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Die Gleichheit

sionen und neuerdings in dem Ausschuß zur Förde▪ rung von Jugendspielen sind Genoffinnen mit Erfolg als Helferinnen tätig. Das Arbeitsgebiet unserer Partei wird immer umfangreicher. Neue Aufgaben in wachsender Zahl und Bedeutung harren ihrer Lösung. Eine gutgeregelte Arbeitsteilung ist immer mehr geboten, soll das gesunde Fortschreiten der Ge­samtbewegung nicht Schaden leiden. Die Sozialdemokratie ist nicht nur politische Kampfpartei. Sie ist die Wegbereiterin des Sozia­lismus und damit die Trägerin der breitesten und weitest zielen den Kulturbewegung. Die in rasender Schnelle vorwärtsstürmende soziale Entwicklung läßt das deutlich erkennen. Die Frauenfrage ist ein Glied in der langen Rette der zu lösenden Kulturfragen, und an ihrer Lösung hat die proletarische Frauenbewegung an ihrem Teil im Rahmen der gesamten sozialistischen   Bewegung mit­zuwirken. Wie unsere heiß umstrittene und verfolgte proletarische Jugendbewegung wird auch unsere Frauenbewegung sich entfalten, getragen von dem Verständnis der zielklaren Proletarier, unseren Feinden zum Troh, den Unterdrückten und Ausgebeuteten zum Segen. Mit neuem Mut und frischer Kraft gehen die Hamburger Genossinnen an die weitere Arbeit mit dem festen Vorsatz, au lernen, zu wirken und zu werben.

e. g.

Die zweite Frauenkonferenz für den Agitationsbezirk Erfurt  wurde am 13. Juli in Erfurt   abgehalten. Sie war aus 10 Orten mit 16 Delegierten beschickt. Der Erfurter   Frauen und Mädchen­chor begrüßte die Konferenz mit dem prächtigen Gesang eines stimmungsvollen Liedes. Genosse Reißhaus eröffnete sie mit einer herzlichen Ansprache, die in dem Wunsche gipfelte, die Be­ratungen möchten für die Frauenbewegung reiche Früchte zeitigen. Das Referat über Die Frau als Helferin im Befreiungskampf der arbeitenden Klassen" hielt die Unterzeichnete; den zweiten Vortrag über Die Agitation seit der Konferenz 1912" hatte Ge­nosse Apel Erfurt übernommen. Es sei daraus hervorgehoben, daß die Zahl der weiblichen Parteimitglieder sich auch in diesem Bezirk zufriedenstellend erhöht hat, doch läßt die sehr schwierige Arbeit zur Durchbildung der Genossinnen noch manches zu wün­schen übrig. In der Diskussion trugen die Genossinnen und Ge­nossen ihre Erfahrungen und Wünsche vor. Dem Ausbau der Lese- und Diskussions abende wurde großes Gewicht beigelegt, über das Wie konnte man manch guten Rat hören. Als Mangel empfinden es die Genossinnen, daß in dem Vorstand mancher Wahlkreise keine Frau sißt. Dadurch wird es den mit der Agitation betrauten Genossinnen erschwert, sich mit dem Leben der Organisation vertraut zu machen und in steter enger Fühlung mit ihr zu bleiben. Als erfreuliches Zeichen der Regsamkeit unserer Genoffinnen in Erfurt   muß es gewürdigt werden, daß sie Ferienspaziergänge eingerichtet haben, an denen in diesem Jahre 230 Kinder teilgenommen haben. Folgende Resolu­tion wurde einstimmig angenommen:

Die am 13. Juli in Erfurt   tagende Konferenz von Delegierten der Frauen, die in den sozialdemokratischen Vereinen des Agita­tionsbezirks organisiert sind, erneuert den vorjährigen Beschluß bezüglich der Agitation unter den proletarischen Frauen und Mäd­chen. Die Konferenz ist der überzeugung, daß nur durch syste= matische Aufklärung über die politischen Geschehnisse des Tages, über die bürgerlichen Parteien und deren Machenschaften auf po­litischem und wirtschaftlichem Gebiet sowie über die Sozialdemo= fratie und ihre Notwendigkeit und Forderungen das Interesse und eine rührige Mitarbeit der weiblichen Unterdrückten für den Be­freiungskampf der arbeitenden Klasse möglich ist. Die Konferenz spricht die Erwartung aus, daß nach dieser Richtung hin die dele­gierten Genossinnen in ihren Ortsvereinen wirken und innerhalb der letzteren Einrichtungen schaffen, die Wissen und Tatkraft der proletarischen Frauen und Mädchen fördern helfen. Um das zu er­möglichen, wird der Wunsch ausgesprochen, daß die Ortsvereine dem§4 des Organisationsstatuts für die sozialdemokratische Bartei mehr als bisher entsprechen."

Die Genoffinnen gingen mit dem festen Vorsatz auseinander, alles daranguseßen, um das gestedte Biel zu erreichen: die Ein­gliederung zahlreicher Proletarierinnen in die Barteiorganisation, die Heranbildung der Frauen und Mädchen zu zielflaren und D. Baader. tampfesfreudigen Sozialistinnen.

Politische Rundschau.

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Die Wehrvorlage ist bewilligt eine neue Vorlage ist in Vorbereitung! So wußte in diesen Wochen eine angeblich gut unterrichtete Korrespondenz zu melden. Eine Neubewaffnung der Artillerie folle erfolgen, und begleitet werde diese Vorlage durch eine kleine Marineverstärkung eine Vermehrung der Aus­

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Nr. 23

landskreuzer tue not. Die Meldung ist sofort von offiziöser Seite sehr entschieden dementiert worden, kein Wort davon soll wahr sein. So hieß es bekanntlich auch, als die ersten Andeutungen über die eben erledigte Wehrvorlage in der Presse auftauchten. Damals wußte das Kriegsministerium von nichts, genau so wie diesmal erst durch den Generalstab kam ihm später die Erleuch­tung. Man braucht den offiziösen Ableugnungen daher nicht all­zuviel Bedeutung beizulegen, zumal in der bürgerlichen Presse auch schon Treibereien einsehen, die die öffentliche Meinung neuen Forderungen für die Flotte geneigt machen sollen. Diesem edlen Zwede dienen Notizen, in denen die alten und angeblich veralteten Schiffe der deutschen Kriegsflotte aufgeführt werden die Folge­rung daraus ist natürlich, daß schleunigst Ersatzbauten beschafft werden müssen. Recht hat das Dementi wahrscheinlich darin, daß die Vorlagen noch nicht gerade in der kommenden Reichstagssession präsentiert werden. Etwas Zeit zur Erholung wird man dem durch den Wehrbeitrag etwas mitgenommenen Patriotismus unserer Besitzenden schon lassen müssen, ehe man ihn aufs neue anspannt. Aber nach einer kleinen Ruhepause wird es wieder von Frischem losgehen. Denn der Militarismus ist unersättlich. Und für im­perialistische Politit kann ein Staat nie start genug gerüstet sein. Indes zieht die wirtschaftliche Strife unheilverkündend am Horizont auf. Die kapitalistische Ordnung muß wieder einmal eingerenkt werden durch die Unordnung; die überproduktion, die in der Zeit der guten Konjunktur Blaß gegriffen hat, muß durch eine Zeit der Produktionseinschränkung wieder ausgeglichen wer­den. Aus dem überfluß werden wieder Mangel und Not ent­springen, eine Erscheinung, die in ihrem Widerfinn eines der wesentlichsten Merkmale der kapitalistischen   Gesellschaft bildet, und einen der schlagendsten Beweise für die Notwendigkeit, diese durch die sozialistische zu ersetzen. Die Krise wird über die Arbeiterklasse schwere Leiden bringen. Schon steigt die Zahl der Arbeitslosen er­heblich. Jetzt gilt es, die Regierungen und Gemeinden wachzu­rütteln, daß sie rechtzeitig Vorsorge zur Linderung mehr ist ja in dieser kapitalistischen   Ordnung nicht möglich des kom­menden Notstandes treffen. Denn er wird um so schlimmer wer­den, als er in eine Zeit der allgemeinen Teuerung fällt. Zwar sind die Preise der notwendigen Lebensmittel gegen 1912 etwas gefallen, sie stehen aber immer noch beträchtlich höher als 1911.­Wenn die Preise sich auch nicht stetig aufwärts bewegen, wenn zeitweise kleine Rückgänge zu verzeichnen sind, so ist doch für grö­Eere Beiträume das Steigen der Preise nicht zu verkennen. Die Teuerung wurzelt in weltwirtschaftlichen Ursachen, in der zu­nehmenden Industrialisierung der Welt und in der technischen Rückständigkeit der Landwirtschaft, die sich aus dem Privateigen­tum am Boden ergibt. Deshalb ist die Teuerung auch eine inter­rationale Erscheinung, die weder Schutzzoll- noch Freihandels­länder verschont. Nur daß die Schutzzolländer doppelt leiden: unter der allgemeinen Teuerung und unter ihrer fünstlichen Ver­schärfung durch die Zölle. Die Nußnießer des Bollwuchers aber, die Agrarier, wehren sich mit Händen und Füßen gegen jede Er­mäßigung oder gar Aufhebung der Zölle. Sie wollen im Gegenteil Fei der kommenden Erneuerung der Handelsverträge höhere Säße durchdrücken und die Lücken" des Bolltarifs ausfüllen. So hat fürzlich zu Breslau   eine Versammlung von Organisationen der Obst und Gemüsezüchter die Schaffung hoher Obst­und Gemüsezölle gefordert, damit der deutsche Bürger und Prole­tarier nur ja tein Nahrungsmittel mehr genießen kann, das ihm nicht künstlich verteuert worden ist. Die Herren nennen das pfiffig die Befreiung Deutschlands   von der Fremdherrschaft des aus­ländischen Obstes und Gemüses".

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In Berlin   wird demnächst vor dem Kriegsgericht der Prozeß gegen fieben Zeugoffiziere stattfinden, die sich von Beamten der Firma Krupp   zum Verrat militärischer Geheimnisse verleiten ließen gegen entsprechende Schmiergelder. Das Vrfahren ist die Folge der Enthüllungen des Genossen Liebknecht über das Struppsche Geschäftsverfahren. Mehr als 1000 Einzelfälle stehen unter Anklage. Bemerkenswert ist, daß das Kriegsministerium das Bestreben zeigt, die Verhandlungen dieses Prozesses hinter ber­schlossenen Türen stattfinden zu lassen. Und sie wären doch für die Offentlichkeit von höchster Bedeutung, da sie zur Klärung der Frage beitragen werden, inwieweit die Direktion der Kruppschen Werke, die sich bekanntlich ganz unschuldig stellt, an dem Treiben ihres Berliner   Agenten Brand beteiligt ist. Aber auch sonst wird der Prozeß auf das Verhältnis zwischen Regierung und Rüstungs­tapital Streiflichter werfen, und das deutsche Volt hat Veran­lassung genug, zu fordern, daß gründlich in diese Dinge hinein­geleuchtet werde. Das Kriegsministerium aber hat die Aften mit dem Hinweis versehen, daß es die Öffentlichkeit ausgeschlossen