Vorwärts mit 28000 Mitgliedern der größte ist. Vor etwa einem Viertel­jahrhundert gegründet, sind alle vier Vereine jetzt leistungsfähige Millionenunternehmen. Heute würde man natürlich nicht vier, sondern nur einen Verein gründen. Damals aber lagen die lokalen Verhältnisse noch ganz anders. Aus durch weite Zwischenräume getrennten, fommerziell wenig verbundenen Gemeinden hat sich ein großes einheitliches wirtschafts- und kommunalpolitisches Gebiet entwickelt. Dementsprechend drängte sich mit der Zeit immer mehr die Notwendigkeit auf, aus dem Dresdener   Konsumverein eine or ganische Einheit zu bilden. Jahrelang ist der Plan erörtert worden, nun scheint er zur Verwirklichung reif. Das Dresdener   Gewerks schaftskartell und die Parteiorganisationen nahmen die Sache in die Hand, und die Verwaltungen der Konsumvereine haben bei einer gemeinsamen Versammlung im wesentlichen ihre Zustimmung gegeben. Schon das Ab- und Zuströmen der Arbeiter aus den einen Bezirken des Stadtgebiets in die anderen nötigt zu einer Bentralisierung. Mit der Verschmelzung der Vereine, zu denen noch einige Vorortsvereine kommen, sollen zugleich etwa notwendige Reformen in der Verwaltung und Ausgestaltung der Tätigkeit der Genossenschaft durchgeführt werden. Wenn nicht unerwartete Hinder­nisse eintreten, dürfte in drei bis vier Jahren die ganze Aktion durchgeführt sein; die sechs für die Vereinigung in Betracht kom menden Vereine zählten am Schlusse des letzten Geschäftsjahrs ins­gesamt zirka 55000 Mitglieder und hatten einen Umsatz von etwa 19 Millionen Mart. Diese zwei Zahlen zeigen zur Genüge, daß bie Dresdener Arbeiterschaft ein Riesenprojekt ausführen will.

Unter dem Titel: Die deutschen   Arbeiterfonsumvereine hat Genosse Paul Göhre   im Verlag des Vorwärts ein 655 Seiten startes Buch herausgegeben. Der Verfasser geht auf die wichtigsten Probleme der Entwicklung der Konsumvereine in Deutschland   ein, erörtert ihre Aufgaben und Ziele nach sozialistischen Gesichtspunkten und zieht auch scharf die Grenzlinie zwischen bürgerlicher und proletarischer Genossenschaftspolitit. Er weist nach, wie von Grund aus verschieden die Auffassungen auf proletarlicher und bürger licher Seite sind, und daß die deutsche Konsumvereinsbewegung und organisation immer proletarisch gewesen ist. Auch auf die Neutralitätsfrage geht Göhre an mehreren Stellen näher ein; dabei weist er entschieden die bisher von der Leitung des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine beobachtete überneutralität zurück und tritt ein für eine engere Fühlung mit der modernen Arbeiter bewegung im Sinne der Kopenhagener und Magdeburger   Reso­lution. Den größten Naum des Buches nimmt jedoch die Dar stellung der Entwicklung der Konsumvereine in Leipzig  , Berlin  und Hamburg   ein. An vier verschiedenen Typen untersucht Göhre Erfolge und Mißerfolge, Fortschritte, fleinere und systematische

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Fehler usw. der Bewegung und deckt damit zugleich ihren wesens inneren Zusammenhang mit der modernen Arbeiterbewegung auf. Dieser Teil des Buches liest fich nicht gerade leicht, da der Ver­fasser bis ins kleinste eingeht. Aber wertvoll ist das Buch als Sammlung von Material zur Beurteilung der Bewegung für jeden, der auf diesem Gebiet fremd ist und sich darüber orien tieren will.

Auf dem Magdeburger   Parteitag hob der Referent über die Genossenschaftsfrage besonders hervor, daß die bürgerlichen Parteien den Konsumvereinen fast alle mehr oder minder feind lich gegenüberstehen. Eine schöne Illustration dazu lieferte der nationalliberale Parteitag in Kaffel. Die nationalliberale Partei dürfte eigentlich auf Grund ihrer rein tapitalistischen Auf­fassung des Wirtschaftslebens den Konsumvereinen nicht entgegen treten, weil diese ein höher organisiertes Element in jenem bilden. Aber Konsequenz darf man von dieser Partei nicht erwarten. So. weit die Nationalliberalen nicht Gleichgültigkeit oder laue und sehr verdächtige Freundschaft heucheln, treten sie als offene Feinde der Konsumvereine auf. So geschah es auch in Kassel   wieder. Ein Herr Dr. Schröder führte dort aus, in Großstädten scheine ihm ein Bedürfnis für Beamten konsumvereine nirgends vorzuliegen. Er fönne es nicht verstehen, daß gut besoldete mittlere und obere Beamte in Konsumvereinen kaufen, er meine, das sei eine Frage des Taltes. Noch gefährlicher seien die Arbeiterfonsumvereine, weil sie den politischen Zwecken der Sozialdemokratie dienstbar seien. Das sind genau dieselben Redensarten, mit denen die rück ständigsten Mittelständler hausieren gehen. Es liegt aber Methode darin. Die Liberalen machen ja das Wettrennen um die Gunst, das heißt um die Stimmen der Mittelständler mit. Dabei muß ihnen alles zum Besten dienen, auch das Schimpfen auf die Konsumvereine. Der liberale Hansabund hat sich ja ebenfalls wiederholt in gleichem Sinne ausgesprochen. Selbst den Beamten fonfumvereinen wird die Berechtigung aberkannt. Beim Stimmen. fang bringt man gern ein Opfer des Intelleftes.

über das Genossenschaftswesen in Japan   wurden vor furzem im Internationalen Genossenschaftsbulletin folgende Mit­teilungen gemacht: Ende 1900 gab es in Japan   21 Genossen schaften auf Grund des neuen Gesetzes, wovon 13 Kreditgenossen schaften waren. Ende Juni 1900 gab es bereits 5149 Genossen schaften, darunter 1864 Kreditgenossenschaften. 194 Genossen< schaften verfolgten alle ihnen durch das Gesetz erlaubten Zwecke. 744 waren reine Produttivgenossenschaften, während der Rest mehrere Betriebe in sich vereinigte. 1903 zählten 571 Genossen schaften 45 131 Mitglieder, 1907 besaßen 1623 Genossenschaften 151123 Mitglieder. Der durchschnittliche Mitgliederbestand ist von 79 im Jahre 1903 auf 93 im Jahre 1907 gestiegen. Das ein­gezahlte Anteilscheinkapital betrug Ende 1907 für eine Genossen­schaft im Durchschnitt 2970 Mt. oder pro Mitglied 31 Mt. Der Reservefonds pro Genossenschaft 600 Mt., pro Mitglied 3 Mr., die Anleihen 4800 Wt. beziehungsweise 50 Mt., die Spareinlagen 8050 Mt. beziehungsweise 31 Mt. Bon den 151 123 Mitgliederu der 1623 Genossenschaften, die 1907 von der Statistik erfaßt wurden, waren 121136 oder 80,2 Prozent in der Landwirtschaft tätig, 10475 oder 6,9 Prozent waren Händler, 4,7 Prozent Handwerker beziehungsweise Industriearbeiter, 3028 oder 2 Prozent Fischer. H. F.

Notizenteil.

Dienstbotenfrage.

Fortschritte der Dienstbotenorganisation in Halle a. S. Die Dienstbotenorganisation macht hier unerwartet gute Fortschritte. Vor vier Monaten wurde sie ins Leben gerufen und zählt jetzt schon 150 Mitglieder. In dieser Zeit sind nur drei Mitglieder ausgetreten und vier nach auswärts ver zogen. Dieses schöne Ergebnis ist den Genosfinnen zu verdanken, die sich an der schwierigen Organisationsarbeit mit unermüdlichem Eifer beteiligt haben.

Unser Verband ist für die Mädchen eine moralische und mate rielle Stüge und erseht ihnen das Elternhaus. Wir stehen ihnen nicht nur in jeder Weise und jeder Zeit mit Ratschlägen zur Seite, sondern wir greifen auch selbst ein, wo es not tut. In der furzen Zeit des Bestehens der Organisation haben wir bereits vier Mäd chen von ihren Quälern befreit und in neue und gute Stellungen gebracht, in denen sie jetzt ihre Arbeit mit Freuden verrichten. In vielen anderen Fällen haben wir energisch die bedrohten Interessen der Mädchen geschützt. Ferner haben wir uns ihre geistige Weiter bildung angelegen sein lassen und ihnen für die Voltsvorstellungen den Bezug der Vorzugskarten vermittelt.