/106Die GleichheitNr. 14der Bevölkerung mit Lebensmitteln Großes geleistet haben, werdensie mit einer Heftigkeit angegriffen, wie niemals vorher. IhreKkiegstatigkeit hat bewiesen, daß ihre Existenz der allgemeinenNotwendigkeit entspricht. Keine wurde zahlungsunfähig und neuewurden gegründet. Kam es hier und da vor, daß eine Konsumgenossenschaft gesperrt wurde, so geschah dies nicht wegen Geschäftsrücksichten, sondern weil sämtliche Angestellten der Genossenschafteingerückt sind. Die Kriegszeiten lehrten die Konsumenten, wienotwendig die Organisation der Konsumenten und daß die natürlichste Organisation der Konsumenten der Konsumverein ist. Daßdie Konsumgenossenschaften im Laufe des Krieges Nennenswertesgeleistet haben, zeigt der Umstand, daß die.Hangha", Großeinkaufsgesellschaft und Zentral« der Konsumvereine, im Laufedes Krieges einen um 7 Millionen Kronen größeren Umsatz hatteals in Friedenszeiten. Die Revisoren der Zentrale besuchten derReihe nach die Konsumgenossenschaften, und wo die Männer eingerückt waren, mußten die Frauen die Arbeit besorgen. 526 Frauensind als Leiterinnen(Lagerhalterinnen) bei den Konsumgenossenschaften angestellt, um sie aufrechtzuerhalten. Der Bezug derWaren wurde den Konsumgenossenschaften dadurch erleichtert, daßdie Zentrale neue Lagerhäuser errichtete, von wo die Genossenschaften die Waren bekamen, die sie aus der Zentrale, da derbürgerliche Warenverkehr eingestellt war, nicht bekommen konnten. Allgemein bekannt ist es, daß nach Ausbruch des Krieges diePreise der Bedarfsartikel eine noch nie dagewesene Höhe erreichten. Die Zentrale gab die Waren, solange der Warenvorratdauerte, um denselben Preis an die Konsumgenossenschaftenweiter wie vor dem Ausbruch des Krieges. Dadurch wurde demWarenwucher gesteuert. Dem Prinzip der Barzahlung wurde durchden Krieg nicht nur kein Abbruch getan, sondern es wurde noch dadurch gefördert, daß auf der ganzen Linie Barzahlung eingeführtwurde. Die Zentrale verwendete 222 596 Kronen zur Unterstützungder Zurückgebliebenen von Genossenschaftsangestellten. ll.?.Notizenteil.Für den Frieden.Friedensbestrebungen amerikanischer Frauen. Bald nachBeginn des europäischen Krieges hat in den Vereinigten Staatenvon Amerika unter den Frauen eine kräftige Agitation gegen denKrieg eingesetzt, die sich immer mehr verstärkte. Von Amerika auskamen Frauen nach Holland, um an dem internationalen Frauen-kongreß teilzunehmen; in Amerika wurde von Frauen die großeKinderpetition um Anbahnung von Friedensverhandlungen anBryan gerichtet. Jetzt hören wir, daß dem Senat ein« Bittschriftvon mehr als einer Million amerikanischer Frauen überreichtwurde, die ein Ausfuhrverbot für Munition fordern. Die Bittschrift war fünfzehn Meilen lang, entspricht also ganz amerikanischen Verhältnissen. Zwölf Senatoren haben zu ihren Gunsten geredet. Frau Jane Addams ist unermüdlich mit einer großenAnzahl von tüchtigen und im öffentlichen Leben bekannten Frauentätig, um Friedensverhandlungen zu beschleunigen. Die Frauenversuchen in erster Linie die neutralen Staaten zu beeinflussen,für den Frieden einzutreten, und das ist nicht unwichtig, denn vorvorläufig geht es dort den Kapitalisten viel zu gut, als daß die dasEnde des Krieges herbeisehnten. Die Bestrebungen der amerikanischen Frauen müssen in allen kriegführenden Ländern anerkanntwerden, ganz gleich, ob sie einen vollen Erfolg erzielen oder nicht.Freilich darf eins nicht übersehen werden. Die amerikanischenFrauen— es handelt sich meist um bürgerliche Frauen, Führerinnen der Wahlrechtsbewegung— verlangen nur ein Ausfuhrverbot für Munition. Die Durchführung ihres Wunsches würdeeine Erschwerung der Kriegführung für die Ententemächte bedeuten. Mit einem Abflauen und schließlichen Aufhören der Munitionsaufträge rechnen die amerikanischen Industriellen aber bereits jetzt. Gleichzeitig entfalten die Herren jedoch eine ungeheurePropaganda für die sogenannte.Rüstungsbereitschaft", das heißtfür starke Rüstungen im Lande selbst. Was aber das Rüsten fürdie Völker bedeutet, das sollten auch die Amerikaner aus demgegenwärtigen europäischen Kriege erfahren haben.Die einzigen, die das bis jetzt einsehen, oder sagen wir besser,die den Finger in die Wunde legen, sind die amerikanischen Sozialisten. Sie machen scharfe Opposition gegen die Forderung derMunitionsinteressenten auf.Preparedneß"(Kriegsbereitschaft),und hier setzt auch die Friedenspropaganda der Proletarierinnenein. Sie wollen nicht nur den Frieden für Europa fördern helfen,sondern sie wollen ihn vor allem auch dem eigenen Lande erhalten.Dazu genügt es nicht, Ausfuhrverbote zu beantragen und zu versuchen, die Menschen in friedlichem Sinne zu beeinflussen, da heißtes, die Rüstungsvorschläge mit aller Rücksichtslosigkeit bekämpfen.Daß die sozialistischen Frauen in diesem Kampfe an der Seite derGenossen stehen, ist selbstverständlich. Die Frauen des Volkes sindeS ja, die im Kriege am schwersten leiden. t. l>.Das Echo der Zimmerwalder Konferenz in der russische»Duma. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Dumafraktion,Genosse Tscheid se, hielt am 23. Februar eine großzügige, vonecht sozialistischem Geiste getragene Abrechnung mit den herrschenden Klassen und ihrer Politik der Ausbeutung und des Krieges.Die russische Zensur versuchte zuerst, die Veröffentlichung der Redezu unterdrücken, was zu einer scharfen Interpellation in der Dumaführte, die nicht bloß von sozialistischer, sondern auch von bürgerlicher Seite eingebracht wurde. Die Zensur mußte sich schließlichfügen. Die Rede Tscheidses ist um so bedeutsamer, als sie dieStimme ist des noch erhaltenen Teils der parlamentarischen Vertretung der russischen Arbeiterklasse. Rücksichtslos legt Tscheidsedie innere Lage Rußlands bloß, die Mißwirtschaft der herrschenden Bureaukratie, die Raubwirtschaft des großen Kapitals, dieKnechtung und Verelendung des Proletariats. Er beurteilt allediese Erscheinungen nicht von der Basis einer nationalen, sozialpatriotischen Arbeiterpartei aus, die in dieser Zeit zu einer sorücksichtslosen Kritik wohl kaum den politischen Mut aufbrächte,sondern von dem Boden des internationalen Sozialismus aus.„Eines ist genügend zutage getreten," ruft Tscheidse aus,„daßdie Menschheit noch nie im Verlauf ihrer Geschichte Zeuge einersolchen Lüge und Heuchelei gewesen ist wie jetzt. Wo sind alle jeneLosungen geblieben, in deren Namen dieser Krieg proklamiertwurde? Wo sind die großen Gruirdsätzc der Freiheit der Völker,der Selbstbestimmung der Nationen geblieben? Wo die Parolevon der Zerstörung des Militarismus? Davon spricht niemand jetzt auch nur ein Sterbenswörtchen---- Nicht nur die kriegführenden Mächte, auch alle neutralen Mächte rüsten jetzt mitfieberhafter Eile. Und gerade jetzt im Kriege zeigt es sich, daß bewaffnete Konflikte möglich sind, denen gegenüber dieser Krieg,dieser fürchterlichste aller Kriege, fast als Ideal erscheinen könnte.Und das internationale Recht? Im Namen der Verteidigungdieses Rechtes ist ja dieser Krieg proklamiert worden! Was hater nun zutage gefördert? Auch hier hat er einen großen und glänzenden Sieg erfochten. Er hat gezeigt, daß dieses Recht die Gesetzgewordene Norm eines Systems von Verrat und Tyrannei ist____Worin ist nun die Gemeinsamkeit der Klassenintercsscn im Namender Verteidigung des gemeinsamen nationalen Werkes, worin istdas große Prinzip der Jnteressenharmonie zum Ausdruck gekommen? Es hat sich, kurz gesagt, darin gezeigt, daß der Kapitalismusin allen kriegführenden Ländern im Namen hochpatriotischer Aufgaben die Ausbeutung der Arbeiterklasse auf Kosten der Unterernährung, der Erschöpfung, der Ausartung der Massen verdreifacht hat. Dies sind die ersten großen Grundsätze, in deren Namenim Verlauf von achtzehn Monaten Blut vergossen wird. Und nunfrage ich Sie: Wie wird der weitere Verlauf der Ereignisse sein.wenn man ihre Leitung denjenigen überläßt, die sie hervorgerufenhaben? Ja, der Krieg ist siegreich gewesen; er hat seinen innerenSinn, sein wahres� Antlitz enthüllt und die Widersprüche der modernen Gesellschaft aufgedeckt, in der die Politik des nacktenRaubes, die Politik de? Imperialismus herrscht, die nicht anders,Wie wir es sehen, zum Ausdruck kommen konnte----"Auf Grund der Beschlüsse der internationalen sozialistischenKonferenz in Zimmerwald, deren entscheidende Absätze er verliest, und unter Hinweis auf die Erklärung der Mehrheit der sozialdemokratischen Fraktion im Preußischen Abgeordnetenhaus entwickelt Tscheidse die Grundsätze intemationaler proletarischer Friedensaktion, der auch die Minderheit in der französischen Partei angehört.Mit diesen Ausführungen verband Tscheidse die schärfste Kritikder eigenen Regierung, deren unfähige Bureaukratie„die Einwohner des reichsten Landes der Welt hungern lasse nach Brot.Holz, Butter, Kohlen und systematisch durch die Bekämpfung allergesellschaftlichen Bestrebungen dafür sorge, daß das Land ungenügend mit Eisenbahnen, gut eingerichteten Fabriken, Fachleutenund Technikern versehen ist. Und was sei aus den demokratischenVersprechungen geworden? Erschießungen, Verbannungen, täglicheVerhaftungen, Schließung der Gewerkschaften, Aufhebung der gesetzlichen Einschränkung der Kinder- und Frauenarbeit, Ausdehnung der Verantwortlichkeit der Redakteure der Arbeiterblätter.selbst auf die Zeitungsausträger, Entwürfe zur Militarisierungder Arbeit,— wohin führe das alles? Zur Versklavung der Arbeiter an die Herren Kapitalisten. Ebenso schlimm stehe es mit demRecht der fremden Nationalitäten, der Juden, Mohammedaner,der Polen. Unter ungeheurer Erregung der Duma verlas der Red-