Nr. 2

Die Gleichheit

Bwischen den Staaten, deren Kapitalistenklasse dasselbe Expan fionsbedürfnis hat und zu seiner Befriedigung dasselbe Ziel ver­folgt, entstehen schwere Verwicklungen und scharfe Gegensäße, die wiederum den Antrieb für bis zum Wahnwiß vermehrte und ver­stärkte Rüstungen geben. Die dadurch erzeugte Gefahr eines ver­heerenden Weltkriegs wird noch verschärft durch die schamlose Heze ber Kapitalmagnaten und Junker, die an der Lieferung von Kriegsmaterial, an der Vergrößerung des Beamtenapparats und ber leitenden Stellen in Heer und Marine besonderes Interesse haben.

Der Imperialismus stärkt die Macht der Scharfmacher, gefähr det das Koalitionsrecht und hemmt die Fortentwicklung der Sozial­politik. Die Rüftungsausgaben bürden den Massen des Volkes unerträgliche Lasten auf, während die Teuerung aller Lebens­mittel ihre Gefundheit untergräbt.

Die bürgerlichen Parteien sind durchweg in den Bann des Jm­perialismus geraten, sie bewilligen widerstandslos alle Forde rungen für Heer und Marine. Die Sozialdemokratie bekämpft auf bas nachdrücklichste imperialistische und chauvinistische Bestre­bungen, wo immer sie sich zeigen mögen, pflegt dagegen mit aller Entschiedenheit die internationale Solidarität des Proletariats, bas nirgends feindselige Gefühle gegen ein anderes Volk hegt.

Wenn auch der Imperialismus, der ein Ausfluß der kapitalisti­fchen Wirtschaftsweise ist, nur mit dieser vollständig überwunden werden kann, so darf doch nichts unterlassen werden, um seine ge­meingefährlichen Wirkungen zu mildern.

Der Parteitag befundet den entschlossenen Willen, alles aufzu­bieten, um eine Verständigung zwischen den Nationen herbeizu­führen und den Frieden zu hüten.

Der Parteitag verlangt, daß im Wege internationaler Verein­barungen dem Wettrüsten ein Ende gemacht wird, das den Frie­ben bedroht und die Menschheit einer furchtbaren Katastrophe ent­gegentreibt.

Der Parteitag fordert an Stelle beutegieriger Eroberungspolitik die Freiheit des Weltverkehrs und die Beseitigung des nur der Bereicherung von Kapitalmagnaten und Großgrundbesitzern die­nenden Schutzollsystems.

Der Parteitag erwartet, daß die Barteigenoffen ihre ganze Kraft unermüdlich für den Ausbau der politischen, gewerkschaftlichen und genossenschaftlichen Organisation des klassenbewußten Proletariats einseßen werden, um mit verstärkter Wucht den gewalttätigen Im perialismus zu bekämpfen, bis er niedergerungen ist. Ist es doch die Aufgabe des Proletariats, den auf die höchste Stufenleiter ge­brachten Kapitalismus in die sozialistische Gesellschaft überzu führen und so den Frieden, die Selbständigkeit und die Freiheit der Völker dauernd zu sichern.

Eine Besprechung der weiblichen Delegierten des Parteitags fand am Montagabend der Parteitagswoche statt. Gewünscht war die Besprechung von den sächsischen Delegierten worden, die über Einzelheiten der Agitations- und Organisationsarbeiten einen Meinungsaustausch wünschten. Genoffin Biek leitete die Situng ein mit dem Hinweis, daß es erfreulicherweise gelungen sei, in einer ganzen Reihe von Bezirken in Frauenkonferenzen die Fragen der Agitation unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu besprechen, und für das bevorstehende Geschäftsjahr seien von den wichtigsten Bezirken des Reiches bereits Konferenzen angemeldet. Sturz legte sie dar, was in diesen Konferenzen, die sich als äußerst fruchtbar für die Werbungs- und Schulungsarbeit unter den Ge­noffinnen erwiesen, zur Besprechung gelangen werde und forderte bie Delegiertinnen auf, ihre Wünsche in bezug auf die Tages­ordnung dieser Zusammenfünfte zu äußern.

Eine lebhafte Aussprache, an der sich die Genossinnen Agnes­Düsseldorf, Bollmann- Halberstadt, Eisinger- Mainz  , Wulf, Mittag und Fahrenwald- Berlin  , Brandenburg- Hamburg, Grünberg- Nürn­berg, Lachermeyer- München, Rösch- Dresden  , Schlag- Chemnitz und andere beteiligten, fand statt.

Eine turze Diskussion über die Beteiligung der Genoffinnen in der Jugendbewegung entwidelte sich, bei der Genossin Wurm und Lachermeyer gute informierende Ausführungen mach­ten, in denen gezeigt wurde, wie wichtig es ist, auf die Arbeiter­eltern, besonders auf die Arbeitermütter einzuwirken, damit sie ihre Buben und Mädel der proletarischen Jugendbewegung zu­führen. Genossin Schlag wünschte ein stärkeres Werben unter der weiblichen Jugend. In einer Aussprache über den Frauentag wurde allseitig auf das lebhafteste eine Wiederholung der Demon­stration für das Frauenwahlrecht gewünscht. Der hohe agitatorische Wert der Veranstaltung wurde einstimmig anerkannt. Einmütig­keit herrschte auch darüber, daß dem Parteivorstand die Festsetzung

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des Termins zu überlaffen sei, wobei der Wunsch geäußert wurde, möglichst den März zu wählen. Mit Rücksicht darauf, daß der inter nationale Kongreß und damit auch die internationale Frauenkon ferenz erst für das Jahr 1914 geplant find, wurde der Wunsch aus gesprochen, die nationale Reichstonferenz im Jahre 1913 einzuberufen. Gewünscht wurde, auf die Tagesordnung unter anderem zu setzen: Die Frauen und die Lebensmittelteuerung" und Die Aufgaben der Kinderschußkommiffionen".

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L. Z.

Agitation unter den Bergarbeiterfrauen in Niederschlesien  . Als im Frühjahr die englischen Bergleute ihren großen Kampf um den Mindestlohn führten, hielten auch die deutschen   Berga  arbeiter die Stunde für gekommen, ihre niedrigen Löhne aufzu bessern, die in dieser Zeit der Lebensmittelteuerung gänzlich un zureichend waren. Hier in Niederschlesien   kam es erst gar nicht so weit wie im Ruhrrevier, wo die Christlichen   ihren Ar­beitsbrüdern während des Kampfes in den Rücken fielen. Kaum hatten die niederschlesischen Bergleute ihre Forderungen einge­reicht, so ließen auch schon die Gelben durch den bekannten Söld ling des Grubentapitals Fichtner beim Landrat um Gendarmen und Militär bitten. Als dies von bürgerlichen Blättern festgenagelt wurde, brüstete sich Fichtner im Feierabend" dies Blatt lassen die Kohlenbarone zur Verdummung und Verknechtung der Berg­arbeiterschaft in den Gruben unentgeltlich verteilen- folgender­maßen: Jch, Fichtner II, war beim Herrn Landrat  , habe dringend gerade um Militär gebeten, werde es, wenn die Verhältnisse es rechtfertigen, wieder tun, und werde, wenn dieser militärische Schuß für die große Zahl der Arbeitswilligen nicht ausreicht oder nicht möglich ist, dem Reichstreuen Verband die Selbsthilfe empfeh len und dieselbe organisieren.... Wer hat etwas dagegen? Wer tann es ändern? Wer will es wagen, mich im Wiederholungsfall daran zu hindern?" Und richtig wurden auch in den Gruben Schlagriemen, Gummiknüttel, Revolver und andere Erziehungs­werkzeuge ausgeteilt. Zu welchem Zwede, weiß man ja. Man wollte wie in Moabit   die Massen aufreizen, um der bewaffneten Staatsgewalt ein scheinbares Recht zum Angriff zu geben. Die Hungernden sollten mit blauen Bohnen gefüttert werden. Ange­sichts dessen konnten die Führer der Bergleute nicht zum Streit raten. Die Verhandlungen wurden abgebrochen, die Grubenherren versprachen aber, den Bergleuten freiwillig zuzulegen. Beim Ver­sprechen bliebs denn auch: die Schichtlöhne sind noch gesunken. Wird es in der Folge den Proletariern immer schwerer, ihr Leben zu fristen, so deckte in dem bereits erwähnten Feierabend" gegen gute Bezahlung Herr Heinrich Grund die wahre Ursache ihrer Not auf:" Not und Elend gibt es nicht, wo dies doch der Fall ist, ar­beitet der Mann nicht genug, die Frau versteht nicht zu wirtschaften und einzuteilen, und der Mann gibt obendrein noch zu viel Geld für Alkohol und Tabak aus." Um auf diese Beschimpfung der Ar­beiterschaft die Antwort zu geben und um Herrn Grund Gelegen­heit zu bieten, seine Worte vor den Arbeiterfrauen zu wiederholen, berief der sozialdemokratische Kreisvorstand 16 Frauen. bersammlungen ein mit dem Thema:" Hat die Arbeiter­schaft das maßlose Elend in Niederschlesien   verschuldet und ver­stehen die Frauen nicht zu wirtschaften und zu kochen?" Zu diesen Versammlungen wurde auch Herr Grund brieflich eingeladen, der mutige Verleumder erschien aber in keiner von ihnen. Die 16 Frauenversammlungen waren zum Teil überfüllt und von über 6000 Frauen besucht. Redner war Genosse Arbeitersekretär Ost er­rot. Er gab einleitend ein Bild der deutschen   Wirtschaftspolitik und schilderte dann auf deren Hintergrund die bei uns in Nieder­ schlesien   herrschenden Zustände, auf die wir noch zurüdfommen merden. Eine Resolution wurde angenommen, die sich gegen die Lebensmittelteuerung und gegen Arbeiterknebelungsgefeße wendet. In den Versammlungen wurden 150 Frauen für die Partei ge­wonnen, so daß diese jetzt im hiesigen Kreise neben 3566 männ lichen Mitgliedern 1250 weibliche zählt.

Agnes Tittel, Neu- Salzbrunn. Aus den Organisationen. Seit Einführung der Frauenabende in Breslau   sind zwei Jahre verflossen, und es verlohnt sich daher ein Rückblick auf ihre Entwicklung. Mit der Errichtung der Frauen­abende war ein längst gehegter Wunsch unserer Genossinnen in Er­füllung gegangen, nach einem Mittel zur gründlichen Aufklärungs­arbeit unter den Frauen. Seit Anfang der neunziger Jahre, als die Schar der Genossen in Breslau   erst nach Hunderten zählte, waren einige Genossinnen bemüht, die proletarischen Frauen und Mädchen zu vereinigen und für die Ziele des Sozialismus zu gewinnen. Die Ordnungsgewalten duldeten das natürlich nicht und lösten mehr als einmal unsere Frauenvereine auf. Auch durch Geldstrafen anerkannten Polizei und Gerichte die tapfere Tätigkeit der betreffenden Genossien. Als dann im Jahre 1908 die Schranken gegen die politische Betäti