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Die Gleichheit

Liter Milch und Kaffee unentgeltlich verteilt. Der zweite Aus­flug beanspruchte einen ganzen Tag. Morgens 7 Uhr ging es nach Möser  , von wo wir abends mit der Bahn zurückfuhren. Den Kindern wurden Getränke verabreicht, und die Genossinnen unter­hielten sie mit Spielen verschiedener Art. Der letzte zweitägige Ausflug führte uns durch die Leßlinger Heide nach Neuhaldens leben, wo wir in einem Parteilokal übernachteten. Die Kinder erhielten hier zweimal warmes Essen und für den zweiten Tag belegtes Brot mit auf die Wanderung. Die sozialdemokratische Or­ganisation, die Gewerkschaften und die Bäckervereinigung hatten die Kommission mit Geldmitteln unterstützt, so daß sie die erfor­derlichen Aufwendungen machen konnte. Sie denkt im nächsten Jahre mit dem Ersuchen um Unterstüßung an die Stadtverwal­tung heranzutreten, damit die Ferienspaziergänge den Kindern des Volkes noch mehr zu bieten vermögen. Die Beteiligung daran wird im nächsten Jahre sicher noch größer sein. Die lachenden Gesichter der Kinder zeigten, wie gern diese sich an den Aus flügen beteiligten. 2. Steuerwald.

Eine Frauenkonferenz für den Regierungsbezirk Magde­ burg   tagte am 20. Oftober in Magdeburg   Der Bezirk war durch 44 delegierte Genossinnen vertreten, darunter zwei aus Anhalt  . Sechs Parteisekretäre und zwei Kreisvorsitzende nahmen an der Sigung teil. Genosse Beims, Bezirkssekretär, referierte über: Die Organisationsarbeit der Frauen. Er vertrat die Meinung, daß die früheren Frauenkonferenzen nicht den erwarteten Erfolg gehabt hätten. Notwendig sei, daß mehr Wert auf die Kleinarbeit zur Gewinnung neuer weiblicher Mitglieder gelegt werde. Am 1. Juli betrug die Zahl der organisierten Genossinnen im Bezirksverband 2421, und nun ist ein Verlust von 270 zu verzeichnen. Diese Scharte wieder auszuwegen und immer mehr neue Kämpferinnen zu werben, sei eine wichtige Aufgabe. Sie werde am besten durch Hausagi tation gelöst, und zwar zunächst bei den Frauen, deren Männer politisch organisiert sind Diese Agitation müsse fortgesetzt betrieben werden. Auch an der praktischen Kleinarbeit innerhalb der Partei hätten sich die Genossinnen rührig zu betätigen, hauptsächlich beim Kassieren der Beiträge, beim Flugblattverbreiten und bei der Ge­winnung neuer Abonnenten für die Parteipresse. Die Diskussion brachte allgemeine Zustimmung zu den Ausführungen des Refe renten. Es wurde aber auch belagt, daß die Männer die Veran­staltungen der Genossinnen vielfach nicht genügend unterstützten. Genossin Zieß hielt einen Vortrag über das Thema: Wie schulen wir unsere Frauen für die politischen Klassentämpfe? Sie bezeichnete als wichtigstes Schulungsmittel die Leseabende. Sie zeigte dabei auf, wie diese Veranstaltungen zu halten seien, damit sie belehrend und erzieherisch wirfen. Ihr Hauptzweck sei, überzeugte Genossinnen heranzubilden. Genossin Zieß empfahl die Behandlung von Fragen wie: Frauenerwerbsarbeit, Frauenwahlrecht, Kinder­und Mutterschuß. Ihrer Ansicht nach sollte nicht über eine halbe Stunde gelesen werden, damit der Geist frisch zum Nachdenken und Diskutieren bleibe. Wichtig sei die Anwesenheit einer geeigneten Persönlichkeit, die das Gelesene leicht faßlich zu erklären verstehe. Sie befürwortete als agitatorisch wirksam gemeinschaftlichen Gesang zum Schlusse des Leseabends. Die Diskussion brachte nur Zustim­mung zu diesen Anregungen, die die Tätigkeit der Genossinnen leiten werden. Genossin Bollmann- Halberstadt sprach über die Art der Agitation und Verbreitung der Gleichheit", Ge nosse undeutsch über den Wert und die Tätigkeit der Kinder­schußkommissionen. Beider Ausführungen brachte eine Menge überzeugender Gesichtspunkte für unsere praktische Arbeit. Genossin Norfey Dessau wies darauf hin, daß die politisch tätigen Frauen mehr Aufmerksamkeit als bisher der Organisierung der weib­lichen Dienstboten zuwenden müßten. Schon als junge Mädchen seien die Proletarierinnen für unsere Sache zu gewinnen. Die inter­effante Stonferenz schloß mit der eindringlichen Mahnung, daß die Genossinnen und Genossen sich ganz in den Dienst des großen prole tarischen Befreiungskampfes stellen, ihm immer neue Kämpferinnen zuführen müßten. Dorothee Kaßner.

Von der Agitation. Im siebten schleswig- Holsteinischen Wahlkreis sprach die Unterzeichnete im Monat Ottober in Neumünster  , Dietrichsdorf  , Mönteberg, Heifendorf, Gaarden, Kiel  , Ellerbed, Hassee, Elmschenhagen, Klaustorf, Nortorf  , Kopperpahl, Preez, Tungendorf, Rendsburg  , Schöntirchen, Bordesholm  , Hohenwestedt  , Poppenbrügge. Behandelt wur den die Themata: Warum müssen Männer und Frauen der Ar­beiterklasse Sozialdemokraten sein?" und Arbeitereltern und Arbeiter­jugend". Der leztere Vortrag sollte den Versammelten zeigen: 1. Den Zusammenhang des Strebens nach einer richtigen Erziehung der Jugend mit dem Kampfe um sozialistische Forderungen überhaupt. 2. Die Notwendigkeit der sozialistischen   Erziehung im Haus und die

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Notwendigkeit des Zuführens der Jugendlichen zu den Zusammen­tünften und Veranstaltungen der freien proletarischen Jugend. 3. Den bürgerlich- christlichen Jugendrummel in Wort und Tat. Den Ar beitereltern sollte das Gewissen für ihre Pflichten gegen die Jugend geschärft werden. Wenn Millionen Herzen von erwachsenen Prole­tariern mehr als bisher für die Sache der Jugend schlagen, so ist dem reaktionären Jugendfang heute schon der entschiedenste Abbruch getan. Die Versammlungen verliefen durchtveg günstig. 160 neue Anhängerinnen und Anhänger wurden für die Partei gewonnen und fast ebensoviel Leserinnen für die Gleichheit". In Kiel   selbst und in einigen Vororten litt der Versammlungsbesuch unter der Stim­mung, die seit dem Ausgang des Werftarbeiterstreiks lähmend auf einem Teil der dortigen Arbeiterschaft lastet. Die herrschende Miß­stimmung über den Ausgang des Kampfes muß ihren richtigen Aus­druck finden. Der Ausgang muß als ein Sporen im Fleische emp­funden werden, der zu unermüdlicher, eifrigster Arbeit zur Stärkung der politischen und gewerkschaftlichen Organisation antreibt, zur Agi­tation, den Wirkungsfreis unserer Presse zu erweitern. Es muß die Vorarbeit dafür getan werden, daß zahlreichere gefestigte Solonnen der Arbeiterschaft den Kampf mit den Werftgewaltigen wagen und gewinnen können. Das ist ein gutes und schweres Stück Arbeit, das den Organisationen an der Waterkant" zugefallen ist.

Zwei Versammlungen für den dritten holsteinischen Kreis folgten der Agitation im siebten Kreis, und ihren Abschluß da bildete ein Diskutierabend mit der Jugend selbst. Wie die Genossinnen und Genossen des Bezirkes oft sagten, werden die größten agitato­rischen Erfolge durch die Hausagitation erzielt. Hoffen wir, daß ihr durch die öffentlichen Versammlungen wirksam vorgearbeitet wor­den ist. R. Wolfstein, Witten  .

In Dresden   und Umgegend sprach die Unterzeichnete in einer größeren Anzahl gewerkschaftlicher Veranstaltungen, die teils der Organisierung der Arbeiterinnen dienten, teils der Agi­tation für bestimmte Forderungen. 16 Betriebs- und Fabrik­versammlungen waren bom Fabritarbeiterverband einberufen worden und wendeten sich an die Arbeiterschaft der Papierindustrie, der Nahrungsmittelindustrie, der chemischen In­dustrie usw. Leider ließ der Besuch der Veranstaltungen zu wünschen übrig. Der Grund dafür ist wesentlich in der Krise zu erblicken. Viele Frauen laufen arbeitsuchend von Fabrik zu Fabrik, andere sind durch die Sorge um den Verlust des kargen Brotes so verängstigt und demütig, daß sie sich nicht in eine Ver­sammlung wagen, wo sie Späheraugen fürchten. Aber auch die Betriebsleitungen tun das Jhre, um die Arbeiter und Arbeite­rinnen von den Hezern" fernzuhalten. Dafür ein Beispiel. Bei einer Konservenfabrik, die zurzeit Reichtum aus 400 bis 450 Lohn­sflaven und Lohnsilavinnen herauswirtschaftet, versuchten wir dreimal vergeblich, eine Betriebsversammlung zusammenzu bringen. Das mußte auffallen. In den letzten drei Jahren hatte niemand von dieser Arbeiterschaft in einer Fabrikversammlung gefehlt. Wir forschten nach, und siehe da, es war, wie wir ver­mutet hatten. Entweder waren sämtliche Arbeitskräfte bis auf die in der Siederei schon mittags wegen Mangel an Früchten heimgeschickt worden, oder aber alle mußten Überstunden leisten. Es wurde nun eine Versammlung auf Sonnabend abends 9 Uhr einberufen, und diese klappte, in ihr konnte abgerechnet werden. Erfolgreich war auch die Versammlung für die weiblichen Mit­glieder der Zahlstelle des Metallarbeiterverbandes in Radebeul  . 12 öffentliche Versammlungen, die der Textil­arbeiterverband im Agitationsbezirk Dresden   veranstaltet hatte, sollten die Agitation für den freien Sonnabend­nachmittag in die weitesten Kreise der Textilarbeiterschaft tragen. Sie fanden unmittelbar nach Arbeitsschluß statt und waren zum Teil recht gut besucht. Überall trat das große Sehnen der Arbeiterinnen nach der geforderten Verbesserung der Arbeits­bedingungen zutage. Fast in allen Versammlungen wurde aber auch Klage über schlechte, ja recht rohe Behandlung geführt, über mangelnde sanitäre Einrichtungen, ungenügende Ventilation usw. Auch in Kamenz   fand eine Versammlung der Textilarbeite­rinnen und-arbeiter statt, die den freien Sonnabendnachmittag für eine Forderung erklärten, die des Ringens wert sei.

Der politischen Organisierung und Schulung der Prole­tarierinnen dienten im achten sächsischen Wahlkreis mehrere Ver­anstaltungen, bei denen die Unterzeichnete sprach. Für die weib­lichen Mitglieder der Gruppen Mügeln  , Dohna  , Pirna  und Klein 8schach wih fand ein Zyklus von Vorträgen statt, der recht gut besucht war. Zwei Volfsversammlungen in Goßdorf Schandau und Coswig   erfreuten sich glän zender Beteiligung. Jn Sporbik erfolgte die Berichterstat tung von der Landesversammlung der sächsischen Parteigenossen­