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Die Gleichheit

schen. Man wird zugeben, daß schon das allgemeine Versprechen der politischen Neuorientierung auf bestimmten Gebieten eine ge= wisse Zumutung an die Selbstbescheidung derjenigen stelle, die den gegenwärtigen Zustand für angemessen und zweckmäßig halten.' Der Vorwärts" bemerkt hierzu: Das ist so deutlich gesprochen, wie man es nur wün­schen kann, um vor Illusionen zu bewahren.

Frauenstimmrecht.

Der Antrag zur allgemeinen Einführung des Frauen­wahlrechts in allen Staaten der nordamerikanischen   Union  , von dessen Ablehnung im Repräsentantenhaus( Unterhaus) wir neulich berichteten, hat folgenden Wortlaut: Das Stimmrecht der Bürger der Vereinigten Staaten   darf des Geschlechts wegen weder von den Vereinigten Staaten   als Ganzes noch von irgendeinem Einzelstaat verweigert oder verkürzt werden. Dem Kongreß steht die Befugnis zu, durch ein entsprechendes Gesetz die Bestimmungen dieses Artikels zur Durchführung zu bringen." Der Kongreß ist das Bundesparlament der Nordamerikanischen Union. Er übt die gesetzgebende Gewalt in bestimmten Fragen aus, die gemeinschaft­lich und einheitlich für alle Einzelstaaten geregelt werden sollen. Der Kongreß hat seinen Siz in Washington   und besteht aus einem Unterhaus dem Haus der Repräsentanten oder Abgeord­neten, und einem Oberhaus dem Senat.

-

-

Erfolge des Frauenwahlrechts in den Vereinigten Staaten  . Fast zur selben Zeit, wo im Unterhaus des Bundesparlaments der Antrag auf die allgemeine Einführung des Frauenwahlrechts gefallen ist, hat die Sache der politischen Gleichberechtigung in den geseßgebenden Körperschaften von neun Einzelstaaten beachtens­werte Siege errungen. Da es sich um eine Verfassungsände­rung handelt, so hat in den betreffenden Staaten nun eine Volks­abstimmung das letzte entscheidende Wort zu sprechen. Der An­trag auf Einführung des Frauenwahlrechts wurde angenommen Unterliegt der Boltsabstimmung

In

Vom Repräsentan­tenhaus Stimmen

Bom Senat Stimmen

Arkansas.. mit 51 gegen 18 mit 23 gegen 12 Termin ungewiß

Jowa.

Massachusetts  

New Jersey  .

New York  

Nord- Dakota Pennsylvania  Tennessee  Westvirginia

0

M

=

M 196

M

58

M

#

114

=

M

M

-

M

September 1915

38

#

11

1916

33

=

33

=

3

1915

17 34

=

4

#

1915

F

31

=

14

1916

71=

F

1915

74

=

14

26=

28=

3 1

ungewiß 1916

-

M 130

M 76= 8

M

M

In Vermont   stimmte der Senat mit 29 gegen 10 Stimmen der Einführung eines nahezu unbeschränkten Frauenwahlrechts zu, wie es im Staate Illinois   besteht. Besondere Beachtung verdient der Sieg des Frauenwahlrechts im Parlament von West­virginia, dem ersten Südstaat der Union  , in dem die Zu­erkennung des Bürgerrechts an das weibliche Geschlecht in greif­bare Nähe gerückt ist.

Für den Frieden.

Nr. 15

ten gut 5000 Frauen mit Parteifahnen und Friedensbannern in geschlossenem Zuge durch die Stadt. Die Genoffinnen hatten diese Demonstration seit Wochen gut vorbereitet, und es ist ihnen ge­lungen, damit größere Frauenmassen zu erfassen, als mit irgend­einer früheren Veranstaltung.

Ein Beschluß des schweizerischen Parteivorstandes zur Wiedersammlung der Internationale. Die Geschäftsleitung der schweizerischen Sozialdemokratie hat in einer Sigung vom 18. März beschlossen, auf die Einberufung einer erweiterten Sigung des Internationalen Sozialistischen Bureaus zu bringen. Von der Einberufung einer Sonferenz der Sozialdemokraten der neutralen Länder, wie sie auf der Konferenz von Lugano  verlangt wurde, hat sie abgesehen. Solange die sozialistischen   Bar­teien der kriegführenden Länder auf dem Standpunkt des Durch­haltens" stehen, wird ein Versuch der Zusammenberufung des Inter­nationalen Bureaus kaum Erfolg haben.

Friedensbewegung in England. Das Organ der Unabhängigen Arbeiterpartei, der in Manchester   erscheinende Labour Leader zeichnet die wachsende Friedensstimmung in der englischen Arbeiterschaft wie folgt: Überall verschwindet die gedankenlose Begeisterung, die eine Nation zu Beginn eines Krieges stets kennzeichnet; überall richtet man das Augenmert auf einen Ausgleich, der den Feindseligkeiten ein Ende machen soll. Man fragt sich, wie dieser Ausgleich sein soll, und was getan merden muß, um das Ziel zu erreichen, für das der Strieg geführt wird, nämlich künftige Kriege unmöglich zu machen, den Militarismus zu vernichten, kleine Länder sicherzustellen, die brutale Gewalt zu entthronen und die Vernunft auf den Thron zu setzen. Mancherlei Fragen drängen sich auf. Beispielsweise, ob Deutsch­ land   allein für den Krieg zu tadeln ist, ob England vor dem Kriegs­ausbruch alles tat, was in seiner Macht stand, um den Untergang Belgiens   zu verhindern, und ob das deutsche   Volt nicht Grund zum Mißtrauen gegen England hatte. Die öffentliche Meinung unter der Arbeiterklasse ändert sich. Das Elend, in dem sie sich befindet, und die unzureichende Unterstüßung, die die englische   Regierung ihr gewährt, stören die nationale Einmütigkeit, die den Arbeitern an­fänglich häßliche Tatsachen verbarg. Schwere Unglücksfälle, der An­blick von Soldaten mit verstümmelten Gliedern und erschütterten Nerven, ihre fürchterlichen Erzählungen und ihre Erkenntnis, daß die deutschen   Soldaten auch Menschen sind wie sie selbst, mit lie­benden Frauen und geliebten Kindern, alles das wirkt dauernd auf die Ansichten ein."

Wie lähmend der energische Klassenkampf der englischen Gewerk­schaften auf die Kriegslust der Unternehmer wirkt, da er die Kriegs­profite schmälert, beweist ein Verleumdungsfeldzug der Times. Sie schreibt über die Ausstandsbewegung der englischen Arbeiter unter anderem folgendes: Diese Arbeiterunruhen sind nicht nur das eine Gebiet, auf dem wir versagt haben, sie sind auch das Gebiet, auf dem die Berechnungen der Deutschen   nicht fehlgingen.... Unstimmigkeiten zwischen den Alliierten werden zwar immer noch erhofft, aber der Strom der Ereignisse hat die Verbündeten immer nur mehr aneinandergeknüpft. Alles das hat den Erwartungen des Feindes nicht entsprochen, wohl aber der britische Arbeiter und sein Brotherr. Auch sie arbeiteten im Anfang zum allge= meinen Besten, aber gerade, als ihre Hilfe am allernotwendigsten war, rechtfertigten sie die Berechnungen der Deutschen  und arbeiteten ihnen in die Hand. Als die Werftarbeiter streiften, machten sie sich zu Handlangern des Feindes."

Zu einer imposanten Friedenskundgebung der sozialistischen  Frauen in Amsterdam   hat sich der Frauentag gestaltet, der am 1. April abgehalten wurde. Die Versammlung fand in dent Riesensaal des Konzerthauses statt, der überfüllt war. Die Reden stellten die Friedensforderung in den Vordergrund und wiesen nach, daß eine kraftvolle Friedensaktion der Frauen der wirksamſte Ausdruck politischer Neife sei. Nach der Versammlung marschier­

Die italienischen Wähler und der Krieg. Aus Mailand   wird telegraphiert: Am Sonntag fanden in Italien   zwei Ersazwahlen für die Kammer statt, und zwar in den Wahlkreisen Bologna   und Montecchio. In beiden Kreisen hatte die sozialdemokratische Partei Kandidaten aufgestellt, und in beiden Kreisen wurden sie glänzend gewählt. In Bologna   betrug die Majorität 2700 Stimmen, in Mon­tecchio 1700 Stimmen. Diese beiden Wahlen sind darum besonders wichtig, weil sie im Zeichen des Kriegs geführt wurden. Die bürger­lichen Gegner stellten die Intervention Italiens   im gegenwärtigen Strieg in den Mittelpunkt ihrer Agitation. Die Sozialdemokratie kämpfte für die stritte Aufrechterhaltung der Neutralität. Und die Wähler gaben der Sozialdemokratie recht. In beiden Wahlkreisen will die Volksmehrheit nichts vom Krieg wissen. Berantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Bettin( Bundel), Wilhelmshöhe, Post Degerloch bet Stuttgart  .

Druck und Verlag von J. H. W. Diez Nachf. G.m.b.§. in Stuttgart  .