Nr. 22

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Die Gleichheit

Jm Pulsnih- Großröhrsdorfer Bezirk find mehrere Hundert solcher Stühle vorhanden. Hat sich dort die Lage der Haus­weber durch Einführung des mechanischen Stuhls wesentlich ge= beffert? Nein und abermals nein. Eine stärkere Ausbeutung durch das Kapital ist gar nicht möglich, als es sich hier bei den Haus­webern und Hausweberinnen zeigt. Der Fabrikant hat jedes Mifito auf den Arbeiter abgewälzt. Der Arbeiter muß das Kapital für den Stuhl und sonstige Hilfsmaschinen vorstrecken, der Arbeiter trägt die Lasten für Verzinsung des Betriebskapitals, der Arbeiter muß die Miete, Heizung und Beleuchtung der Arbeitsräume be­streiten und der Unternehmer steckt den Profit ein. Dies alles wird auch dann durchaus nicht gebeffert, wenn die Hausweber aus den gewerblichen Genossenschaftsfonds zu der Anschaffung eines mechanischen Stuhles ein Darlehen erhalten. Es ist das eine sehr zweifelhafte Wohltat", da sich dadurch nur noch mehr Haus­weber zur Einrichtung des mechanischen Betriebs verleiten lassen. Sie fommen aus Mühen und Sorgen überhaupt nicht mehr heraus. Ein mechanischer Webstuhl mit Zubehör kostet rund 1000 Mt. Vielfach müssen erst Umbauten der Wohnungen vorgenommen werden, um die großen Stühle aufstellen zu können. Dadurch wer­den in den meisten Fällen die Einrichtungskosten noch verteuert. Der Weber ist dann gezwungen, um die Ratenzahlungen einzu­halten, Tag und Nacht, ja auch Sonntags zu arbeiten. Frau und Kinder müssen tüchtig mitarbeiten. Wer da der Öffentlichkeit er­zählt, die Einführung des mechanischen Stuhles in der Haus weberei   ermögliche ein besseres Familienleben, eine bessere Kinder­erziehung, der treibt eitel Schaumschlägerei. Soll sich dieses ideale Familienleben der Heimarbeiter vielleicht darin bekunden, daß, wie wir häufig feststellen können, Webstuhl und Krankenbett in einem Raume stehen? In Zeiten günstiger Konjunktur müssen die Sausweber unbegrenzt tätig sein, in Zeiten minder guten Ge­fchäftsganges find sie allen Bedrückungen der Fabrikanten wehrlos ausgeliefert. Die Oberlaufiher Hausweber fönnen jetzt ein Lied davon singen. Lohnabzug folgt auf Lohnabzug. Wer sich dagegen sträubt, erhält einfach keine Arbeit mehr. Der Fabrikant schert sich den Teufel darum, ob der arme Hausweber, der unter schweren persönlichen Opfern zum mechanischen Betrieb übergegangen ist, bei der Maschinenfabrik oder bei der Genossenschaftskasse seine Ratenzahlungen einhalten kann oder nicht. Es herrscht in der Heim­arbeit wenn auch etwas modernisiert noch genau dasselbe Ausbeutungssystem, das in den vierziger Jahren des vorigen Jahr­hunderts in Schlefien zu den Hungerrevolten führte.

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Ja, man kann behaupten, daß durch den mechanischen Betrieb in der Hausweberei die Weber noch mehr verfflavt werden, als sie bisher waren. Wollen fie ihre vermeintlich selbständige Eristena" erhalten, so müssen fie gegenwärtig zu jedem Schundlohn arbeiten, nur um die Ratenzahlungen einhalten zu können. Können sie das nicht, dann ist die ganze Arbeit mehrerer Jahre umsonst gewefen. Sie haben schwer gearbeitet, sie haben gedarbt, um sich zu einer etwas befferen Lebenshaltung aufzufchwingen, aber die kapita­listische Profitgier macht alle ihre Anstrengungen zufchanden. Zur­zeit herrscht bittere Not in den Reihen der Oberlausitzer   Haus­weber. Wir wissen, daß die Hausweberei auch bei mechanischem Betrieb nicht zu halten ist, aber wir können sie auch nicht von heute auf morgen abschaffen. Deshalb aber ist es dringend nötig, daß fie, um ihre schlimmsten Seiten zu mildern, der Gewerbeauf­ficht unterstellt wird. In gesundheitlicher Beziehung laffen die Heimbetriebe alles zu wünschen übrig. In den meisten Fällen ist die Werkstätte auch der Wohnraum, vielfach auch Schlafraum. Die Kinderarbeit, die in den Fabriken für Kinder unter 14 Jahren ver­boten ist, wird in der Heimarbeit uneingeschränkt ausgeübt. Ge­rade um die heranwachsende Generation zu schützen, die durch die Heimarbeit aufs äußerste gefährdet ist, muß die Hausweberei der Gewerbeaufsicht unterstellt werden. Die Einführung des mecha­nischen Webstuhls in die Hausarbeit hat bis jetzt den Hauswebern überwiegend Nachteile gebracht, fie hat zu einer anarchischen, gänz lich regellofen Produktion geführt. Dem Unternehmer mag eine solche gefallen, er trägt ja hier kein Risiko, aber für die Haus­weber ist sie mörderisch. Viele sind aus dem Regen in die Traufe gekommen. Ihnen kann nichts helfen als gemeinsamer Kampf gegen ihre Ausbeuter, Schulter an Schulter mit ihren Arbeitsbrüdern in sk. den Fabriken.

Arbeitslosigkeit der weiblichen Erwerbstätigen. Arbeitslosigkeit im Monat Mai 1914. Jm allgemeinen ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt für die weiblichen Erwerbstätigen im Mai noch unbefriedigend und ungünstiger als in der gleichen Zeit des Vorjahrs. Namentlich in den Gewerben, die dauernd viel Arbeiterinnen beschäftigen, wie Textil, Metall- und Holz.

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industrie, ist noch keine wesentliche Belebung des Arbeitsmarktes eingetreten. Die Berichte industrieller Firmen lauten nach wie vor wenig günstig. Der Eingang von Aufträgen blieb im allgemeinen bei außerordentlich gedrückten Breifen unzureichend. Bon 312 Unter nehmungen, die Angaben über die Zahl der von ihnen im Berichts­monat und dem gleichen Monat des Vorjahrs beschäftigten Arbeite rinnen gemacht haben, wurden im Mai insgesamt 26 508 Arbeiterinnen beschäftigt, das find 778 weniger als im Mai 1918. Nach der Statistil von 888 Arbeitsnachweisen- 85 hatten diesmal nicht rechtzeitig be­richtet wurden im Mai 1914 für weibliche Erwerbstätige ins gefamt 104013 offene Stellen gemeldet, denen 103957 Arbeits­gefuche gegenüberstanden. Unter diesen befanden sich noch rund 13000, die vom Vormonat übernommen worden waren. Von den gemeldeten offenen Stellen konnten aber nur 64146 im Laufe des Monats besetzt werden, es blieben demnach 39811 Arbeitsgesuche von Frauen und Mädchen im Mai unberücksichtigt. Auf 100 offene Stellen famen im Berichtsmonat 100 weibliche Arbeitsuchende, wäh­rend die entsprechenden Zahlen im Vormonat 94 und im Mai 1913 ebenfalls 100 betragen haben. Das ungünstigste Verhältnis wurde im Berichtsmonat im Königreich Sachsen festgestellt, dort lamen 131 weibliche Arbeitsuchende auf 100 Stellen; dann folgten die freie Stadt Hamburg   mit 130, die Thüringer Staaten mit 123, Schlesien   mit 119, weiter Elsaß- Lothringen   mit 117, Bayern  mit 115, Bosen mit 109 usw. und an letzter Stelle das Großherzog­tum Hessen mit 70 weiblichen Arbeitsuchenden auf 100 Stellen. Nach Berufsgruppen geordnet waren die Ertverbsmöglichkeiten für die weiblichen Arbeitskräfte am schlechtesten in der Hutindustrie. Hier wurden allein im Berichtsmonat 2465 arbeitsuchende Hut arbeiterinnen und Handschuhnäherinnen gezählt, und gemeldet waren nur 107 offene Stellen. Ebenfalls ungünstig liegen die Verhältnisse noch nach diesen Angaben in der Metall, Holz- und Genußmittelindustrie sowie im Handelsgewerbe und bei Fabritarbeit ohne nähere Bezeichnung.

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Ein übersichtlicheres Bild ergeben die gewerkschaftlichen Arbeits. lofenzählungen. Sie liegen für den Monat Mai 1914 von 37 Dr­ganisationen vor, die zusammen 218534 weibliche Mitglieder um faffen, gegen 221660 im Mai 1913. In diesen Verbänden waren am 30: Mai, dem Stichtag des Berichtsmonats, insgesamt 5509 Ar­beiterinnen beschäftigungslos, das sind 2,6 vom Hundert der Mit­gliederzahl. Gegen den Vormonat, wo 3569 weibliche Arbeitslose, in Prozent 1,7 ermittelt wurden, ist das eine Zunahme um 1940 oder 54 Prozent und gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahrs eine solche um 300 oder 5,8 Prozent. Also der Arbeitsmarkt hat sich für die weiblichen Erwerbstätigen gegenüber dem Vormonat ganz bedeutend verschlechtert. Absolut und verhältnismäßig die meisten weiblichen Arbeitslosen hatte im Berichtsmonat der Hutarbeiter­berband. Nicht weniger als 2686 weibliche Mitglieder, gleich 44,0 Prozent, also beinahe die Hälfte der überhaupt vorhandenen weib­lichen Mitglieder wurden bei diesem Verband als arbeitslos er mittelt. Ungünstigere Verhältniszahlen der Arbeitslosigkeit als der Durchschnitt weisen noch auf außer drei kleineren gegnerischen Ver bänden die Sattler und Portefeuiller mit 5,4 und die Tischler mit 4,5 beschäftigungslosen weiblichen Mitgliedern auf das Hundert. Einen erheblich niedrigeren Prozentsaz arbeitsloser weiblicher als arbeitsloser männlicher Mitglieder finden wir in folgenden Ver bänden mit einer größeren Anzahl weiblicher Verbandsangehöriger. Bei den Metallarbeitern waren 1,9 vom Hundert der weiblichen gegen 3,4 vom Hundert der männlichen Mitglieder arbeitslos, bei den Buchbindern 2,0 vom Hundert der weiblichen gegen 3,9 vom Hundert der männlichen. Wesentlich größer war der Unterschied bei den Bädern; hier waren 0,7 vom Hundert der weiblichen Mitglieder und 7,6 vom Hundert der männlichen Mitglieder beschäftigungsles. Günstiger für die weiblichen Mitglieder war noch der Beschäftigungs­grad bei den Buch- und Steinbrudereihilfsarbeitern und den Transportarbeitern. Ungünstiger dagegen war außer bei den Hutmachern der Grad der Arbeitslosigkeit für die weiblichen Mitglieder des Sattlerverbandes. Hier standen 5,4 Arbeitslose vom Hundert der weiblichen 4,2 vom Hundert der männlichen Mit­glieder gegenüber. Bei den Schuhmachern liegen die Dinge ebenso, sie zählen 1,6 vom Hundert der weiblichen gegen 1,2 vom Hundert der männlichen Mitglieder als beschäftigungslos, und im Fabrit. arbeiterverband waren 1,7 vom Hundert der weiblichen, dagegen mur 1,5 vom Hundert der männlichen Mitglieder arbeitslos. a. b.

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland. Von den sozialistischen   Frauen in Spanien  . Die ersten Schritte find geschehen, daß auch die organisierten sozialistischen   Frauen in Spanien   Fühlung mit den Genoffinnen anderer Länder gewinnen