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Die Gleichheit

Nr. 2

über dem Nationalbewußtsein steht die Mensch- wortlichkeit als Mütter unserer Art nicht untätig beiseite stehen. lichkeit!

Zeigt ihr Frauen eure Reife, zeigt ihr Frauen, daß ihr das Recht und die Pflicht habt, euren Nationen zuzurufen, Krieg dem Kriege'! Weint nicht im stillen Kämmerlein, sondern fordert euer Recht als freie Bürger, Gleichberechtigung in den Parlamenten, dann werden künftige Kriege unmöglich werden, denn erst ein sich seiner Macht bewußtes Geschlecht kann siegen. Unsere Siege sollen keine Siege auf den Schlachtfeldern werden, sondern unsere Siege sollen dazu dienen, die Menschheit höher zu bringen! Darum, Frauen, tretet zu Tausenden und aber Tausenden den Friedensgesellschaften bei. Frida Perlen, Stuttgart  ."

Unsere Leserinnen wissen, wie wir als Sozialisten die bürger­liche Friedensbewegung grundsätzlich einschäzen. Jedoch wir an­erkennen den hohen moralischen Mut, mit dem die bürgerlichen Friedensfreunde sich zu ihrem Jdeal in einer Zeit bekennen, wo der Chauvinismus wie der Niagara einherstürzt.

Eine imposante internationale Friedensdemonstration der Frauen von New York   hat am 29. August stattgefunden und bei den Zehntausenden von Zuschauern einen tiefen, nachhaltigen Ein­druck hervorgerufen. Tausende von Frauen marschierten unter ge­dämpftem Trommelschall ruhig und gemessen durch die Straßen der Stadt und brachten ihre Gegnerschaft gegen den Krieg zum Ausdruck. Nicht in leidenschaftlichen Worten oder in flammenden Inschriften, wohl aber durch den langen, schweigenden Zug selbst, in dem Frauen jedes Alters und aller Gesellschaftsklassen vertreten waren. Verstärkt wurde der Eindruck durch das Vorherrschen von schwarzer und dunkler Kleidung. Frauen, die in Weiß oder Grau erschienen waren, trugen schwarze Armschleifen als Zeichen der Trauer. Eine starke Abteilung des Zuges bildeten die soziali= stischen Frauen, die an kleinen roten Abzeichen erkennbar waren. Sie demonstrierten zugleich gegen den Massenmord des Krieges und für die einzige wirkliche Friedensbewegung der Welt: den Sozialismus.

An der Spitze des Zuges trug Frau Alice Carpenter eine große weiße Fahne, auf der in Blau die Friedenstaube und in gelben Buchstaben das Wort Friede" stand. Drei Mädchen trugen weiße Brustschleifen mit der Mahnung: Laßt uns Frieden halten", eines davon hielt einen Globus, der mit schwarzen und violetten Schleifen verhüllt war. Die Idee des Friedens und der Inter­nationalität wurde dadurch stark betont, daß deutsche, französische, russische, englische und amerikanische   Frauen nicht getrennt nach Nationen gingen, sondern nebeneinander, vereint in ihrem Protest gegen den Krieg. Gine Gruppe für sich bildeten nur die farbigen Frauen, doch waren auch in der sozialistischen   Abteilung verein­zelte Negerinnen. Vor dem Kriege aus Europa   geflüchtete Frauen bildeten ebenfalls eine Gruppe für sich. In ihre Nationaltracht ge= kleidet, nahmen eine Indianerin und eine Japanerin an der De­monstration teil. Frauen von Brooklyn  , New Jersey   und aus dem oberen Staate New York   waren herbeigeeilt, um sich an der De­monstration für den Frieden zu beteiligen. Zu beiden Seiten des Weges befanden sich eng gedrängte Massen von Zuschauern, die ihrer Sympathie mit der Veranstaltung oftmals lauten Ausdruck gaben.

Der Anstoß zu dieser Friedensdemonstration der Frauen ging von Mrs. Villard aus, der Gattin des Besitzers der New York  Evening Post". Dieses angesehene Blatt wurde von Herrn Villards Vater, einem Deutschen   von Geburt, und Karl Schurz   vor vierzig Jahren gegründet. Die Frauenstimmrechtlerinnen haben für das Zustandekommen der Demonstration eifrig gewirkt.

f. r.

Die Friedenskundgebungen des Internationalen Frauen­stimmrechtsverbandes. Als der Krieg bereits mit herrischer Faust an die Tore Europas   klopfte, trat der Internationale Frauen­stimmrechtsverband für den Frieden in einem Manifest ein, das am 31. Juli in London   dem Auswärtigen Amt   für Groß­ britannien   wie allen ausländischen Gesandtschaften zugestellt wurde. Bekanntlich ist London   der Hauptsitz des Verbandes. Das Manifest ist in Vertretung der ersten Vorsitzenden dieser Organi­sation Frau Chapman- Gatt, die in den Vereinigten Staaten   wohnt von zwei der angesehensten Vorkämpferinnen der bürgerlichen Frauenstimmrechtsbewegung unterzeichnet: bon Frau Fawcett, der ersten Vizevorsitzenden des Verbandes, und Fräulein Macmillan, der berichterstattenden Sekretärin. Es lautet:

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Wir Frauen aus der ganzen Welt blicken voller Furcht und Entsetzen auf die gegenwärtige Lage in Europa  , die einen Erdteil, wenn nicht die ganze Welt mit dem Unheil, den Greueln des Krieges bedroht. In dieser schreckensvollen Stunde, wo das Schick­sal Europas   von Entscheidungen abhängt, die mit zu fassen uns Frauen die Macht fehlt, können wir angesichts unserer Verant­

Wir, die machtlos sind, obgleich wir politisch wirken, fordern die Regierungen und Staatsgewalten der verschiedenen von uns ver­tretenen Länder auf, das drohende Unheil abzuwenden, das seines­gleichen nicht haben würde. In keinem der Staaten, die von dem bevorstehenden Kriegsausbruch zunächst betroffen werden, besitzen die Frauen die unmittelbare Macht, die politischen Geschicke ihres Vaterlandes zu beeinflussen. Sie befinden sich in der geradezu un­erträglichen Lage, zusehen zu müssen, daß alles, was ihnen am teuersten und schäßenswertesten ist- Heim, Familie, Rasse-, nicht nur den schwersten Gefahren ausgesetzt wird, sondern weitreichen= den Schädigungen, die abzuwenden oder zu mildern die Frauen ohnmächtig sind. Welches auch immer das Ergebnis des Krieges sein mag, er wird die Menschheit ärmer machen, wird die Zivilisation zurückwerfen und ein starkes Hindernis für die allmähliche Ver­befferung der Lebensbedingungen der Volksmassen sein, von denen die wahre Wohlfahrt der Nationen in so hohem Maße abhängt. Wir Frauen von 26 Ländern, die wir in dem Internationalen Frauenstimmrechtsverband zu dem Zwecke zusammengeschlossen sind, die politischen Mittel zu erlangen, um mit den Männern die Macht zu teilen, durch die das Los der Nationen gestaltet wird, wir fordern dazu auf, daß kein Mittel zur Beilegung oder zum schieds­gerichtlichen Austrag von internationalen Streitigkeiten unver­sucht bleibt, das dazu beitragen kann, zu verhindern, daß die halbe zivilisierte Welt in Blut ertränkt wird."

Der Protest gegen den Krieg sollte auch noch am 4. August in London   durch ein großes Meeting der Frauenstimmrechtle= rinnen verstärkt werden. Es war zu einer Zeit einberufen worden, wo die Friedenshoffnungen noch nicht völlig erloschen waren, fand aber statt, als bereits der Schlachtendonner die friedenheiſchenden Frauenstimmen übertönte. Daß in jener dunklen Stunde die ein= drucksvolle Kundgebung möglich war, läßt uns wie die fast gleichzeitige ungehinderte Protestbewegung von sozialistischen   und Arbeiterorganisationen-

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Auf dem Meeting sprachen Führerinnen der bürgerlichen Frauenstimmrechtsorganisationen verschiedener Länder, und alle erklärten sich eindringlichst gegen den europäischen   Krieg. Deutschland   war durch Frau Gellrich vertreten, Ungarn   durch Frau Schwimmer, die Schweiz  durch Frau Thoumaian, Finnland   durch Frau Malen­berg. Mit besonderer Entschiedenheit wendeten sich die Redne­rinnen der großen englischen Frauenstimmrechtsorganisationen gegen den Krieg, so Frau Fawcett, Frau Creighton, Frau Swanwid und andere. Unter den Demonstrierenden befand sich auch Olive Schreiner  , die berühmte dichterische Vorkämpferin für Frauenrechte, die die Schrecken des Burenkrieges aus eigener Erfahrung kennt. Proletarische Frauenorganisa= tionen nahmen ebenfalls an der Protestkundgebung teil. Frau Barton, die Vorsitzende der Frauengenossenschafts­gilde, erklärte namens der von ihr vertretenen 32 000 Prole­tarierinnen, daß überall die Frauen gegen den Krieg seien, zumal aber die Frauen der Arbeiterklasse, die am schwersten unter den Folgen des entfesselten Unheils zu leiden hätten. Sie bestreite, daß es zwischen dem arbeitenden Volke der verschiedenen Staaten Haß und Feindschaft gäbe, die den Kriegsausbruch unvermeidlich gemacht hätten. Die Frauen müßten politische Macht erringen, um sie gegen den Krieg einzusehen. In ähnlichem Sinne sprach Genossin Phi l- Iips als Vertreterin der Ligafür Frauen der Arbeiter­* I asse. Unseren Genossinnen ist bekannt, mit welcher Energie ge= rade die englischen Genossinnen in den letzten Jahren für den Frieden, die Völkerverbrüderung gewirkt haben.

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Jahrgang 1913/1914

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Berantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Bettin( Bundel), Wilhelmshöhe, Poft Degerloch bet   Stuttgart.

Druck und Verlag von J. H. W. Diez Nachf. G.m.b.8. in   Stuttgart.