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Die Gleichheit

steht schlecht. Die Gegner rüden fiegreich vor. Sie haben nach blutigem Ringen die Stadt Jakatera erobert und rüsten sich zum Marsch auf San Luis Potosi. Unter den Regierungstruppen ist es zu Meutereien gekommen, und in der Südprovinz Dajala ist ein Aufstand ausgebrochen. Der ehemalige Präsident Roosevelt   ruft die Vereinigten Staaten zu einer energischen Politik gegen Merito auf. A. Th.

Gewerkschaftliche Rundschau.

Einschränkung des Koalitionsrechts und Ar­beitswilligenschuh, das ist die Losung, mit der die staats­erhaltenden Parteien und an ihrer Spike die Regierung in den Kampf gegen die freien Gewerkschaften ziehen. Der laute Ruf nach mehr Schutz der Arbeitswilligen, den bürgerliche und junkerliche Scharfmacher bei jeder Gelegenheit erschallen ließen, ist nicht un­gehört verhallt. Bunächst sammelte die Regierung Material über Ausschreitungen Streifender" gegen Arbeitswillige. Jezt fidert schon allerhand davon durch, was mit diesem Material geschehen soll. Die Reichsregierung bereitet eine Denfschrift bor. Kenn zeichnend genug verspricht die zu werden, denn sie wird die von den Unternehmerverbänden zusammengeschwindelten Terrorismusmär­lein in geheimrätlicher Sauce servieren. Im Kampf gegen die Ar­beiterbewegung soll der neueste Sturs weitergesteuert werden.

Von den Konservativen abgesehen, müssen augenblicklich die gro­ßen bürgerlichen Parteien darauf verzichten, den Reichstag als realtionäre Gefehesmaschine gegen das Koalitionsrecht der Ar­beiter zu brauchen. Deshalb soll auf dem viel einfacheren Wege der Verordnungen geschaffen werden, was die Scharfmacher ver­langen. Gerichte und Polizei wissen, was ihres Amtes ist, um das gefährdete Vaterland durch den verstärkten Arbeitswilligenschutz zu retten. Die meisten Bundesregierungen sollen bereits drauf und dran sein, die neuen behördlichen Kanonen aufzufahren, Preußen boran. Was Herr v. Dallwitz vor einem halben Jahr im preußischen Abgeordnetenhaus versprochen hat, das wird sich jetzt unter Herrn b. Löbell erfüllen.

Die preußische Staatsregierung ist dabei, sämtliche Polizeivor schriften über das Streitpostenstehen usw, einer Revision zu unter­ziehen und sie so zu gestalten, daß auch das Kammergericht sich vor ihrer Unfehlbarkeit beugen kann. Weiter sollen in den Industrie­bezirken die Polizeikräfte nach Bedarf verstärkt werden, damit rechtzeitig genug davon an Ort und Stelle sind, wenn ein Streit auszubrechen droht. Außerdem soll ganz Preußen von einem dicht­maschigen Nek bon entsprechenden Polizeiverordnungen überzogen werden, Wo solche noch nicht bestehen, will man das bisher Ber­absäumte durch besondere Erlasse nachholen, so daß alle Streikaus­schreitungen" im Namen der öffentlichen Ordnung" womöglich im Seime erstickt werden können. Sodann wird§ 153 der Gewerbe­ordnung in bessere Erinnerung gebracht. Sicht er doch für über­tretungen Strafen bis zu 3 Monaten vor. Nach Entscheidungen des Reichsgerichte rechtfertigt ja allein schon die Bezeichnung eines Ar­beitswilligen als Streifbrecher die Anwendung dieses Paragraphen. Ferner genügt nach einem anderen Urteil des nämlichen höchsten Gerichts die Erklärung, mit einem anderen Arbeiter nicht zu­sammenschaffen zu wollen, daß man fich einer Verrufserklärung schuldig macht. Die Gerichte werden den Wink mit dem Baumpfahl verstehen und häufiger als bisher das höchste Strafmaß verhängen. Der tröstliche Sinblid auf all die geplanten Maßnahmen läßt- so heißt es in einer offiziösen.Buschrift die Reichsregierung und einige Bundesregierungen glauben, daß sie die Forderung einer weiteren gesetzlichen Regelung des Arbeitswilligenschuhes ab­lehnen fönnen. Wir glauben das auch!

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Die wütendsten Scharfmacher verlangen zwar mehr, sie werden auch durch das weite Entgegenkommen der Regierung nicht zu­friedengestellt. Aber sie können beruhigt sein: bei der heutigen Rechtsprechung werden die einzelnen Berordnungen ihre Wirkung nicht verfehlen. Die Ehrengarde der Arbeitswilligen genießt heute schon eine staatliche und gerichtliche Fürsorge, die durch Ausnahme­gejebe kaum noch zu übertreffen wäre. Was zu wünschen übrig bleibt, wird die Braris im Klassenstaat der Kapitalisten einholen. Die Scharfmacher scheinen übrigens eine besondere staatliche Gön nerschaft dringend nötig zu haben. Auf sogenanntem legalem Wege gedeihen nicht alle ihre Unternehmen. Für die Deutsche Arbeit­geberzeitung", Schleifsteinorgan des Freiherrn   v. Reiswig, geht der Klingelbeutel im Reiche um. Die ewigen wüsten Heßereien dieses Blattes gegen die Arbeiter verfehlen selbst bei mittelmäßig Bernünftigen auf die Dauer ihre Wirkung. Zwar brüstet sich das Blatt mit einer Millionenauflage, die verehrlichen Unternehmer werden jedoch unter Hinweis auf den guten 3wed gebeten, ihm mehr Inserate zuzuwenden. Gar zu üppig scheint es also um die Rajje nicht zu stehen.

Nr. 22

Wie immer um diese Zeit, ist es auf dem wirtschaftlichen Kampf­plak etwas stiller geworden. Unter den Bergarbeitern im Wurmrevier gärt es wieder einmal ziemlich start. Die Grubenherren dieser Gegend gehen brutal mit Lohnabzügen vor, obgleich der Bergarbeiter im Aachener Bezirk schon lange schlechter gestellt ist als der im Ruhrrevier. Im Jahre 1889 streiften dort von der 5860 Mann starken Belegschaft 2465, weil der Lohn nur 3 Mt. täglich betrug. Heute sind zwar die Löhne höher, die Profite der Bechenbarone aber sind weit gewaltiger gestiegen. Die Altionäre fädelten 10 Prozent Dividende ein trop großer Abschreibungen, trotz allerhand Beamtenbelohnungen und trotzdem alljährlich 223 000 mt, an die Herren Aufsichtsräte für ihre schwere Arbeit zur Verteilung gelangen. Die Löhne der Arbeiter werden dafür ge­kürzt. Gegen die Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse wollen fich die Bergarbeiter energisch zur Wehr sehen. Die Aussper­rung in der Solinger Waffenindustrie dauert nun­mehr über die achtzehnte Woche. Endlich haben sich die Unternehmer zu Berhandlungen bereit erklärt. Da die. Situation für die Ar­beiter günstig ist, wollen sie bis zum völligen Nachgeben der Unter­nehmer durchhalten.

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Im Kasseler Brauereiarbeiterstreit fonnte eine Ginigung nicht herbeigeführt werden. In den Verhandlungen er­klärten die Unternehmer, von 195 Streifenden nur 23 wieder ein­zustellen. Auch in der Lohnfrage machten fie teine Bugeständnisse. Die maßgebenden Körperschaften haben deshalb den Boykott über die Kasseler Brauereien verhängt. Mit einem Teilerfolg für die Arbeiter fonnte der Streit im Roblenzer Malergewerbe beendet werden, der um die Anerkennung des Reichstarifs geführt wurde. Die organisierten Unternehmer wurden trotz ihres hart­nädigen Sträubens endlich zum Abschluß von Tarifverträgen ge­zwungen. Doch konnte ihr Widerstand nicht ganz gebrochen werden, weil die niedergehende Konjunktur im Gewerbe ein längeres Aus­harren im Streit nicht vorteilhaft erscheinen ließ.

Zu den Realtionärsten unter den Innungshelden gehören die Fleischermeister. Daß Boykotts diesen Zünstlern besonders schwer im Magen liegen, ist selbstverständlich, denn gerade ihnen gegenüber hat sich dieses Kampfmittel als recht wirksam erwiesen. Auf einer Generalversammlung ihres Schutzverbandes, die übri­gens feine zwei Stunden dauerte, machten die Meister ihrem ge­preßten Herzen Luft durch heftiges Schimpfen auf die aufgehezten Gehilfen und auf den Zentralverband der Fleischer. Sie beschlossen, daß von den Meistern niemand Tarifverträge, abschließen dürfe, und verlangten selbstverständlich einen besseren Arbeitswilligen­schuh.

Eine Demonstration für besseren Arbeiterschutz ver­anstaltete der Fabritarbeiterverband anläglich seines fürzlich in Stuttgart   abgehaltenen Berbandstags. Er stellte da photographische Bilder von Arbeitern aus, die in der chemischen Industrie und in der Papierindustrie durch Unfälle verletzt worden find. Es handelt sich um Verlegungen, wie sie durch die Beräßung mit Säuren und Laugen, durch Verbrennung infolge von Explo­fionen und Entzündung leicht brennbarer Flüssigkeiten verursacht werden. Grauenhaft sind die Verwüstungen, die in den genannten Industrien die Jagd nach dem Profit auf dem Gewissen hat, Neben den Unfällen vernichten Gewerbefrankheiten blühendes Leben. Die Herrschenden und Regierenden haben für diese schauderhaften Bu stände fein Auge. Sie haben wichtigeres zu tun, als sich daruan zu fümmern: den stärkeren Arbeitswilligenschutz vorzubereiten. Sie wursteln fort dem frivolen Wort gemäß: Nach uns die Sintflut.# Zu der Holzindustrie ist der Geschäftsgang inumer noch nicht richtig belebt. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen beim Deutschen Holzarbeiterverband von der außerordentlichen Höhe zu Beginn des Jahres zunächst auf 14675, das ist 7,70 Prozent der Mitgliederzahl, zu Ende Januar und dann auf 9256 oder 4,77 Pro­zent der Mitgliederzahl zu Ende März gesunken, doch betrug fie Ende Juni noch 7649 gleich 3,85 Prozent. Ist die Arbeitslosigkeit auch etwas schwächer als um die gleiche Zeit des Vorjahres, so ist fie noch immer erheblich stärker als im Jahre 1912, das für die Ar­beiterschaft wahrlich schon genug ungünstig war. Die gebrüdte Ge­schäftslage fuchen manche Unternehmer zu bergriffen auszu­nuken. Vielfach bedarf es der vollen Aufmerksamkeit der Arbeiter organisation, um die Einhaltung der Verträge zu sichern. Während nun hier die Unternehmerorganisation bei der Erfüllung ihrer Pflicht als Bertragspartnerin häufig versagt, redet sie bereits große Töne über die Politik, die sie bei der kommenden Bertragserneue­rung im nächsten Frühjahr einschlagen wird. Die Generalversamm lung des Arbeitgeberschusverbandes für das beutsche Holzgewerbe, die fürzlich in München   tagte, po­faunte folgende Entschließung in die Welt hinaus: