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Die Gleichheit

Nr. 23

Zeit zurückgetreten sei, habe man diesen bevorzugt. In glänzender Rede begründete Genossin Blase folgende Anträge, die nach kurzer, zustimmender Debatte einstimmige Annahme fanden: 1.Die weiblichen Vorstandsmitglieder in den Ortsvereinen eines Kreises bilden gemeinsam mit der Kreisleitung und den tätigen Ge­nossinnen der einzelnen Orte eine Agitationskommisston, die nach Be­darf zusammentritt, um über die Agitation im Kreise zu beraten." 2.Die weiblichen Vorstandsmitglieder der Kreise bilden gemein­sam mit dein Landesvorstand eine Agitationskommission für das Land, die nach Bedarf, mindestens aber einmal im Jahre zusannnen- tritt, um über die Agitation im Lande zu beraten." In geschickter, temperamentvoller Rede begründete Genossin Kehl einen Antrag 3:Bei der Neuwahl des Landesvorstandes ist in diesen eine Frau mit zu wählen." Genosse Strobel erklärte, datz er grundsätzlich nichts gegen den Antrag einzuwenden habe, daß aber zurzeit keine Veranlassung vorliege, den Landesvorstand zu verstärken. Wenn aber die Konferenz und später der Landespartet- tag dem Antrag der Genossin Kehl zustimmen sollten, sei er als jüngstes Mitglied des Landesvorstandes gern bereit, zugunsten einer Genossin zurückzutreten. Von einer solchen Lösung der Frag« toollte keine Genossin etwas wissen. Alle anerkannten lobend das lebhafte Interesse, das Genosse Strobel der Frauenbewegung ent­gegenbrachte, und die Förderung, die sie durch seine Unterstützung bisher gefunden hat. Er dürfe deshalb nicht aus dem Borstand aus­scheiden, statt dessen könne eine Vermehrung der Vorstandsmitglieder vorgenommen werden. Nach lebhafter Diskussion wurde schließlich der Antrag der Genossin Kehl mit großer Mehrheit angenommen. Mit eindringlichen Worten begründete Genossin Messinger einen Antrag, derdie Anstellung eine? weiblichen Sekretärs für Baden' forderte. Der Antrag fand die lebhafteste Unterstützung durch eine Anzahl Konferenzteilnehmer. Genossin Zietz führte aus, daß der Parteivorstand grundsätzllich der Anstellung weiblicher Sekretäre be­reits im vorigen Jahre zugestimmt habe. ES sei zweifellos, daß die Frauenbewegung wesentlich schnellere und bessere Fortschritte machen werde, wenn den männlichen Bezirkssekretären weibliche zur Seite gestellt würden. Das bei einer Agitationstour Gewonnene und müh­sam Aufgebaute breche so oft bald wieder zusammen, weil eS an Kräften fehle, das Errungene zu hegen und zu Pflegen und es auszu­bauen. Würden die örtlichen Kräfte öfter eine Anweisung und Unter­stützung finden durch eine im Bezirk tätige Sekretärin, könnte manches erhalten und weiterentwickelt werden. Die praktische Durchführung des Vorstandsbeschlusses, Sekretärinnen anzustellen, hänge allerdings davon ab, ob die organisatorischen Vorbedingungen dafür gegeben seien. Genosse Strobel erkärte sodann, daß das letztere für Baden bisher noch nicht der Fall sei. Es seien in Baden zirka 1600 Frauen politisch organisiert. Hinzu komme, daß noch kein Landessekretariat bestehe, dieses erst in diesem Jahre geschaffen werden solle. Sei da» eingerichtet, so könne man auch an die Anstellung einer Sekretärin denken, vorausgesetzt, daß inzwischen die Genossinnen durch fleißig« Agitation ihre Mitgliederzahl vermehrt hätten. Nach diesen Erklä­rungen zogen die Genossinnen ihren Antrag als noch verfrüht zurück, sprachen aber gleichzeitig aus, damit zu gegebener Zeit wiederkommen zu wollen. Genossin Zietz erinnerte noch daran, daß die Genossinnen ja auch in Berlin eine Zentrale hätten, die ihnen jederzeit gern mit Rat und Tat zur Seite stehe. Die Genossinen, die das Frauenbureau, Lindenstraße 3 bisher in Anspruch genommen hätten, würden be­stätigen können, daß sie stets in ausführlichster Weise Antwort er­halten. Manches Hemmnis der Agitations- und Schulungsarbeit sei durch die Vermittlung der Genossinnen im Bureau behoben, mancher Fingerzeig für die praktische Arbeit gegeben worden, und zudem sei doch auch daS Bewußtsein ein beruhigender Gedanke und eine gute Hilfe, in Berlin haben wir zuverlässige Anwälte unserer Sache. Ge­nossin Kehl beantragte weiter, daß die Parteipresse Badens veran­laßt werden möge, der Frauenbewegung eine größere Beachtung zu schenken. Genosse Strobel verwies darauf, daß der Karlsruher Volksfreund" und die Freiburger Volkswacht" eine besondere Bei­lage für die Frauenbewegung eingerichtet hätten, die regelmäßig er­scheine, und die Mannheimer.Volksstimme" werde dem Wunsch der Genossinnen gern Rechnung tragen, wenn er ihr übermittelt würde. Genossin Zietz betonte gleichfalls, wie wertvoll es sei, wenn für die Gewinnung der Frauen die Parteipresse die Bestrebungen der Genossinnen unterstütze. Sie empfahl den Genossinnen, alle Mitar­beiter sowohl derGleichheit" als auch der örtlichen Parteipress« zu werden. Sie betonte dabei, daß durchaus nicht immer die Ein­sendung fertiger Artikel und Notizen in Betracht käme. Die Haupt­sache sei, daß Material geliefert werde. Die Redaktionen könnten dieses kritisch verarbeiten. Genossin Winter versicherte, daß die Volksfreund-Redaktion jede Mitarbeit der Genossinnen mit Freuden

begrüße und die Bearbeitung eingelieferten Materials sehr gerne übernehme. Die Genossinnen erklärten, daß sie durch die erfolgte Aussprache ihren Antrag als erledigt betrachteten, und daß sie im Sinne der Aussprache handeln würden. Die Tätigkeit der Genossinnen in den Kinderschutzkomis- sionen und in der Jugendbewegung fand alsdann noch eine kurze Besprechung. Genossin Kehl regte an, die Dienstbotenbewegung allerorts zu unterstützen, und wo noch keine Zahlstelle des Hausan­gestelltenverbandes vorhanden sei, an die Schaffung einer solchen heranzugehen, zuvor sich jedoch der genügenden Anzahl von Hilfs­kräften zu versichern. Genosse Strobel faßte zum Schluß das Er­gebnis der Konferenz zusammen, dankte den Teilnehmern und wünschte, daß die erste Frauenkonferenz Badens für die Frauenbe­wegung des Landes gute Früchte tragen möge. Der interessante und anregende Verlauf der Tagung scheint uns die sichere Gewähr da­für zu sein, daß sein Wunsch, der zweifellos auch der aller übrige» Teilnehmer war, in Erfüllung gehen wird. L. Zietz. AuS den Organisationen. Im Bezirk Mügeln-Heidenau deS 8. sächsischen ReichstagSwahlkreises nehmen die Frauen regen An, teil am Parteileben. Zurzeit gehören der politischen Organisation 213 weibliche Mitglieder an. Mügeln -Heidenau ist der in­dustrielle Mittelpunkt des 8. Kreises, und es liegt darum auch im gewerkschaftlichen Interesse, daß hier neben dem Mann die Frau zum Klassenbewußtsein erwacht und sich den Kampfscharen de> Proletariats anschließt. Es fanden im Tätigkeitsjahr zehn Frauenversammlungen und Diskussionsabend« statt. Rednerisch tätig waren die Genossinnen Rühle-Hall« und Wackwitz-Dresden sowie die Genossen Kim mich, Schwarz und Säg-eling-Mügeln. Am Frauentag nahmen 433 bis 453 Frauen teil. Genosse W i n k l e r, LandtagS- abgcordneter, sprach über die Bedeutung des Frauenwahlrccht». Die Genossinnen planen für den Herbst eine Hausagitation. Fer­ner sollen im neuen Tätigkeitsjahr die Diskussionsabende weit«« ausgebaut werden, wobei uns das Programm der drei Dresdener Kreise den Weg zeigen wird. Wir werden alles daran setzen, auch in Zukunft die Arbeiterbewegung unter den Frauen zu fördern. Dazu bedürfen wir der tatkräftigen Unterstützung aller Genos­sinnen. Vorwärts zu neuer Arbeit und neuen Kämpfen für unser« gerechte Sache! Genossinnen B e g e r und Conrad. NuS der Hamburger Frauenbewegung. Seit Januar bis Juni dieses Jahres sind in Hamburg 14 Frauenagitationsversamm­lungen abgehalten worden, die mit wenigen Ausnahmen sehr gut besucht waren. Zu jeder Versammlung werden die weiblichen Parteimitglieder des betreffenden Wahlkreises beziehungsweise Be­zirkes persönlich durch Handzettel von der auS Frauen zusammen­gesetzten Bestellkommission eingeladen, und diese verbindet hiermit gleichzeitig eine Agitation für dieGleichheit". Wir berichteten bereits vor einiger Zeit, daß die weiblichen Parteifunk­tionäre seit Oktober vorigen Jahres regelmäßig monat­lich zusammenkommen. Es sind daS die Delegierten zur Landesorganisation und zu den Versammlungen deS dritten Ham­burger Wahlkreises sowie die Obleute der weiblichen Bestellkommis­sionen. Der Zweck dieser Zusammenkünfte ist, einem kleinen Krei» arbeitsfreudiger, aber in der öffentlichen Partcitätigkeit noch un­sicherer Genossinnen Gelegenheit zu praktischer Übung zu geben. Er ist das kurze Bestehen der Einrichtung berücksichtigt über Erwarten gut gelungen. Nicht nur ist die Mitwirkung der Ge­nossinnen in den Bezirken reger geworden, sondern auch als Vor­sitzende und Schriftführerinnen in Versammlungen und Sitzungen betätigen sich schon etliche mit viel Geschick, wie die öffentlichen Frauenversammlungen am 12. Mai bewiesen. Seit Jahresfrist ist unter den Genossinnen der Wunsch immer lebhafter geworden, sich in besonderen regelmäßigen Bitdungsabenden für die politische Betätigung zu schulen. Dieses Bestreben fand leider bei den füh­renden Genossen kein Entgegenkommen. Ein Antrag, in allen Di­strikten monatlich einen Frauenbildungsabend einzurichten, wurde abgelehnt mit dem Hinweis auf das in Hamburg gut ausgebaute Arbeiterbildungswesen. Dieser Zweig des PartcilebenS hat sich ge­wiß außerordentlich segensreich entwickelt. Leider sind aber selbst für die Teilnehmer an den Unterkursen größere Vorkenntnisse nötig, als die meisten Genossinnen aus ihrer Schulzeit herüber­gerettet haben. Man muß bedenken, daß die Frauen gewöhnlich erst dann wieder etwas Zeit für ihre Weiterbildung und die Parteitätigkeit erübrigen können, wenn die Kinder ihrer Fürsorge ziemlich entwachsen sind. Hier machte sich schon seit langem eine Lücke in unserem Bildungswcsen fühlbar. Ähnlich wie die Jugend­organisationen mit ihren besonderen Bildungsgelegenheiten Vor­schulen für die allgemeine Arbeiterbewegung sind, so muß auch der Frau Gelegenheit geboten werden, sich für die Betätigung im