Nr. 23

Die Gleichheit

Duisburg  . Auch in Duisburg   regt sich's wieder. Die Parteistreitigkeiten waren leider nicht ohne unangenehme Wirkung auf die hiesige Frauenbewegung geblieben. Allmählich jedoch finden die Genossinnen sich wieder zu ernstem Wirken zusammen. Frauen­versammlungen, die in Duisburg   und Umgegend in den letzten Wochen veranstaltet wurden, erfreuten sich regen Besuches. Wohl ließ eine im Juni in Duisburg   veranstaltete Frauenversammlung, in welcher Genosse Reichstagsabgeordneter Haberland über Die Frauen und der Krieg" sprach, noch zu wünschen übrig. Dagegen war die am 18. Juli veranstaltete Versammlung schon viel besser besucht. Das Thema: Die Lebensmittelversorgung" gab Anlaß zu eifriger Diskussion. Haben wir hier im Industriegebiet doch besonders unter Lebensmittelschwierigkeit zu leiden! Nicht allein ist die Beschaffung von Obst und Gemüse hier sehr schwer, auch die Preise für das auf den Markt kommende Gemüse und Obst sind im Verhältnis zu den im Frieden gezahlten Preisen um das Fünffache gestiegen. So kamen in den Ausführungen einer Genossin interessante Beobachtungen zur Sprache. Ein Bauer hatte Gemüse nach einem Stadtteil gebracht, aber sich geweigert, es den Frauen auf dem Markt zu überlassen, so sehr sie ihn auch darum baten. Der Mann fuhr einfach damit zu den Metzgern und Bäckern und lud dort seine Ware ab. Die Frauen bekamen keine dicken Bohnen und Möhren, sondern mußten sich mit dem auf dem Markte reichlich vorhandenen Spinatersag" ( Runkelrübenblätter) begnügen. Gänzlich vom Markte sind auch die Waldbeeren, Kirschen, Johannes- und Himbeeren verschwunden. In unserer so obstreichen Gegend werden die Früchte aufs schmerzlichste vermißt. Den vom Referenten, Genossen Schluchtmann, gemachten Vorschlag, alle Lebensmittel gleichmäßig zu verteilen, wie das mit dem Brot geschieht, wurde allgemein zugestimmt. Wenn erst die Frau Kommerzienrätin gemeinsam mit der Arbeiterin aus demt Kriegstopf essen müßte, würde wohl auch der Schrei nach einem baldigen Frieden in Kreisen laut werden, die jetzt noch nach An­negionen und Kriegsentschädigungen lechzen. Ferner wurde noch vorgeschlagen, in nächster Zeit eine öffentliche Frauenversammlung einzuberufen und dazu den Herrn Oberbürgermeister einzuladen.

Unsere Mitgliederzahl hat in den letzten Wochen erfreulich zuge= nommen. Wesentlich dazu beigetragen hat sicher die Gleichheit" in ihrem neuen Gewande. Mit ihren jezigen leicht faßlichen Artikeln, die viel mehr wie früher dem Verständnis der Arbeiterin angepaẞt sind, und vor allem auch durch das Fortlassen jeder Gehässigkeit gegen Andersmeinende hat die Gleichheit" eine viel stärkere Werbe­traft. Hoffnungsfreudig sehen wir der weiteren Entwicklung entgegen. blieben rücksichtsvoll abseits stehen und schauten schweigend auf jene heilige Umarmung, auch ich, der auf Wache kom­mandiert war, stand still an der Türe meines Zimmers und ( Fortsegung folgt.) sah den beiden zu

Ein kleiner Unterschied.

Wie es seine Gewohnheit war, ging Harun al Raschid   eines Tages allein und unerkannt außerhalb Bagdads   spazieren. Am Wege saß ein Bettler, der seine zerlumpten Oberkleider geöffnet hatte und sie eifrig untersuchte.

Was machst du da?" fragte ihn verwundert der Kalif  . ,, Herr, wie du siehst, befreie ich mich von Ungeziefer!" ,, Dein Reinlichkeitssinn gefällt mir!" sagte Harun al Raschid   und warf ihm ein Goldstück zu.

Freudig griff der Bettler das reiche Geldgeschenk auf.

Möge Allah   dich segnen, Herr!" rief er dem fortschreitenden Stalifen nach.

Den Vorgang beobachtete ein geiziger Mann, der in der Nähe stand, und er gedachte nun in ähnlich billiger Weise ein Goldstück zu ergattern. Spornstreichs eilte er seitwärts des Weges, durch ein Palmenwäldchen gedeckt, dem Kalifen voraus, und als dieser einige hundert Schritte gegangen war, bot sich ihm das gleiche Bild wie vorhin: ein Mann kauerte am Boden und bemusterte angelegentlich seine geöffneten Oberkleider. Harun al Raschid   lächelte sein. Sein scharfer Verstand ließ ihn den Zusammenhang sofort erraten. ,, Was tust du hier?" fragte er.

Der Angeredete blickte auf.

Herrich suche Ungeziefer!" antwortete er demütigen Tones. So, du suchest Ungeziefer?" meinte der Kalif  . Höre, das trifft sich gut: gehe nur den Weg wieder zurück; nicht weit von hier wirst du einen Bettler finden, der sich vom Ungeziefer befreien will­von dem kannst du sicher etwas abbekommen!"

Und ruhig schritt Harun al Raschid   an dem Verblüfften vorüber. Reh Thes.

161

Alles dazu zu tun, was in unseren Kräften steht, soll unsere hei= Berta Marckwald. ligste Aufgabe sein. R.-E. Köln  . Eine Versammlung der Funktionärinnen nahm am 26. Juli den Bericht über die Reichskonferenz entgegen. Genossin Röhl berichtete in zusammenfassender Weise über die Ar­beiten der Konferenz, die besonders bewiesen habe, wie die prak­tische Arbeit im ganzen Reiche an Wertschätzung gewonnen habe. In der Diskussion, an der sich die Genossinnen Schulte, Lenzen, Leimpeters, Werner, Zeise und Genosse Runge beteiligten, erklärte man sich im allgemeinen mit den Arbeiten der Konferenz einverstanden. Man begrüßte es, daß die Gleichheit" jetzt in ihrem Inhalt für die Frauen verständlicher gehalten werde. Besondere Zu­ſtimmung fand der Ausbau der Kinderbeilage.

Es wurde ferner über die Mitarbeit der Frauen im staatlichen und gemeindlichen Fürsorgedienst gesprochen und betont, daß man auf den Lehren aus der abgelaufenen Kriegszeit in Zukunft weiter­bauen wolle, da man die Wichtigkeit der tätigen Mithilfe unserer Frauen auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens jetzt in ihrer vollen Bedeutung erkannt habe. Alles in allem erwartet man, daß die Arbeiten und Anregungen der Konferenz befruchtend im Lande wirken werden zum Besten der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Die Versammlung erklärte sich mit den Arbeiten der Tagung ein­verstanden, ebenfalls mit dem Inhalt der beiden Entschließungen, die auch in Köln   einstimmige Annahme fanden.

x. Bezirk Schleswig- Holstein  . Eine gut besuchte Frauen­konferenz tagte am 29. Juli im Gewerkschaftshause zu Kiel  . Von den Wahlkreisorganisationen waren 26 Genossinnen delegiert, der Bezirksvorstand war vertreten, Genossin Juchacz   nahm im Auftrag des Parteivorstandes an der Tagung teil.

Genosse Kürbis gab in seiner Begrüßungsansprache ein Bild über den organisatorischen Stand der Frauenbewegung im Bezirk. Bis zum Ausbruch des Krieges stieg die Zahl der weiblichen Mit­glieder dauernd. Den größten Erfolg brachte die rote Woche. Wäh­rend des Krieges ging die Mitgliederziffer zurück. Ähnlich verhielt es sich mit der Abonnentenzahl der Gleichheit". Seit dem Wechsel in der Redaktion macht sich jedoch wieder ein Aufstieg bemerkbar. Genossin Schröder- Ottensen erstattete Bericht über den ersten Teil der Reichs- Frauenkonferenz, wobei sie die sich für den eigenen Be­zirk ergebenden Schlußfolgerungen zog. Genossin Andratschke= Stiel berichtete über den zweiten Teil unter Einfügung agitatorischer Vorschläge. Sie schloß mit einer warmherzigen Empfehlung des Kampfes um das Frauenwahlrecht. Die lebhafte Debatte ergab Das Kreuz.

Der Abend legt die kühle Hand

Mir auf die Stirn, es lischt der Brand. Die Sommernacht raunt um das Haus Und lockt ins Weite mich hinaus Durch stille, glanzumfloßne Felder Zum Bann der schwarzen Heimatwälder. Bis mich der finstre Tann umfängt, Der mir all Truz und Weh verhängt. Wie leuchtet doch das Himmelskleid Hoch über Tag und Erdenzeit! So findet meiner Seele Singen Der Ewigkeiten Widerklingen.

Dort, wo der Weg verfließt im Sand, Steht hoch ein Kreuz ins Heideland, Bleich hängt der tote Heilandsleib, Und ihm zu Füßen liegt ein Weib... Ich höre tiefste Inbrunst flehen: Herr, laß den Kelch vorübergehen...! Und mich ergreift's, ich weiß nicht wie: Das ist die heilige Mutter Marie, Die dort dem dürren Holz geeint Um die verlornen Söhne weint.

Laß ab, laß ab, o Heimatfrieden,

Was soll mir, Herz, dein Träumeschmieden! Was soll mir, Himmel, deine Pracht? Viel Hundert fallen in dieser Nacht, Die hält kein Gotteslicht mehr wach!

Artur Zickler.