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Die Gleichheit
Landwirtschaft, in Handel und Verkehr. Kann man, will man Geseze aufrechterhalten, die aus einer Zeit stammen, da die Frau in der allgemeinen öffentlichen Auffassung nichts anderes war als die Hörige des Mannes, ein Mensch zweiter Klasse, der keinerlei Rechte, nur Pflichten besitzen durfte?
Soll für alle Ewigkeit das Wort Goethes Geltung behalten: ,, Es erben sich Gesetz und Rechte gleich einer ew'gen Krankheit fort?" Soll die Frau heute noch sich mit derselben öffentlich rechtlosen Stellung abfinden müssen wie vor 108 Jahren?
Aus der Gleichwertung weiblicher Leistungen während des Krieges, der an die Frau als Mensch und Bürger wie an den Mann seelisch und körperlich die höchsten Anforderungen stellt, muß hervorgehen die Anerkennung der wirtschaftlichen und politischen Gleichberechtigung der Frau. Die Gleichberech tigung nicht nur für eine Zeit, da„ Not am Mann" war, nicht nur gewissermaßen zur Aushilfe, als Belohnung für die während des Krieges geleisteten Dienste, als ein Gnadengeschenk! Nein, als ein Recht verlangt heute die mündige Frau das allgemeine gleiche, direkte und geheime Wahlrecht auch zur Gemeinde. Man kann und darf es ihr nicht länger vorenthalten! Mußten nicht jetzt, während des Krieges, die Frauen von der Gemeinde zur gleichberechtigten Mitarbeit herbeigerufen werden? Was beweist das? Nichts anderes, als daß die Frauen wie im Leben der Gesamtheit, so in dem der Gemeinde gleiche Pflichten tragen wie die Männer und daher auch gleiche Rechte zu beanspruchen haben. Diese Rechte zu erringen, werden insbe sondere die Arbeiterinnen und Arbeiterfrauen all ihre Kraft einsetzen! Mathilde Wurm .
Die Erwerbslosenfürsorge
in der Textilindustrie.
( Schluß.)
Ein stark zentralistischer Zug geht durch die bayrische Organisation. Obgleich pro forma die Gemeinde souverän ist, unterliegt sie doch einem starken Druck der vorgesetzten Instanzen, so daß Schwierigkeiten bei der Durchführung der Unterstützung zuungunsten der Arbeiter bisher nur wenig sich bemerkbar machten. Im Königreich Preußen geht die Regelung der Unterstüßungsaktion innerhalb der Regierungsbezirke vor sich. Ein Abschluß fann hier leider noch nicht gemeldet werden. Im Regierungsbezirk Frankfurt a. d. D. bildet jede Textilindustriestadt, die für ihre umliegenden Landgemeinden ein Mittelpunkt ist und die Arbeiter der Landgemeinden in ihren Textilfabriken beschäftigt- wie Kottbus , Forst, Spremberg usw.-, mit diesen umliegenden Landgemeinden einen Kommunalverband. Auch der Kreis Reichen bach i. Schl. hat die Sache einheitlich eingerichtet. Im Westen bilden die Gemeinden Nordhorn , Frensdorf , Altendorf und Bookholt einen Gemeindeverband. In vielen Fällen regeln die einzelnen Gemeinden die Sache so gut und so schlecht sie fönnen. Die Folge des systemlosen Vorgehens ist bis heute, daß die Mehrzahl der kleinen Gemeinden in Preußen überhaupt noch nichts getan hat.
Mustergültig ist die in Baden geschaffene Organisation und exakt arbeiten deren Teile. Dort ist die Textilindustrie in der Hauptsache auf bestimmte Bezirke beschränkt. Diese Bezirke haben sich zu einem„ Gemeindeverband zum Zwecke der Erwerbslosenfürsorge für die Arbeiter der Textilindustrie des badischen Oberlandes" zusammengeschlossen. Diesem Gemeindeverband gehören an aus dem Amtsbezirk Lörrach die Ortschaften: Lörrach , Haagen , Brombach , Hauingen , Steinen, Höllstein ; aus dem Amtsbezirk Schopfheim die Orte: Maul burg , Schopfheim , Langenau , Wiesleth, Fahrnau, Hausen , Wehr, Tegernau ; aus dem Amtsbezirk Schönau die Orte: Zell , Azenbach, Schönau , Aitern , Mambach , Wembach , Schönenberg , Todtnau ; aus dem Amtsbezirk Säckingen die Orte: Säckingen , Öflingen , Murg , Niederhof, Ober- Schwörstadt, Harpolingen, Binzgen, Wallbach , Ober- Sädingen; aus dem Amtsbezirk St. Blasien der Ort St. Blasien . Die Organe
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des Gemeindeverbandes sind die Verbandsversammlung, der Verbandsvorstand und die Geschäftsstelle.
Die Geschäftsstelle führt nach den Anordnungen des Verbandes die laufenden Geschäfte. Sie prüft nach näherer Weisung des Vorstandes die Unterstüßungsgesuche, überwacht die Befolgung der allgemeinen Grundsäße über Erwerbelosenfürsorge, besorgt die gesamte Verrechnung des Verbandes und mit Hilfe der bestehenden Arbeitsnachweise die Arbeitsbeschaffung. Der Vorsitzende des Verbandes und die Geschäftsstelle haben das Recht, sich in den zugehörigen industriellen Betrieben jederzeit über den Stand der Beschäftigung der Arbeiter zu unterrichten.
Der Vorstand besteht aus: 1. Vier von den Gemeinderäten der Verbandsgemeinden zu wählenden Gemeindevertretern; 2. zwei von den beteiligten Großherzoglichen Amtsvorständen zu bestimmenden Vertretern; 3. einem von der zu ständigen Handelskammer zu bestimmenden Vertreter; 4. zwei von den der Verbandsversammlung angehörenden Unternehmern zu wählenden Mitgliedern; 5. zwei von den der Verbandsversammlung angehörenden Arbeitern zu wählenden Mitgliedern.
Die Verbandsversammlung besteht: 1. Aus den Mitgliedern des Vorstandes; 2. aus den Amtsvorständen der beteiligten Amtsbezirke; 3. aus je einem von den Gemeinderäten zu wählenden Vertreter derjenigen beteiligten Gemeinden, in denen mehr als 100 Tertilarbeiter beschäftigt oder wohnhaft find; 4. aus zwei Vertretern der Textilindustriellen jedes beteiligten Amtsbezirks und zwei von der zuständigen Handelsfammer zu wählenden Mitgliedern; 5. aus zwei Vertretern der Tertilarbeiterschaft jedes beteiligten Amtsbezirks und je einem Vertreter des Deutschen und des Christlichen Textilarbeiterverbandes.
Diese Zusammensetzung der Organe des Verbandes verbürgt die Parität. Die Mitglieder des Vorstandes haben jederzeit Einfluß auf die Verwaltung der Geschäftsstelle und die Mitglieder der Verbandsversammlung Einfluß auf die Tätigkeit des Vorstandes. Alle Betriebe der Textilindustrie innerhalb des Gemeindeverbandes, auf den sich die Fürsorge erstreckt, sind vom Verbandsvorstand mit Hilfe der Gemeindebehörden und des Verbandes der Textilindustriellen des Wiesentales und Umgebung festgestellt. Der Sitz des Verbandes ist Lörrach . Gemeinden, die sich dem Zweckverband nicht anschließen, kann seitens der Staatsregierung die Subvention verweigert werden. Die Unterstüßungsaktion vollzieht sich automatisch, und irgend ein Wechsel der unterstützten Person verläuft ohne jede Störung. Umfangreiche Sagungen, „ Grundsäße“ und„ Geschäftsanweisungen" regeln die Tätigfeit des Einzelnen wie des Ganzen in vorzüglichster Weise, und zu jeder Zeit ist den Arbeitern die Möglichkeit der Nachkontrolle und der überwachung gegeben.
So verschieden wie die Organisation in den einzelnen Bundesstaaten, so verschieden ist auch die Höhe der festgelegten unterstüßungsbeträge. Im großen ganzen haben sich mit der Zeit Säße herausgebildet, die dem bisherigen Verdienst der Tertilarbeiter entsprechen. Es war das allerdings feine leichte Arbeit. Ganz besonders die Verwaltungsbehörden wurden nur ganz allmählich mit dem Gedanken vertraut, daß die Unterstützungsbeträge für arbeitslose oder beschränkt arbeitende Textilarbeiter wesentlich über jene Säße hinausgehen müßten, die in normalen Zeiten als Armenunterstützung an bedürftige Leute gezahlt werden. Die heftigste Opposition der Arbeitervertreter war oftmals notwendig, um den ungewohnten Gedanken in die Bureaukratenköpfe hineinzuhämmern. Mit verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten gelang das im Königreich Bayern.
Aus 55 Gemeinden und Gemeindeverbänden liegt ein Ergebnis vor. Dabei ist Baden und Bayern als je ein Gemeindeverband gerechnet. Im folgenden soll versucht werden, eine übersicht über die Höhe der Unterstützung zu geben. Ein finderloses Ehepaar erhält in allen Fällen mehr als 10 Mr. pro Woche. Sieht man in denjenigen Bezirken, in denen jede