Nr. 15

Die Gleichheit

Kinder der Arbeiterinnen sind durch das vermehrte Außerhaus­arbeiten der Mütter an Gesundheit und Leben bedroht, da ver­säumt wurde, für die zweckentsprechende Unterbringung der Kinder zu sorgen.

Daher kann eine weitere Heranziehung der Frauen aus der Ar­beiterklasse nur die schlimmsten Befürchtungen erweden, worauf hinzuweisen wir als unsere Pflicht erachten. Soweit aber Frauen an Stelle von Männern zur Arbeit in Industrie, Gewerbe oder in Bureaus und Handelsgeschäften herangezogen wurden, erheben wir nachdrücklichst die Forderung, daß ihnen derselbe Bohn gegeben werde, wie ihn die Männer erhielten, deren Plätze sie einnehmen.

Ebenso nachdrücklich und bestimmt erheben wir die Forderung, daß die Arbeiterschutzbestimmungen, wie sie vor dem Kriege in Geltung waren, auch jetzt aufrechtbleiben:

1. Vor allem soll die Arbeitszeit nirgends Iänger sein, als sie dank den Bemühungen der Gewerkschaften schon vor dem Kriege eingeführt war. Mit allem Nachdruck verweisen wir auf die dringende For­derung des Achtstundentages für die weibliche Arbeiter­schaft, deren Begründung in der besonderen Eigenschaft der Frau als Mutter gelegen ist. 2. Die Einhaltung des gese- lichen Verbots der Nachtarbeit. 3. Die Ausschal­tung der Frauen von jenen Arbeiten, die erwiese­nermaßen und nachärztlichem Gutachten für den weiblichen Organismus besonders gesundheits­schädlich sind."

In einer zweiten Konferenz, die vom B und österreichi­scher Frauenvereine einberufen war, sind fünf Delegierte unserer Genofsinnen erschienen und haben diese Forderungen ver­treten, die mittlerweile eingehend dargestellt und durch Vorschläge für Säuglingsschutz und Kinderfürsorge vervollständigt worden waren. Den ganz übertriebenen Darstellungen von dem hohen Kriegsverdienst der Arbeiterinnen haben sie die tatsächlichen Ver­hältnisse gegenübergestellt, wie sie für die Masse bestehen. Unsere Genoffinnen haben nicht unterlassen, das Problem der steigenden Frauenarbeit im Kriege nach allen Richtungen und in allen Kon­sequenzen zu beleuchten. Die Forderungen der sozialdemokratischen Frauen wurden inzwischen auch dem Kriegsministerium überreicht und in sechs glänzend besuchten Frauenversammlungen den Ar­beiterinnen zur Kenntnis gebracht und von diesen mit jubelnder Zustimmung gutgeheißen. Weitere Versammlungen finden statt, und es kann ohne übertreibung festgestellt werden, daß das Inter­esse unserer Genossinnen an Versammlungen ständig wächst.

Auch die bürgerlichen Frauenorganisationen haben ihre Vorschläge zum Thema:" Soldat im Hinterland" aus­gearbeitet. Es muß objektiver Weise anerkannt werden, daß sich alle den Forderungen der Sozialdemokratinnen anpassen. Sie haben unsere Arbeiterinnenschutzforderungen übernommen, ebenso unsere Forderungen zur Kinderfürsorge. Ihre Vorschläge tragen auch den fogenannten Intelligenzarbeiterinnen Rechnung, wogegen von unserem Standpunkt aus gewiß nichts eingewendet werden kann. Natürlich unterläßt es der Bund österreichischer Frauen nicht, seine Verschläge an das Kriegsministerium mit patriotischen Versiche­rungen einzuleiten, die bei den sozialdemokratischen Forderungen selbstverständlich fehlen. Die Reichsorganisation der katholi­schen Frauen hat zur Mobilisierung der Frauen noch nicht ge= sprochen.

Wir täuschen uns nicht über die praktische Wirkung unserer Vor­schläge. Wir wissen, daß es für ihre Verwirklichung nicht aus= schließlich auf den guten Willen einiger wohlmeinender Personen ankommt, wie groß auch sonst deren Einfluß scheinen mag. Die stärkste Macht auch in Österreich   ist doch der Kapitalismus  . Aber eines glauben wir sagen zu können: daß sich Gelegenheit bot, das Problem der Frauenarbeit aufzurollen, vom sozialistischen   Stand­punkt zu beleuchten und die Agitation für unsere Auffassung und unsere Forderungen in die Massen zu tragen. Und das ist sicher­lich von Vorteil und wird fortwirken.

Frauenstimmrecht.

a. p.

Staaten mit politischem Frauenwahlrecht. In vierzehn Staaten der Nordamerikanischen Union befizen die Frauen das attive und passive Wahlrecht. Unbeschränktes, das heißt volles kommunales und politisches Wahlrecht ist ihnen zuerkannt in Wyoming   seit 1869, in olorado seit 1893, in Idaho   und Utah   seit 1896, in Washington   seit 1910, in Kalifornien   seit 1911, in Oregon  , Arizona  , Ran­

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jas, Rentuch und Michigan   seit 1912, in Alasta feit 1913, in Nevada   und Montana   seit 1914. Etwas be­schränktes Wahlrecht besitzen sie seit 1913 in Jllinois. Eine Re­form steht hier in absehbarer Zeit bevor. In Staaten wie Arizona  , Oregon   und Kolorado   find Frauen bereits seit Jahren in den gesetz­gebenden Körperschaften tätig. In weiteren neun Staaten: Artan­fas, Jowa, Massachusetts  , New Jersey  , New York  , Nord Dakota, Pennsylvania  , Tennessee   und Westvirginia ist die Einführung des Frauenwahlrechts nur noch eine Frage der Zeit.

In Australien   befißen die Frauen zum Bundesparlament des 1900 gegründeten Föderativstaates das volle attive( seit 1902) und passive( seit 1912) Wahlrecht unter den gleichen Bedingungen wie die Männer. Von den Einzelstaaten hat Südaustralien  1896 den Frauen das aktive und passive Wahlrecht bei kommunalen und politischen Wahlen unter den gleichen Bedingungen wie den Männern verliehen. Zum Oberhaus ist die Wahl an den Besitz ge­bunden. Nur aktives Wahlrecht besitzen die Frauen in West­ australien   seit 1899, in Neusüdwales feit 1902, in T a 3- manien seit 1903, in   Queensland und Vittoria seit 1908. In   Neuseeland erhielten die Frauen 1893 das allgemeine, af­tive und passive Wahlrecht zu Unterhaus und Senat.

Von den   europäischen Staaten hat   Finnland, den Ruhm, als erster den Frauen 1905 das volle aktive und passive Wahlrecht zum Landtag gewährt zu haben. 19 Frauen wurden 1907 in die Volksvertretung gewählt. In   Norwegen erhielten die Frauen, die ein beschränktes Gemeindewahlrecht besaßen, 1907 auch ein be­schränktes politisches Wahlrecht. 1910 wurde das Gemeindewahl­recht auf alle Frauen ausgedehnt, seit 1913 besitzen die Frauen  Norwegens vom vollendeten 25. Lebensjahr ab das allgemeine, at­tive und passive Wahlrecht zum Barlament. In   Dänemark besteht das Gemeindewahlrecht aller steuerzahlenden Frauen und Frauen von Steuerzahlern seit 1908. Mit der Verfassungsreform bom 5. Juni 1915 haben die Frauen auch das allgemeine politische Wahlrecht erhalten. Die Reform tritt am 5. Juni 1916 in Kraft. Im Juli finden die Neuwahlen statt. Mit den Däninnen haben auch die Frauen Islands ihr Wahlrecht erhalten, das bereits 1914 beschlossen, aber erst jetzt vom König genehmigt wurde. Den Frauen eignet in Österreich-   Ungarn ein beschränktes Wahlrecht zu dem Landtag mancher Kronländer. Doch sind die be­treffenden Bestimmungen unklar und voller Widersprüche.

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Frauenwahlrecht in   Manitoba. Die Frauen haben einen Sieg zu verzeichnen! Die kanadische Provinz   Manitoba hat ihren weib­lichen Bürgern das volle aktive und passive Wahlrecht gegeben. Man hofft, daß bald die Provinzen   Alberta und   Saskatchewan folgen werden. Das fommunale Wahlrecht besaßen die Frauen von   Manitoba bereits seit dem Jahre 1888. Die Regierung der Provinz besteht aus einem sogenannten Lieutenant- Governor und einer gesetzgebenden Versammlung von 41 Mitgliedern, die immer auf vier Jahre gewählt werden.

Frauenarbeit.

Frauenarbeit in der rheinisch- westfälischen Metallindustrie. Über die Verbreitung und die Entlohnung der Frauenarbeit in der rheinisch- westfälischen Metallindustrie berichten Untersuchungen, die von den Bezirksleitungen der drei in Frage kommenden Metall­arbeiterverbände vorgenommen worden sind. Das Material ist unter erneuter Beantragung, Schiedskommissionen zu schaffen, dem stellvertretenden Generalfommando in   Münster in   Westfalen zugestellt worden. Die Untersuchung der drei Arbeiterverbände erstreckte sich auch auf die männlichen Arbeiter.

Von den Ermittlungen über die Zunahme der Frauenarbeit in der Kriegszeit wurden in 112 Orten 446 Betriebe mit 579 Abtei­lungen erfaßt. Von ihrem Ergebnis darf wohl mit Recht gesagt werden, daß es den Umfang der Frauenarbeit in Rheinland- West­  falen widerspiegelt..Die gewaltige Zunahme der Frauenarbeit in der Kriegszeit erhellt aus diesen Ziffern. Vor dem Kriege waren in 227 Betrieben 10 150 Arbeiterinnen beschäftigt, während nun in 579 Betrieben 42 270 Arbeiterinnen tätig sind, das bedeutet eine Bunahme um 32 120. Jn 352 Betrieben ist die Frauenarbeit neu eingeführt worden. Die Arbeiterinnen werden in der Metallindu­strie mit fast allen vorkommenden Arbeiten beschäftigt, wie Formen, Drehen, Stanzen, Pressen, Kranführen. In 218 Betrieben wurden die Arbeiterinnen in Stundenlohn, in 69 Betrieben in Affordlohn und in 292 Betrieben zum Teil in Lohn und zum Teil in Afford beschäftigt. Die Höhe des Stun= denlohnes schwankte in den 218 Betrieben zwischen 10 und 50 Pf., die des Attordlohnes in den 69 Betrieben zwischen